Synthetische Kraftstoffe

Man sollte manche Dinge nicht einfach nur dem Markt überlassen, wenn nach aktuellem Stand ziemlich eindeutig ist, dass es aus Systemsicht nicht Teil der Lösung ist. Da sind synthetische Kraftstoffe absehbar kein Teil der Lösung für PKW und meines Wissens auch für viele weitere Bereiche auf der Straße nicht. Außerdem finden sich für viele Dinge Käuferinnen, was aber nicht immer bedeutet, dass man diese Produkte auch zulassen muss.

Da bis auf weiteres Strom aus Wind und PV ein knappes Gut ist sollte er auch da eingesetzt werden, wo es am effizientesten ist. Da soll dann, platt gesagt, nicht der mit dem dicksten Geldbeutel die Chance haben Mengen wegzukaufen, die anderweitig mehr Effekt hätten. Insofern miss auch keine Anrechenbarkeit geschaffen werden, weil es systemisch einen Pfad eröffnet, der so der Energiewende nicht direkt weiterhilft.

Zur Technologieoffenheit. Das ist oft auch ein Feigenblatt hinter dem sich die Industrie gerne versteckt, wenn man sein Geschäftsmodell nicht anpassen will. Auf der anderen Seite werden nämlich oft klare Richtlinien gefordert, um Investitionssicherheit zu haben. Das schließt sich mit vollständiger Technologieoffenheit aus. Die fehlende Anrechenbarkeit ist damit auch ein Ausdruck, dass man klar weiß wohin es gehen wird und sich als Unternehmen früh genug darauf einstellen kann.

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Schön das wir uns in diesem Punkt einigen können. Was das Wort „Verbot“ angeht: Ich weiß garnicht ob die FDP das benutzt. Ich benutze es aber, weil die synthetischen Kraftstoffe durch die aktuelle Gesetzgebung de facto verboten werden, weil die Flottengrenzwerte ab 2035 bei 0 g/km liegen. Das heißt, das per Gesetz ab 2035 keine Fahrzeuge mehr verkauft werden dürfen, die lokale CO2 Emissionen aufweisen. Das ist übrigens bereits ein faktisches Verbrennerverbot ab 2035 auf EU Ebene. Das schließt aber eben auch synthetische Kraftstoffe mit aus, weil die ja nur wegen der CO2 Senke in der Produktion klimaneutral sind.

Also ja, „verboten“ im eigentlichen Sinne sind sie nicht, aber wie soll man es sonst nennen, wenn der einzige Existenzgrund eines Produktes, in diesem Falle CO2 Einsparungen, einfach per Gesetz für nichtig erklärt wird? Das ist eine ernstgemeinte Frage.

Es gibt ja noch ein paar andere Argumente im Thread zu den E-Fuels. Die kennst du ja.
Was die EU gemacht hat ist ja gar kein Verbot von E-Fuels sondern von einer Dinosaurier-Technik mit unterirdischen Wirkungsgrad. Dagegen kann man wenig sagen.
Übrigens geht selbst die Baumaschinenbranche weg vom Verbrenner. Nur mal so als Info.

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Nein, haben wir nicht. Haben wir vielleicht im Jahr 2150, wenn die Wüsten der Welt mit Photovoltaik zugepflastert sind, inklusive der Infrastruktur, um sie dort erzeugte Energie in welcher Form auch immer in die Verbrauchszentren der Welt zu transportieren. Das ist Stand heute schlicht Science Fiction. Aktuell ist Deutschland Vorreiter in Sachen EEs. Sprich: wenn wir nicht genug davon haben, hat es auch niemand sonst.

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Weil verhindert werden soll, dass sich das reiche Deutschland in eine technologische Sackgasse manövriert. Wir können es uns halt finanziell leisten, eine ganze Menge Blödsinn zu machen. So wie schon bei Förderung der Biokraftstoffe aus Ackerfrüchten, die man mühsam einstampfen musste, als sie in die falsche Richtung lief.

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Aber es fordert ja auch keiner, dass Steuergeld für eFuels ausgegeben wird, sondern nur, dass ihre CO2 Bilanz anerkannt wird.

Und woher du die Wasserstoffpreise ziehst weiß ich nicht, aber 5-10€ pro kg grünen Wasserstoff sind durchaus realistisch.

Das ist eine Umkehrung der Logik unseres Wirtschaftssystems: ich muss nicht begründen, warum ein Produkt sinnvoll ist, die Politik muss begründen, warum sie es nicht zulassen soll.

