Spahn Sonderrechte vs. Demokratie

Jens Spahn will seine Sonderbefugnisse in der Corona-Bekämpfung verlängern lassen meldet der Spiegel.
Wie passt das zur Demokratie?
Sollten nicht die Parlamente über Massnahmen debattieren statt Beschlüsse im Kreis der Ministerpräsidenten & Merkel?

1 „Gefällt mir“

Sehr gut sogar…
Bei Politik geht es immer darum, verschiedene Interessen gegeneinander abzuwägen…

Momentan gilt es, die Einschränkung demokratischer Freiheitsrechte gegenüber durch Covid-19 sterbenden Menschen zu gewichten. Ein Job, um die ich die Politiker nicht beneide.

Und ja, ich denke, dass Themen auch in den Gremien debattiert werden sollten.
Aber wenn es um Notfallmaßnahmen geht (was angesichts der steigenden Zahlen der Fall ist), macht es wenig Sinn, das jetzt noch alles nochmal zu debattieren.

Bin sogar der Meinung, dass es hier vom Bund die Möglichkeit geben sollte, die Ministerpräsidenten zu überstimmen. Wohne in Hessen (Wiesbaden) und arbeite in Rheinlandpfalz (Mainz). Ich habe schon lange aufgegeben mir zu merken, wann wo welche Corona-Maßnahmen gelten. Dass muss dringend vereinheitlicht werden!

lg, Dave

Das Demokratiedefizit in der Pandemieeindämmung ist evident. Daran aendert meines Erachtens auch die Verordnungsermaechtigung im IfSG nichts, sie ersetzt nicht den Diskurs in den Parlamenten. Laenderparlamente haben sich nahezu einstimmig selbst entmachtet - so geschehen in Bayern, wo am 27.3.2020 ein in Teilen wohl verfassungswidriges Bay IfSG In Kraft getreten ist, im dem es in Art. 1 heißt: „Die Staatsregierung stellt das Vorliegen eines Gesundheitsnotstands fest,…“
Die Regierung. Nicht das Parlament.

Herr Prantl von der SZ hat das Demokratiedefizit so beschrieben:

„Der Gesetzgeber ist ziemlich stumm geblieben, er hat es versäumt, für Generallinien bei der Bekämpfung des Virus zu sorgen. Die Exekutive, also Regierung und Verwaltung, bestimmt alles: Die grundrechtseinschränkenden Rechtsverordnungen werden multipliziert; die Grundfrage lautet, „wer im Rechtsstaat welche Entscheidungen mit welchen Wirkungen gegenüber den Bürgern zu treffen befugt ist, und wie diese Entscheidungen demokratisch legitimiert und verantwortet werden müssen“, so Uwe Volkmann, Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Universität Frankfurt am Main. (…“)

Die Pandemiepolitik der Regierenden ist ein Verstoß gegen das Wesentlichkeitsprinzip.

1 „Gefällt mir“

Weiß jemand hier eigentlich genauer, was Spahn möchte? Er will, wenn ich das richtig weiß, das Recht, ziemlich grundrechtseinschränkende Verordnungen zu erlassen, dauerhaft dem Gesundheitsminister geben.
Gibt es dazu einen Gesetzesentwurf? Und hat er irgendwo auf die Frage geantwortet, wieso er für die nächste Pandemie nicht darauf vertraut, dass der Bundestag dann eben wieder befristete Berechtigungen ausspricht?

P.S. Nur halb zum Thema, aber gibt es irgendwo sowas wie eine Sammlung von befristeten Gesetzen, die nicht mehr gelten, die man aber, wenn sie mal wieder relevant werden, einfach aus der Schublade ziehen und dadurch das Aufsetzen des Gesetzes beschleunigen kann?
Sozusagen ein Plugin-Repository für unsere Rechtsordnung.

Wurde dies nicht bereits behandelt? Wie die Möglichkeiten der Exekutive zur Rechtssetzung durch Verordnungen wurden Spahn die Befugnisse ja letztlich vom Parlament erteilt. Und sie ihm bei dieser Entwicklung der Pandemie zu entziehen kann ja nicht der richtige Zeitpunkt sein

Das Wort „Notfallmaßnahmen“ war vllt. am Anfang des Jahres angebracht. Wir wissen doch schon seit Monaten, dass es im Herbst (also jetzt) wieder los geht. Corona hat von November bis April Saison, das ist schon immer so gewesen und wird auch immer so sein (siehe Viren-Kalender). Es gab doch genug Zeit sich was zu überlegen. Es wird Zeit, dass das Parlament wieder mit entscheidet. Wir erleben gerade die größten Grundrechtseinschränkungen seit der Gründung der BRD. Seit Monaten äußern Verwaltungsgerichte bundesweit Bedenken gegenüber dem exekutiven Regelungsregime der Corona-Verordnungen und werden kaum erhört. Mehrere Verordnungen wurden durch Gerichte gekippt. Soll die Exekutive noch ermächtigt bleiben bis es einen Impfstoff gibt? Wie lange soll das denn noch so gehen?

