Schulen machen nicht zu

Bundesgesetz sagt ab einer Inzidenz von 165 Schulen zu. Viele Städte und Kreise sagen zu kurzfristig oder ganz ohne Begründung ach ne wir lassen auf gucken dann mal wie es sich entwickelt. Das kann doch nicht sein oder? Wozu gibt es die neuen Bestimmungen wenn sich nicht dran gehalten wird und hat das irgendwie Konsequenzen. Das ist … mir fehlen langsam die Worte.

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Hast du dazu Belege? Es muss ja erst eine gewisse Zeit dieser Wert vorlegen ehe zugemacht wird.
Ich finde es sowieso unverschämt, dass Betriebe offen bleiben während Kinder und wir im Privaten wieder einstecken müssen. Man könnte fast meinen man möchte seine Parteispender nicht verprellen.

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Ein ähnliches Phänomen beobachte ich hier bei uns in einem Kreis von NRW: Nachmeldungen werden nicht berücksichtigt, was gerade dann das Ergebnis beeinträchtigt, wenn die Inzidenz kurz davor ist, die 165er-Grenze zu überschreiten. Passiert ist hier konkret Folgendes:

  • Tag 1: Der Kreis meldet eine Inzidenz von 164
  • Tag 2: Der Kreis meldet eine Inzidenz von 172. Drei einzelne Neuinfektionen beziehen sich aber auf Tag 1 (sind also Nachmeldungen)
  • Tag 3: Der Kreis meldet eine Inzidenz von 175 (keine Nachmeldungen)

Würde man die Nachmeldungen von Tag in den Tag 1 mit einberechnen, hätte man dort 165,1 und wäre somit oberhalb der Grenze. Auf der Seite des Ministeriums wird genau das gemacht. Dort stehen korrekt die Inzidenzen inklusive Nachmeldungen.

Zu sehen ist dort also, dass wir drei Tage in Folge über 165 liegen, die Schulen müssten also schließen. Der Kreis wertet aber (aufgrund der nicht gezählten Nachmeldungen) nur zwei Tage in Folge über 165.

Nun ist die Frage, was an Tag 4 passieren wird. Theoretisch denkbar nämlich (was ich aber natürlich niemandem unterstellen möchte), dass man eine sehr geringe Anzahl der tatsächlichen Fälle meldet und die restlichen erst am Folgetag. Die Inzidenz würde dann wieder unter die 165 rutschen, es würde somit keine „Dreier-Kette“ entstehen und die Schulen würden weiter aufbleiben. Und das, obgleich es faktisch (und auf der Website des Ministeriums ersichtlich) bereits fünf Tage in Folge über 165 sind.

Klar, dieses Spiel kann man bei steigenden Inzidenzen nur kurz machen, aber eine zusätzliche Woche Schulbetrieb kann man damit erreichen.

Die Inzidenz muss drei Tage hintereinander über 165 gelegen haben, dann gehen die Schulen am übernächsten Tag in den Distanzunterricht. Umgekehrt muss sie eine Woche lang unter 165 gelegen haben, dann kehren die Schulen am nächstfolgenden Montag wieder in den Wechselunterricht zurück.

Hier lief es quasi andersrum, die ganze Woche deutlich über 165, als das Gesetz am Freitag in Kraft trat bei 175 , Ansage wir warten den Montag ab, keine Meldungen übers Wochenende also inzidenz am Montag 164. Also drunter Nachmeldungen vom Wochenende werden nicht berücksichtigt. Selbes Spiel im Nachbarkreis. Ich verstehe ja das mit den 3 Tagen aber schön rechnen und die ganze Wochen vor der Gesetzesänderung nicht sehen ist schon sehr skurril

Ich lasse das mal hier, es scheint mir ein passender Ort im Forum dafür zu sein.
Ich lebe in Osnabrück und hier kam letzten Donnerstag die Nachricht seitens der Stadt, dass die Grundschulen weiter geöffnet bleiben, weil man sich auf die 7-Tage-Inzidenz von 151,9 beim RKI beruft.
Das Land Niedersachsen hatte zu diesem Zeitpunkt schon seit mehreren Tagen auf seiner Website Corona - Aktuelle Fallzahlen Niedersachsen | Portal Niedersachsen eine deutlich höhere Inzidenz angegeben und sie war letzten Donnerstag bei fast 192. Das ist für mich ein Unterschied, den man nicht so einfach ignorieren kann, zumal der Informationsweg von Kommune zu Land kürzer ist als der von Kommune zum RKI.
Ich rufe bei der Stadt Osnabrück im Referat Kommunikation an und es wird mir bestätigt, dass die Zahlen aus Niedersachsen „sehr viel näher an der Realität sind“.

Auf meine Frage, warum man diese Zahlen dann nicht als Grundlage für die Umsetzung der Maßnahmen nimmt, kam die Antwort, dass man absolut im gesetzlichen Rahmen handelt, weil die RKI-Zahlen rechtlich bindend sind für das Bundesgesetz (hätte in der Bundespressekonferenz nicht besser gesagt werden können).