Das gilt halt für unsere lokale Stromerzeugung und das ist auch richtig. Aber es geht darum, dass wir mit synthetischen energieträgern globale Energiequellen erschließen können, die für uns ansonsten nicht nutzbar wären. Und je mehr erneuerbare Energie wir nutzen, desto besser, egal woher sie kommt.

Das passiert hier doch: Aus Systemsicht sind synthetische Kraftstoffe ineffizient also keine Möglichkeit der Anrechnung.

Auch global ist Strom aus EE bis aus weiteres ein knappes Gut. Erstens müssen sich die vermutlich gemeinen Regionen erst mal selber Defossilisieren (sonst haben wir auch nichts gewonnen, außer uns selber ganz toll zu fühlen, weil es hier ja grüner ist). Aber es geht ha um den Klimawandel als globale Aufgabe. Zum anderen werden wird für die Mobilität auf der Welt nicht die Kapazitäten an EE bis 2040 oder 45 haben, die sein müssen um und zusätzlich auch noch den Luxus von synthetischen Kraftstoffen leisten zu können. Wenn man sich die Ergebnisse der COP26 anschaut, dann ist es utopisch anzunehmen, dass das erfolgen würde.

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Ich glaube es ist ein Fehler, den Aufbau von zB Windkraftanlagen entkoppelt von den Produktionskapazitäten für synthetische Kraftstoffe zu betrachten. Der Aufbau eigener Anlagen zur Stromerzeugung ist in der Investitionsrechnung für eine eFuels Anlage ja bereits mit eingerechnet. Sprich: man greift nicht auf die schon existierenden EE-Anlagen zurück, sondern baut extra für die Produktionsanlagen neue. Es gibt also keine Konkurrenz zwischen eFuels Produktion und allgemeiner grüner Stromproduktion. Deswegen finde ich auch, das das Argument der Ineffizienz nicht schlägt. Die Ineffizienz sorgt am Ende des Tages nur dafür, dass das Produkt ziemlich teuer wird, weil man eben entsprechend viele EE-Anlagen bauen muss. Aber da es hier um Preise und Kosten geht, ist das nichts was der Staat regeln bräuchte, sondern was der marktwirtschaftliche Wettbewerb entscheidet.

Wie soll das möglich sein? Von der Errichtung von PV- und Windkraftanlagen über den Transport durch das Stromnetz bis zu Speichern und Backup-Kraftwerken steht das doch alles in Konkurrenz. Oder schnitzen sich die Hersteller der synthetischen Treibstoffe ihre PV-Module selbst und koppeln ihre Produktion von öffentlichen Stromnetz ab?

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Könntest du bitte endlich mal auf das Problem eingehen, das überhaupt die Erstellung dieses Threads bewirkt hat: Wie willst du, außer für ein paar Hanseln das CO2 aus der Luft fischen für die synthetischen Kraftstoffe?
Und wenn deine Antwort wirklich ist, na wir kaufen einfach CO2-Zertifikate, dann macht das wer anders für uns, muss ich sagen: Gute Idee, aber das klappt erst, wenn CO2-Zertifikate so teuer sind, dass sie tatsächlich das Ausfischen des Kohlenstoffs aus der Luft bezahlen können, also zur Zeit etwa 4000 Euro/Tonne (aber leider nicht skalierbar).
Vorher ist alles neue, was CO2 produziert, halt ein Hindernis bei unseren Klimazielen.

Zu deiner Frage, wieso diese Kraftstoffe defacto verboten sind:
Weil Politik nun mal nicht im luftleeren Raum stattfindet.
Es ist ja furchtbar häufig so, dass Leute, allen voran die FDP, von synthetischen Kraftstoffen reden und damit implizieren, dass wir (irgendwie, die Ingeneurinnen machen das schon für uns!) den Verbrenner nicht so schnell wie möglich loswerden müssen.
Das ist Humbug, weil es nicht skaliert aus vielen Gründen, reicht aber offenbar dafür, dass Leute ein Pseudoargument dafür haben, dass es schon ok ist, weiter haufenweise SUVs zu kaufen.
Und die Leute, die diese Argumente in die Öffentlichkeit drücken, haben ja auch gute Gründe dafür. Es sieht in der Jahresbilanz für so einen Manager halt schlecht aus, wenn die Verkaufszahlen einbrechen. Dann doch lieber die Diskussion mit den synthetischen Kraftstoffen irgendwie davor bewahren, dass alle sagen „du kannst keinen Verbrenner mehr kaufen“ und die Leute das dann womöglich auch nicht mehr tun.

