Rücktritt bei den Grünen

Ich sehe da gerade in diesem Bereich interessante Signale. Cem Özdemir spricht in einem FAZ-Interview diesen Angang an: Migration: Özdemir fordert Kehrtwende bei Migration - WELT

Außerdem deuten sich endlich sozialere Programmpunkte an: Die Grünen: Grüne wollen Steuerprivilegien für Reiche abschaffen - WELT

Die Ausrichtung auf den Bundestagswahlkampf scheint zu laufen. Ich hoffe, dass es gelingt und ein guter Weg gerade in der Migration gefunden werden kann. Als Nichtgrünenwähler drücke ich den Grünen hier tatsächlich die Daumen, zumal die SPD als relevante Kraft mit einem Kanzlerkandidaten Scholz ausfallen wird.

Disclaimer: Die Artikel sind in meinem Feed gespült worden, der aus 12 Tageszeitungen besteht, habe die nicht ähnlich gefunden, daher muss mal Springer herhalten…

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Wenn migrantisch gelesene Personen noch mehr diskriminiert werden, weil zwanghaft versucht wird, eine Assoziation zwischen Migration und Kriminalität gesellschaftlich zu etablieren, dann ist das durchaus ein lösenswertes Problem.

Und wenn die tatsächlichen Ursachen kriminellen Verhaltens außer Acht gelassen werden, weil man stattdessen auf einen Sündenbock hauen möchte, löst das keine Probleme sondern verschärft sie.

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Wenn dort wo es tatsächliche Probleme gibt diese klein geredet wird, dann entsteht genau dieser Raum wo die einzigen Kräfte die diese Probleme thematisieren die sind, die diese Probleme dazu missbrauchen um geschlossene Grenzen oder gar „Ausländer raus“ zu fordern.

Diese Probleme wirklich anzugehen dürfte viel mehr dazu beitragen, dass Migranten im allgemeinen weniger mit Kriminalität assoziiert werden.

Wer fordert denn diese Ursachen außer Acht zu lassen? Wenn ich von Lösungen der Probleme spreche dann meine ich natürlich auch dass man an den Ursachen arbeitet.

Für mich wäre z.B. ein Beitrag zur Lösung nicht „Grenzen dicht“, sondern dass Menschen schneller arbeiten dürfen, dass sie kürzer in großen Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, etc.

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Das ist das, was gerade in weiten Teilen der Politik geschieht, Forderung hin oder her.
Alle politische Energie, die in das Migrationsthema gesteckt wird, fehlt ganz offensichtlich gerade für die Bearbeitung der tatsächlichen Ursachen.

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Also fändest du es besser die Grünen würden weiter bei diesem Thema zulassen, dass die Debatte ausschließlich auf Grenzen Dicht und Abschieben rausläuft statt ein differenziertes Bild mit entsprechenden Lösungen als Alternative anzubieten?

Ein SUPER Satz war das, ein SUPER Satz. Der hat auf jeden Fall gezeigt, dass über die Ära Merkel noch gar nicht ausreichend gesprochen wurde, was eigentlich angesichts der Kanzlerschaft von 16 Jahren echt verwunderlich ist, zumal das Erbe unmittelbar die Ampel betrifft und ein Teil der unfairen Bewertung der Grünen und der Ampel eigentlich auf (Nicht-)Entscheidungen der Ära Merkel zurückzuführen sind.

Insofern eine schöne Diskussion, die du da ausgelöst hast! :slight_smile:

Ich drücke die Daumen, dass sich das in deinem Sinne entwickelt!

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Wir haben im Essener Norden ja ein weithin bekanntes Problem mit (überwiegend aus dem Libanon stammenden) Großfamilien. Viele von denen (bzw. deren Eltern/Großeltern) kamen in den 80er Jahren. Damit die Ausländer „uns nicht die Arbeit wegnehmen“ hat man denen so lange den Zugang zum legalen Arbeitsmarkt verbaut, bis die mangels Alternativen eben kriminell wurden. Nun soll die völlig vorhersehbare Katastrophe, die entstand, weil man auf die „wir haben ja nichts gegen Ausländer, solange sie uns nicht die Arbeitsplätze wegnehmen“ hörte, reagiert werden, indem man diese Grupe zusätzlich diskriminiert, weil man „ja nichts gegen Ausländer hat, außer sie sind kriminell.“ Das kommt dabei raus, wenn man reale Probleme mit kurzsichtigen (Schein-)Lösungen bearbeitet, wie das von rechts beim Thema Migration ausnahmslos seit Dekaden passiert. Am Anfang müsste die nüchterne Analyse stehen und dann ist Migration auf einmal nicht mehr das entscheidende Problem, aber das wollen die Leute eben ungern hören.

