Soll das sog. "Schwarzfahren" komplett entkriminalisiert werden?

Da bin ich selbst nicht sicher.
Aber Straftatbestand ist keine Lösung.
Vermutlich muss es als Schulden irgendwann abgestottert werden.

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Diese Konsequenz wird aber schnell stumpf werden. Wer heute kein Bußgeld bezahlen kann, kann auch kein „erhöhtes Beförderungsentgelt“ bezahlen. Der zivilrechtliche Weg wird schnell ineffektiv werden. Stattdessen wächst der Schufa-Eintrag der Person und gleichzeitig wird die ganze Nachbarschaft Schwierigkeiten bei Krediten und bei der Wohnungssuche bekommen.

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Das habe ich in dieser Formulierung anders verstanden.

Denn wenn das weiter bezahlt werden muss, was wäre dann wenn es nicht bezahlt wird? Es müsste dann ja irgendwelche Konsequenzen geben. Ansonsten müsste das ja auch keiner zahlen.
Am Ende kommt man dann doch immer dabei raus, dass es entweder ernsthafte Konsequenzen geben muss oder das bezahlen für die Dienstleistung zur freiwilligen Spende wird.

Mag sein.
Aber das ist bei Falschparken auch so oder hat irgendwer hier nach xmsl Falschparken einen Dtrafbefehl bekommen?

Ich bin da ganz bei dir. Eine Einstufung als Straftat ist sicher von allen Optionen die schlechteste.

Aber die Frage muss geklärt sein was passiert wenn jmd. seine Schuld dann nicht bezahlt. Soll der Gerichtsvollzieher die Wohnung durchsuchen?

Sinnvoller erscheint mir berechtigten Gruppen ein Deutschlandticket kostenfrei oder sehr, sehr verbilligt bereitzustellen. Oder den ÖPNV generell für alle kostenfrei zu machen.

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Exakt. Sehr gut!

Das Problem ist doch, dass Menschen, die sich keinen Fahrschein leisten können, sich erst recht keine 60€ erhöhtes Beförderungsentgelt leisten können. In der Praxis erfolgt die Anzeige ja i.d.R. auch erst, wenn jemand diese 60€ nicht zahlt. Es sei denn es ist ganz ganz offensichtlich, dass er vorsätzlich gehandelt hat.
Deswegen ist dich die entscheidende Fehlende Information, was in diesem Fall konkret passiert.

Auf gar keinen Fall darf die Strafe schlimmer ausfallen als bei einem Knöllchen.
Dabei gibt es allenfalls Beugehaft (Erzwingungshaft), wenn nicht gezahlt wird. Aber soweit ich weiß nur, wenn man nicht zahlungsfähig ist.

Es gibt einfach Fälle, in denen Geld nicht eingezogen werden kann. Damit müssen auch andere leben.

Ich bin auch für eine Herabstufung auf eine Ordnungswidrigkeit. Generell finde ich den offenen Brief dennoch schwach. Die Aussage, Wasser schaden durch die Tat gering sei ignoriert z.B. komplett, dass im innerstädtischen ÖPNV im Durchschnitt eine Vielzahl an Fahrten nötig ist um überhaupt kontrolliert zu werden.

Ich bin z.B. noch nie kontrolliert worden, habe aber schon mehrere Hundert Euro in den letzten Jahren in solchen Verkehrsmitteln bezahlt.

Und auch unter denen die wenig haben verschafft sich wer nicht zahlt einen finanziellen Vorteil gegenüber denen die das trotz knapper Mittel tun.

Da es weitere positive Effekte hätte, inkl. der Lenkungswirkung weg vom Auto wäre ich dann gleich für generell kostenfreien ÖPNV und das erschleichen von Leistungen im Fernverkehr darf dann aber auch eine Straftat bleiben.

Das ist eine urban legend

Wir nutzen standardmäßig KEINE Daten zu Ihrer Wohngegend für unser Scoring. Lediglich in wenigen Ausnahmefällen – nämlich, wenn uns zu einer angefragten Person keinerlei relevante Informationen vorliegen – greifen wir überhaupt auf Adressdaten zurück.
Mythen über die SCHUFA

Was passiert denn sonst so, wenn man seine Rechnungen nicht bezahlt?
Die gleichen zivilrechtlichen Möglichkeiten stehen den Verkehrsbetrieben offen, insbesondere der Bahn, die ein privatrechtliches Unternehmen ist, das nur zufällig zu 100% dem Staat gehört.

