Solidarische Sozialversicherung

Ich bin gerade der Meinung, das der Versicherungsschutz sehr häufig nicht ausreichend ist. Es existiert eine starke Zusatzbelastung, die gerade im sozial schwächeren Bereich zu einer unsozialen Mehrbelastung führt.
Das System soll aber gerade sozial sein, das ist eines ihrer wesentlichen Kernkriterien. Um in Deiner Metapher zu bleiben: Es wird nicht zwanghaft genug versucht, das System sozial zu gestalten.

Auch hier ist das gerade ein Nichtsoziales System. Nur weil es einfach zu berechnen ist, ist es nicht sozial. Wenn man ein System heranzieht, welches Privatversicherungen propagiert, wie die USA, wären die paar 10.000 umgerechnet ca 9,6 Mio. ohne Krankenversicherung (Wikipeadia gibt ca 40 Mio Amerikaner ohne KV an. Auf 80 Mio Bundesbürger umgerechnet wären das ca. 9,6 Mio.)

Nein, gehöre ich nicht und ich habe mich hier auch nur auf die Aussagen aus dem Talk verlassen. Ja, ich weiß wenn es im Rahmen einer Gewerbstätigkeit passiert, ist es sozialversicherungspflichtig. Das halte ich auch für richtig. Wenn sich jemand freiwillig an dem System beteiligt ebenfalls. So ist das gut. Nun wäre es besser, wenn man das noch weiter ausweiten würde.

Abgesehen davon, dass Ironie ein Fremdwort für Dich zu sein scheint, würde mich interessieren, wie Deiner Meinung nach ein soziales System aussieht, gern konkret mit Beitragssätzen und Leistungskatalogen.

Ich halte es für problematisch, wenn Versicherungen zu stark subventioniert werden, da gerade ungesunde Lebensweisen (Fettleibigkeit, Rauchen, Alkohol etc.) die Kassen und damit Beitragszahler belasten. Eine risikoabhängige Bepreisung würde zumindest am Rand gesundes Verhalten incentivieren, aber das nur als Randnotiz.

Mit Ironie komme ich meistens gut klar, danke der Nachfrage. Mir ist die Ironie in dem Beitrag einfach nur entgangen.

Den ersten Teil der Aufforderung komme ich gerne nach, dem zweíten dann doch eher nicht. Ein Leistungskatalog würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Auch würde es an dem eigentlichen Thema des Threads doch sehr vorbeigehen.

Anmerkung: Beim schreiben des nachfolgenden Textes bemerke ich wieder mal, das man glaubt ein gutes Verständnis von etwas zu haben, dies aber unmöglich in adäquate Worte fassen kann.

Ein soziales System ist ein System, in den jedes Mitglied im Rahmen seiner (finanzielle) Leistungskraft zum Unterhalt beiträgt, damit alle Beteiligten eine vergleichbare Leistung erhalten. Dies ist mein gedankliches Grundkonstrukt. Dieses gedankliche Konstrukt bedingt, das die eigene finanzielle Beteiligung durch meine finanzielle Leistungskraft berechnet wird. Eine Begründung für eine Beitragsbemessungsgrenze ist hier nicht enthalten. Die für einen Mindesbeitrag aber auch nicht.
Zur Ausgestaltung des Systems muss ich nun weitere Rahmenbedingungen festlegen. Diese betreffen die Definition des Leistungskataloges.

Bevor ich jetzt aber eine noch längere Wall of Text verfasse, würde mich Deine Definition interessieren. Natürlich sind auch andere Leser herzlich eingeladen.

An dieser Stelle stimme ich zumindest dem letzten Teil zu. Es wäre sinnvoll gesundes Verhalten zu fördern und zu unterstützen.
Das Argument, das starke Subventionen eine ungesunde Lebenhaltung fördern finde ich immer sehr kritisch (wir schränken uns beiden gerade auf KV ein. Das finde ich aber gut. Es würde sonst auch den Rahmen sprengen). Es gibt immer wieder das Argument, wenn man etwas zu sehr absichert, das es ein Risikoverhalten fördert. Ich glaube nicht, das dieses Verhalten linear ist. Ich vergleiche diese Argumentationskette immer mit der Aussage, das Anschnallen auch die Risikobereitschaft von Autofahrern fördert. Ich fange ja auch nicht das Rauchen an, weil meine Chemo bezahlt wird. Dieses Beispiel war jetzt sehr überzogen. Anders ausgedrückt, ich esse auch nicht weniger Bonbons, nur weil ich meine Zahnkronen selber bezahlen muss.

