Steinmeiers "Ausladung"

Ich habe grosses Verständnis für Ukraine hier. Dass DE so zögerlich Waffen liefert, ist weniger schlimme, als die Weigerung, Putins Gas und Öl nicht mehr zu kaufen. Darf es wahr sein, dass wir dem Kriegsterror jeden Tag zuschauen und NICHT tun, was wir tun könnten? 6% Rückgang des BIP, das ist also der grosse Schrecken. Ich finde das erbärmlich und beschämend. Dazu die Ausreden, wir wüssten ja nicht, ob das den Krieg stoppen würde. Prima, wenn das nicht garantiert ist, darf man es sich weiterhin bequem machen. Und dann noch: wenn wir es täten, würden wir uns selbst schwächen und dann könnten wir Ukraine nicht mehr so gut helfen. Sehr fürsorglich, das kann man also schon so berechnen, dass es wieder passt und sich für uns gar nichts ändern muss …

Steinmeier hat sich entschuldigt für die Fehleinschätzung Putins. Aber dass die Gasleitungen dazu noch ein hinterhältiger Schachzug gegenüber den europäischen Nachbarn war, die wegen der geografischen Lage halt keine direkte Leitung für billiges Gas legen konnten, und damit unsere Industrie die Konkurrenz aus der übrigen EU abhängen konnte, darüber redet er natürlich nicht. Und dass die Gasleitungen auch noch ökologisch eine Sünde waren und dafür EE-Ausbau blockiert wurde, spielt hier auch eine Rolle.

Ein Embargo wäre mal eine Übung in Resilienz für diese satte Land, das sich nur dann bewegt, wenn die Umstände einfach dazu zwingen (Finanzkrise, Corona). In Vorleistung gehen, kommt nicht in Frage. Abgesehen vom Krieg muss sich aber eh bald was ändern. Die Klimaforscher predigen, der Lebensstil killt den Planeten, aber nichts passiert. Es wird hemmungslos überflüssiges Zeug produziert und beworben und gekauft, als wäre alles in bester Ordnung. Natürlich fielen da Arbeitsplätze weg. Das kann aber doch kein Grund sein, weiterhin schädliche Produkte herzustellen!

Also: Putin schwächen, mal nicht selbstsüchtig sein, mal etwas Gutes tun (für das Leid das von diesem Land schon ausgegangen ist, gerade auch gegenüber Ukraine) Wirtschaft und Konsum auf den Prüfstand stellen, ein wenig neu denken. Ich glaube, wir wären stolz auf uns, wenn wir es täten, und wir würden Achtung gewinnen in der Welt. Andersherum bleiben wir satte Feiglinge. Das Fenster schliesst sich allerdings mit jedem Tag des Zögerns, bis dann wieder nur Verdrängen und Schönreden übrigbleibt.

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Ich nehme mal an, dass dein Arbeitsplatz, falls du einen hast, von den von dir geforderten Maßnahmen nicht betroffen wäre.
Ich finde die Position der Bundesregierung richtig, in einer ohnehin schwieriger werdenden ökonomischen Lage Unternehmen und Bürger nicht noch größere Probleme zuzumuten.
Zu der Causa Steinmeier: ich fand es unklug, dass Staatsoberhaupt eines Landes, dass sich eindeutig an die Seite der Ukraine stellt, so zu brüskieren.

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Ich bin selbstständig, aber ein Embargo würde mich sicher indirekt betreffen. Mit deiner Argumantation kann man auch noch viel egoistischere Dinge begründen, eigentlich alles, was Ungerechtigkeit betrifft.

Und wie gesagt: wenn wir den Klimawandel so weit es geht aufhalten wollen, müssen wir schon deswegen Vieles hinter uns lassen was wir heute gewohnt sind, eine Gesundschrumpfung quasi.

Ukraine ist im Krieg und Steinmeier redet schöne Worte und hat nichts zu bestimmen. Man kann es nicht sehr freundlich nennen, aber spontan verstanden habe ich es in der Sekunde, als die Meldung draussen war.