Weiterer Effekt: Wenn die Leute noch kräftig Verbrenner kaufen, wählen sie in 5 Jahren wahrscheinlich auch vermehrt die Partei, die ihnen sagt „na gut, noch weitere 5 Jahre könnt ihr euer teuer gekauftes Auto behalten, aber danach ist dann wirklich Schluss mit dem Verbrenner, Ehrenwort!“

Insofern ist ein Verbot von lokalen Emissionen wohl der Versuch, diese Emissions-Taschenspielertricks direkt zu verhindern. Scheint ja so okay-isch zu funktionieren.

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Wenn aus Pflanzen gewonnen sie sind aber in sofern weniger Klimaschädlich als dass sie das CO2 das bei der Verbrennung entsteht beim Wachstum auch verbraucht haben.

Der Ausbau der Windkraft- und Solaranlagen scheitert aber nicht an fehlenden Produktionskapazitäten. Also ja, die schnitzen sich ihre PV-Module selbst und haben mit dem öffentlichen Stromnetz nichts zu tun.

Wie gesagt, der Aufbau der nötigen Grünstromanlagen wird in den Investitionsrechnungen der eFuels Anlagen bereits berücksichtigt.

Das stimmt, lies am besten den Rest des Threads.

Es sind aber nunmal keine Taschenspielertricks. Das CO2, was ein Kohlekraftwerk ausstößt für den Strom mit dem wir momentan Elektroautos laden ist real. Genauso real ist die CO2 Senke bei der eFuels Produktion. Das wird im onroad Sektor aber einfach ignoriert.
Und wo das CO2 herkommt habe ich doch schon beschrieben: zunächst aus konzentrierten punktquellen, wie zB Abgase von Kohle- und Gaskraftwerken und perspektivisch per Direct Air Capture.

Ja, das stimmt. Elektroautos verursachen mehr CO2-Emissionen, wenn sie mit Kohlestrom getankt werden, als wenn sie erneuerbaren Strom nehmen.
Der Unterschied ist, dass Elektroautos wie von Zauberhand klimafreundlicher werden, je mehr Kohlekraftwerke durch EE-Anlagen ersetzt werden.
Das ist bei E-Fuel-Autos nicht so: Die Energie, um den Treibstoff herzustellen mag grün sein, der Kohlenstoff wird es aber irgendwann nicht mehr sein, wenn wir nicht massiv direct-air-capture schaffen.
D.h. E-Fuels für den Verkehr zu propagieren ist das Verlassen darauf, dass wir ein wirklich schwieriges Problem, nämlich den verschwindend geringen CO2-Anteil aus Luft trotzdem ausfiltern zu können, in der Zukunft lösen werden.

Du magst es unangenehm finden, diese Logik nicht durch den Markt regeln zu lassen. Aber ich finde den Short-Cut, etwas zu verbieten, was sowieso eine ganz schlechte Idee ist, an dieser Stelle akzeptabel, weil der Failure-Mode nicht so schlimm ist wie in der Alternative.
Wenn nämlich der Markt den Gewinn optimiert (wie immer) und leider das eigentliche Ziel (klimaneutrale Mobilität) auf der Strecke bleibt (z.B. wie oben von mir beschrieben wegen perverse incentives), stehen wir dumm da.

Der einzige Nutzen, den du beschreibst, ist, dass wir den Verbrenner noch etwas länger behalten können.

Und zu deinem Szenario mit den nicht so schnell umrüstbaren Fahrzeugen: Da kann man auch einfach weiter Erdöl nehmen, die CO2-Abscheidungen der Kohlekraftwerke verpressen und den Druck aufrecht erhalten, diese Fahrzeuge doch noch durch E-Autos zu ersetzen.

Ich glaube nicht, dass wir hier noch auf einen grünen Zweig kommen.

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Stimmt, aber wir haben ja nicht einmal genug EE-Anlagen für alles was nicht Auto ist.

Kann man @Nacho so auslegen, oder man kann es so deuten, dass wir einfach viel viel weniger Autos brauchen, und nicht etwa mehr.

Sehe ich auch so. Aber ich sehe nicht, dass @Nacho das gesagt hätte, noch, dass es unmittelbar mit dem Thema hier zu tun hat.

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