Unconscious Bias

Lieber Philipp, lieber Ulf,

ich kann euch gar nicht sagen wie lange ich die Lage schon höre und wie oft ich sie schon weiterempfohlen habe. Ganz manchmal hat es mir auch schon in den Fingern gekribbelt, weil ich Feedback geben wollte. Aber am Ende waren es immer nur so Kleinigkeiten, dass ich es am Ende gelassen habt.
Aber jetzt habt ihr mir zum zweiten Mal eine schlaflose Nacht bereitet, weil ich über das von euch gesagte so lange Grübeln musste. Daher ist es an der Zeit Feedback zu geben.
Vorab: Mir ist bewusst wir haben alle Unconscious Bias. Das habe ich auch. Sie sind überall. Wichtig ist: Es sind unbewusste Vorurteile, daher sollte man auch niemanden deswegen verurteilen. Aber man sollte reflektieren und versuchen sie zu reduzieren. Und das ist gerade bei Journalismus ein wichtiges Thema. Ihr habt eine unglaublich große Reichweite und damit verbunden auch eine besondere Verantwortung.
Ich habe den Eindruck, dass ihr hier und da Unconscious Bias gegenüber Frauen habt. Ich sehe auch, dass ihr es nicht wollt und darüber nachdenkt. Trotzdem habe ich den Eindruck. Das ist mir damals als es um Luisa Neubauer ging aufgefallen (das war meine erste Schlaflose Nacht, ich kann das auch nicht mehr genau auf den Punkt bringen, erinnere mich aber auch dass ihr dazu sehr viel Feedback bekommen habt und dann nochmal intensiver in das Thema rein gegangen seid. Damals hat es mir irgendwie nicht gepasst wie ihr berichtet habt. Aber ich wusste nicht woran es lag.)
Aber ganz aktuell geht es mir um Annalena Baerbock (ganz klar: Ich habe auch Bias, ich finde sie toll :wink:). Im letzten Podcast sagtet ihr sie habe grobe Fehler im Wahlkampf gemacht. Und bei mir kam über das was ihr gesagt habt ein bisschen rüber als wäre es viel persönliches Versagen gewesen.

Woran macht ihr es aus? Was hat sie so viel schlechter gemacht als ihre Mitstreiter? War es wirklich ihr persönliches Versagen oder das des Wahlkampf Teams?

Ich hatte ein Fakten Check nach dem Triell gelesen, da war sie ganz vorne mit dabei. Bei den Falschmeldungen die über sie kursieren ist sie auch ganz vorne mit dabei gewesen.
Alles was ich an Kritik über Annalena Baerbock gelesen habe kam mir nach quatsch oder Pups kram vor. Ihr Buch ist keine Doktorarbeit. Generell hat sie auf Feedback reagiert, sich entschuldigt und die Sachen korrigiert.
Die Themen die bei Laschet und Scholz auftauchen finde ich dagegen viel gravierender und viel relevanter.

Hinzu kommt: Warum so negativ? Ja ALB wird sicher keine Kanzlerin. Aber die Grünen hatten einen riesen Erfolg bei dieser Wahl. Da ist richtig was passiert, sie haben so viel gewonnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Grünen die Wahl am Ende gewinnen, war doch eher gering. Vergleiche ich zum Beispiel mit Laschet: Sie waren jetzt Jahre lang die führende Partei und haben wieder ordentlich verloren. Der würde mir jetzt eher als erster einfallen wenn man von Verlierer der BTW spricht. Zumal ja auch nicht der Spitzenkandidat sondern eine Partei gewählt wird…