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Steinmeier dürfte in der Ukraine heute ungefähr einen so guten Ruf haben wie Chamberlain 1938 in der Tschechoslowakei. Ihn öffentlich zu brüskieren, das kommt in Teilen der deutschen Öffentlichkeit nicht gut an. Aber darüber hinaus? Wenn die Ukraine durch solche Aktionen erreicht, dass (west-)europäische Politiker es sich in Zukunft dreimal überlegen, ob sie über die Köpfe der Osteuropäer hinweg mit Russland ins Geschäft kommen, dann hat es sich allemal gelohnt. Steinmeier wird sich vermutlich bis zum Ende seiner Karriere als öffentliche Person fragen lassen müssen, was er sich bei der „Steinmeier-Formel“ und insgesamt seiner Russlandpolitik eigentlich gedacht hat.

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Ganz ehrlich: Ich bin froh, dass wir hier gerade Politiker haben, die nicht in Aktionismus verfallen.
Es gibt andere Länder die offensichtlich reichlich Waffen liefern.

Deutschland kommt historisch einfach von woanders als die USA. Wir haben uns seit Jahren aus Konflikten rausgehalten. Da ist jeder Hilfseinsatz schon eine riesen Diskussion. Hättest Du vor zwei Jahren ein paar Politiker von Grünen und SPD befragt, hätten die sich lieber ihren rechten Arm abhacken lassen, als irgendwo in einen Konflikt einzusteigen.

Heute gibt es 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr… Außerdem LIEFERN wir Waffen, und wir werden auch noch mehr liefern!

Und auch ein Embargo ist schnell und einfach gefordert.
Wir haben 100 Euro im Monat für die Gasheizung gezahlt… Der Gaspreis hat sich verdoppelt - das tut schon echt weh. Experten gehen bei einem kompletten Embargo von einer Verzehnfachung aus. Das kann ich mir dann aber nicht mehr leisten.

Wohlgemerkt: Ich sage NICHT, dass das falsch ist - im Gegenteil!
Ich sage nur, dass man das gut überlegen sollte: WAS macht man, WIE macht man es und auch WANN macht man es (in zwei drei Wochen muss niemand mehr heizen, das kann eine Menge ausmachen)

Im übrigen glaube ich auch, dass die Auswirkungen der Sanktionen in Russland haben, SEHR stark unterschätzt werden. Lange kann Russland das nicht mehr durchhalten.

Eins muss aber auch klar sein: Sanktionen sind immer langfristig. Auch durch ein komplettes Embargo wird in der Ukraine kein einziger Schuss weniger fallen!

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Ich habe das gefragt, weil es natürlich einfach ist, anderen Wasser zu predigen, wenn der eigene Weinkeller unberührt bleibt. Aber im Ordnung, das ist dir dann nicht der Fall.

Verständlich mag es sein, ich fand und finde es falsch, so mit dem Staatsoberhaupt eines Landes umzugehen, von dem man sich ja weitere und größere Unterstützung erwartet.

Genau das machst du, wenn du dich zurücklehnst und sagst, sollen sich doch bitte andere Staaten in die Nesseln setzen oder die Ukraine an Russland fallen. Hauptsache, mein Öl und Gas bleiben billig und mein Job ist nicht in Gefahr. Genau dieses Denken hat dazu geführt, dass ein Braunkohle-Ausstieg immer weiter nach hinten verschoben wurde, marode Werften immer wieder gerettet wurden und wir von der Autoindustrie so abhängig sind.

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Wenn die persönliche Betroffenheit das Mass für jede politische Entscheidung ist, bleibt in jeder Frage alles beim Alten. Man muss sich ja eh darauf einstellen, dass Putin das Gas abdreht, und daflür muss man planen. Wenn wir zur Ehrenrettung von DE selbst das Gas aus Russlalnd abdrehen, dann greifen die selben Pläne, also Gasverbraucher in der Industrie so weit zurückfahren, dass Wohnungen geheizt werden können (mit 18 Grad, die eh gesünder sind).

Das sind möglicherweise ähnliche Experten wie die Propheten vom Untergang Deutschlands bei einem Mindestlohn. Andere Experten halten ein Embargo für machbar. Da darf man halt nicht denken, alles bliebe statisch. Das ist dann eben Resilienz, wenn man an allen Stellschrauben dreht und innovativ handelt. Ist ja wie ich schon gesagt habe aus Gründen des Klimaschutzes längst notwendig.

Wie sehr ein Embargo den Krieg beeinflusst, kann niemand wissen. Der Vergleich zwischen den Alternativen ist unmöglich, da es nur eine Wirklichkeit gibt. Deine Behauptung ist per se unzulässig, und wenn man die Alternativen Embargo oder kein Embargo in zwei Paralleluniversen sich abspielen lassen könnte, würde ich ganz schwer darauf wetten, dass viele Schüsse weniger fallen würden.

