ich unterrichte Deutsch als Fremdsprache und setze die Lage sehr gern in höheren Kursen zum Hörverstehen ein. Nun meine Frage: Es gab letztes oder vorletztes Jahr eine Episode, in der u.a. darüber berichtet wurde, dass sich der Jetstream (edit Mod: Golfstrom?) infolge des Klimawandels umkehren könnte. Kann sich jemand zufällig erinnern, in welcher Episode das war? Mein C2-Kurs wäre sicher interessiert und dankbar
Danke und liebe Grüße ins Lage-Land!
Es war die LdN 343 mit Jochem Marotzke, der die Umkehrung des (verbessert:) Golfstroms als unwahrscheinlich bezeichnet hatte. Zumindest hatte ich ihn so verstanden.
Mit den neueren Daten scheint er damit damals aber nicht ganz richtig gelegen zu haben. Wäre interessant, ob er heute noch dieselbe Aussage treffen würde.
Er hat damals jedoch auch klar gesagt, dass man sehr wenig über die Dynamik des Golfstroms bzw. seine Veränderung weiß und dass die Folgen schwer absehbar sind.
Kann es sein, dass hier zwei Dinge Durcheinander geraten. Es gibt:
Den Jet-stream. Das ist ein Band um den Globus das in größeren Höhen liegt und in dem sich sehr starke Winde befinden. Die Richtung ist dabei konstant und ich glaube auch nicht, dass sich dieses umkehrt. Was passiert ist dass dieses Band Schlingen bildet. Durch diese kommt es dazu, das wir hier mehrere Wochen lang sehr ähnliches Wetter haben.
Dann gibt es noch die transatlantische Meeresströmung AMOK die warmes Meerwasser aus dem Golf von Mexiko zu uns bringt. Hier gibt es die These, das diese abbrechen könnte und es gibt Anzeichen, dass das schneller passieren könnte, als bisher gedacht. Ob diese sich umkehrt, ist Spekulation soweit ich weiß.
Kann jemand den Mechanismus bitte beschreiben, der zu einem Umkehren führen könnte/soll?
Dafür müssten sich doch der Temperaturgradient umkehren oder? Das heißt der Raum um Europa muss wärmer werden als der Golf von Mexiko. Das erscheint mir allerdings unlogisch, denn für eine Umkehr müssten wir durch einen Punkt, an dem der Golfstrom stoppt (analog zum Auto, dass zum rückwärts fahren erst anhalten muss). Das allein führt doch aber meinem naiven Verständnis dazu, dass Europa eher abkühlt und der Golf sich weiter aufheizt - wodurch wieder ein Temperaturgradient entsteht, der zum leichten Erstarken des AMOC führt.
Habe ich da (in dem stark vereinfachten Modell) einen Denkfehler?
Der Golfstrom ist Teil der AMOK.
Es hat mit dem Salzgehalt des Wassers zu tun. Das Oberflächenwasser hat weniger Salzgehalt, wenn Grönlandeis schmilzt. Eben der Salzgehalt, der normalerweise dafür sorgt, dass das Oberflächenwasser absinkt und neues Wasser (aus dem warmen Süden) nach sich zieht. Hör dir am besten nochmal die o.gen. Folge zu tun. Es gibt eine Kapitelmarke zum Thema.
Eins zu eins umgekehrt funktioniert nicht. Die Frage ist, was passiert, wenn diese Strömung zum erliegen kommt. Teile des Antriebs sind dann ja noch da, wie z. B. der Temperaturgradient. Es wird also irgendwie anders strömen. Wie, habe ich keine Ahnung, ist vermutlich auch viel Spekulation dabei. Es gibt aber auf jeden Fall auch die Möglichkeit, dass dann Meerwasser an manchen Stellen entgegen der bisherigen Strömungen unterwegs ist. Allein durch das Abschmelzen des Eises in den Polarregionen müssten dort eigentlich neue Strömungen entstehen.
Ich weiß nicht mehr, wer oder was in der Folge Thema war, weil ich diese Katastrophenerzählungen in der Bildung nicht hilfreich finde. Zum Golfstrom gibt es viele Videos und Artikel, die für die Schule erstellt werden. Planet Schule und gewiss auch Terra X Plus.
Die Kurzfassung: Meeresströmungen und die Auswirkungen der Klimaerwärmung sind komplexer als das man sie eindeutig und sicher prognostizieren könnte. Am wahrscheinlichsten ist meines Wissens eine Veränderung der Strömung (Geschwindigkeit) durch Temperaturveränderungen des Wassers. Die Erkenntnisse des verlinkten Artikels sind mir übrigens auch neu, aber offenbar ist diese These der Umkehr des Golfstroms wissenschaftlich umstritten.
Ja, die Medien stehen auf Katastrophenszenarien, in der Realität geschehen Klimaveränderungen aber schleichend und vor allem zeitlich über einen längeren Zeitraum.
Lange Rede… diese Spekulationen und Szenarien sind spannend und die Wahrnehmungen, dass es unumkehrbare Folgen geben kann, sind wichtig (!), aber so zu tun als ob wir in die Glaskugel schauen, ist vielleicht nicht hilfreich - wenn auch leider deutlich langweiliger. Ich kenne deine DaZ-Klasse nicht, aber ich finde, der Golfstrom selbst ist schon krass genug, wenn man ihn und seine Folgen versteht (im Norden Europas sind die Temperaturen so mild, dass die norwegische Küste nicht einfriert, während auf dem selben Breitengrad Sibirien im Winter erfriert) und weis, dass dieses System anfällig ist, wenn sich die Erderwärmung fortsetzt.
Absurd ist ja auch: das Katastrophenszenario das verhindert wird, werden wir genau deshalb nie beweisen können.
PS: Die Auswirkungen von veränderten Meereströmungen kann man übrigens an El Niño und La Niña erkennen. Aber das ist ein etwas anderes Thema.
PPS: Ich habe die Folge wirklich nicht mehr gut in Erinnerung, aber der Jetstream ist laut Meteorologie tatsächlich aktuell schwächer als sonst: Schwächelnder Jetstream: Darum gibt es gerade so oft Starkregen - Nachrichten - WDR Meiner Ansicht nach gilt hier aber das gleiche: atmosphärische Zirkulation ist komplex, sodass die Erklärungen dafür bisher nur ansatzweise vorliegen und nicht so eindeutig sind, wie wir das gerne hätten. Die Folgen sind einfacher: schwacher Jetstream — mehr Starkregen in Deutschland. Deshalb bleibt auch: je stärker die Veränderungen durch den anthropogenen Treibhauseffekt, desto unberechenbarer die Folgen.
Falls mich Menschen aus der Forschung korrigieren wollen, bitte gerne!
Hier was zu den Windströmungen, hier die Polar Vortex. Eine eig stabile Strömung, die uns die kalte Luft aus dem Norden vom Leibe hält bricht ein und es bilden sich Ausstülpungen, die plötzliche Temperaturänderungen und starken Schneefall bedeuten