„Spaltung der Gesellschaft“

Nicht blenden lassen von disfunktionalern Strukturen veralteter Parlamentspraxis, wie dem Filibuster. Der Kongress, die Regierung etc mag bis zu einem gewissen Grad bzw auch teilweise sehr weitgehenden Grad disfunktional sein. Das was allerdings die Demokratie und demokratische Kultur in den USA aussmacht ist nach wie vor stark vorhanden und funktioniert auch, nämlich die Selbstorganisation und Mobilisierung. gerade in der letzten Wahl hat Stacey Abrams, dass in einem extrem beeindruckendem Maße in Georgia gezeigt oder auch der Aufstieg von AOC.
In Deutschland wäre das Problem wohl eher, dass es weder diese demokratische Kultur noch Struktur in der Gesellschaft gibt, welche derartige Konflikte zwischen Regierung, Parlament und Parteien abfangen könnte. Das ist sehr hypothetisch die politischen Systeme sind so unterschiedlich, dass eine derartige Dysfunktionalität in Deutschland wohl eher nicht entstehen würde

Klar, mir ist bewusst, dass die Systeme sehr unterschiedlich sind und Vergleiche mitunter schwierig sind.

Meine Referenz zu den USA speist sich eher aus der Tendenz der letzten Jahre und Jahrzehnte. Das Aushalten-Können einer anderen Position ist in den USA in den letzten zwei Jahrzehnten wohl schon deutlich zurückgegangen. Beispielhaft dafür sind diese Umfragen, könnten Sie sich damit abfinden, dass Ihr Kind einen Sympathisanten der anderen Partei heiratet oder auch die verbreiteten Vorstellungen einer Wahlfälschung, die ja im Wesentlichen einer „weil nicht sein kann, was nicht sein darf“-Haltung geschuldet sind. So gesehen sind diese Werte demokratischer Kultur schon deutlich schlechter geworden.

In Deutschland sehe ich keine vergleichbare Tendenz. Keiner mag mit der AfD spielen aber davon abgesehen ist der Rest der Gesellschaft weitgehend kompatibel miteinander. Die Zeiten, in denen der Untergang Deutschlands beschworen wurde wenn ein Brandt an die Regierung käme, sind lang vorbei und ich sehe da auch keine Renaissance am Horizont.

Weiß ja nicht wie viel Akzeptanz es zwischen Linken und CDU gibt. Und natürlich werden auch hier Untergangsszenarien bedient, das ist doch die konservative Primärtaktik gegen rot rot grün. Auch jegliche Kritik an der Polizei führt regelmäßig zu Ängsten es würde Anarchismus ausbrechen ^^. Es gibt doch einen relevanten Teil der Deutschen Bevölkerung bei denen Deutschland regelmäßig untergeht, manchmal weil man die (Auto-)industrie kaputt machen wurde , zu viele Geflüchtete kommen, man nicht mehr das Z Wort verwenden darf oder mein Lieblingsuntergangs Szenario, das kommunistische Regime in Berlin hat mal wieder ein Gesetz verabschiedet. Letztens erst wieder hier im Forum passiert, der Mietendeckel hat zum Untergang Berlins geführt und das innerhalb eines Jahres faszinierend. MV ist ja letztens auch untergegangen und wird jetzt vom linken Moloch regiert :joy:

