Hallo zusammen,
ich habe nach längerer Zeit mal wieder in eine Lage reingehört und war zugegebenermaßen erschreckt über die Wortwahl, die sich in der Lage mittlerweile zu etabliert haben scheint.
Besonders Ulfs Sprache strotz geradezu vor Euphemismen: Schwurbler (schwurbeln, Schwurbelfreundeskreis,…), Verschwörungstheroetiker, Impfmuffel,…
Die meisten dieser Begriffe stehen, vollkommen offensichtlich, synonym für: „Leute, über die wir andauernd reden aber MIT denen wir unter keinen Umständen reden, da wir ihre Meinung als illegitim klassifiziert haben“.
Weiterhin können wir allein dem letzten Podcast an mehreren Stellen Füllsätze, wie „da gibt es keine zwei vertretbaren Meinungen mehr“, entnehmen.
Damit offenbaren Phillip und Ulf einen totalitären Anspruch an den Wahrheitsgehalt ihrer Meinungen.
Um das etwas genauer auszuleuchen, paraphrasiere ich hier mal einen Abschnitt aus der Lage 264:
Ulf: „…keine Impfpflichtig klingt nach einer sehr demokratischen Idee: erst Argumente dann Zwangsmittel, das ist eine Herangehensweise, die Phillip und mir sehr sympathisch ist.“
[…]
Ulf: "…es gibt einfach einen Bodensatz von etwas 30% nicht geimpften menschen, die sind größtenteils völlig fanatisiert in dieser Einstellung „ich lass mich nicht impfen no matter what“ und dazu muss man sagen: das ist Wahnsinn. Praktisch alle Wissenschaftlerinnen sind sich völlig einig […] in sofern gibt es eigentlich auf die frage lassen sie sich impfen nur eine Antwort nämlich ja…in sofern gibt es nur diese eine antwort es ist sinnvoll sich impfen zu lassen alles andere ist irrational und unsolidarisch und man kann es überhaupt nicht mehr glauben und trotzdem erreicht diese wissenschaftlich völlig eindeutige und klare botschaft 1/3 der menschen in deutschland nicht. Die schwurbeln irgendwas von langzeitfolgen, dieses jenes sonstwas und haben irgendwie so ein komisches gefühl im kleinen Zeh. und da muss man sagen: wie kommt denn das? wieso handeln 1/3 der menschen in Deutschland irrational und unsolidarisch. warum ist das so. mir fällt dazu nur eine erklärung ein: es gibt einfach zu viel bullshit. es gibt zu viel youtube mit irgendwelchen selbsternannten schwurblern, es gibt zu viel telegram… es gibt einfach zu viele fehlinformationen die den menschen das hirn vernebeln und deswegen glaube ich sind wir mit unserer wie gesagt sehr symphatischen sehr demokratischen strategie am limit. die botschaften von rational agierenden wissenschaftlerinnen kommen einfach nicht an gegen den nebel von desinformationen…
phillip: wir haben viele milde mittel ausprobiert und jetzt braucht es einfach schnell mehr druck glaube ich. 3g in innenräume eine sache aber die nächste stufe die einen effekt haben wird ist 2g: 2g in innenräumen, 2 g bei der arbeit…du musst einfach ein zertifikat haben was ausweist du bist genesen oder du bist geimpft fertig aus.
ulf: und das einzige was du ohne ein solches zertifikat noch darfst ist einkaufen, arzt…aber alles was nicht der unmittelbaren existenzsicherung dient das darf eben einfach nicht mehr möglich sein und ehrlich gesagt am arbeitsplatz ich finde das völlig unzumutbar, dass leute die nicht alles dafür tun sich und ihre kollegen nicht zu gefährden noch arbeiten gehen dürfen, ich kann das überhaupt nicht begreifen.
vor diesem hintergrund gibt es einfach keine zwei vertretbaren meinungen mehr. …
Phillip: Es ist ja auch sachlich begründet…und man muss auch sagen…es sind 2/3 der Leute geimpft und die haben zum Ausdruck gebracht: Ich will das nicht, ich will nicht erkranken und es ist dann auch zeit zu sehen, dass man diese Leute dann auch schützen muss…es reicht
Ul: Es reicht jetzt einfach…es ist eine falsch verstandene Liberalität…es geht hier nicht mehr um Meinungen…es geht hier um naturwissenschaftliche Risikoabwägungen und die fallen eindeutig aus…ich finde das sehr symphatisch, dass wir das als gesellschaft zunächst mal mit zureden und überzeugen versucht haben . Stichwort Verhältnismäßigkeit, aber ich sehe das wie du jetzt reicht es irgendwann mal…
…
Besonders hervorzuheben ist hier die Anmerkung der Beiden, das sie es als „sehr sympathisch und demokratisch“ empfinden, dass man erstmal mit Argumenten versucht hat, die Leute zum Impfen zu überzeugen, jetzt sei diese Zeit aber vorbei und der schon bestehende Druck muss schnellsten hocheskaliert werden, bis zu einem Punkt wo Ungeimpfte nur noch das nötigste zum Überleben zugestanden wird.
Dies offenbart, dass sie zu KEINEM ZEITPUNKT an einer wirklich demokratischen Lösung des Konflikts interessiert waren; vielmehr muss es laut den Beiden der Plan sein in einer ersten Phase „demokratisch und sympathisch“ zu wirken um den Leuten den Anschein zu geben sie hätten eine Wahl, die dann die „guten Bürger“ wahrnehmen; der Rest wird einfach gezwungen, da er verblendet ist.
