SPD nach der Wahl

Es wird ja gerade hier im Forum immer wieder über die Koalitionsfähigkeit der Union gesprochen, aber ich finde, man sollte viel stärker auf die SPD schauen.
Denn im Gegensatz zur CDU wird die SPD mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht Wahlsieger, und müsste somit als Juniorpartner in eine mögliche Schwarz Rote Koalition. Vermutlich würde Scholz diesen Schritt nicht mitgehen und am Tag der Wahlniederlage abtreten, möglicherweise sogar auch Klingbeil und Esken.
Damit wäre die SPD erstmal mit sich selbst beschäftigt, und ein Richtungsstreit wäre vorprogrammiert.
Ob die SPD in diesem Zustand koalitionsfähig, oder sogar verhandlungsfähig wäre, wäre fraglich.

Falls sie nicht koalitionsfähig sind, oder wie in Österreich die Verhandlungen platzen lassen, müsste sich die Union zwischen Grünen und AFD als Koalitionspartner entscheiden. Für schwarz gelb dürfte es eher nicht reichen.

Wäre für mich hoch interessant von der LdN zu erfahren, was die SPD im Falle einer Wahlniederlage plant, und wer die Führungskräfte sind.

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Das Österreich-Szenario scheint zum Glück noch in relativer Ferne zu sein.

Die FPÖ ist zwar von ihrer Ausrichtung in der Tat sehr ähnlich zur AfD und Kickl ist sogar vergleichbar mit Höcke, aber der Unterschied ist, dass die FPÖ schon sehr etabliert ist, u.a. schon fünf Mal in der Bundesregierung saß und in fünf Landesregierungen vertreten ist, in der Steiermark gar den Landeshauptmann (also „Ministerpräsidenten“) stellt.

Die AfD ist - zum Glück - dagegen noch sehr isoliert in Deutschland. Langfristig will die AfD genau da hin, wo die FPÖ heute ist - aber das dürfte, wenn der Wähler tatsächlich so blöd ist, das zu wollen - frühestens in 8 bis 12 Jahren so weit sein…

Was das Verhalten der SPD angeht - dank Söder ist sie in einer relativ guten Position. Da Söder ja jede Regierung mit den Grünen ausschließt (und es noch undenkbar ist, dass die Union mit der AfD koaliert), bleibt nur die SPD als Koalitionspartner übrig. Daher müsste die SPD sich schon sehr verzocken. Die Union - so wenig ich auch von ihr halte - hat sich in der Vergangenheit auch immer recht pragmatisch gezeigt, was Koalitionsverhandlungen betrifft. Späße wie jene der FDP 2017 sind i.d.R. von der Union und der SPD nicht zu erwarten. Dazu ist bei beiden Parteien der Drang zur Macht zu stark.

Außerdem ist anzumerken, dass weder die SPD noch die Union besondere Ausschlüsse hat, also Themen, die den Parteien so wichtig sind, dass sie, wenn diese nicht umgesetzt würden, keine Regierungsbeteiligung wollen würden. Beide Parteien sind meiner Einschätzung nach bereit, wesentliche Teile ihres Wertekanons für eine Regierungsbeteiligung über Bord zu werfen. Von der SPD kennen wir das auch kaum anders („Wer hat uns verraten…“), aber auch die Union hat sich in der Merkel-Zeit ja schon sehr der SPD angenährt.

Dazu kommt der Faktor Merz: Merz wollte so oft Kanzler werden und ist immer gescheitert. Jetzt sieht er seine Chance - und die will er unbedingt nutzen. Gleichzeitig will er seine Kanzlerschaft nicht mit der AfD beschmutzen. Es gibt daher ein sehr, sehr, sehr großes Interesse von Merz, dass die Koalitionsverhandlungen nicht platzen. Union und SPD haben beide ein immenses Interesse daran.

Klar, dass ein ehemaliger Kanzler nach einer Niederlage als Minister weitermacht wäre historisch glaube ich ein Novum - es gehört quasi zum guten Ton, als Kanzler nach der Abwahl den Nachfolger ran zu lassen. Gerade in diesem Fall halte ich es für wahrscheinlich, dass die SPD sehr schnell ihre Reihen hinter irgendeinem Seeheimer schließen wird, um einen reibungslosen Übergang zum Juniorpartner der Union vorzubereiten. Die SPD würde in dieser Situation vermutlich eher keine Richtungskämpfe austragen, das erwarte ich eher ein oder zwei Jahre vor der BTW 2029…

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Das Personal hat die SPD schon, um die Minister zu stellen.
Heil macht weiter Arbeit- und Soziales (das Thema würde für mich der Sollbruchstelle bei Koalitionsverhandlungen sein)
Pistorius macht weiter Verteidigung
Lauterbach macht weiter Gesundheit
Dann braucht man noch jemanden für das Außenministerium und Umwelt und Verbraucherschutz.
Mehr Ministerien werden bei 16-18% nicht drin sein.
Mützenich bleibt Fraktionsvorstand, weil er kann gut mit Merz und Frei, wenn man den Berichten glauben kann.

Scholz ist halt dann Alt-Kanzler…

Ich sehe auch diesmal bei der SPD keine NoGroko Bewegung aufziehen.
Erstens weil ein charismatischer Vertreter, wie seinerzeit Kevin Kühnert, nicht in Sicht ist.
Zweitens weil das Drohpotenzial einer AfD, vor dem Hintergrund internationaler Tendenzen was die Wahlergebnisse und Regierungsbeteiligungen rechtspopulistischer Parteien angeht, höher ist als vor 3 Jahren.
Ob das gut für die SPD wäre ist eine andere Sache.

Interessanter Thread, danke. Hatte das so noch nicht betrachtet. So wenig wahrscheinlich, wie es andere hier darstellen, finde ich das nicht. Ich teile zwar die Argumente: Die SPD passt sich üblicherweise an und es lassen sich wenige Personen erkennen, die eine innere Auseinandersetzung und den Gang in die Opposition forcieren würden. Deshalb sieht es auch für mich wie eine weniger wahrscheinliche Entwicklung aus.
Man muss aber auch bedenken, dass ein Ergebnis der SPD, das den aktuellen Umfragen entspricht, mit Abstand das schlechteste Ergebnis aller Zeiten wäre. Die Medien werden das der SPD ordentlich reinreiben. Sehr viele MdB werden ihre Sitze verlieren. Ich würde auch nicht unterschätzen, dass auch die SPD rote Linien hat, besonders bei Renten und Arbeitnehmer:innenrechten. Da ist schon Potenzial für Konflikte vorhanden.
Die Grünen hingegen sind „aufgeräumt“ wie nie und als Koalitionspartner daher an sich bequemer. Nur ist die Union wohl dafür nicht vernünftig genug.^^

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Das Gute ist, dass Scholz innerhalb der Partei kein Amt hat, und er somit keine Lücke hinterlässt, das stimmt.
Ich habe eher Bedenken, dass es Klingbeil und Esken wegspült. Dann wäre der Parteivorsitz neu zu vergeben.
Und dann ist eben schon die Frage, ob z.B. ein Mützenich das Mandat für Verhandlungen von der Partei bekommt.
Der Parteivorstand hat übrigens mehr als 30 Mitglieder aus verschiedenen Flügeln, wie schnell die Entscheidungen treffen können, wäre auch eine Frage.

Das beste wäre den ganzen Laden endlich mal zu zu machen. Es ist klar dass das schon längst keine sozialdemokratische Partei mehr ist und auch nie mehr sein wird.

In den Niederlanden sind SPD und Grüne fusioniert aber sowas glaube ich nicht dass hier passieren könnte.