Du spielst ja sicherlich auf den demokratischen Grundkonsens an. Der ist ja meist gekoppelt an Anerkennung formal demokratischer Prozesse, wie der Wahl und selektivem Gewaltverzichts. Ich denke, dass ist ein anstrebenswerter Idealzustand, aber Diagnosen und Prognosen benutzen diesen Begriff doch all zu willfährig. Zum einen beruht der Konsens doch all zu selten auf einem wertgebunden prozedualen Verständnis sondern auf einem mehr oder weniger striktem Wertesystem, das weitestgehend partikularer ist als man es gerne hätte. Diese Werte werden auch gerne sehr undemokratisch durchgesetzt und werden die Werte in Frage gestellt reagiert der Staat und die Zivilgesellschaft durchaus extrem gewalttätig, Stichwort Hamburgerkessel oder sog. Flüchtlingskrise. Wenn auch manches in die Kritik gerät, teilweise aufgearbeitet und verfolgt wird, zeigt die sich schon ein relativ klare Perspektive darauf was als Gefährdung des demokr. Konsens gesehen wird und was nicht. So hat die alte BRD, ein gewisses rechtsextremes Grundrauschen durchaus geduldet. Hier muss man auch mal den Osten in Schutznehmen, organisierter Rechtsextremismus wurde in DDR schon sehr hart verfolgt („unorgansierter“ wurde verheimlicht), nach der Wende kamen dann die gut organiserten westlichen Strukturen, wie NPD oder Dritter Weg (Grüße an die Leute aus Heidelberg, ihr hättet eure Nazis gerne behalten können) in den Osten und haben das Potenzial, dass die DDR verheimlicht hat ausgenutzt.
Jedenfalls, wenn man den Aufruhr und die Konsequenzen von der RAF jenen der Wehrsportgruppe Hoffman gegenüberstellt. (Letztere haben schließlich mit Oktoberfestattentat nicht nur den bisher schwersten Anschlag in der Geschichte der BRD zu verantworten sondern auch ein bayrisches Kulturgut angegriffen. Ich nehme mal an zur RAF brauch ich hier nicht so viel zu sagen.), dann sieht man schon eine gewisse Tendenz.

Was jetzt den amerikanischen Grundkonsens angeht, glaube ich hast du eine historische sehr schwere Stellung dass Nachzuweisen, bei den ganzen Attentaten gegenüber Präsidenten und generell Politikern, ebenso wie Ereignissen wie Tulsa, Sezessionskrieg, Jim crow laws etc. In Deutschland werden selektiv gewisse Praktiken (meist spezieller Gruppen) noch schneller als undemokratisch gesehen als in anderen Staaten. Insbesondere im Bezug auf Proteste und Demonstrationen.
Man sollte bei Deutschland auch nicht vergessen, das gesellschaftlich und Politik, sowohl politisch-ideologisch als kulturell weit weniger heterogen ist als andere Staaten.

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Sehr schöner Gedsnke, allerdings fehlt mir zur Minderheit eine extrem wichtige Unterscheidung:

Bin ich ungewollt eine Minderheit auf Grund von Ethnie, Religion oder sexueller Ausrichtung oder bin ich wie die Schwurbler eine selbst gewählte Minderheit. Ich denke nämlich bei selbst gewählten Minderheiten kann man wie im aktuellen Fall auch mal härter sein.

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Ich will mich da nicht zu sehr an dem Beispiel festbeißen. Wenn Du die System für zu unterschiedlich hältst, fein. Ist aber ein bisschen eine Frage des Zeithorizonts, was gleichzeitig auch veranschaulicht, dass man sich diesen Konsens „erarbeiten“ kann und ihn auch wieder verlieren kann. Die Gründerväter hielten sich teilweise ja schon gegenseitig für eine Bedrohung der Existenz der USA. Die Siuation, dass die Demokraten und Republikaner sich allein aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit gegenseitig für eine Bedrohung der Demokratie hielten, war im 20. Jh. eigentlich unüblich. Gerade verschärft sich die Situation dahingehen aber wieder.

