Schulen digitalisieren

Hallo,
ihr habt die aktuellen Probleme bei der Digitalisierung des Schulbereichs beim Thema Digitalpakt Schule ja angesprochen.

Mich würde folgendes interessieren (vielleicht gibt es ja jemanden unter den Foristen, der sich mit dem Thema auskennt):

Wie wäre es denn bspw. pro Bundesland ein professionell geführtes Rechenzentrum inkl. IT-Service-Management und Wartung/Tausch der vor Ort Geräte hochzuziehen? Dort bekäme jeder Schüler ab Klasse 1, egal welcher Schulform, einen Account und mindestens einen Virtual Desktop bis an sein Schullaufbahnende.
Der Zugriff erfolgt remote per „Billighardware“ ala Chromebook.
Vorteile:

  • skalierbar
  • zentralisiert und damit wäre auch viel weniger geschultes Personal (Lehreradmins?) in den Schulen nötig
  • keine aufwändige Hardware/Infrastruktur in den einzelnen Schulen
  • günstiger da Mehrfachstrukturen vermieden wären.
  • geringe Bandbreite pro Remotezugriff

So bräuchte es nur noch ein gutes WiFi in der Schule, welches auch an das zentrale Rechenzentrum (inkl. Authentifizierung) angebunden würde.
Die Schüler könnten ihren Account sogar von Schulform zu Schulform mitnehmen :scream_cat:.

Ist sowas nicht möglich? Wenn ja - warum?
Technisch ist es jedenfalls kein Hexenwerk.

Kennt jemand die bürokratischen Hürden?

Lg und vielen Dank für die Lage welche ich seit Jahren wöchentlich genieße.

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Nach meiner Erfahrung mangelt es nicht an möglichen Lösungen (eine hast Du ja skizziert), sondern bei den politisch und verwaltend Verantwortlichen an der Einsicht, dass die Digitalisierung nicht als klein-klein auf der Gemeindeebene gelöst werden kann.

Wir brauchen eine Lösung für Millionen von Schülern, von mir aus in jedem Bundesland eine eigene (auch wenn ich das technisch für unsinnig halte, aber die Rechtslage ist nun mal so).

Es gibt zu wenig Digitalkompetenz an den Stellen, wo diese Entscheidungen getroffen werden müssen (Kultusministerien). BaWü hat es ja noch nichtmal geschafft, allen Lehrern eine eMail-Adresse zu geben.

Die einzigen Lösungsmöglichkeiten, die ich sehe, sind:

  1. Wahlurne: wir wählen nur noch Parteien, die gezeigt haben, dass sie das Thema ernst nehmen und nicht nur quatschen.
  2. die „Biologische Lösung“ - Veraltete Ansichten und mangelnde Einsicht sterben aus.

Tut mir leid, dass ich keine realistischeren Aussichten beitragen kann. Noch ein Rechner unter dem Schreibtisch eines Informatiklehrers mit 1h „Entlastung“ pro Woche wird uns jedenfalls nicht helfen.

Variante 2 dauert zu lang.
Ich hoffe die Mehrheit entschließt sich zur Variante 1.

Hm mir fällt keine der etablierten Parteien ein, die sich bei Variante1 profiliert hat. Am ehesten vielleicht die FDP aber da weiß ich auch nicht ob das nur warme Worte sind.

Die meisten Bundesländer haben (bzw versuchen) schon seit Jahren eine „Bildungscloud“ oder einen „Bildungsserver“ (aufzubauen). Das sollte es theoretisch schon seit 2016-17 geben. Ich bezweifle allerdings, dass sich da in der Zwischenzeit wirklich viel getan hat, offensichtlich fehlt die Infrastruktur in weiten Teilen bis heute.

Hier mal exemplarisch
Bildungsserver Sachsen-Anhalt: https://www.bildung-lsa.de
Niedersächsische Bildungscloud: https://niedersachsen.cloud

Was mich mal generell interessieren würde, ist, was sich von der Digitalisierung versprochen wird.
Ich lebe in England und habe zwei Kinder in year 3 und year 5 (Grundschule). Ich wage mal zu behaupten, dass die beiden überhaupt nicht besser dran waren, als in Deutschland. Es gab für Mathe jeden Tag ein pdf Arbeitsblatt, das bearbeitet werden sollte. Mein 7-jähriger Sohn musste also am Computer Punkte auf das Dokument eintragen. Was soll das?
Meine Kinder bekommen auch ganz oft Hausaufgabe über eine website gestellt. Das hat manchmal echt Vorteile (zum Beispiel gibt es timestables Rockstars, über das man spielend die Multiplikationstabelle lernen kann), aber auch echte Nachteile. Ich habe oft keine Ahnung, was sie in der Schule machen (wir bekommen nie die Hefte zu sehen, man bekommt am Ende des Jahres einen Stapel Hefte in die Hand gedrückt), die Aufgaben bauen nicht linear aufeinander auf und man kann nie zurückblättern, wenn man was vergessen hat.
In Englisch bekamen die Kinder jeden Tag ein Video zu sehen (anstatt etwas zu lesen!), wo erklärt wurde, wie man besser schreibt. Das ist Frontalunterricht per Video.
Also ich finde, dass man sich sehr, sehr viele Gedanken machen muss, wie man Computer und IT gezielt einsetzt, damit es nicht zum gimmick verkommt.

