Rot Rot Grün Minderheitenregierung

Hallo Philip und Ulf,
ich denke mal, ihr habt das sowieso auf dem Schirm, aber ich finde, was gerade in der BErichterstattung zur Wahl fehlt ist die Tatsache, dass eigentlich gegen Rot Rot Grün keine Merheit gebildet werden kann, wenn man nicht auf Stimmen der AFD zurückgreift. Insofern wäre es doch eigentlich ein Druckmittel der Grünen und Roten zu sagen: Wenn die FDP nicht mitmacht, dann viel Spaß bei dem Theater Laschet mit Hilfe von AFD Stimmen zum Kanzler wählen zu lassen. Ich meine, eigentlich müsste Laschet dann auf die Kandidatur verzichten, weil sonst ja immer die Gefahr bestünde, dass die AFD Stimmen liefert.
Vielleicht könnt ihr zu dem Thema eure Einschätzung geben…
Danke

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Ich hatte ja selbst in einem anderen Thread das Gedankenspiel eine Minderheitenregierung angeregt (Warum nicht eine Minderheitsregierung?).
Allerdings habe ich das erstens nie für realistisch gehalten und zweitens ging es um eine Minderheitsregierung aus SPD und Grünen, die sich durch die LINKE tolerieren lässt und dadurch (für bestimmte Gesetze) eine Mehrheit hat.
Diese Idee ist mit der Zusammensetzung des neuen Bundestages nun auch theoretisch obsolet, weil Rot-Grün-Rot keine Mehrheit hat. Wenn Du von einer „Rot-Rot-Grün-Minderheitenregierung“ schreibst, hieße das ja in der Praxis, dass drei Parteien sich zusammenschließen, aber zum regieren auf die Unterstützung durch eine vierte Partei angewiesen sind. Warum sollte das irgendjemand wollen?
Gibt es aber kein Bündnis zwischen SPD, Grünen und Linken, dann muss auch niemand „gegen Rot Rot Grün“ eine Mehrheit finden.

Die AfD wird - ebenso wie die Linke und der SSW (die Partei der dänischen Minderheit) - bei der Regierungsbildung keine Rolle spielen. Weder Laschet noch Scholz werden sich zum Kanzler wählen lassen, wenn sie keine stabile Mehrheit aus ihrer eigenen Partei + Grün-Gelb hinter sich wissen. Selbst eine erneute Groko, die rechnerisch eine Mehrheit hätte, ist de facto vom Tisch.

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Zwingt ihn ja keiner anzutreten. Union und FDP könnten sich bequem zurücklehnen, Scholz im 3. Wahlgang wählen lassen, und dann werden alle Gesetzesentwürfe der Regierung, der Haushalt usw. konsequent abgelehnt. So kannst du nicht arbeiten. Wäre praktisch ein Beschluss zur baldigen Neuwahl. Und deswegen wird das nicht passieren. So blöd ist Scholz nicht.

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Ich glaube nicht, dass das funktionieren wird.
Wenn Rot-Rot-Grün möglich aber nicht gewollt gewesen wäre hätte ich mir eine Rot-Grüne Minderheitsregierung sogar vorstellen können, weil man eben sowohl mit Links, als auch mit FDP und CDU inhaltliche Mehrheiten hätte bilden können - und man gleichzeitig nicht hätte fürchten müssen inhaltich durch Stiimmen FDP-CDU-AfD etwas reingewürgt zu bekommen - entsprechenede Themengebiete wo FDP-CDU-Linke sich auf etwas gegen Rot Grün einigen können wären wohl selten.

Ohne die Mehrheit für Rot Rot grün sieht das ganz anders aus. Wenn man als Regierung eine Mehrheit für ein Thema suchen möchte, kann man das entweder mit cdu oder mit FDP machen. Für progressive Themen wird es da nicht viel zu holen geben, und damit würde das vermutlich ins Leere laufen.

Ah: Und es wäre natürlch eine Rot-Grüne Minderheitsregierung, keine Rot-Rot-Grüne, weil die „zusätzlichen“ Stimmen der Linken keinen zusätzlichen Effekt habe würden (weil sie keine zusätlichen Mehrheiten organisiert).

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Das war sie vor 4 Jahren auch und dann kam sie doch. Nur dieses Mal immerhin mit einem anderen Kanzler. Mit Aussicht auf das Kanzleramt könnte auch die SPD-Basis dafür gewonnen werden. Ich halte Rot-Schwarz zumindest für wahrscheinlicher, als dass die Grünen Laschet (oder welchen Unionspolitiker auch immer) als Kanzler tolerieren könnten – nicht nachdem diese Wahl zur Klimaschicksalswahl erklärt wurde. Bleibt es wohl an Lindner zu entscheiden, wer unter Scholz mitregiert.

