Schulen ans Netz - woran hakt es beim Glasfaser-Ausbau?

Lieber Philipp, lieber Ulf,
Zunächst einen herzlichen Dank für das tolle und liebevoll gemachte Format. Seit rund drei Jahren seid Ihr unsere gern gehörten Gäste am Sonntagmorgen.
In der jüngsten Folge habt Ihr das Thema der (sehr unzureichenden) Glasfaseranbindung der Schulen angesprochen und mit dem Hinweis „klar, der Scheuer ist zuständig“ (das kann also nicht funktionieren) ein bisschen kurz abgehandelt. Ich bin weit davon entfernt, den „Pannenminister“ zu verteidigen, im Fall der Glasfaseranbindung der Schulen ist die Sache aber etwas komplexer. Fördermittel sind eigentlich ausreichend vorhanden. Die TK- Anbieter winken aber gleichwohl ab, weil sie im Fall der Inanspruchnahme von Förderung ihr Netz für die Wettbewerber öffnen müssen. Das ist eigentlich selbstverständlich, wird aber dadurch zum Problem, dass diese Zugangsverpflichtung nicht auf die geförderten Netzbestandteile/Strecken beschränkt bleibt. Vielmehr sind auch die Teile des Netzes für de Wettbewerber zu öffnen, die bereits vorher (eigenwirtschaftlich) errichtet wurden. Steht in Ziffer 5 ABS. 7 des „Sonderaufrufs Schulen und Krankenhäuser“ (https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/DG/sonderaufruf-schulen-krankenhaeuser.pdf?__blob=publicationFile(

Ein Beispiel: ein Netzbetreiber hat einen Straßenzug in der Nähe einer Schule eigenwirtschaftlich mit Glasfaser erschlossen und könnte die betreffende Schule mit einer überschaubaren Förderung relativ einfach anschließen. Dies würde aber dazu führen, dass der ausbauende Netzbetreiber nicht nur die (geförderte) Anbindung an die Schule, sondern sein eigenwirtschaftlich errichtetes Netz in dem ganzen Straßenzug für seine Wettbewerber öffnen müsste und zwar zu den für die Förderung geltenden Konditionen. Den Wettbewerbern geht es dabei aber weniger um die nicht lukrative (zusätzliche) Versorgung der betreffenden Schule, sondern um eine kostengünstige Versorgung der durch den Erstausbauer bereits eigenwirtschaftlich mit Glasfaser erschlossenen Umgebung.
Hinzu kommen die üblichen Probleme im Rahmen von Förderprojekten allgemein, wie die hohe Komplexität von Förderverfahren, die die Gebietskörperschaften (die die Fördermittel für die Schulen beantragen müssten) oft überfordert und fehlende Kapazitäten im Leitungstiefbau.
Der gebotenen Transparenz halber muss ich dazu sagen, dass ich für einen Branchenverband im Glasfaserausbau arbeite, Die oben beschriebene Systematik wird aber von den Unternehmen immer wieder angeführt, wenn man sie danach fragt, warum das Förderprogramm für die Schulen so schleppend angenommen wird.

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Sehr spannend, vielen Dank für diese Hintergründe.

Ein ähnliches Problem scheint ja auch beim subventionierten Tiefbau zu bestehen, da habe ich jedenfalls einmal gelesen, dass Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sind, anderen Unternehmen zu erlauben, quasi ihr eigenes Kabel in einen frisch gebuddelten Graben zu legen. Das scheint die Neigung sehr zu verringern, überhaupt Strippen zu ziehen.

Richtiges Subventionieren ist offensichtlich sehr schwer :slight_smile:

Richtig, es gibt das Recht zur Mitverlegung im Zuge von Tiefbaumaßnahmen in § 77i TKG, und zwar auch solcher Baumaßnahmen, die von Wettbewerbern veranlasst worden sind. Allerdings unterliegt dieser Mitverlegungsanspruch stärkeren Begrenzungen als die Mitnutzung im Rahmen einer Förderung. Die Mitverlegung beim Tiefbau gibt es nur dann, wenn die Baumaßnahme „ganz oder teilweise“ aus öffentlichen Mitteln finanziert wurde (wobei dann im Einzelne streitig ist, was noch zu den „öffentlichen Mitteln“ gehört, Stichwort: kommunale Unternehmen) und sie nicht zu dem Überbau eines geförderten Glasfasernetzes führt. Warum allerdings hier die eigenwirtschaftlich errichteten Glasfasernetze den öffentlich geförderten nicht gleich gestellt worden sind, erschließt sich so richtig nicht. Bei der im Rahmen der Förderung gebotenen Mitnutzung (= Verlegung einer Glasfaserleitung in einem Leerrohr des ausbauenden Wettbewerbers) gibt es entsprechende Beschränkungen nicht und der Mitnutzungsanspruch geht auch über die geförderte Infrastruktur selbst hinaus. Genau hier liegt der fehlende Anreiz für die Inanspruchnahme der Förderung für den Glasfaserausbau zu den Schulen durch die TK-Unternehmen.

Aber liegt der Ball dann nicht doch wieder im Feld des zuständigen Ministers? Eine Förderung kann man ja auch anders gestallten. Wenn der aktuelle Ansatz nicht funktioniert, dann müsste Herr Scheuer entsprechend dafür werben, das System nachzubessern. Oder noch besser, die Kanzlerin (ok, unrealistisch - aber vielleicht ein:e Nachfolger:in?) macht es endlich zur Chefsache und handelt entsprechend.

Die Straßen wären ja noch das eine, noch schlimmer wäre es bei Dingen wie Versorgung mit Wasser und Elektrizität. Oh, sie wollen den Stromanbieter wechseln? Kein Problem, wir müssen nur x Meter Straße aufbuddeln, neue Kabel verlegen - und wenn man’s ganz zu Ende spinnt hat noch jeder seine eigenen Steckdosen oder Wasserhähne…