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Das ist immer noch keine Legalisierung, weil Schwarzfahren weiterhin zivilrechtlich verboten ist. Wenn Bögelein daher eine ersatzlose Streichung meint, meint er mindestens, dass keine andere strafrechtliche Norm das Schwarzfahren erfassen können soll, aber höchstens, dass es auch nicht durch eine Ordnungswidrigkeit ersetzt werden soll.

Meine persönliche Meinung ist, dass es eine Ordnungswidrigkeit werden darf, diese aber eben so auszugestalten ist, dass beim Verhängen der Bußgelder genau auf die Lebenslage des Betroffenen geschaut und etwaige Hilfen eingeleitet werden.

Das Problem, um das noch mal zu verdeutlichen, ist, dass bei einer Straftat irgendwann ein Strafbefehl beim Täter ankommt, und hier eine massive Rechtsschutzlücke für Täter in schwierigen psychischen Lagen besteht (und der Anteil derer ist unter Schwarzfahrern immens groß, unter den „ständigen Wiederholungstätern“ nahezu 100%). Die Post wird nicht geöffnet, aus den im Strafbefehl verhängten Tagessätzen werden Hafttage und die Leute landen im Strafvollzug, ohne, dass jemals ein Richter oder ein Mensch vom Amt auf den Fall geschaut hat. Das erzeugt gewaltige Kosten und hat keinerlei Nutzen für die Gesellschaft - Schwarzfahrer mit psychischen Problemen gehören einfach nicht in den Strafvollzug.

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Dieser anekdotischen Evidenz kann ich eine komplett andere gegenüberstellen. Je nach Strecke und Zeitpunkt werde ich regelmäßig kontrolliert.

Dass es in Deutschland Menschen gibt, denen die Ressourcen dazu fehlen, scheint für einige überhaupt nicht vorstellbar zu sein.

Quelle?

Spätestens mit dem 49-Euro-Ticket ist aus meiner Sicht das Argument, dass jede einzelne Fahrt durch einen Fahrscheinkauf quasi erst finanziert werden muss, hinfällig. Wenn ich dieses Ticket etwa bei der DB kaufe, damit aber vor allem in Berlin U-Bahn fahre, sieht die BVG davon auch keinen Cent - und zwar völlig legal.

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In folgender Quelle wird das Thema weiter aufgedröselt:

https://kripoz.de/2023/09/20/der-rechtsstaat-und-das-fahren-ohne-fahrschein-§-265a-stgb-was-kostet-die-verfolgung-eines-umstrittenen-straftatbestands/

Meines Erachtens eine schlüssige Bestandsaufnahme.

PS: Dass das Thema so triggert, hätte ich nicht vermutet.

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Umm, ich lasse mal ein paar Links zu vergangenen Diskussionen zu dem Thema hier. In all diesen Themen ging es schwerpunktmäßig oder zumindest in wesentlichen Teilen um dieses Thema:

Gerade die Interview-Folge mit Ronen Steinke sei hier zu empfehlen, da wurde das Thema letztlich auch sehr stark besprochen:

Also ja, das Thema hat hier schon für einige Diskussionen gesorgt.

Aber bei weitem nicht jedes Mal und ich würde mal behaupten auch nicht so oft, dass das erhöhte Beförderungsentgeld als unverhältnismäßig eingestuft werden muss.

Edit:
Die 60 Euro finde ich nichtmal bei einem einzelnen Vergehen unverhältnismäßig hoch, weil damit schließlich nicht nur die Beförderung bezahlt wird sondern es ja irgendein Mittel braucht um Leute dazu zu bringen überhaupt Tickets zu kaufen.

Wäre es so, dass die Strafe nur 15 Euro wäre und es mit bezahlen der Strafe keinerlei weitere Konsequenzen gäbe wäre ein regulärer Ticketkauf ja eigentlich Quatsch.