Eigentlich sind Parteien hier nicht mein einziger Punkt. Grundsätzlich bezieht sich der demokratische Konsens ja auf alle Akteuere. Aber es bleibt nach wie vor eine steile unbelegte These. Im 20 Jahrhundert wurden der civil rights akt verabschiedet bis dahin gabs KKK und jim crow laws, die sozialdemokratische Plattform der Demokraten mit dem new Deal, die Ermordung Kennedys, die Mccarthy Ära, Proteste und der Prozess in Chicago etc. und da soll es keine Hass gegeben haben aufgrund der Parteimitgliedschaft bzw. der politischen Plattform ? und selbst, wenn würde das immer noch an dem Argument vorbeigehen, da beide Parteien von weißen Männern dominiert wurden, natürlich impliziert das nen Konsens nur ist der halt nicht demokratisch.
Der demokratische Grundkonsens ist ein Narrativ, ein Appell, ein Ziel und allzu oft ein rethorisches Mittel zur Deligitimation. Aber in den seltensten Fällen Realität. Ich hab das zyklische schon betont, aber Zeiten mit stärkerer Kooperation einfach als stabilen Grundkonsens zu positiveren, klammert notwendigerweise Ausgrenzungen und Verfolgungen aus zu Gunsten einer selektiven Betrachtung. Denn genau dass ist die Versteifung darauf ob sich jetzt die Parteien und deren Mitglieder gegenseitig hassen. Zur Analyse und Diagnose demokratischer Gesellschaften trägt dies wenig bei.
Ich bekomme auch das Gefühl es geht dir um eine besondere Betonung der Ernsthaftigkeit der jetzigen Lage. Wenn ich dir da auch nicht widersprechen will, sollte man es schon historisch einordnen und die Historie dabei nicht all zu sehr beschönigen.

Dabei sind wir noch nicht mal bei der Frage inwiefern es denn eine Akzeptanz demokratischer Prozeduren ist, wenn man erst den Gerichtshof einseitig politisiert und dann benutzt, um Gesetze auszuhebeln. Geschehen mit dem New Deal und dem Abtreibungsgesetz in Deutschland der sozialiberalen Koalition.

Btw Bitte nachlesen, es ist Stand der vergleichenden Politikwissenschaft, dass USA und Deutschland von Struktur, Kultur, Cleavages unterschiedliche politische Systeme sind.

Ich habe den Eindruck deine Definition des Begriffs Gewalt, deckt sich nicht mit der allgemeinen Defnition von Gewalt. Gewalt bedeutet nicht „Nase brechen“. Sanktionierung mittels Geldstrafe ist auch Gewalt. Und Santionierung mit Geldstrafen ist zudem noch eine form der Gewalt, die sich strukturell gegen Menschen mit geringen Einkommen richtet. Menschen, die sowieso schon am wenigsten Einfluss auf Politik und Gesellschaft haben. Daher ist das eine autoritäre Gewalt.

Im Folgenden der Einleitungstext des deutschen Wikipedia Artikel zum Begriff „Gewalt“.

Als Gewalt (von althochdeutsch waltan „stark sein, beherrschen“) werden Handlungen, Vorgänge und soziale Zusammenhänge bezeichnet, in denen oder durch die auf Menschen, Tiere oder Gegenstände beeinflussend, verändernd oder schädigend eingewirkt wird. Zur weiteren Etymologie siehe die Erläuterungen im Digitalen Wörterbuch Deutscher Sprache.[1] Gemeint ist das Vermögen zur Durchführung einer Handlung, die den inneren oder wesentlichen Kern einer Angelegenheit oder Struktur (be)trifft.

Der Begriff der Gewalt und die Bewertung von Gewalt im Allgemeinen sowie im Privaten (in Form von häuslicher Gewalt) ändert sich im historischen und sozialen Kontext. Auch wird er je nach Zusammenhang (etwa Soziologie, Rechtswissenschaft, Politikwissenschaft) in unterschiedlicher Weise definiert und ist Änderungen unterworfen, so wurde z. B. das Recht auf gewaltfreie Erziehung in Deutschland im Jahr 2000 eingeführt. Im soziologischen Sinn ist Gewalt eine Quelle der Macht. Im engeren Sinn wird darunter häufig eine illegitime Ausübung von Zwang verstanden. Im Sinne der Rechtsphilosophie ist Gewalt gleichbedeutend mit Macht (englisch power, lateinisch potentia) oder Herrschaft (potestas). Zivilrecht und Strafrecht basieren auf dem allgemeinen Gewaltverbot, siehe hierzu auch das Gewaltmonopol des Staates, in der wiederum Macht die Quelle von Gewalt darstellt. Der Feminismus und Poststrukturalismus wendet den Gewaltbegriff darüber hinaus auch auf die Sprache an.

