Tarifrunde öffentlicher Dienst

Gestern sind die Forderungen für die Tarifrunde im öffentlichen Dienst beschlossen worden. Es werden 4,8%, aber mindestens
150€ Entgelterhöhung, eine Angleichung der Arbeitszeit in den Tarifgebieten Ost und West (30 Jahre nach der Wende immer noch nicht erfolgt) und noch einiges weiteres gefordert, wie zum Beispiel in extra Verhandlungstisch für den Gesundheitsbereich, um den dortigen Bemühungen und Anstrengungen während der Corona-Krise Rechnung zu tragen. Ich selbst bin 24 und Kinderkrankenpflegerin im öffentlichen Dienst und seit mittlerweile 5 Jahren in der ver.di Jugend aktiv. Ich habe die gesamte Forderungsfindung im Rahmen meines Mandats in der Bundesjugendtarifkommission und in dem Zuge auch gestern live in der Bundestarifkommission begleitet.

Die Ausgangslage für Tarifverhandlungen ist sehr schwierig, der Verband kommunaler Arbeitgeber hat mit aller Deutlichkeit eine Abwehrhaltung an den Tag gelegt und mehrfach kommuniziert, dass ihr Ziel eine Nullrunde sein wird. Gleichzeitig ist der Rückhalt auch deswegen schwierig, alsdass kritisiert wird, ob während Corona überhaupt Tarifverhandlungen geführt werden müssen. Dies wollte ver.di eigentlich vermeiden und hat den Arbeitgebern angeboten einen Kurzläufertarifvertrag abzuschließen und eben genau wegen der Krise nicht für zusätzliche Belastung zu sorgen. Insgesamt ist das Lohnniveau im öffentlichen Dienst immer noch deutlich niedriger als in nahezu allen anderen Tarifbereichen und mit dem geforderten Sockelbetrag von 150€ wird außerdem das Ziel verfolgt die Lohnschere zwischen den Entgeltgruppen weiter zu verringern. Die Wichtigkeit dessen und einer Reallohnsteigern gerade in Krisenzeiten ist inzwischen volkswirtschaftlich eindeutig belegt.

Wir sehen innerhalb ver.di’s, aber auch gesamtgesellschaftlich eine tiefe Spaltung rund um die Fragen von Rechtmäßigkeit (einer
Tariferhöhung im öD) und gleichzeitig ist ist bezeichnend, dass praktisch der gesamte öffentliche Dienst und insbesondere niedrige Entgeltgruppen unter die Gruppe der „systemrelevanten“ fällt, ob es nun Abfallwirtschaft, Krankenhäuser ist, aber auch der gebeutelte Kulturbetrieb. So war schon unsere Forderungsdiskussion divers, während wir im Angesicht der drohenden Reallohneinschnitte eigentlich solidarisch stehen müssten.

Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass diese Tarifrunde nicht mit wirtschaftlichem Druck durch Arbeitskampf, sondern durch die öffentliche Meinung in Fragen eine Lohnerhöhung entschieden werden wird. Der Druck auf Arbeitnehmer*innen ist enorm und die allgemeine politische Meinung (abgesehen von Pflege) eher gegen uns. Dies hat auch viel mit der komplexen Zusammensetzung der Tariflandschaft im öffentlichen Dienst zu tun.

Weiteres Informationsmaterial ist unter folgenden Links zu finden:

https://www.vka.de/pressemitteilungen/2020-08-25-vka-weist-gewerkschaftsforderungen-zur-tarifrunde-im-oeffentlichen-dienst-als-voellig-ueberzogen-und-falsches-signal-in-der-corona-krise-zurueck-936

https://unverzichtbar.verdi.de/++co++e1020a0e-bf71-11ea-b254-525400b665de

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