Ihr redet in der Lage oft von Steuergeld, Geld der Steuerzahler:innen oder aus Steuermitteln, wenn es um Staatsausgaben geht. Das ist durch das politische Spektrum hindurch so üblich und unhinterfragt, aber ich glaube, dass damit bei genauerer Betrachtung eine problematische Weltsicht transportiert wird.
Erstens, das ist der theoretischere Aspekt, finanziert sich der Staat nicht nur aus Steuern, sondern auch durch Schulden. In Deutschland ist das quantitativ nicht so relevant (wegen Schuldenbremse, Währungsunion etc.), aber in den USA werden die meisten Großprojekte (Stimulus, Steuersenkungen, Militärausgaben, …) nicht durch das vielbeschworene taxpayer’s money finanziert, sondern durch von der Fed neu geschaffene US-Dollar.
Zweitens, und das finde ich noch wichtiger, zahlen nicht alle Bürger:innen Steuern (mal abgesehen von der Mehrwertsteuer). Das gilt für Arbeitslose, Studierende, Rentner:innen (die meisten zumindest) und alle, die nicht über den Einkommenssteuerfreibetrag hinauskommen. Das Reden vom Geld der Steuerzahler:innen suggeriert aber, dass bestimmte Ausgaben deshalb heikel sind, weil der Staat das Geld anderer Menschen ausgibt. Der Schritt ist dann nicht mehr weit, den Leuten mit viel Steuerzahlungen mehr Mitspracherecht einzugestehen. Ich finde, man sollte staatliches Geld nicht als etwas betrachten, das der Staat den Bürger:innen aus der Tasche gezogen hat und daher ihnen gegenüber besonders rechenschaftspflichtig ist. Stattdessen sollte man staatliches Geld als das Geld der Allgemeinheit begreifen, für das die staatlichen Akteure allen Bürger:innen gegenüber gemäß ihrer staatlichen Repräsentation (und vielleicht auch weitergehend, z.B. Kinder) rechenschaftspflichtig sind - unabhängig davon, ob und wie viel Steuern dafür „in Vorleistung“ gezahlt wurden.
Ich gebe gerne zu, dass das zu einem gewissen Grad Haarspalterei ist. Aber mir ist aufgefallen, dass diese Wortwahl ganz bestimmte politische Ideen transportieren kann und daher wollte ich euch zumindest mal anregen, darüber nachzudenken, in Zukunft z.B. von Staatsgeldern oder Geldern der Allgemeinheit zu reden