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Der Unterschied ist mMn, dass es 2017 nur (große) Teile der SPD waren, die keine GroKo wollten. Die Union hatte damit kein Problem. Nun ist es aber so, dass es in beiden Parteien eigentlich niemanden gibt, der noch eine GroKo will. Gleichzeitig wollen Union und SPD aber unbedingt weiter regieren. Und das wissen auch Lindner und die Grünen, weshalb es absolut folgerichtig ist, dass die beiden sich zuerst zusammensetzen (wie in Schleswig-Holstein) und dann auskaspern, ob sie sich das mit der SPD oder mit der Union besser vorstellen können. Ich befürchte nur, dass Lindner dabei in der stärkeren Position ist, weil er besser pokern kann und nicht ganz so heiß aufs Mitregieren ist wie die Grünen.
Die Tatsache, dass die CDU in den nächsten Jahren vor allem mit sich selbst beschäftigt sein wird, kann Grün.Gelb als Vorteil sehen (schwacher Partner) oder als Nachteil (nicht regierungsfähig). Aber es würde mich sehr wundern, wenn etwas anderes herauskommt als Ampel oder Jamaika. Ob das dann am Ende im Sinne linker(er) Wähler:innen sein wird, steht auf einem ganz anderen Blatt. Aber die haben ja dann ihre Stimme abgegeben - im doppelten Wortsinne…

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Wieso müssen die Grünen regieren aber Lindner nicht? Er hat schon mal Verhandlungen platzen lassen und wenn er mit seiner 10% Partei wieder die Regierungsbildung blockiert ist er oder die FDP politisch tot als reine Oppositionspartei ohne Regierungsfähigkeit.

Die Grünen könnten jederzeit sagen es geht nicht weil FDP und Union keinen Klimaschutz forcieren wollen.

Aus der Idee einer Minderheitsregierung ergeben sich für mich zwei „interessante“ Szenarien:

  1. Die AFD zeigt sich nach Außen Armin Laschet gegenüber abgeneigt und wählen geschlossen Olaf Scholz und kommunizieren das auch. Olaf Scholz müsste die Wahl zwei Mal ablehnen um sich im Zweifel im 3. Wahlgang von einer Minderheit wählen zu lassen? Und das nur „aus Prinzip“? Da das AFD Verhalten bekannt ist, bräuchte Scholz Stimmen von Union und FDP, die Ihm diesen Gefallen bestimmt nicht tun.
  2. Die AFD wählt im zweiten Wahlgang überraschend Scholz, der ablehnen müsste um im dritten Wahlgang mit AFD oder mit deutlich weniger Stimmen zum Kanzler gemacht wird?

Nehmen wir an Union oder FDP stellen im 3. Wahlgang einen Kandidaten auf um die anderen Parteien vorzuführen und bekommen die Mehrheit. Lehnen dann aber die Wahl ab. Wird dann der zweit platzierte Kanzler?

Ich sage ja nicht, dass die Grünen müssen, sondern dass sie unbedingt wollen. Und wie schon an anderer Stelle gesagt: Die Grünen haben bislang noch je Kröte geschluckt, wenn davon abhing, dass sie mitregieren dürfen.
Ich bin mir nicht mal sicher, ob die Grünen-Wählerinnen ihrer Partei einen Verzicht auf eine Regierungsbeteiligung mehr übel nehmen würden als die FDP-Wähler:innen es der FDP übel nehmen würden. Aber Lindners Absage 2017 scheint der FDP offensichtlich nicht geschadet zu haben.

Was @kaigallup sagt. Die Grünen sind angetreten um die Kanzlerin zu stellen. Sie haben die Wahl zur „Klimawahl“ erklärt. Sie sind seit 2005 in der Opposition. Wenn die es jetzt nicht in die Regierung schaffen, dann haben sie trotz +6% total versagt.

Die FDP dagegen kann sich bequem zurücklehnen und Sondierungen mit der SPD zum Scheitern bringen. Sollen die doch weiter Groko machen, wenn die Grünen sich schwarz-gelb-grün verweigern. Über das „lieber nicht regieren als schlecht regieren“ wird sich zwar immer noch regelmäßig lustig gemacht, aber offensichtlich war das für die Wähler nicht relevant.

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Interessante Antworten, danke. Ich gehe bei einer Rot Rot Grünen Minderheitsregierung vor allem von einem Druckmittel gegen die FDP aus: Wenn ihr nicht mit uns koaliert, dann mal schauen wie ihr mit der AFD Laschet zum Kanzler wählt (oder auch nicht). Natürlich ist das keine langfristige Machtoption. Ich glaube auch nicht, dass Neuwahlen so schnell kommen, schon 2017 hat Steinmeier da gar nicht dran gedacht, den Bundestag einfach aufzulösen.

Die CDU will Steuererleichterungen bzw. zumindest keine Steuererhöhungen. Möglicherweise setzt eine GroKo folglich mehr vom FDP Wahlprogramm um als eine Ampelkoalition. Da klingt „lieber nicht regieren, als falsch regieren“ eigentlich ziemlich ehrlich und rational.