Rentendiskussion

Es gäbe natürlich noch andere Optionen:

  • Das Renteneintrittsalter erhöhen mit Verweis auf die höhere Lebenserwartung
    → massiv unpopulär, wird sich wohl niemand antun, vorallem wenn er nach der nächsten Wahl noch regieren will

  • Die Aktienrente
    → aber anders umgesetzt als der Testballon der Ampel.

Hier mal ein grobes Konzept:

  1. Es wird ein deutscher Staatsfond für die Rente gegründet

  2. Für jedes geborene Kind werden 10.000 € in diesen eingezahlt.

  3. Es wird risikoarm/breit gestreut in bspw. den MSCI World o.ä. investiert.

vermutliches Ergebnis:

Der MSCI World hatte in den letzten 50 Jahren eine Rendite von durchschnittlichen 7,39 % p.a. [1]

Daraus folgt, dass die 10.000 € nach 65 Jahren ganze 1.029.555 € pro Person ergeben würden!
(10.000 x 1,0739^65)

Kosten ca. pro Jahr: ~ 700.000 Geburten pro Jahr x 10.000 € = 7 Mrd. € [2]

Das wäre natürlich mal ein wirklich langfristiges politisches Projekt, aber wohl offensichtlich logischer als die Rente quer zu finanzieren!

[1] MSCI World Kurs über 5, 10, 15, 20, 25, 30, 40, 50 Jahre + Charts
[2] Zahl der Geburten in Deutschland weiter gesunken | tagesschau.de

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Die tatsächlichen Kosten wären allerdings deutlich höher, weil du ja nicht nur die Geburten, sondern auch die Zuwanderung berücksichtigen musst. Wenn jemand im Alter von 5, 15, 20, oder 50 Jahren zuwandert, dann muss diese Person ja auch irgendwie in unser Rentensystem integriert werden. Das ist kein unüberwindbares Problem, gehört aber schon irgendwie zur Diskussion dazu.

Ansonsten finde ich die Idee interessant – wobei zu einer soliden Anlagestrategie auch gehört, dass man nicht nur in Aktien investiert. Im Prinzip könnte sich die Bundesregierung so selbst Kredite verschaffen, denn Staatsanleihen gehören zu den sichersten Anlageformen (und sind eigentlich in jedem Rentenfonds enthalten). Allerdings kommen da bestimmt auch komische Anreize raus.

Das ist aber die nominelle und nicht die reale (inflationsbereinigte) Rendite, oder? Aus 10.000 Euro, die man 1955 angelegt hätte, wären zwar bis 2020 nominell die von dir zitierten 1.029.555 Euro geworden, deren Kaufkraft hätte real aber nur 205.822,64 Euro betragen – ein Verlust von über 80%. Aber kann auch sein, dass ich als nicht-Volkswirt hier etwas grundsätzlich falsch verstehe.

Ergänzend oder alternativ kann man natürlich auch die private Vorsorge attraktiver machen. Die USA geben dafür zum Beispiel die Möglichkeit, einen Teil des Einkommens einkommenssteuerfrei anzulegen. Die so angesparte und durch Investition (hoffentlich) vermehrte Summe wird erst bei der Auszahlung im Alter versteuert, dann aber natürlich bei einem geringeren steuerpflichtigen Einkommen.

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Berechtigter Einwand, aber wie gesagt „grobes Konzept“ :frowning_face:

Da bin ich mir ehrlich gesagt gar nicht mal so sicher.
Würde mir persönlich z.B. nie ne Staatsanleihe kaufen, wofür?
Also zumindest wenn das Ziel buy-n-hold über Jahrzehnte ist.

Immobilien wären vermutlich eine Option
→ Staatlicher sozialer Wohnungsbau der im Besitz des Bundes (oder Länder, Kommunen) bleibt.
Verbunden mit einer dauerhaften sozialen Mietpreisbindung.
Rendite wäre natürlich katastrophal, aber über Jahrzehnte könnte sich das durch die Mieten definitv refinanzieren.
Außerdem hätte man somit auch schlicht mehr Sozialwohnungen, die auch solche bleiben und nicht nach 20 Jahren auf den freien Mietmarkt gehen.

Ich habe den MSCI-World jetzt nur einfachheitshalber genommen, weil es für diesen halt konkrete und langfristige Zahlen gibt.
Man könnte natürlich noch breiter diversifizieren als diese größten 1.500 Unternehmen der Industrienationen.