Die Weltgesundheitsorganisation definiert Gewalt in dem Bericht „Gewalt und Gesundheit“ (2002) wie folgt: „Gewalt ist der tatsächliche oder angedrohte absichtliche Gebrauch von physischer oder psychologischer Kraft oder Macht, die gegen die eigene oder eine andere Person, gegen eine Gruppe oder Gemeinschaft gerichtet ist und die tatsächlich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verletzungen, Tod, psychischen Schäden, Fehlentwicklung oder Deprivation führt.[2]

Quelle: Gewalt – Wikipedia

Das Märchenszenario, dass in Deutschland die Scharia eingeführt und dem dem Gesetz übergestellt wird, ist ein eine Schwurblerei aus dem Rechtsextremen Milieu. Mir fehlt der Nerv dir hier jetzt rechtsextreme Narrative zu dekonstruieren.

Meiner Meinung nach wird das von der Politik so völlig überhöht, weil man versprochen hat keine Impfpflicht zu etablieren und sich jetzt nicht mehr traut, dieses Versprechen zu brechen. Ich prognostiziere: wenn es eine allgemeine Impfpflicht gäbe und der ungeimpfte Aufenthalt im öffentlichen Raum (!) mit einem schmerzhaften Bußgeld bewehrt wäre, wäre das Thema bald (trotzdem zu spät für die 4. Welle) durch und von Spaltung würde niemand mehr reden. Die echten Impfgegner fallen dann nicht mehr ins Gewicht oder sind geheilt (oder tot).

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Wie wäre es mit „solidarischer Gesellschaft“?

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Es sollte ein argumentum ad absurdum sein. Es gibt aber durchaus auch die Begriffe Gesellschaft und Gemeinschaft. Toennies. Something more.

In England war der Krieg vom ersten Moment an total. In Deutschland fand er bis zu jener Rede, die eher nur der Ausdruck einer besonderen deutschen Lahmheit war, eher nur im Fernsehen statt.

Das gilt vielleicht auch jetzt. Ein Impfzwang ist auf die Dauer erheblich weniger belastend als der permanente Maskenzwang. Vielleicht fehlt zunehmen auch jener Geist der Auftragstaktik in den deutschen Labors, mit dem wir so gut in die Krise gekommen sind.

Das Virus ist das Ende der Regulierbarkeit. Irgendwas geht immer schief. Auch beim Krieg gegen das Virus. Wenn Masken die Allgemeinheit schuetzen, dann schuetzt sie eine Impfpflicht auch.

Er zeigt uns die Verhaeltnisse wie sie sind. Einschliesslich der Gaspreise und dem Unbundling von Gasleitungen, obwohl es eine Konkurrenz, die das Unbundling schuetzen koennte, ueberhaupt nicht gibt.

Ich fürchte, mit solch expansiven Definitionen stellst Du Dich auf eine Minderheitsposition, selbst in den Sozialwissenschaften (s. auch die Wikipedia-Seite, die Du selbst zitierst). Magst gerne darauf beharren, versteht dann halt keiner. Dann kannst Du Dich darüber freuen, dass alle anderen keine Ahnung haben.

Das Märchenszenario, dass in Deutschland die Scharia eingeführt und dem dem Gesetz übergestellt wird, ist ein eine Schwurblerei aus dem Rechtsextremen Milieu. Mir fehlt der Nerv dir hier jetzt rechtsextreme Narrative zu dekonstruieren.

Ich weiß wohl, dass das so ist. Ich habe mir dieses Narrativ auch nicht zueigen gemacht. Im Gegenteil sage ich: es gibt islamistische Gewalttäter, aber der Staat oder die Politik lassen sich von denen bestimmt nicht vor sich hertreiben. Von Indioten, die den Reichstag „erstürme“ wollen (oder ähnliches), aber leider schon.