Auf meine nächste Frage, ob man nicht als Kommune auch strengere Maßnahmen ergreifen sollte/könnte, wenn man doch die wirklichen Zahlen kennt und diese auch noch so viel höher sind, wurde geantwortet, dass strengere Maßnahmen unverhältnismäßig wären für andere, umliegende Kommunen, die eben auch nach den RKI-Zahlen gehen.

Ich muss wirklich sagen, dass mich diese Begründung doch sehr beschäftigt und auch entsetzt. Wir kennen die Wahrheit, ignorieren sie aber, weil andere sie auch ignorieren? Kann ich schwer akzeptieren…

Gestern habe ich dann gesehen, dass unter dem Link (s. o.) nicht mehr die aktuellen Zahlen des Landes dargestellt werden, wie noch letzte Woche, sondern nun die des RKI verlinkt sind…
Das ist mit voller Absicht geschehen und ich kann mir nicht erklären, warum man dies tut. Ich halte das für sehr gefährlich und gezielte Verschleierung von realen Zahlen und fühle mich hier sehr sehr vereimert und getäuscht.
Die Maßnahmen, die gerade gelten mal hin oder her, sinnvoll oder nicht sinnvoll, aber man geht hier wirklich das Risiko ein, dass man die ganze Zeit mit einer deutlich niedrigeren angegebenen Inzidenz arbeitet und Lockerungen zulässt, obwohl die realen Zahlen viel höher sind.

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Die Frage ist doch eher: warum zwingt ein jetzt erst beschlossenes Bundesgesetz die Landkreise und Städte dazu, die nachweislich ungenaueren Zahlen des RKI zu verwenden, anstatt das der Bundesregierung unterstellte RKI anzuweisen, genauere und aktuellere Zahlen zu veröffentlichen?

So kritisch würde ich das nicht sehen. Man muss bedenken, dass der Wert von 165 vollkommen willkürlich gewählt wurde, daher zerbricht daran jetzt nichts.
Natürlich dennoch unschön zu sehen, wie so viele gegen die Maßnahmen arbeiten und sich komplett darauf fokussieren, wie man innerhalb der gegebenen Regeln, möglichst wenig beiträgt.

Das tut es nicht! Es steht jedem Land/Kreis frei, eigene Maßnahmen bei jeder Inzidenz zu erlassen (sofern verfassungsrechtlich zulässig). Damit könnte man auch, wenn man mehr weiß als das RKI, selbst aktiv werden.
Dass das Bundesgesetz hier überhaupt greift (und überhaupt existiert), liegt an der Untätigkeit der unteren Ebenen!

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Es stimmt, dass es Ländern und Kommunen frei steht, ergänzend zum Bundesgesetz strengere Regeln zu beschließen. Das widerspricht aber nicht der Tatsache, dass das Bundesgesetz als einzige Bezugsgröße die vom RKI veröffentlichten Meldezahlen vorsieht - die erwiesenermaßen älter und ungenauer sind. Das Gesetz wurde ja u. a. damit begründet, dass die Maßnahmen eben nicht mehr in jedem Kreis unterschiedlich begründet werden sollen, sondern eine bundesweit einheitliche Grundlage geschaffen werden soll - und dann frage ich mich schon, warum der Gesetzgeber dabei quasi den Standard der zugrundegelegten Daten absenkt, anstatt bessere Zahlen zu fordern. Das ist einfach handwerklich schlecht gemacht und ein ebenso unnötiger wie ärgerlicher Verzicht auf politische Steuerung einer nachgeordneten Bundesbehörde.

Ja, dass die Maßnahmen / Grenzwerte kompletter Murks sind, da sind wir uns glaub ich alle einig.

Das hat dem ganzen nur noch irgendwie die Krone aufgesetzt…

Das Problem wurde hier im Forum schon an vielen Stellen diskutiert und ist seit fast einem Jahr ein Problem. Die Qualität der Daten, die das RKI veröffentlicht, ist ziemlich fragwürdig. Zum Teil gehen nachgemeldete Zahlen an das RKI nicht mehr in die Statistik ein, weshalb die Zahlen auf untergeordneten Ebenen immer verlässlicher sind und die Realität besser abbilden. Dazu gibt es unzählige Twitter-Diskussionen oder anderweitige Darstellungen. Deswegen veröffentlichen z. B. DER SPIEGEL oder Zeit Online Daten, die sie direkt aus den Kreisen und kreisfreien Städten beziehen und teilweise mehrmals täglich aktualisieren. Die Veröffentlichung von unterschiedlichen Inzidenzwerten verschiedener Stellen führt nicht unbedingt zu Transparenz, Akzepantanz oder Einsicht, sondern nur zu mehr Verwirrung und ‚Fragen‘.
Siehe etwa hier: Corona: RKI veröffentlicht oft zu niedrige Inzidenzwerte - Gesundheit - SZ.de

Dass aufgrund von erhobenen Daten Entscheidungen getroffen oder Automatismen greifen, welche grundlegendsten wissenschaflichen Anforderungen nicht genügen, ist das eigentliche Problem und irgendwie auch beschämend. Meine Hoffnung bleibt, dass dies auch aus verfassungsrechtlicher Perspektive angemahnt wird.

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