Schleichende Einführung unsicherer Wahlsoftware in Deutschland

Im Rahmen des rC3 (remote chaos expierience), der online Version des Chaos Communication Congress, bin ich über folgendes Thema gestolpert:

Anscheinend fand und findet eine Digitalisierung auch im Rahmen von deutschen und bayrischen :wink: Wahlen statt. Die Einführung von Wahlautomaten wurde in Deutschland im Jahr 2009 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt.

https://www.bpb.de/politik/wahlen/bundestagswahlen/62545/debatte-um-wahlmaschinen

In dem Vortrag von den IT-Sicherheitsforschern Johannes Obermaier und Tobias Madl wird aus erster Hand berichtet, wie sowohl die händische Eingabe als auch die nachfolgende Verarbeitung der nun „händisch digitalisierten“ Wahlzettel durch relativ einfache Methoden manipuliert werden können. Aufmerksam auf das Problem wurden sie, weil sie als Wahlhelfer bei einer bayrischen Wahl volontierten. https://streaming.media.ccc.de/rc3/relive/11440

Für mich stellen sich einige Fragen:

  1. An mir ist es völlig vorbeigegangen, dass nachdem 2009 eine breite Diskussion über die Einführung von offensichtlich unsicheren Wahlautomaten geführt wurde, nun de-facto Wahlautomaten regelhaft in deutschen Wahlen eingesetzt werden. Gab es eine öffentliche Diskussion diesbezüglich?

  2. Wie ist die rechtliche Situation bezüglich Wahlautomaten/elektronischen Wahlsystem mit Hinblick auf 2021 und die kommende Bundestagswahl und dem Entscheid von 2009?

  3. Warum sind die Systeme anscheinend derart schlecht und unsicher? Warum werden Systeme nicht vorher in (öffentlichen) Audits überprüft?

Einige Artikel, die sich auf die Arbeit der beiden beziehen:

https://www.heise.de/news/rC3-Sicherheitsluecken-in-Zaehlsoftware-fuer-bayerische-Kommunalwahl-5000226.html

https://www.golem.de/news/ok-vote-schwere-sicherheitsluecken-in-bayerischer-wahlsoftware-2012-153062.html

Würde mich über Feedback hier im board freuen! Natürlich noch mehr, wenn es das Thema in den Podcast schafft.

Liebe Grüße aus Witten, Alex

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Zumindest 2017 gab es eine breite öffentliche Debatte darüber, in dem Jahr wurde auf dem Kongress (nach einer „Vorberichterstattung“ in Logbuch:Netzpolitik) über die Software PC-Wahl gesprochen:

Zur Frage, warum solche Software so miserabel ist lässt sich wohl nur mutmaßen. Ich vermute es ist eine wilde Mischung aus Ignoranz, Inkompetenz und (blindem) Vertrauen, dass der kommerzielle Anbieter schon wissen wird, was er tut.

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Danke für den Input! Ich werde mir mal alles in Ruhe zu Gemüte führen. Aber dann kann man doch jetzt schon festhalten, dass sich seit 2017 nicht grundlegend etwas geändert hat. Das in Bayern benutze System Ok.Vote, reiht sich damit in gefährliche Wahlsoftware ein, die anscheinend in Deutschland zum Einsatz kommt.

Das Bundesverfassungsgericht hat 2009 die Wahlautomaten für ungeeignet erklärt, da sie eine nicht nachvollziehbare Auszählung durchführen. Der Punkt greift sowohl bei der Kommunalwahl 2020 in Bayern, als auch bei den 2017 festgestellten Mängeln der getesteten Software. Wie kann das Ganze im Einklang mit dem Urteil stehen? Vielleicht kann das jemand juristisch einordnen?

Unterm Strich bleibt ein erhebliches Potenzial die Wahlen direkt zu manipulieren aber vor allem die Glaubwürdigkeit einer stattgefundenen Wahl herabzusetzen, indem man sich auf die offensichtlichen Mängel bezieht.

Ich glaube wir sind noch weit von amerikanischen Verhältnissen entfernt, aber sowas wäre für einen deutschen Trump eine Steilvorlage :flushed:.

Besonders der CCC Vortrag zeigt wie ignorant die Verantwortlichen sind. Das hat mich schier fassungslos gemacht und Linus hat diese Fassungslosigkeit gut auf den Punkt gebracht.

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