Ungleichbehandlung durch unterschiedliche Impfintervalle

Hallo zusammen,

die Diskussion um die Frage, ob Geimpfte von bestimmten Corona-Maßnahmen ausgenommen werden sollen, wird ja recht lebhaft geführt. Während die rechtliche Beurteilung (die ja auch in der Lage schon mehrfach dargelegt wurde) da wohl ziemlich eindeutig ist, ist in der politischen Diskussion meist von „vollständig geimpften“ Personen die Rede. In der Regel gilt man als „vollständig geimpft“, wenn man mindestens die vom jeweiligen Hersteller des Impfstoffs im Zulassungsverfahren definierte Zahl an Impfungen erhalten hat.

Jetzt gibt es in der Praxis ja bekanntlich dramatische Unterschiede, in welchem Zeitraum diese mehrfachen Impfungen verabreicht werden: Für Biontech und Moderna liegen in der Regel ca. 3-4 Wochen zwischen den einzelnen Impfungen, auf die AstraZeneca-Zweitimpfung muss man 9-12 Wochen warten, und mit dem Johnson&Johnson-Impfstoff wird erst gar keine Zweitimpfung benötigt und man dürfte bereits nach der ersten Dosis den zukünftig wohl sehr begehrten Status „vollständig geimpft“ erhalten.

Diese Zeitabstände werden (nach meinem Verständnis) für jeden Impfstoff separat vom Hersteller gewählt, ohne dabei auf ein einheitliches impfstoffübergreifendes Wirksamkeitskriterium abzuzielen. So gibt AstraZeneca beispielsweise ein Impfintervall von 4 bis 12 Wochen an, das von der Zulassung gedeckt ist. Das tatsächliche Impfintervall von meist 9-12 Wochen hingegen ist eine Festlegung der STIKO. Dabei lässt sich den Studien auch entnehmen, dass der Schutz nach der ersten Dosis AZ vergleichbar ist mit dem nach einer J&J-Impfung, während der Benefit der zweiten AZ-Impfung für den Impfschutz eher gering ist (z.B. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/121576/FDA-Zulassung-Was-den-Johnson-Johnson-Impfstoff-von-den-anderen-unterscheidet).

Dies bedeutet nun, dass von zwei Personen, die am selben Tag mit unterschiedlichen Impfstoffen geimpft werden, eine Person im Extremfall AZ vs J&J ein Vierteljahr länger auf den Status „vollständig geimpft“ warten muss, und damit eben auch ein Vierteljahr länger in seinen Grundrechten eingeschränkt ist. Und das, obwohl es im Impfschutz der beiden Personen wohl allenfalls marginale Unterschiede gibt. In meinen Augen ist es eine eklatante Ungleichbehandlung, wenn Freiheitsrechte einzelner Personen aufgrund von arbiträren Risikomanagement-Erwägungen der Impfstoffhersteller (und der STIKO) eingeschränkt ist, obwohl es dazu bei Betrachtung des tatsächlich vorhandenen Impfschutzes keinen Anlass gibt.

Wie seht ihr das? Ich habe diese Überlegungen in der politischen so noch nicht wahrgenommen, und würde erwarten, dass diese Frage die Gerichte beschäftigen könnte, sobald es nennenswerte „Privilegien“ für Geimpfte geben wird.

Ich denke, dass das generell ein wichtiger Punkt ist, über den man sich Gedanken machen sollte und hoffentlich zu einer einigermaßen pragmatischen Lösung kommt. Wobei ich es immernoch für möglich halte, dass es gar nicht zu einer so starken merklichen Trennung zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften kommt, wenn das Tempo im Mai/Juni deutlich anzieht und dann bei einer gewissen Impfquote die Pandemie im Wesentlichen für beendet erklärt werden wird.

Das stimmt so nicht ganz. Die Impfstoffe werden eingesetzt, wie sie zugelassen wurden und zugelassen werden sie, wie sie in den Zulasungsstudien geprüft werden (bzw. anhand der dort vorgelegten Daten). Das ist auf eine gewisse Art schon arbiträr und vielleicht hätte AZ auch mit einer Dosis zugelassen werden können, aber die Entscheidung es gar nicht erst so zu versuchen wurde schon anhand früher Daten und Eindrücke bei den ersten Versuchen und Probanden entschieden.

Die 9-12 Wochen nach STIKO kommen daher, dass man in Studien nach der Zulassung gesehen hat, dass der Schutz der ersten Dosis in diesem Zeitraum noch anwächst. Könnte natürlich wirklich sein, dass der auch ausreicht, ich weiß aber nicht, wie realistisch ist, dass rauszufinden und ggf. entsprechend umzusetzen.
Und die Zulassung ist in Deutschland fast so heilig wie die Prioritätenliste :wink:
Zumindest die STIKO könnte ihre Einschätzung bezüglich des Schutzes und deshalb nötiger Einschränkungen anhand vorliegender Daten aber sicherlich mittelfristig auch anpassen.

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