Aber bezüglich des Risiko:
Wenn ein so breit gestreuter Index wie der MSCI-World komplett einbrechen sollte, werden wir deutlich größere akute Probleme auf der Welt haben als das deutsche Rentensystem :grimacing:

Ebenfalls richtig, inflationsbereiningt wäre es natürlich deutlich weniger.
Aus 10.000 € „nur“ 205.823 € zu machen, wäre ja schon ein riesiger Fortschritt.

Das wäre dann inflationsbereinigt eine Rendite von 4,77 % p.a. bzw. 1.958 % Rendite absolut gesehen.
Der Zinseszins-Effekt ist über 65 Jahre halt dann doch sehr vorteilhaft :grin:

Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass 28,4 Mrd € oder anders gesagt 6,2 % des Bundeshaushalt (2022) ein stattliche Summe sind.

Zum Vergleich für das Bundesministerium „Bildung und Forschung“ sah der Bundeshaushalt im gleichen Zeitraum 20,4 Mrd € vor oder anders gesagt 4,11 %.

Oder im Vergleich zu „Bundesfernstraßen“ + „Bundesschienenwege“ + „Digitale Infrastruktur“ die zusammen in diesem Jahr auf 22,6 Mrd € kamen (4,5 %).

Quelle: Bundeshaushalt - Bundeshaushalt digital

Man könnte die Vergleiche weiter führen, es bleibt aber festzuhalten, dass die Aufnahme von Flüchtlingen einen erheblichen Teil der Bundesmittel in Anspruch nimmt.

Rein wirtschaftlich betrachtet ist die Gewährung von Asyl in diesem Ausmaß ein Minusgeschäft für das aufnehmende Land.
Dazu: LdN394Spezial (ab 20:15 Laufzeit)

Was uns der humanitäre Aspekt des Asyl wert ist, scheinen wir als Gesellschaft ja gerade „aus zu diskutieren“. Aber ich denke, diesen Wert kann man schlecht beziffern.

Irritierend finde ich auch, dass ich zu der genauen Ausgestaltung der „Fluchtursachenbekämpfung“ nahezu nichts finde.
Relativ aktuell hier: https://dserver.bundestag.de/btd/20/103/2010338.pdf (Seite 85)

Aber das ist so ziemlich die unkonkreteste Antwort, die ich in meinem Leben jemals gelesen habe :sweat_smile:

Staatsanleihen müssen in den meisten Rentenfonds (egal ob privat oder staatlich) enthalten sein, weil diese Fonds in aller Regel eine Streuung der Anlagen über verschiedene Risikoklassen und Anlageformen als best practice einhalten. der norwegische Rentenfonds enthält zum Beispiel einen einstellige prozentualen Anteil Staatsanleihen: All investments | Norges Bank Investment Management

Zur Risikostreuung.

Wobei darin „Bekämpfung von Fluchtursachen“ als größter Einzelposten enthalten sind. Und die würde ich ehrlich gesagt bei der vorliegenden Fragestellung (was kosten uns Flüchtlinge) nicht dazu rechnen.

Ja. Ich vermute, dass das Label „Fluchtursachenbekämpfung“ im BMZ und AA gerne genutzt wird um Projekte, die Kürzungen an anderer Stelle zum Opfer gefallen wären, doch zu finanzieren. „Es verhindert ja schon irgendwie Flucht“. Was nicht heißt, dass diese Projekte unbedingt schlecht sein müssen. Aber sie sind unter ihrer alten Kategorisierung den Haushaltspolitikern vielleicht nicht mehr vermittelbar.

Etwas ähnliches gab und gibt es auch mit Klimawandel-Projekten. Die Ministerien gehen mit ihren Konzepten dorthin, wo das Geld ist. Die Projektbeschreibungen werden dann eben ein wenig angepasst.

Die Option Staatsfond kommt doch viel zu spät. In 30 Jahren sind die Babyboomer verstorben.
Dann passt auch das Verhältnis Arbeitnehmer zu Renter wieder.

Die grundlegende Frage ist, wie finaziert man die nächsten 30 Jahre, wo das Verhältnis nicht passt.

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Es passt dann möglicherweise wieder „besser“, aber es ändert doch nichts daran, dass das System nicht funktional ist (zumindest nicht ohne erhebliche Zuschüsse jedes Jahr aus dem Bundeshaushalt).