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Aber genau das ist es was ich gerne von einer Partei der Mitte hören will.

Deswegen wäre für mich eine schnelle Arbeitsgenehmigung, Aussicht auf einen Spurwechsel etc. alles ein Bestandteil einer Lösung. Zu sagen wer solche Probleme als Problem benennt sei rassistisch (passiert gerade mit Özdemir auf Twitter) trägt dagegen nicht im geringsten zu einer Lösung bei.

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Bei Özdemir habe ich (ohne jetzt noch auf Twitter unterwegs zu sein) eher den Verdacht, dass es nicht daran liegt, auf bestimmte Probleme hinzuweisen, sondern an einer Formulierung die grade wieder die Problemanalyse verstellt bzw. erschwert. Vereinfacht: Wegen der Ausländer muss ich Angst um meine Tochter haben. Hätte er bspw. gesagt: „Unabhängig von Migration wäre es super, wenn im reichsten Land Europas Geld für genügend Plätze in Frauenhäusern bereitstünde, damit gefährdete Frauen vor der häufigsten Tätergruppe (Ex-)Partner besser geschützt sind“ wäre die Reaktion sicher anders ausgefallen.

Tatsächlich habe ich die besagten Artikel ganz und gar nicht so aufgenommen.

Und wenn seine Tochter im Alltag Probleme mit Belästigung insbesondere durch bestimmte Gruppen hat, dann finde ich die Reaktion er hätte doch besser auf Gewalt durch Partner hinweisen sollen schlichtweg Whataboutismus.

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(Junge) Männer ohne Beschäftigung oder sinnstiftende Tätigkeit werden kriminell - außer in autoritären Regimen eventuell. Dazu liegen genug Studien vor - bitte nicht schon wieder von vorne mit der Forschung beginnen.
Regelmäßige Bestätigung der Selbstwirksamkeit kann verschieden erreicht werden.
Arbeit, Sportvereine, Dienst an der Gesellschaft - irgendwas um sich nützlich zu fühlen.
Dafür bräuchte es skalierbare Konzepte.
Wer auf mehr Polizisten/Sozialarbeiter/Jugendtrainer im Sport/Lehrer kapriziert - worauf Teile in der Politik noch hoffen - schaut sich vorher besser die Probleme bei Neueinstellungen und Abbruchquoten an.
Die negativen Entwicklungen halten bereits seit mehr als 15 Jahren an - es gibt nicht genug Interessenten/das Arbeitsumfeld im Job wird nicht geschätzt.

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Da wirst du mutmaßlich überrascht feststellen, wie wenig Leute, die zuvor unter reichlich Krokodilstränen betrauerten, dass die Ausländer nur faul herumhängen, davon halten, das Problem so sinnvoll zu lösen. Das sind dann alles „Pull-Faktoren“ und wie es ein CSU-Politiker mal in einem Ausbruch unkontrollierter Ehrlichkeit sagte, hat man vor nichts soviel Angst, wie vor den gut integrierten Mustermigranten, denn die werde man „nie wieder los“.

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Das war nur ein Beispiel. Vielleicht hat er ja auch eine differenzierte Lösung für mehr Sicherheit von Frauen im öffentlichen Raum erläutert, ich lasse mich da gern auch positiv überraschen.

Der Fehler beginnt meines Erachtens schon an der Stelle, wo das Problem der Belästigung im öffentlichen Raum identitätspolitisch aufgeladen wird. Mit falschen Prämissen kommt man eben zu falschen Schlussfolgerungen.
Es gibt doch kaum Grund zu der Annahme, dass Belästigungen von anderen Gruppen weniger problematisch wären. Gleichzeitig ist in den wenigsten Fällen die Gruppenzugehörigkeit direkt ursächlich für das unerwünschte Verhalten. Wenn man also auf Rassismus verzichten möchte, sollte man die relevanten ursächlichen Aspekte benennen anstatt noch mehr Wasser auf die Mühlen rechter Identitätspolitik zu gießen.

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Wäre ja dann vielleicht schlau, den alleinreisenden jungen männern zu ermöglichen, ihre Familie nachzuholen. Ein intaktes familiäres Umfeld kann doch auch kriminelles Verhalten unwahrscheinlicher machen. Also wenn es wirklich darum ginge, wäre es ja genau falsch, Familiennachzug weiter zu beschränken, wie es mehrfach gemacht wurde, oder?