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Sehe ich überhaupt nicht so. Im letzten Jahrzehnt waren es sehr oft Rechtspopulisten, die die Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben haben und das wurde auch oft genug betont. Ich denke, in Russland oder Polen würden sich viele Leute nicht groß für LGBTQ interessieren, wenn nicht gerade diese Gruppe von Rechtspopulisten bzw. Autokraten zum Sündenbock erklärt worden wären. Akteure wie Donald Trump oder die AfD haben ziemlich effektiv Schreckensszenarien von Horden von Migranten konstruiert. In der Türkei sind Oppositionelle schnell mal Terroristen. Das sind alles relativ effektive Methoden, die Gesellschaft zu spalten. Und dabei haben wir noch gar nicht über organisierte Fake-News-Kampagnen geredet…

Dass „Spaltung der Gesellschaft“ also eine hauptsächlich von rechts eingesetzte Nebelkerze sei würde ich absolut nicht unterstreichen.

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Vielleicht hab ich es nicht klar genug ausgedrückt. Du vermischt hier Spaltung als Ergebnis spezifischer Handlungen mit der diskursiven Verwendung des Spaltunsgvorwurfs. Mir geht es um letzteres. Ersteres hat das Problem dass Cleavages zu einer Gesellschaft dazu gehören und für eine kompetitive Demokratie auch notwendig sind. Was bedeutet es ist höchst erklärungsbedürftig, welche Spaltung ein Problem, welche vielleicht sogar notwendig (Grundgesetz, wehrhafte Demokratie) und welche nicht, mit einem sehr großen Graubereich und spezifischen normativen Grenzziehungen die nur bedingt so universell sind, wie sie es oft für sich beanspruchen. Was letztlich dann meine Kritik am weitverbreiteten Verständnis des demokrat. Grundkonsens ist.
Der Bezug auf rechte Taktiken ist zum einen ein Problem, da hier sehr spezifische Taktiken und Narrative auf eine sehr vage Kategorie angewendet werden. Rassenunterscheidung ist halt nicht das selbe, wie die Unterscheidung Stadt/Land. Mag beides eine Spaltung sein doch unterscheiden sich beide fundamental in Ursachen, Konstruktion, Gebrauch und Gefahren. Da muss man aufpassen, dass man durch Gebrauch des Spaltungsbegriffes nicht alle „Diskriminierungsformen“ in einen Topf wirft und damit ahistorisch und astrukturell neutralisiert als bspw. Vorurteile, Beleidigungen etc.
Magst du mit deinem Bezug auf rechts natürlich bis zu einem gewissen Grad recht haben, denn Spaltung ist die zentrale Machtkategorie dezessionistischer Weltbilder , so bringt es analytisch wenig, da Diskriminierungsformen hier das Problem sind und nicht in dem Sinne Partikularismus. Partikular gegenüber Gemeinwohl ist die wohlmeinendste Interpretation von Spaltung, wenn man Spaltung kritisieren will. Man sollte sich allerdings bewusst sein, dass darin wenig demokratisches steckt, zumindest im Sinne einer kompetitiven Demokratie. Natürlich ist durch die republikanische Tradition der Gemeinwohlbegriff auch eng mit modernen Demokratien verbunden.
Man muss sich halt überlegen was der Spaltung als notwendig positiven Bezugsrahmen gegenüber steht. Gemeinwohl? demokratischer Konsens? Volksgemeinschaft? nationale Einheit? bspw. die Sozialpartnerschaft gehört eindeutig zu letzterem.

Aber wie gesagt, mir ging es darum, wer benutzt den Begriff bzw. dieses oder ähnliche Narrative, um welche Positionen zu rechtfertigen und hier sehe ich eine gewisse Einseitigkeit in der Verwendung. Was auch daran liegt, dass zum Glück Appelle an eine gewisse Einheit in Deutschland unter progressiven eher nicht so… sagen wir mal beliebt sind. ^^ Allerdings auch schlicht daran, dass gewisse Positionen nicht ein Problem sind, weil diese spalten würden sondern weil die Positionen in sich gefährlich sind und man sich auch gerne von diesen Leuten abspaltet. Ich brauche diese Personen ganz sicher nicht als Teil der Gesellschaft als wozu kritisieren, dass sie Spalten würden oder wie es mal in einem reddit Post hieß: Antisemitismus einigt das Volk, spaltet euch! :smiley:

( was den defacto Umgang bzw. die Einhegung angeht hab ich ja oben schon auf die Notwendigkeit verwiesen).

