Sprachliche Anmerkung

Liebes Lage-Team,
danke für eure wie immer informative und kurzweilige Folge. Eine Sache möchte ich anmerken: Ihr nennt bei den Stimmen der Grünen zur geplanten Cannabis-Legalisierung einen Tweet von Kirsten Kappert-Gonther, „die junge Dame“ mit dem literarischen Wortspiel. Fragt euch doch bitte einmal, ob ihr auch so über einen Mann Mitte 50 gesprochen hättet. Solche kleinen unbedachten Abwertungen von Frauen helfen auch bei der Aufrechterhaltung sexistischer Stereotype.

Ich bin mir nicht sicher, ob es sich bei dem Zitat um eine Sentenz handelt, die geeignet ist, Menschen abzuwerten. Wenn die beiden von einem „distinguierten älteren Herrn mit lyrischen Ambitionen“ gesprochen hätten, wäre das wohl ebensowenig der Fall gewesen.

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Laut Wikipedia ist Frau Kappert-Gonther Jahrgang 1966, einen Mann hätte ich dann eher als „alten (weißen) Mann“ angesprochen (gehöre selbst in die Alters-Kohorte von Frau KG). Ist es das „jung“ oder die „Dame“ die hier stören? Wäre „junge Frau“ besser gewesen? Oder ist überhaupt die Referenz von Alter und Geschlecht, die hier nichts zur Sache beitragen. Das kann ich nachvollziehen, beides ist hier nicht relevant.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Kirsten Kappert-Gonther ist Jg. 1966, Medizinerin. "literarisch ganz vorne mit dabei, die junge Dame“? Das klingt mir arg paternalisrisch.

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Solche kleinen unbedachten Äußerungen machen gesprochene Sprache lebendig und authentisch.

Hinter jeder Ecke sexistische Stereotypisierung und diskriminierende Tendenzen zu sehen, erweist den wirklich diskriminierten Menschen einen großen Bärendienst, da derartige Vorwürfe letzten Endes zunehmend nicht mehr ernst genommen werden.

Zumal die (vermeintliche) Gegenseite (ältere, konservative Männer) noch deutlich häufiger in der Lage ihr Fett weg bekommt - da echauffiert sich halt keiner drüber.

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Ich hab die Frau einfach für jünger gehalten … leider wäre es das Ende der Lage, wenn wir auf spontane Einschätzungen verzichten würden. Da ist es mir lieber, wenn ich gelegentlich einmal daneben liege. Die meisten Menschen ab ca. 35 freuen sich außerdem, wenn sie für jünger hält :wink:

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Mir ist bewusst, dass das Meckern auf hohem Niveau ist :wink:
Aber es ist auch die Lage der Nation und nicht die FAZ, da darf man vielleicht auch Kleinigkeiten anmerken, die einem eben aufstoßen.

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In der Alltagssprache wird „junge Dame“ heutzutage einfach fast ausschließlich als sprachliches Mittel verwendet, das nicht wirklich besonderen Respekt vor der „Dame“ ausdrücken soll, sondern eher einen süffusanten/humorigen Unterton haben, wobei die Aussage (und der Witz) auf Kosten der Frau geht, um die es geht. Jedenfalls ist das meine Erfahrung, achten Sie doch mal drauf :slight_smile:
Zum anderen habe ich hier, wie Ulf schreibt zu Unrecht, eine ironische Verwendung des Wortes jung vermutet, was auch nicht anders zu verstehen sein kann als abwertend.
Noch deutlicher wird das Thema bei „gnädige Frau“ oder „gnädiges Fräulein“ (verwenden zum Glück nur noch wenige): Es wird eine besonders höfliche Formulierung ironisch verwendet, um subtil die eigene Überlegenheit auszudrücken.

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Das ist das typische Problem in der Kommunikation - was der Sender aussagen will und was beim Empfänger ankommt ist bisweilen doch sehr unterschiedlich. Ich hatte das „Jung“ definitiv nicht ironisch aufgefasst, aber jeder Empfänger deutet es halt unterschiedlich.

In diesem Sinne muss man als Sender - gerade, wenn man in eine größere Öffentlichkeit sendet - natürlich stets im Hinterkopf behalten, wie bestimmte Formulierungen aufgefasst werden können.

Aber selbst wenn man das hat und wenn man extrem bedächtig bei der Auswahl der Formulierungen ist, wird es immer mal zu kleineren Schnitzern kommen, wenn man eine gewisse Dynamik in der Kommunikation erhalten will (und nicht strikt nach Script sprechen und über jeden Satz erstmal eine Nacht schlafen oder eine andere Person rüber schauen lassen will, was im Format des Podcasts nicht wirklich eine Lösung ist…).

Ich denke, die Hosts geben sich schon große Mühe bei der sprachlichen Ausgestaltung und es gibt nur sehr selten mal eine kontroverse Sprachnutzung.

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