Wenn wir in Zukunft nicht mehr 25 % des Bundeshaushaltes jedes Jahr zur Rente zuschießen wollen, muss man das System nun mal ändern.
Es ist nie zu spät sinnvolle Änderungen zu implementieren, aber klar ist in diesem Fall halt äußerst langfristig!

Auf Pump oder wir sparen wie jetzt halt bei allem anderen.

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Bei den Zuschüssen des Bundes zur Rentenversicherung sind allerdings auch pauschal alle nicht beitragsgedeckten Leistungen, die der Gesetzgeber der RV auferlegt hat (und die daher aus Steuermitteln zu finanzieren sind) mit abgegolten. Die Crux bei der Sache ist, dass es keine offiziellen Zahlen gibt, welche Kosten diese Leistungen (Grundrente, Rente ab 63, Mütterrente) verursachen. Somit ist unklar, ob und in welcher Höhe der Bund nur versicherungsfremde Leistungen ausgleicht und wie hoch der „echte Bundeszuschuss“ ist. Der Bundesrechnungshof kritisiert diese Praxis auch.

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Aus meiner Sicht müsste in einem ersten Schritt eine Grundrente eingeführt werden, die deutlich über dem heutigen Niveau liegt. Sagen wir so eine bedingungslose Grundrente. Jeder der mit 67 oder der jeweils dann geltenden Altersgrenze in Rente geht bekommt diese Summe ausgezahlt. Die Finanzierung kann entweder über die Beiträge oder, da Beiträge und Auszahlung und einem Verhältnis stehen sollen, gegebenenfalls über Steuern. Für alle Rentner heute ausgezahlt sind es 28 Mrd pro Jahr. Man spart sich auch die Berechnung der Rente, die Formulare, etc.

Die Idee mit dem Staatsfonds aufgreifend, wird jedem Bürger angeboten, mit Eigenleistungen in diesen Staatsfonds aufwandsarm- und vor allem kostenarm zu investieren. Mit Eintrittsalter kann dann dieses Vermögen abgerufen werden. Dort für jedes Kind anstelle einer Erhöhung des Kindergeldes eine Summe bis zum 18. Lebensjahr einzahlen wäre auch zusätzlich möglich.

Dies hätte den Vorteil, das Arbeitnehmer im Bereich der Mindestlöhne eine deutlich höhere Rente bekommen
würden als heutzutage, Arbeitnehmer mit höheren Gehältern aber die Möglichkeit bekommen risikoarm zusätzlich für die Rente vorzusorgen.

Für all diese Konzepte ist natürlich eine Übergangszeit erforderlich und Ausnahmen gibt es bestimmt auch.

Mit einem solchen System entfernt man sich natürlich immer weiter von einem Vorsorge- und Versicherungssystem hin zu einer (leistungsunabhängigen) staatlichen Alimentierung.
Welche finanziellen Gefahren durch die Übernahme von Rentenzahlungen durch Steuern entstehen können, zeigen folgende Zahlen.
Die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung betrugen 2022 ca. 360 Mrd Euro

Gesetzliche Rentenversicherung - Ausgaben bis 2022 | Statista.

Die Ausgaben des Bundes im selben Jahr beliefen sich auf 480 Mrd Euro. Ich glaube noch mehr Rentenkosten in den Bundeshaushalt zu integrieren ist schwierig.

Wie kommt denn die Annahme von 28 Mrd. in deinen Gedanken für höhere Grundrente für alle zustande? Oder habe ich da etwas falsch verstanden?

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Rechenfehler meinerseits, es sind 342 Mrd im Jahr. Danke für den Hinweis.

Die Rentenzahlungen ausschließlich über Steuern zu finanzieren sind, muss natürlich diskutiert werden. Es wäre natürlich weiterhin möglich über Rentenbeiträge einen Großteil der Summe zu finanzieren dann würde man wie beim Gesundheitssystem zwar unterschiedlich hohe Beiträge zahlen auf das Einkommen, am Ende jedoch das Gleiche herausbekommen.