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Man kann kaum einen Artikel über Donald Trump lesen (zumindest in Medien, die ihm nicht freundlich gesonnen sind), ohne dass an ihm kritisiert wird, dass er die Gesellschaft spaltet. Insofern, nein.

Ein Gegenmodell zur Spaltung ist eine Gesellschaft, in der Konflikte zwar offen ausgetragen werden, man aber vor dem politischen Gegner Respekt bewahrt. Das ist in einigen Ländern der Welt mittlerweile leider nicht mehr der Fall; Republikaner und Demokraten in den USA reden teilweise überhaupt nicht mehr miteinander.

Der Effekt ist offensichtlich: anstatt (evtl. mit Zähneknirschen) ein demokratisches Wahlergebnis zu akzeptieren, werden Lügen verbreitet, dass die Wahl unrechtens war. Welches Konfliktpotential und welche Gewaltbereitschaft dadurch erwächst, ist nicht abzuschätzen.

Der Rest deines Beitrags liest sich so, als würdest du eine derartige Spaltung der Gesellschaft begrüßen. Ich hätte aber gerne keine US-amerikanischen Zustände bei uns.

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Lol man kritisert die Verwendung des Spaltungsbegriffs und nennt ein paar Basics der Politikwissenschaft schon bekommt vorgeworfen man würde Spaltung befürworten… Das ist genau die normative Grenzziehung die ich meinte. Man könnte sich halt auch mal mit Grundbedingungen des politsichen Systems auseinandersetzen anstatt so diffuse normative Begriffe, wie Respekt, zu verwenden. Der letztlich noch aufgeladener und diffuser ist als der Grundkonsens auf den sich sonst bezogen wird. Es hilft einfach nicht bei irgendeiner Form der Analyse und bringt halt auch für die Diskussion hier nichts.

Es ist natürlich Spaltung, wenn man sich dafür auspricht dass die Gewerkschaften sich konfrontativer gegenüber dem Staat und den Unternehmen verhalten sollten oder das man Grenzen zieht bei Themen wie Antisemitismus. Hauptsache die deutsche Gesellschaft ist nicht gespalten…

Die Versteifung auf Trump oder wie in dem anderen Kommentar die Rechten spricht Bände über die Betrachtung der Gesellschaft. Nochmals Spaltung ist nicht das zentrale Problem hier. Spaltung und Einigung bedingen einander wechselseitig oder mit anderen Worten Einigung durch Spaltung. Noch so eine Binsenweisheit von Gruppenbildung und Selbstvergewisserung. Das gehört auch zur konsolidieren von Macht und Nationen. Les mal Karl Schmitt… Dann weißt due was ich mit der Rechten und Dezession meine.
Entsprechend ist Spaltung oder Einheit ein Begriff der nur relational zu bewerten ist. Welche Grenzen werden warum gezogen und wie konstituiert sich die Einheit.

Der Fokus auf die USA in Verbindung mit einer ahistorischen und asystemischen Betrachung lässt halt keine Aussage zu man braucht schon den Kontext. Als wären Figuren wie McConnell oder Ted Cruz nicht weniger problematisch. Das zentristische Positionen sowohl nach links als auch nach recht den Spaltungsvorwurf benutzen widerspricht jetzt nicht meiner These. Auch hab ich nicht behaupt es würde ausschließlich gegen progressive Positionen verwendet.

Auch die Versteifung auf demokratische Formalia bzw. „Traditionen“ hatte ich befürchtet. Alle anderen Strukturbedingungen werden ignoriert, Hauptsache die Formalia werden eingehalten. Als wäre die Aushöhlung des New Deals und die Politisierung der Gerichtshofs in den USA nicht ein fast noch schlimmeres Problem gerade weil sich hier an die Formalia gehalten wurde. Aber natürlich ist die nicht Anerkennung der Wahl ein ein riesen Problem nur bitte kontextualier das doch mal. Rechte und Nazis sind nicht erst ein Problem wenn sie vor den Türen des Parlaments stehen, in welchem ihresgleichen schon längst sitzt.