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Hallo zusammen,

ich wollte gerade einen Beitrag zu diesem Thema verfassen. Ich bin an meiner Schule Oberstudienrat für die Digitalisierung und als Spielball zwischen Schülern/Eltern und dem Ministerium hinreichend genervt.

Spätestens seit der Coronapandemie wurden wir mit viel Hardware, aber keiner Infrastruktur überschüttet. Unsere Schule hat sich damals für Windows Convertibles ausgesprochen. Bekommen haben wir Ipads. a gut, kann man auch mit Arbeiten. Was uns aber immer noch seit 2 Jahren fehlt sind Apps. Entweder sind die Finanzierungswege dem Ministerium selber nicht klar oder es scheitert am Datenschutz. Man kann sich allerdings mit browserbasierten Tools doch ganz gut helfen.
Das schwerwiegendere Problem ist das der fehlenden Infrastruktur:
Es mangelt an einer Möglichkeit für die Schülerinnen und Schüler sich in unserem WLAN anzumelden, da zwar für die Endgeräte, aber nicht für deren Verwendung gesorgt wird. Ein weiteres Beispiel ist der Verbot der Einführung von Office- Programmen, da eine Klage vor dem OLG Münster aus DSGVO vorliegt.

Die Infrastruktur möchten wir über den Digitalpakt anschaffen. Innerhalb von 3 Wochen vor den letzten Herbstferien sollten wir ein entsprechendes Angebot samt Dienstleistungsfirma einholen. Viel Arbeit, aber auch das ist kein Problem.
Mein neues Unverständnis beruht auf der Aussage der Schulrätin, dass das NRW Ministerium zwei Personen eingestellt hat, die alle Anträge/Konzepte sämtlicher Schulen prüfen und genehmigen wollen. Es wird nicht damit gerechnet, dass in diesem Kalenderjahr noch etwas geschieht.

Der aktuelle Stand sieht also folgendermaßen aus: Unsere Schüler haben ( immerhin schon) digitale Endgeräte. Ohne Apps und Internet dienen sie vor allem als Block!
Durch die jetzige Inflation und der vergangenen Zeit ist es dem Anbieter der Infrastruktur jetzt schon nicht mehr möglich seine Preise zu halten. Ich schätze die Infrastruktur ist dann fertig, wenn die Geräte 4 oder 5 Jahre alt sind und ausgetauscht werden müssten. Dafür gibt es brigens noch kein Konzeot seitens des Ministeriums wie die Geräte aktuell gehalten werden wollen.

Die Motivation meiner Kolleginnen und Kollegen wird leider zerrieben zwischen dem verständlichen Unverständnis der Eltern und Schüler und dem bürokratischen Wahnsinn :frowning:
Vielleicht könnt ihr ja mal eine Nachfrage stellen, wieso so viel Geld freigesetzt werden kann, aber an es an den 3 Stellen im Ministerium habpert um den Prozess entscheidend zu beschleunigen :slight_smile:

Ich sehe da genau das Gegenteil… Deutschland und groß angelegte IT-Projekte sind wie Feuer und Wasser. Das funktioniert einfach nicht.
Dann macht man wieder sowas wie das Anwaltspostfach oder diese elektronische Mail… Schmiedet große Pläne, ohne wirklich Profis an Bord zu holen, versenkt ein paarhundert Millionen und stampft das Ganze wieder ein. weil es nicht funktioniert, zu teuer ist, am Nutzer vorbei entwickelt wurde, oder alles zusammen.

Das jetzige System ist dezentral organisiert, also sollte man das nicht ignorieren.

Was fehlt ist imo einfach Geld!

Jede Schule braucht die Kohle für…
…einen IT-Administrator in Vollzeit
…Anbindung an schnelles Internet
…Anschaffung von Hardware für Infrastruktur und für Clients

Und dann soll der Admin gefälligst selber entscheiden, ob er lieber Linux oder Windows einsetzt…

Klar könnte man durch ein zentrales System Geld sparen.
Aber ich glaube einfach nicht an etwas wie eine deutsche Schulcloud!
Das kriegen wir nicht hin!

Da beschreibst Du hervorragend das Hauptproblem.
„Digitalisierung“ hat viel weniger mit der Technik oder digitaler Infrastruktur zu tun als mit dem Wissen um deren sinnvoller Nutzung!
Solange die Lehrerausbildung den Umgang mit elektronischen Medien und insb. Medienkompetenz aussen vor lässt, wird genau das passieren, was Du beschreibst.

Es stimmt, dass das Wissen und deren Umsetzung der Lehrerinnen und Lehrer noch ausbaufähig ist. Allerdings scheitert es kaum an deren Willen.

@Dave: Es scheitert auch nicht an dem Geld vgl. Digitalpakt, sondern an der Umsetzung und Durchführung, bzw Mangel am IT-Support
@vanbonn Ohne Infrastruktur kann es nichts geben mit der digitalen Bildung.

Imho scheitert es an der Bürokratisierung der Prozesse bzw. dem (tatsächlichen) politischem Willen einer vernünftigen Durchsetzung.