1 „Gefällt mir“

Linear wird es vermutlich nicht sein, weil mehr als sehr ungesund geht ja kaum.
Was spricht allerdings dagegen einen Mindestbetrag (50-100€) festzulegen den jeder Zahlen muss. Dann eine Freigrenze ab der prozentual bis zu einem maximalen Betrag (Beitragsbemessungsgrenze) bezahlt werden muss.
Jetzt kann man durch gesunde Lebensweise, die man der Krankenkasse/dem Arzt in irgendeiner Form nachweisen muss, der Mindestbetrag anteilig bis auf 0€ gebracht werden.

So müsste ein finanziell sehr schwacher 50-100€ bezahlen. Diesen Betrag kann er durch gesunde Lebensweise aber auf 0€ drücken. Davon hat er und die gesamte Gesellschaft etwas.

1 „Gefällt mir“

Die Linearität bezog sich darauf, das ich den Grad meines Ungesundsein nicht an einen finanziellen Anreiz binden würde. Ich denke die wenigsten würden das reell tun. Mir ist bei dem Konzept nicht klar, ob ich ungesundes Verhalten bestrafe oder gesundes Verhalten fördere. Ich meine das jetzt nicht lächerlich, sondern möchte damit hinterfragen, welcher Handlungsanreiz hier gegeben sein soll. Generell ist das Anreizschaffen ein interessantes Thema. Wie ist das für Berufe mit erhöhtem Krankheitsrisiko?

Zum Mindestbeitrag bleibt meine Haltung kritisch. Es wird nicht durch meine Definition abgedeckt. Auch sehe ich hier eine Benachteiligung von finanziell Schwächeren. Was spricht gegen einen anteilligen Beitrag? Warum muss es ein Mindestbeitrag sein? Ein Mindestbeitrag belastet einen finanziell schwächeren härter.

Was ich immer noch nicht verstehe, ist eine Beitragsbemessungsgrenze nach oben. Warum existiert die? Wenn das einzige Argument ist, das man ja nie soviel verbrauchen könne wie man dann bezahlt, dann ist das System nicht sozial.

1 „Gefällt mir“

Das war Kern meiner Aussage.

Ganz schwerer Vergleich. In den USA hängen KV und andere Sozialversicherungen i.d.R. an Arbeitgebern. Arbeitslose haben keine KV, auch wenn sie nur zwischen zwei Jobs für 3 Wochen arbeitslos sind. Ferner gibt es eine ganze Reihe von chronisch Kranken
(pre existing conditions - riesen Thema im Wahlkampf, die keine KV bekommen).
Einfach Anteil ohne KV/Bevölkerung in Amerika * Bevölkerung in Deutschland … geht nicht so ganz.

Hat mit Erwerbstätigkeit nichts zu tun, auch Betriebsrentner und „normale“ Vermieter zahlen auf Vermietung/Verpachtung/Einnahmen aus Wertpapieren usw. KV Beiträge bis zur BBG.

Bei Marx war es genau andersherum :rofl:

Das teile ich. Umsetzung im aktuellen System leider unmöglich. Die zusätzliche Schicht Krankenversicherung verkompliziert das System unendlich. Ich könnte jetzt Stunden damit verbringen, zu erklären, warum unser aktuelles System mit DRGs, privaten und gesetzlichen Leistungen und dem riesen Rattenschwanz Murks ist, mache ich aber nicht, sondern erkläre es pauschal für unsozial und Murks.

Ich oute mich jetzt mal als Betonkommunisten und erkläre, dass einzig ein vollständig steuerfinanziertes KV System sozial ist. Der Erzkapitalist in mir schreit laut auf und hält dagegen, dass einzig ein vollständig privat finanziertes System Sinn ergibt und beide haben Recht, aber niemals zusammen.