Leute, die sich nicht impfen lassen wollen, werden in der Lage durchweg als irrational und fanatisiert beschrieben. Das man gute Gründe haben kann sich nicht impfen zu lassen, liegt doch aber auf der Hand und ich verdeutliche das mal nur mit Informationen, die die Lage verbreitet hat:
Vor ca einem Jahr wurde uns gesagt, dass der Impfstoff ein nahezu komplett sicherer Schutz gegen das Coronavirus ist. Nun sind 2/3 der Bevölkerung geimpft und wir hören, dass das Infektionsniveau noch höher als letztes Jahr zu diesem Zeitpunkt ist. Dies ist laut Lage nun die Schuld der Ungeimpften aber man bereitet zeitgleich die Drittimpfung für alle (zunächst einmal für alte und Leute in Pflegeberufen) vor. Das hier Skepsis angebracht ist und man den handelnden Personen nicht blind vertrauen sollte, scheint für klar denkende Menschen auf der Hand zu liegen.
Ich bin kein regelmäßiger Lage-Hörer mehr aber dennoch bin ich mir fast sicher, dass in der Lage bisher nie diskuziert wurde, was es eigentlich für uns bedeutet, wenn wir als Gesellschaft (man beachte das Wort Gesellschaft in Abgrenzung von dem Wort Individuum) in eine starke medizinisch-pharmazeutische Abhängigkeit mit vorgeschriebenen Impfungen in 6-monatigen Abständen rutschen. Ich zumindest bin mir sehr sicher, dass ich das nicht möchte! Wie soll das bitte kein valides Gegenargument sein? Wieso beleuchtet die Lage durchweg nur die eine Seite?
Weiter ist sehr interessant, dass Phillip die, gemessen an der Gesamtbevölkerung, 2/3 Menge der Geimpften als Votum bzw. Berechtigung für weitere freiheitseinschränkende Maßnahmen sieht.
Dies ist konträr zu allem was wir bisher über unsere Demokratie gewusst haben. Wir sind keine Mehrheitsdiktatur. Wenn 1/3 der Bevölkerung sich nicht impfen lassen will, dann müsste sie einen Minderheitenschutz genießen. Der Staat müsste dafür sorgen, dass diese Minderheit weiterhin ihre Grundrechte in Anspruch nehmen darf.
Weiter wissen wir, dass es eine Grundvoraussetzung unserer Demokratie ist, dass ein jeder Bürger Informationen aus verschiedenen Quellen, Medien aufnimmt und für sich auswertet und sich danach entscheidet, an was und wen er glauben möchte. Diese Fähigkeit sprechen Phillip und Ulf allen Menschen ab, die nach der Auswertung der Quellen nicht auf dasselbe Ergebnis kommen wie sie, was ein weiteres Zeichen für ihrer totalitäre Einstellung ist.
Zuletzt die Delegitimierung von Verschwörungstheorien. Verschwörungstheorien (genauso wie Pseudowissenschaft) haben in unserer Gesellschaft eine wichtige Aufgabe: Wir haben einen gesellschaftlichen Konsens darüber, was real und wahr ist; was ohne unser Wollen in dieser Welt ist. Da die Welt sich verändert, verändern sich Wahrheiten auch mit der Zeit, die Beschreibung der Welt unterliegt einer ständigen Veränderung. Verschwörungstheorien sind dazu da, unsere gesellschaftlich akzeptierte Form der Beschreibung der Welt „zu testen“. Jedes Mal wenn eine Verschwörungstheorie und eine gesellschaftliche Wahrheit zu nah aneinanderrücken, ist dies eine Aufgabe an die Gesellschaft die Beschreibung der Realität zu verfeinern. Was bedeutet es also wenn Verschwörungstheorien auf einmal als gefährlich gelten? Das was gesellschaftlich als Wahr anerkannt wird und die Realität beginnen auseinander zu driften.
Genau dies wird aber möglich, wenn man den Bürgern abspricht, was eh Grundvoraussetzung für unsere Gesellschaftsform ist: Das jeder Bürger in der Lage ist und das Recht hat verschiedene Quellen auszuwerten und selber für sich zu entscheiden welchen Informationen er glauben schenkt.
Wir waren bereits an mehreren Stellen unserer geschichtlichen Vergangenheit an diesem Punkt an dem Leute die Meinungshoheit totalitär für sich beanspruchen. Und das ist bisher noch nie und nirgendwo auf der Welt gut gegangen. Ich kann nicht verstehen, dass ihr da alle mitmacht und keiner von euch bei dieser Rhetorik in der Lage ein beklemmendes Gefühl bekommt.
Es gibt hunderte, tausende Gründe warum es für unsere Gesellschaft wertvoll ist sich dem von Phillip und Ulf vertretenden Narrativ entgegen zu stellen. Dieses kann nämlich per Definition keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben und allein der Fakt, dass Phillip und Ulf ihre Meinung als einzig valide Meinung verkaufen, sollte zum Zweifel anregen.
Schliessen möchte ich mit dem Zitat von Richard von Weizsäcker:
„Keiner darf für sich den Besitz der Wahrheit beanspruchen, sonst wäre er unfähig zum Kompromiß und überhaupt zum Zusammenleben; er würde kein Mitbürger, sondern ein Tyrann. Wer das Mehrheitsprinzip auflösen und durch die Herrschaft der absoluten Wahrheit ersetzen will, der löst die freiheitliche Demokratie auf.“
Antrittsrede (www.bundespraesident.de: Der Bundespräsident / Reden / Antrittsrede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker bei seiner Vereidigung im Deutschen Bundestag in Bonn) bei seiner Vereidigung im Deutschen Bundestag in Bonn, 1. Juli 1984