1 „Gefällt mir“

Das Parlament entscheidet immer mit, denn es hat die Exekutive überhaupt erst ermächtigt, solche Maßnahmen zu treffen. Der Bundestag könnte jederzeit beschließen, dass er die Details der Corona Maßnahmen lieber selber regeln möchte.

Mag sein, aber das sind sicherlich nicht die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie, denn beispielsweise Maskenpflichten oder Abstandsgebote sind minimale Grundrechtseingriffe.

Das wirkliche Problem sind im Moment die Neuregelung für die Geheimdienste, aber das kratzt leider viel zu wenige Menschen. Die ganzen Coronafanatiker sollten sich lieber mal um die Themen kümmern, wo es wirklich um massive Grundrechtseinschnitte geht.

8 „Gefällt mir“

Das Grundproblem was ich sehe, ist doch die schlechte Kommunikation…

Warum gab es im Sommer nicht klare Aussagen : Wenn die Infektionsrate über X steigt, müssen die Bereiche A, B, C dicht machen. Steigt sie über Y kommen Maßnahmen D, E und F dazu.

Die zweite Welle war doch ein Problem mit Ansage…
Virulogen erzählen uns seit sechs Monaten, dass wir im Herbst wieder ein Problem bekommen…

Die Politik sechs Monate Zeit, sich zu überlegen wie wir bei einer zweiten Welle mit der Wirtschaft umgehen…
Sie hatte sechs Monate Zeit, sich zu überlegen, wie wir mit dem Schulunterricht weiter machen…
Sie hatte sechs Monate Zeit, sich zu überlegen wie man Selbstständige finanziell auffängt…

Und ja, das was jetzt an Maßnahmen beschlossen wurde, ist sicherlich nicht verkehrt, aber es wirkt wieder wie mit der heißen Nadel gestrickt und es wird drei Monate zu spät kommuniziert.

Im Frühjahr, konnte keiner damit rechnen - kein Thema. Top reagiert.
Aber jetzt kann sich keiner rausreden, dass die zweite Welle überraschend kam. Da finde ich das schon relativ schwach…

2 „Gefällt mir“

Hallo Ulf,
kannst du Quellen nennen, nach denen ersichtlich ist, dass das Parlament die Sonderbefugnisse, bzw. die Verordnungsermächtigung jederzeit zurück ziehen kann.
Ich bin in meinem näheren Bekanntenkreis leider immer wieder mit tendenzoiös verschwörungserzählerischen Gesprächen konfrontiert (zB. unter Kollegen im Büro) und eine Quelle zu diesem Thema würde mich an dieser Stelle unterstützen. Kann man den Sachverhalt einigermaßen verständlich zusammenfassen oder gibt es Quellen, wo ich mich (als Nicht-Jurist) einlesen kann?
Vielen Dank und schöne Grüße

Das ist so offensichtlich, dass ist dazu vermutlich keine expliziten Quellen gibt. Diese Vollmachten beruhen auf einem Bundesgesetz, nämlich dem Infektionsschutzgesetz, und es ergibt sich aus dem Grundgesetz, dass der Bundestag dieses Bundesgesetz jederzeit ändern kann. Damit würde dann die Grundlage für die Coronaverordnungen aus den Ländern entfallen.

Danke für die schnelle Antwort!
Könntet ihr euch dem Thema dieser Ermächtigungen vielleicht nochmal in einer Lage annehmen?
Auch vor dem Hintergrund, dass diese Vollmachten über den März 2021 hinaus verlängert werden sollen?
Außerdem wird von einigen (unseriösen) Quellen die Tatsache, dass im Juni geprüft wurde, ob die Bundestagswahl 2021 verschoben werden kann, sehr überintepretiert um es vorsichtig auszudrücken. Könnt ihr hier Aufklärungsarbiet leisten?

Lieber Ulf,

geht es hier um diesen Vorschlag?
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/guv-19-lp/drittes-bevoelkerungsschutzgesetz.html

Und wenn ja (oder nein) - könnt ihr das mal auseinandernehmen, was genau da vorgeschlagen wird?

Lieben Dank für eure Lage!

Das ist niemals ernsthaft diskutiert worden … und das ginge auch gar nicht, bzw. nur innerhalb eines Korridors von wenigen Wochen, weil das GG recht genau festlegt, wann Neuwahlen stattzufinden haben.

1 „Gefällt mir“

Wie sieht das denn in den Laenderparlamenten aus? Reden die bei den Verordnungen, die von den Laendern erlassen werden, immer mit oder machen das die Regierungen im Alleingang? So ist das mE in Bayern

Das haben wir doch gerade in der aktuellen Lage diskutiert. Die Landesparlamente können selbst entscheiden.