Ich versuche das ganze Thema mal ein bisschen rational in einen Kontext zu rücken. Zum Tonfall komme ich später.
- Block:
Offenbar haben Sie die Lage nur selektiv gehört. Die Lage Hosts haben mehrfach verschiedene Massnahmen besprochen, um Menschen eben zu informieren und sie freiwillig zum Impfen zu bewegen. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive halte ich die Einschränkungen für diejenigen Personen, die bereits geimpft sind, für nicht mehr länger in dieser Strenge haltbar, denn die Impfung wirkt ja - zumindest für einen bestimmten Zeiraum - einer schweren Erkrankung entgegen. Wer sich nicht impfen lassen möchte, muss doch dann diese Einschränkungen selbst tragen.
Das heisst dann halt im Umkehrschluss: Menschen, die sich nicht haben impfen lassen, haben im Kino, im Restaurant etc. nichts mehr verloren, da von ihnen die grössere Gefahr der Ansteckung und schweren Erkrankung (Stichwort Gesundheitswesen) ausgeht. De facto ist es undemokratisch, alle Staatsbürger einzuschränken wegen einer impfunwilligen Minderheit.
- Block:
Leute, die sich nicht impfen lassen wollen, werden in der Lage durchweg als irrational und fanatisiert beschrieben. Das man gute Gründe haben kann sich nicht impfen zu lassen, liegt doch aber auf der Hand und ich verdeutliche das mal nur mit Informationen, die die Lage verbreitet hat:
Vor ca einem Jahr wurde uns gesagt, dass der Impfstoff ein nahezu komplett sicherer Schutz gegen das Coronavirus ist. Nun sind 2/3 der Bevölkerung geimpft und wir hören, dass das Infektionsniveau noch höher als letztes Jahr zu diesem Zeitpunkt ist. Dies ist laut Lage nun die Schuld der Ungeimpften aber man bereitet zeitgleich die Drittimpfung für alle (zunächst einmal für alte und Leute in Pflegeberufen) vor. Das hier Skepsis angebracht ist und man den handelnden Personen nicht blind vertrauen sollte, scheint für klar denkende Menschen auf der Hand zu liegen.
Impfunwillige Personen sind irrational, denn noch nie wurde ein Impfstoff an mehr Personen umgesetzt. Ja, es gibt Nebenwirkungen, doch diese sind im Verhältnis zu einer schweren COVID-19 Erkrankung vernachlässigbar.
Wer sich zudem ein bisschen mehr mit dem Thema beschäftigt hat und sich über seine Emotionalität hinwegsetzt, der wird sicher wissen, dass die nötige Impfquote irgendwo zwischen 80-85% liegen müsste (Quelle). Das liegt sie ja nicht. Zudem ist bekannt, dass auch geimpfte Personen das Coronavirus übertragen können, die Chance dafür und für eine schwere Erkrankung ist jedoch deutlich geringer. Wird eine ungeimpfte Person infiziert, kann sie die Viren ohne Impfung deutlich schneller verteilen, als bei Geimpften. In gewisser Weise ist also eine massive Mitschuld der Impfunwilligen vorhanden.
Die Skepsis ist also aufgrund obiger Argumente und dem Erfahrungsschatz der Impfstoffhersteller unangebracht und irrartional.
Ich möchte hier noch einen besonderen Punkt machen für Menschen, die sich nicht impfen lassen können: Diese können nicht in die „Herdenimmunität“ eingerechnet werden, aber sie sind ja die, die es besonders zu schützen gilt.
- Block:
Ich bin kein regelmäßiger Lage-Hörer mehr aber dennoch bin ich mir fast sicher, dass in der Lage bisher nie diskuziert wurde, was es eigentlich für uns bedeutet, wenn wir als Gesellschaft (man beachte das Wort Gesellschaft in Abgrenzung von dem Wort Individuum) in eine starke medizinisch-pharmazeutische Abhängigkeit mit vorgeschriebenen Impfungen in 6-monatigen Abständen rutschen. Ich zumindest bin mir sehr sicher, dass ich das nicht möchte! Wie soll das bitte kein valides Gegenargument sein? Wieso beleuchtet die Lage durchweg nur die eine Seite?
Wir befinden uns seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten in Abhängigkeit zu diesen Impfungen. Ich kann mich nicht daran erinnern, kürzlich ein Kind mit Polio gesehen zu haben. Masern, Pocken und so weiter. All diese Krankheiten gehören nicht mehr so selbstverständlich zu unserem Alltag, wie noch vor 100 Jahren. Wollen Sie Polio zurück, um unabhängiger von Impfungen zu sein? Auch gegen Grippe lassen sich jedes Jahr viele 100 tausend Menschen impfen (übrigens mit einem Vakzin, dass teilweise jünger ist, als der aktuelle Corona-Impfstoff). Es gibt keine sinnvollen Gegenargumente gegen die Impfung, ausser, dass man es gut findet, wenn die Krankheit gewinnt oder man ganz persönlich gegen Impfstoffe eine Unverträglichkeit aufweist.
Ich erlebe es als fast schon frech, dass Sie hier mit Gesellschaft gegen Individuum argumentieren, denn Sie könnten als Individuum einen Beitrag dazu leisten, die Pandemie zu beenden und solche Menschen, die sich nicht impfen lassen können zu schützen. Das tun Sie aber nicht.