Ergänzung: der von Stöcker erwähnte ZEIT-Artikel:

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-11/corona-pandemie-querdenker-impfgegner-gesellschaft-spaltung-5v8

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Gibt gerade (wenig überraschend) viele Artikel, die sich mit dem Thema befassen. Auch den hier:

Der hier hätte ganz interessant sein können. Tendenziell scheint es wohl ein messbares Auseinanderdriften zu geben. Leider nennt der Spiegel die Quelle nicht richtig und der Artikel selbst ist inhaltlich nicht überzeugend. Ich hätte gern mal in die Studie reingeschaut, aber die ist nicht verlinkt und auf der Seite der KAS kann ich sie auch nicht finden. Falls da wer mehr Informationen zu hat, mich würds interessieren.

Passend ist dieser Text von Stöcker dermis dem Tod bedroht wird:

Wir müssen die vernünftige Mehrheit vor einer egoistischen und immer gefährlicheren Minderheit schützen. Ich bleibe auch dabei dass Impfverweigerung (auch Masern) eine Wohlstandskrankheit ist.

Edit: Bundestagsvizepräsident Kubicki legitimiert mit seinem geschwurbelten Freiheitsgetöse auch noch solche Radikalen.

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Es kommt nicht darauf an, ob man den „Minderheitenstatus“ selbst gewählt hat oder nicht, sondern ob man andere Menschen in ihrer Freiheit oder Sicherheit (unzumutbar) einschränkt oder nicht.

In einer freiheitlichen Gesellschaft kommt gerade den selbst gewählten Zuordnungen wie Religion, Beruf, Bildungsweg, Weltanschauung und politischer Einstellung eine große Bedeutung zu. Wir sind eben nicht rein aufgrund unserer biologischen und sozialen Herkunft determiniert (auch wenn das natürlich eine große Rolle spielt).

Beispiel:

  • Pädophilie mag angeboren sein. Darf man aber nicht ausleben, weil das Kindern schadet.
  • Impfgegnerschaft ist selbst gewählt. Die Gesellschaft kann über eine Impfflicht nachdenken, weil nicht-Impfen den Risikogruppen (wie z.B. immungeschwächte die trotz Impfung schwer erkranken) schadet.

Sorry für das Aufmachen dieses Nebenpunktes aber ich kann einfach nicht zusehen wenn selbstgewählte Eigenschaften als grundsätzlich mehr oder weniger schützenswert angesehen werden als nicht-selbstgewählte Eigenschaften.

Mit einer Einschraenkung, um es nicht so stehen zu lassen, auch wenn Gazprom nur gestreift wird und zu Cofona nur auch noch hinzukommt. Bin dem noch einmal nachgegangen, wenn auch ohne Durchsicht eventueller Rechtsprechung. Das Thema der extraterritorialen Anwendung des Europarechts ist in diesem Zusammenhang aber schon immer diskutiert worden.

Gazprom ist nicht der einzige russische Gasanbieter. Ein Unbundling könnte also doch durchaus Sinn machen. Der Geist Jelzins. Es geht aber auch um einen anderen Markt als den gemeinsamen. Geht uns dieser fremde Markt ueberhaupt etwas an? Die Liberalisierung des russischen Gasmarkts ist eine innere Angelegenheit der Russen. Insoweit Die deutsche Hoheitsgewalt über die pipeline macht dafuer keinen Unterschied.

Wikipedia schreibt: Gazprom kontrolliert das russische Pipeline-Netz für Erdgas und verfügt dadurch faktisch über ein Monopol für dessen Export. Andere russische Erdgasproduzenten, unabhängige Unternehmen oder Beteiligungen von Gazprom sind auf dieses Netz angewiesen.[3] Somit wurden 2019 132,1 Milliarden Kubikmeter Gas von anderen Erdgasproduzenten durch das Transportsystem von Gazprom geleitet.[2]