Hier ein Artikel aus der NWZ vom 19.02.22
Warum die Huntebrücke bei Sturm offen bleibt
UNFALL - Lediglich Umfahrungs-Empfehlungen übers Radio – Neubau soll Lösung bringen
OLDENBURG. (pab) Fast den gesamten Tag war am Donnerstag die Huntebrücke der A29 in Oldenburg in Richtung Wilhelmshaven gesperrt, am Nachmittag auch in der Gegenrichtung. Gegen 5 Uhr am Morgen hatte eine Windböe einen Sattelschlepper samt Auflieger rüde auf die Seite gelegt. Erst am Nachmittag konnte das Fahrzeug geborgen werden. Trotz der Warnungen vor Sturm „Ylenia“ hatte der Lkw-Fahrer den Weg über die rund 30 Meter hohe Brücke gewählt. Doch warum war dieser Weg für ihn überhaupt frei?
Große Angriffsfläche
Es ist beileibe nicht das erste Mal, dass eine Lastwagenfahrt über die Huntebrücke auf diese Weise endet. Besonders leere Fahrzeuge sind mit ihrer großen Angriffsfläche gefährdet, wenn starker Wind bläst. Der 64-jährige Fahrer aus Polen, der glücklicherweise unverletzt blieb und auch keine anderen Fahrzeuge in den Unfall verwickelte, hatte die Sturmwarnung entweder ignoriert, nicht mitbekommen oder ihm war als Ortsunkundigem nicht bewusst, dass er über eine so hohe und offene Brücke fahren würden. In den letzten beiden Fällen hätte der Unfall verhindert werden können, wäre die Brücke für Lastwagen gesperrt gewesen.
„Eine Sperrung selektiv für eine Verkehrsart, hier leere Lkw, ist nicht möglich“, teilt Inga Fahlbusch, Sprecherin der zuständigen Autobahn GmbH, auf Anfrage unserer Redaktion mit. Stattdessen sei vorab über den Rundfunk die Empfehlung der Polizei verbreitet worden, die Huntebrücke mit leeren Lastwagen und Autos mit leichten Anhängern zu meiden.
Auf anderen Brücken gibt es indes Systeme, die bei entsprechender Wetterlage ein Befahren durch Lastwagen verbieten oder auf entsprechende Umleitungen verweisen. In Oldenburg wäre ein Ausweichen über die A28 und die A293 problemlos und ohne großen Zeitverlust möglich, um bei zu starkem Wind die Huntebrücke zu umfahren. Ortskundige Fahrerinnen und Fahrer dürften diese Möglichkeit auch nutzen. Aber was ist mit denjenigen, die sich im Nordwesten nicht auskennen? Ein entsprechende digitale Beschilderung, die auf Knopfdruck oder mittels Sensoren automatisch anspringt, gibt es in Oldenburg nicht. „Regelkonforme, digitale Leiteinrichtungen wären für den ganzen Stadtring nötig und sehr aufwendig zu installieren“, argumentiert Fahlbusch.
Windschutzwände
Der Bau eines solchen Systems sei auch nicht im Zuge des Abrisses und Neubaus (ab 2023) der Huntebrücke geplant. Stattdessen setzt die Autobahn GmbH bei der neuen Brücke auf Windschutzwände , die den bisher schönen Ausblick über die Huntewiesen und auf die Stadt zwar verhindern , allerdings auch die Gefahr von Unfällen durch Seitenwind reduzieren sollen. „Die geplante Windschutzwand ist für Sturmereignisse bemessen und kann Unfälle dieser Art zukünftig vermeiden“, so Fahlbusch.
Welche Gründe der Unfall-Fahrer von Donnerstag auch immer hatte, den Weg über die Brücke zu nehmen: Ihm wird kein strafrechtlicher Vorwurf gemacht. Der Fall sei als „Unfall“ in Bearbeitung, teilte Polizeisprecher Stephan Klatte. Zwar sei eine fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs durchaus strafbar. Die Voraussetzungen, wie etwa grob rücksichtsloses oder alkoholisiertes Fahren, seien in diesem Fall allerdings nicht gegeben.
Patrick Buck
Warum die Huntebrücke bei Sturm offen bleibt
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