Deutschlands Ruf in der Welt leidet sehr wegen dieser kleinkarierten Sorge um ein wenig Wohlstandsverlust. Man muss nur einmal von aussen auf unser Verhalten schauen. Ukrainerinnen müssen uns doch verachten für so viel Egoismus. Wann hat DE überhaupt einmal versucht, mit einer mutigen Entscheidung der Schande der Nazizeit etwas entgegenzusetzen? Ausser schönen Reden und widerwillig herausgerückten, knausrigen Entschädigungen war nichts so viel mir bewusst ist. Man hat nicht einmal den Zwangskredit der Griechen an Nazideutschland zurückgezahlt, als das wirklich geholfen hätte in der Griechenlandkrise. Ich weiss gar nicht, wie das rechtlich überhaupt möglich war. Schäuble hatte wohl das Recht des Stärkeren angewandt, ist durchgekommen und viele Deutsche haben sich gefreut, dass das Geld hierbleibt.

So einfach wie es klingt ist es wahrscheinlich nicht. Es gibt ne Menge kontinuierlicher Prozesse in der Industrie, die Du nicht einfach drosseln oder abschalten kannst. Ein Glaswerk z.B. kann die Temperatur in den Schmelzwannen vielleicht von 1600°C of 1500°C reduzieren. Alles darüber hinaus heißt abschalten, abreißen und woanders neu bauen (weil die Schmelze Jahre braucht, um auf handhabbare Temperaturen abzukühlen). Ohne Flachglas werden keine Autos und keine Häuser mehr gebaut, ohne Hohlglas gibt’s keine Getränke und Konserven mehr etc.

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Schade, dass Du meinen Beitrag nur oberflächlich gelesen hast…

Nö, ich fordere nichts von jemandem wozu ich nicht auch selbst bereit wäre.
Aber wir können nicht einfach so Unternehmen und Bürgern Lasten aufbürden, die nicht tragbar sind. Und eine Welle an Pleiten, Insolvenzen und sonstigen Krisen herauf beschwören.
Habeck hat finde ich Recht, wenn er auf den sozialen Frieden hinweist, den es zu wahren gilt.

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Hinweis: Das Problem kann man mit einem Strafzoll umgehen. Das wäre mir persönlich deutlich lieber, denn dann würden wir das Gas immer noch bekommen, aber deutlich preiswerter oder teurer, aber deutlich weniger. Unabhängig davon hätten wir Geld durch den Import des Gases mit dem dann sinnvolle Dinge unternommen werden könnten. Kommt auf die Höhe des Zolls an und darauf wie Putin reagiert (und ob er ggf. den Hahn zudreht).

So eindeutig ist das nicht. Steinmeier hat in seiner Karriere den Handel mit Russland vorangetrieben und damit der Unkraine geschadet. Dazu kommt, dass er sich eingeladen hat. Eine Akzeptierung dieser Einladung wäre auch gleichbedeutend damit gewesen, Steinmeiner zu verzeihen.
Denn ein Besuch in Kiew ist eine sehr öffentlichkeitswirksame Möglichkeit sich als handelnde Person zu inszenieren und davon zu profitieren. Diese Möglichkeit bietet Selenski jetzt Scholz und ich denke, dass der gut daran wäre, diese auch zu akzeptieren, denn bisher hat er sich nicht so wirklich als Führungskraft hervorgetan.

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Wieso nicht? Wer alle seine Aktien in russische Märkte angelegt hätte und jetzt jammert, dem würde man den Vogel zeigen.
Warum bringt man Unternehmen dann soviel Verständnis entgegen, dass sie zur Gewinnoptimierung auf einen Plan B verzichtet haben?
Deutschland hat von besonders billigem Gas profitiert und bekommt jetzt die Quittung dafür. Es ist ja nicht so, dass von diversen Seiten nicht gemahnt worden wäre. Das Ernstzunehmen ist natürlich keine Pflicht. Aber ein ehrlicher Kaufmann, der nach dem Vorsichtigkeitsprinzip zu agieren hat, hätte das zumindest in seine Überlegungen mit einbeziehen müssen. Deutsche Konzerne vertrauen stattdessen auf ihre Lobbyarmeen und dass die Politik schon verstehen wird, dass sonst der Markt das anders regelt als der Wähler das mag.
Außerdem sollte man immer damit rechnen, dass ein erfolgreicher Angriff einen weiteren Angriff hinter sich her zieht. Und dann ist es eben schnell EU-Gebiet, was von Deutschland ganz andere Opfer verlangen würde.

