Hey Leute, ich stelle mir seit ein paar Tagen die Frage, ob man ein Tempolimit einklagen könnte. Unteranderem ist das ja mit der Studienlage und dem Grundgesetz recht gut zu argumentieren. Kann das Erfolg haben, oder ist das eher hoffnungslos?
Das Thema der Einklagbarkeit von Klimaschutzmaßnahmen hatten wir schon öfter.
Grundsätzlich gilt, dass der Gesetzgeber eine weite Einschätzungsprärogative hat, daher: Es steht primär dem Gesetzgeber und nicht den Gerichten zu, zu bestimmen, welche Maßnahmen ergriffen werden, um das Ziel zu erreichen.
Eine einzelne Maßnahme einzuklagen ist vor diesem Hintergrund grundsätzlich schwierig - überhaupt einen Rechtsweg zu finden ist hier relativ schwer, dann noch darzulegen, dass wirklich diese eine Maßnahme zwingend nötig ist und kein Ermessensspielraum mehr beim Gesetzgeber verbleibt (also quasi eine „Ermessensreduzierung auf Null“ vorliegt) ist nahezu unmöglich.
Wenn der Gesetzgeber - und das sehe ich aktuell so - definitiv keine hinreichenden Maßnahmen ergreift, um die (auch international zugesicherten) Klimaziele zu erreichen, bleibt allenfalls die Möglichkeit, diesen Umstand insgesamt für verfassungswidrig erklären zu lassen. Theoretisch könnte das BVerfG dann, nachdem es dem Gesetzgeber eine Frist gesetzt hat und diese verstrichen ist und es zu der Einsicht kommt, dass der Gesetzgeber die Sache weiterhin nicht angehen wird, konkrete Vorgaben machen, zu denen auch ein Tempolimit gehören könnte - quasi als Übergangslösung, bis der Bundestag selbst Maßnahmen beschließt, die das Ziel erreichen können.
Das Thema ist schwierig, weil das BVerfG eigentlich nur der Politik Grenzen (quasi Leitplanken) setzen soll, es soll nicht selbst die Detailfragen (also wo z.B. konkret CO2 eingespart werden soll) klären - das steht dem Bundestag als vom Wahlvolk legitimiertes Staatsorgan zu, nicht dem BVerfG. Daher sind solche konkreten Vorgaben eher die Ausnahme.
Und das ist letztlich auch gut so - man stelle sich vor, wir hätten eine progressive Bundesregierung und einen progressiven Bundestag und ein erzkonservatives BVerfG und dieses würde plötzlich kleinteilige Vorgaben machen und der Politik ihre Entscheidungsspielräume absprechen. Nur, weil das BVerfG nach dem Klimaurteil aktuell als progressiver als der Bundestag wahrgenommen wird, sollten wir nicht die allgemeine politische Machtverteilung hinterfragen - das kann ganz schnell nach Hinten losgehen…