Fakt ist, in unserem System brauchen wir keine Krankenversicherungen. Wir sollten ALLE Leistungen steuerfinanziert erbringen lassen. Es sollten KEINE privaten (Zusatz)Versicherungen möglich sein. Um einen Rest an Wettbewerb zu erlauben, sollten Krankenhäuse relativ einheitlich budgetiert werden. So könnten Krankenhäuser, die besser wirtschaften, bessere Leistungen erbringen, als andere … aber wenn natürlich in Kleinstadt a mit wenigen Patienten und einer frisch eingerichteten Radiologie die Gelder wie Milch und Honig fließen, während die Ruhrpottklinik aus allen Nähten bricht … auf der anderen Seite würden ländliche Einrichtungen mit wenig Traffic durch Fallpauschalen verkümmern.

Dazu noch ein paar glitzernde Excellenzkliniken mit dem allerneuerstem Equipment, weltberühmten Forschern, unbegrenzten Forschungsetats und …

Bitte nicht falsch verstehen, ich bin kein Gesundheitsökonom und habe einen riesen RESPEKT vor diesen Menschen, aber mir wird da zu viel Buhei gemacht.

Zusammenfassung:

Die Idee einer medizinischen Grundversorgung ist Unsinn. Jeder Arzt wird immer das Leid so weit wie möglich lindern, mit allen Mitteln, die zur Verfügung stehen. Wenn die Schmerzen eines eingewachsenen Fussnagels aussschließlich mit einer millionenteuren Spritze gelindert werden können, dann wird diese Spritze ultimativ zum Einsatz kommen, weil es sonst mit dem moralischen Grundverständnis nicht vereinbar wäre. Medicina non calculat.

Krankenkassen sind ein unsinniger Kostenblock. Wenn ALLE Deutschen steuerfinanziert versorgt würden, bräuchten wir diese Einrichtungen nicht. Mitarbeiter im Gesundheitswesen sollten fern IMMER Staatsbeamte- oder Angestellte sein.

Einzig das steuerfinanzierte System ist steuerbar. Unser aktuelles System wird zusammenbrechen müssen. Eine schrumpfende Erwerbsgesellschaft, die immer weiter altert kann nicht durch Lohnnebenkosten dauerhaft versorgt werden.

Wir müssen uns damit abfinden, dass unser bestehende System eine zu gute Versorgung gewährt.

Wir müssen aber auch anerkennen, dass private Krankenversorgung nicht effzient funktioniert.

Ich bin bei meiner Berechnung tolerant und würde mich auf eine 50%ige Abweichung einlassen. Das wären dann 4,8 Mio. Auch diese Zahl übersteigt meine Akzeptanz.
Ich wollte mit meinem Kommentar zum Ausdruck bringen, das ich eine Zahl von ein paar 10.000 für viel viel zu niedrig halte.

Hier stimme ich zu. Ich finde diese Aussage sogar sehr treffen. Ich glaube das es einen Mittelweg geben muss. Beide Systeme haben sich in ihrer Umsetzung bisher als fehleranfällig erwiesen. Der gesamte Block war eine gute Beschreibung. Einen Satz möchte ich hier aber rausnehmen und zentral stelle:

Zitat: …beide haben Recht, aber niemals zusammen.

Bei dieser Aussage glaube ich irrst Du dich. Ich glaube, das man die Ideen der beiden Systeme geschickt und intelligent verknüpfen muss. Wir haben in den letzten Jahrzehnten immer wieder veruscht reine Systeme zu leben. Ich glaube inzwischen, das es eine geschickte Verknüpfung geben muss.

Den letzten Satz kann man als gute Grundlage für ein System nehmen.

Ich verstehe das Problem nicht, warauf Du hier abzielen möchtest. Geht es darum das wir durch die gute Vorsorge zulange leben?

Eine Umlegung auf Steuerfinanzierung würde meiner Forderung nach Aufhebung der BBG und des Mindestbeitrages nachkommen, irgendwie.
Ob ich aber eine reine Behörde wollte, muss ich überlegen. Da bin ich im Moment unschlüssig. Als reale Entsprechung fiele mir sowas wie die NHS (UK) ein. Es wäre zumindest eine komplette Umkremplung unseres Gesundheitssystem.