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Als ob es um diesen Personenkreis gehen würde. Es geht um Eigentümer und Mieter, die in Häusern mit Gasheizung leben und nicht so locker auf Wärmepumpen umstellen können. Und wenn ich von Unternehmen schreibe dann meine ich sowohl die Chefs und Aktionäre als auch die Beschäftigten die ihre Produkte nicht mehr herstellen bzw. verkaufen können wenn die Energieversorgung nicht mehr gegeben ist (oder nur zu Preisen die ein wirtschaftliches Arbeiten nicht mehr möglich machen).

Stimmt, nur dass die Quittung nicht jeden gleichmäßig trifft.

Nach dem Desaster, das die russische Armee gerade in der Ukraine erlebt, glaube ich kaum, dass mit einer Ausweitung des Konflikts auf die Nato zu rechnen ist. Es sei denn die Nato greift aktiv ein, aber damit ist wiederum ebenfalls kaum zu rechnen.

Gerade noch einen Podcast zu dem Thema gehört… Ist unterm Strich das gleiche, wie ein Embargo - je nach Höhe des Zolls.
Ist der Zoll niedrig, bleibt der Preis unten und der Zoll hat keine Wirkung. Ist der Preis sehr hoch, lohnt sich der Verkauf gar nicht mehr und es ist das gleich wie ein Embargo

Da ist man wie leider so oft vom Thema etwas abgekommen.

Für mich ist die Sicht der Ukraine klar: Sie wollen, dass ein deutscher Represäntant mit Entscheidungsgewalt nach Kiew fährt, damit danach auch was entschieden wird. Steinmeier hat diese nicht. Dass er in der Vergangenheit russlandnahe Positionen bezogen hat wird vermutlich nur als Strohargument herangezogen, danach dürften eine Menge Politiker in der EU nicht in Kiew empfangen werden.

Nebenbei, diese Unterstellung ist rüpelhaft und dumm. Du kannst dich gerne entschuldigen. Ihr liegt die Annahme zugrunde, dass ALLE Menschen rein nach ihrem persönlichen Vorteil entscheiden. Es gibt aber, zum Glück für die Menschheit, genügend Leute, die durchaus ihren persönlichen, meistens eh kurzfristigen Vorteil sähen, aber sich für das grössere Wohl (Gemeinschaft auf jeder Ebene) auf lange Sicht entscheiden und damit besser leben als die Besitzstandswahrer. Das nennt man auch soziale Intelligenz.

Moralische Selbsterhöhung ist natürlich eine schöne Sache, vor allem wenn man sich die Deutungshoheit über das vorgeblich „größere Wohl“ gleich mitgibt.
Ich für meinen Teil möchte meine Mitmenschen möglichst nicht in Mithaftung für meine Überzeugungen nehmen.
Daher unterstütze ich auch den vorsichtigen Kurs der Bundesregierung was z.B. Waffenlieferungen und ein Energieembargo angeht. Dass Deutschland nicht in der Lage ist, diese Maßnahmen umzusetzen, ohne große Schäden für unsere Gesellschaft und Wirtschaft zu riskieren, ist eine Folge großer politischer Fehler in den letzten 20 Jahren.

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Schäden für die Wirtschaft und Gesellschaft gibt es in jedem Fall auf die eine oder andere Weise.
Dass uns Nichtstun nichts kostet, ist ein Irrglaube.
Nur kommen im zweiten Fall die Schäden schleichend und unbeobachtet. Wie beim Klimawandel.

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Das Tragische ist, dass gerade wir als Deutsche das eigentlich so viel besser verstehen sollten. Adenauer sprach mal vom „Albdruck von Potsdam“, der seine außenpolitischen Überlegungen präge, sprich von der Angst davor, dass die großen Mächte noch einmal über den Kopf Deutschlands hinweg und ohne deutsche Beteiligung Entscheidungen über das Schicksal Deutschlands treffen und die aufstrebende Demokratie so erdrücken könnten.

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