Spannende Lektüre über die Wirkung von Impfungen
- Block:
Weiter ist sehr interessant, dass Phillip die, gemessen an der Gesamtbevölkerung, 2/3 Menge der Geimpften als Votum bzw. Berechtigung für weitere freiheitseinschränkende Maßnahmen sieht.
Dies ist konträr zu allem was wir bisher über unsere Demokratie gewusst haben. Wir sind keine Mehrheitsdiktatur. Wenn 1/3 der Bevölkerung sich nicht impfen lassen will, dann müsste sie einen Minderheitenschutz genießen. Der Staat müsste dafür sorgen, dass diese Minderheit weiterhin ihre Grundrechte in Anspruch nehmen darf.
Minderheitenschutz schlägt in die gleiche Kerbe wie oben: Es ist frech, wenn Sie mit diesem Argument kommen, als jemand, der sich bewusst dafür entscheidet, die Minderheiten nicht zu schützen. Ich werde dennoch versuchen mein Verständnis der verfassungsrechtlichen Perspektive aufzuzeigen, denn es geht ja um Einschränkungen der Grundrechte.
Beim ersten Lockdown wurde alles dicht gemacht. Kultur, Industrie, Verkauf, alles war de facto brach und das über Monate. Die Bevölkerung durfte teilweise über Monate nicht mehr anständig vor die Tür, mein Bruder durfte seine Frau nicht besuchen. All das ist hart, aber meiner Meinung nach mit recht passiert, denn die geretteten Menschenleben und das einigermassen stabile Gesundheitssystem während der Krise (bspw. im Verhältnis zu Italien und Frankreich zu diesem Zeitpunkt). Es gibt nun eine wirksame Massnahme gegen die schwere Erkrankungen und damit werden verhältnismässig wenige Hospitalisierungen für hohe Fallzahlen vorgenommen. Voraussetzung dafür ist, dass man geimpft ist.
Zurück zum Recht: Einschränkungen in Grundrechte brauchen eine starke Begründung. Diese war letztes Jahr m. E. gegeben, ist es aber heute nicht mehr in gleicher Form. Aus diesem Grund müssen die Grundrechte mit möglichst wenigen Einschränkungen wieder gewährt werden, wenn es die Lage zulässt. Aktuell ist ausgehend von dieser Grundlage entweder die Impfquote zu gering oder aber man öffnet entsprechend nur für solche Menschen, die nicht für die Einschränkungen massgeblich sind (2G).
- Block:
Verschwörungstheorien sind kein legitimes Mittel zur Formung einer Gesellschaft, vor Allem sind sie nicht Wahrheit, sie sind teilweise gezielte Desinformation und in Teilen gefährlich. Wenn Sie der Meinung sind, der Mond ist aus Käse, ist das ein Thema für Sie. Sie glauben an Gedankenkontrolle durch Chemtrails? Deutschland existiert noch in den Grenzen von 1933 und Frau Merkel ist ein Echsenmensch? Was genau ist daran eine gesellschaftliche Wahrheit? Wenn Sie anderen Menschen erzählen, dass Impfungen beispielsweise Krebs und Autismus verursachen, verbreiten Sie jedoch gezielt falsche Informationen, die mit Studien bereits widerlegt sind und andere Menschen verunsichern, obwohl es an den Fakten vorbeigeht.
Genau dies wird aber möglich, wenn man den Bürgern abspricht, was eh Grundvoraussetzung für unsere Gesellschaftsform ist: Das jeder Bürger in der Lage ist und das Recht hat verschiedene Quellen auszuwerten und selber für sich zu entscheiden welchen Informationen er glauben schenkt.
Das kann ja jeder machen, aber einigen fehlt es wohl an der Kompetenz die Fachkenntnisse von Xavier Naidoo, Michael Wendler und Konsorten von derjenigen von Expert:innen und Forscher:innen trennen zu können. Sie können schon Quellen auswerten, wenn ihre Quelle aber sagt, der Mond ist aus Käse und Sie sind nicht in der Lage das kritisch zu hinterfragen, fehlt Ihnen offenbar die Kompetenz zur kritischen Auseinandersetzung mit der Quelle.
Genau das ist der Hintergrund, warum RT kein legitimes Medium ist.
- Block .- Zitat:
Schliessen möchte ich mit dem Zitat von Richard von Weizsäcker:
„Keiner darf für sich den Besitz der Wahrheit beanspruchen, sonst wäre er unfähig zum Kompromiß und überhaupt zum Zusammenleben; er würde kein Mitbürger, sondern ein Tyrann. Wer das Mehrheitsprinzip auflösen und durch die Herrschaft der absoluten Wahrheit ersetzen will, der löst die freiheitliche Demokratie auf.“
Ich finde es interessant, dass Sie über Meinungshoheit schimpfen, selbst aber offenbar auch auf Ihre Meinungshoheit bestehen.
Um zum Zitat zurückzukommen: Schade, dass ausgerechnet ein (ehemaliger) Nazi hier als Beispiel für Demokratie herangezogen wird. Zeigt aber auch schon, aus welcher Ecke Ihre Meinung kommt.
- Block - zum Tonfall
Ja, man könnte das alles etwas anders formulieren. Für die Emotionalität der Lage Hosts habe ich aber nach anderthalb Jahren grosses Verständnis. Die Menschen - mich inklusive und vielleicht auch die Lage Hosts - sind zurecht frustriert.