@JohanneSAC
Klingt erstmal naheliegend - Zeit mit der Familie sollte besser sein als Zeit in einer frustrierten homogenen Gruppe (betrifft btw nicht nur Migranten - ist für inländische Aufwachsende in jedem demokratischen Land relevant)
Gedanken zum Nachzug (beschränke mich bei Familie auf Eltern, Partner und Kinder - gibt natürlich noch weitere Auslegungen):

  • Es sollte ein intaktes Verhältnis zur Familie bestehen (keine Zwangsheirat z.B.)
  • Heimatland und Identität müssen dafür bekannt sein
  • Eine Familie sollte nicht in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht werden (jedenfalls in keiner, die ich kenne)
  • In Deutschland war und ist es eine längere und anhaltende Entwicklung, Männern durch Kindererziehung oder Zeit mit der Familie (insb. Kinder) ein sinnstiftendes Gefühl zu vermitteln. Hängt maßgeblich von der Sozialisierung ab. Ich glaube nicht, dass es allein ausreicht. Vielleicht kurzfristig unterstützend, aber mittelfristig zu wenig Wirkung.
  • Es benötigt staatliche Ressourcen, um „atmosphärischen Störungen“ in der Familie vorzubeugen

Die Rolle von Alkohol etc darf hier nicht unterschätzt werden, da es häufig der erste Weg zur Frustbewältigung ist.

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Jetzt hab ich mir den Beitrag von Özdemir in der FAZ durchgelesen und kann die Kritik daran nachdrücklich teilen: er beschreibt nämlich zwei konkrete Situationen: Einerseits, dass Menschen, die dort Urlaub machen, in Ostdeutschland von Rassisten beleidigt und bedroht wurden und andererseits, dass seine Töchter im öffentlichen Raum in Berlin sich von „Männern mit Migrationshintergrund“ bedroht fühlen. Außerdem beklagt er allgemeiner, dass sich wegen der Konflikte um Migration, nicht um (relevantere?) Probleme, wie Klimaschutz gekümmert werde. Anschließend widmet er den Rest des Textes ausführlich ziemlich allgemeinen Floskeln und Zielen zu Änderungen im Migrationsrecht. Zum Kampf gegen Rechtsextremisten oder den Sexismus im öffentlichen Raum durch Männer im allgemeinen kommt kein weiteres Wort. Man muss nicht böswillig lesen, um festzuhalten, dass (mindestens) der Eindruck inkauf genommen wird, dass der Rest der Probleme sich schon regelt, wenn nur die Migration kein Problem mehr wäre.

Mal abgesehen von den Inhalten: Die Grünen tauschen erhebliche Teile ihrer Stammwähler- und Mitgliedschaft gegen die vage Hoffnung auf Wechselwähler ein. Ob das kurzfristig netto zu einem Plus führt ist für mich schon fraglich. Aber langfristig wird man entweder zum Fähnchen im Wind oder die Ergebnisse schwanken dann halt noch stärker mit der Themenkonjunktur. Mittel- und langfristig keine gute Idee weil die Grünen damit für mich ihr Alleinstellungsmerkmal aufgeben: Unabhängiger von Moden und politischer Taktik das zu vertreten, was sie (meist sachlich begründeter als die Konkurrenz) für richtig halten. Ich bin noch Mitglied und Wähler weil ich abwarten will, ob dieser Schwenk kurzfristig zu mehr Politik in meinem Sinne führt und es für mich kein politisch relevantes Alternativangebot gibt.Aber wenn der Erfolg bei der Wahl und in einer folgenden Regierung auf Bundesebene ausbleibt, bin ich mit der Partei in dieser Aufstellung und Ausrichtung durch.

Ich persönlich bin gespannt wie es weiter geht. Die grüne Jugend war für mich immer etwas zu stark im fantasieren von Umstürzen und radikalen Änderungen. Auch Identitätspolitik hat für mich zu stark eine Rolle gespielt. Für mich persönlich war die Jugendorganisation immer ein „Risiko“ bzgl meiner Wahlentscheidung.
Eine pragmatische Politik die Umwelt und Wirtschaft bestmöglich vereinbart, klingt auf dem Papier sehr gut für mich. Mal sehen was daraus wird.

Eventuell gibt es mehr Leute wie mich, die gerne die Grünen wählen möchten, es aber aus Gründen nicht immer konnten.

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Vielleicht lassen sie ja sogar endlich den Homöopathie Blödsinn sein :wink:

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