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Also ich fahre regelmäßig mit der S1 von Bochum nach Essen und werde gefühlt grob jede vierte Fahrt kontrolliert (da ich keine Statistik führe, mag die Realität davon abweichen, aber es fühlt sich definitiv so an, als gäbe es mehr als genug Kontrollen in der S1; ich hatte ja gedacht, dass die Kontrolldichte mit der Einführung des Deutschlandtickets abnehmen würde, aber irgendwie habe ich das Gefühl, das Gegenteil ist der Fall… vermutlich liegt die hohe Kontrolldichte hier im Ruhrgebiet daran, dass in solchen Ballungsräumen erfahrungsgemäß viel schwarz gefahren wird; auf dem Land mag das anders aussehen)

Das erhöhte Beförderungsentgelt wird eigentlich hier von niemanden wirklich kritisiert. Das ist auch nicht das Problem. Das erhöhte Beförderungsentgelt ist eine rein zivilrechtliche Angelegenheit. Das Problem ist, dass Schwarzfahren eine Straftat ist und die Verkehrsunternehmen bei mehrfachen Verstößen Strafanzeige stellen, es dann zu Strafbefehlsverfahren mit hohen Geldstrafen kommt - und für die gehen die Leute dann in den Knast, wenn sie sie nicht zahlen können. Das erhöhte Beförderungsentgelt hat damit nichts zu tun, dafür geht niemand in den Knast (es sei denn, man verweigert die Eidesstattliche Erklärung, wenn der Gerichtsvollzieher kommt um den Berg aus erhöhten Beförderungsentgelten einzuziehen… aber das passiert eben nicht, die Eidesstattliche geben diese Betroffenen immer ab, wenn ihnen verdeutlicht wird, dass sie sonst in Haft kommen…)

Und zwar in der Art, dass es da nur Busse und Langstreckenzüge gibt. Beim Bus steigst du vorne ein, in Zügen gibt es immer einen Schaffner.
Für die S-Bahnen im Raum Nürnberg kann ich aber bestätigen, dass tatsächlich wenig kontrolliert wird.
Vielleicht eine politische Entscheidung - vielleicht auch eine strategische. Alle in meinem Bekanntenkreis haben ein Job- oder Schülerticket. Die Schwarzfahrer dürften allein dadurch verschwindend gering sein. Kontrollen ohne Ertrag kosten also mehr als sie bringen.

Im offenen Brief um den es hier geht wird es das.

Und darauf beziehe ich mich, da dieser hier ja auch diskutiert wird.

Das kommt drauf an wie man es sieht. Je niedriger der Kontrolldruck desto höher dürfte die Quote derer werden die aufs Ticket berechnenderweise verzichten. Kontrollen wirken also auch präventiv und nicht nur in der Form, dass man mehr durch das erhöhte Beförderungsentgelt einnimmt als der Kontrolleur kostet.

Ich möchte natürlich nicht, dass Leute mit massiven Problemen dann wegen einer Schwarzfahrt ins Gefängnis müssen. Ich sehe hier nur die Problematik, dass bei Umsetzung der Forderungen des schwarzen Briefs eigentlich die die doofen wären die weiter Tickets kaufen.

Ich bleibe daher dabei, dass ein kostenfreier ÖPNV die deutlich sinnvollere Lösung ist wäre. Alle profitieren, kein Abo wo man abwägen muss weil man es als Gelegenheitsfshrer nicht braucht, in manchen Monaten dann aber doch deutlich sparen würde. ÖPNV wäre immer günstiger als das Auto. Basismobilität für alle.

Ansonsten sehe ich es eher so, dass eine gewisse Abschreckung, zumindest mit einem ausreichend hoch bemessenen erhöhtem Beförderungsentgelt nötig ist um in der Breite zu wirken. Lösungen damit am Ende nicht zu diesen Härtefällen kommt wie bisher könnte man auf anderem Wege schaffen.

Ok. Vielleicht erschließt sich mir die Logik tatsächlich nicht. Wenn es einerseits heißt, es gibt Menschen die nicht bezahlen können und andererseits quasi „nur“ einer wegfällt der fordert. Der Staat soll kein Geld mehr einfordern, weil bei Nichtzahlen Haft droht. Wenn ein Unternehmen das Geld fordert, dann können die Betroffenen plötzlich wieder zahlen? Oder nehmen diese Forderung ernster als das Bußgeld?

Vielleicht hat sich der Staat da eine Verantwortung auf den Tisch gezogen, die er nicht haben muss. Das wäre dann die FDP Denkweise: weniger Staat. Kann man machen.