Ich fände es klasse, wenn ihr es euch nochmal anhört und darüber nachdenkt. Grundsätzlich finde ich die Frage immer gut: „Stellt euch vor, das gleiche hätte ein Mann gemacht, würdet ihr es genauso bewerten?“
Ich weiß es klingt vielleicht erst nicht nach einer großen Sache. Aber Unconscious Bias und die Gedanken dazu und was darüber geäußert wird ein wesentlicher Bestandteil, die Gleichberechtigung entgegensteht (nicht nur bei Frauen).
Vielleicht wäre es auch eine gute Sache, wenn ihr jemanden aus eurem Team (Ich habe verstanden, dass ihr ein Team habt und nicht alles alleine macht?) schulen lasst auf das Thema und dass dieser euch Feedback gibt nach den Folgen. Sowas könnte sicher nachhaltig dazu führen, dass ihr generell an euren Unconscious Bias (nicht nur gegenüber Frauen) arbeitet.
Ich fände es toll, wenn ihr das zu einer Priorität machen würdet.

Vielen lieben dank,
maren

PS: da es mir hier nicht um Baerbock, Habeck oder Sexismus sondern um Unconscious Bias geht (am beispiel Baerbock), habe ich ein neues Thema auf gemacht

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Hallo Maren,

tatsächlich kann ich deine Einschätzung nicht teilen.

Ganz im Gegenteil finde ich, dass sich Philip und Ulf der Darstellung und Kritik um Annalena Baerbock in den Medien/der Gesellschaft sehr wohl bewusst sind. Das wurde auch noch einmal in der letzten Lage-Folge betont und kritisiert.

Gerade das Interview mit Annalena Baerbock zeigt finde ich sehr gut, dass Philip und Ulf Frau Baerbock nicht negativ gegenüberstehen (LdN 252). Vor allem zeigt es aber auch, dass die Einschätzung ihres Wahlkampfes keinem negativen Bias gegenüber Frauen geschuldet ist. Vielmehr wird sachliche Kritik geäußert, wie an jedem anderen Kanzlerkandidaten auch.
Selbstverständlich können politische Meinungen rund um Frau Baerbock auseinander gehen. Einen negativen Bias gegenüber Frauen kann ich hier aber nicht erkennen!

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Hallo AnnaMaria,

vielen dank für deine Antwort. Aber ich glaube mein Punkt es nicht ganz klar geworden. Ich denke nicht (ganz und gar nicht) dass Philip und Ulf Frau Baerbock negativ gegenüberstehen.
Ich habe nur angemerkt, dass ich den Eindruck habe, dass sie anders Bewertet wird als ihre Mitstreiter. Womit ich offensichtlich nicht alleine bin. Es gibt ja noch einen anderen Threat in dem es genau darum geht:

Hier wird von @Dave gefragt, was genau die Fehler von Frau Baerbock sein sollen. Und das ist auch mein Punkt. Ich habe den Eindruck hier werden andere Maßstäbe angesetzt. Und einen Ähnlichen eindruck hatte ich damals als es um den Auftritt von Luisa Neubauer bei Anne Will ging auch.
Nur dass Dave in seinem Threat die Frage stellt, warum das so ist und ich die Vermutung aufstelle, dass es Bias gibt.

Und da Bias etwas ist, was einem nicht bewusst ist, finde ich Feedback in die Richtung sehr wichtig. Und ich halte es für wichtig wenn Feedback in die Richtung kommt, dass man selber darüber nachdenkt.

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Hallo Maren,

natürlich sollte man sich selbst hinterfragen und sich selbst bewusst werden wie man zu seiner Meinung gelangt.
Meiner Meinung nach findet die Beurteilung von Annalena Baerbock in „der Lage“ aber absolut nicht unreflektiert statt. Eine unterbewusste Beurteilungsgrundlage, die auf frauenfeindlichen Grundstrukturen basiert, kann ich bei Philip und Ulf weder vermuten noch erkennen.

Ich werde den Thread nun schließen. Ich möchte aber auf zwei weitere Threads hinweisen. Sie sind thematisch ähnlich und dort wird fleißig debattiert.

Baerbock, Habeck und Sexismus

Fehler von Baerbock