Ich finde es jedoch fahrlässig, über einen Anteil der eigenfinanzierten Rente zu sprechen, wo doch alle Zahlen darauf hinweisen, das für einen Großteil der Bevölkerung die Aufstockung ihrer Rente durch Betriebsrente oder durch einen eigenfinanzierten Anteil nicht möglich sein wird.
Was im Umkehrschluss bedeutet, dass Personen die ihr Leben lang auf Mindestlohn arbeiten oder Carearbeit (Kinder, Pflege) übernehmen, sicher im Bürgergeld landen werden. Dieses Problem könnte man mit einer einheitlichen Grundrente in ausreichender Höhe umgehen.

Wer darüber hinaus noch privat vorsorgen kann, kann das entweder am freien Kapitalmarkt tun oder staatlich abgesichert über einen Staatsfonds. Um den Staatsfonds attraktiv zu machen, könnte man den Vorschlag aufnehmen für jedes Kind eine gewisse Summe als Startkapital zu hinterlegen. Im weiteren könnte man Eltern ermöglichen, für ihr Kind ebenfalls schon etwas zurückzulegen. Wenn eine Einzahlung in einen Fond jederzeit mit jeder Summe möglich wird, ist auch das zurücklegen von 50€ plötzlich attraktiv (man könnte es ja einfach mit der Steuernummer verbinden).

Das mit der Grundrente ist eine schwierige Sache. Die Grundrente soll über der heutigen Rente liegen. Davon würden viele Frauen profitieren, die nicht oder nur geringfügig gearbeitet haben. D.h. die berühmte Arztfrau bekommt ebenfalls diese Rente.
Eigentlich will man mit der Grundrente ja nur die wirklich Bedürftigen erreichen. Ich habe keine Zahl dafür, aber ich glaube das sehr viele Frauen (wahrscheinlich die Mehrzahl) diese Rente bekommen würden, die diese gar nicht benötigen.

Wenn man über eine Grundrente nachdenkt, dann eher nach Niederländischen Model. Alle bekommen die gleiche Grundrente und der Rest geht über Eigenvorsorge, die staatlich gefördert wird.

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Ich persönlich bin für eine strikte Trennung von Versicherungssystem - jeder bekommt Leistungen entsprechend seiner Einzahlung unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Lebenserwartung und bei solidarischer Absicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos - und Sozialleistung, denn das ist eine Grundrente, die höher ist, als die eigentlich erworbenen Ansprüche.
In diesen zweiten Bereich würde ich auch alle nicht beitragsgedeckten Leistungen (Mütterrente, Rente ab 63, Heils Grundrente) verschieben.
Damit bezahlt jeder, was er „bestellt“, der Staat Sozialleistungen, die Rentenversicherung Versicherungsleistungen. Das weiter oben schon beschriebene Kuddelmuddel, dass keiner so richtig die Kosten verschiedener Maßnahmen kennt wird vermieden. Und - für Sozialleistungen kommen alle Steuerzahler auf (das ist gerecht) und für Rentenzahlungen das Versichertenkollektiv der gesetzlichen Rentenversicherung.

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Wobei ich noch ergänzen würde, dass auch wirklich alle in dieses Versicherungskollektiv einzahlen sollten – also auch Beamte und Selbstständige. Wenn man aus einem solidarischen System zwei der zahlungsfähigsten Gruppen ausklammert, dann kann das nur zu Problemen führen.

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Die gute Arztfrau - für mich ein unnützes Argument. Es wird immer jemanden von einer Leistung geben, die er oder sie nicht benötigt. Ein sehr gut verdienender braucht auch keine Steuererleichterungen, er hat ja schon genug.

Aber, da bekommt die Arztfrau doch auch den gleichen Betrag. Oder ist der Betrag so niedrig, dass es ohne Eigenvorsorge nicht reicht? Dann haben wir wieder den Aufwand zu ermitteln, wo es nicht reicht und dann landen viele wieder im Bürgergeld. Nicht jeder kann vorsorgen.

Abgesehen davon, würde mein Modell sicher nicht vom niederländischen unterscheiden. Eine Grundrente für alle und wer in mehr Rente haben will, sorgt halt vor. Entweder privat oder über den staatlichen Fonds. Ob man die Beiträge in den staatlichen vor noch subventionieren möchte, darüber kann man ja politisch entscheiden.

Die heutigen Pressemeldungen über die wiederholte Kürzung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung zeigt wieder einmal, wie sehr man bei staatlichen Leistungen von der Kassenlage abhängig ist. Unterstreicht für mich nochmals das Argument Sozialleistungen und Versicherungsleistungen zu trennen, denn auf den Staat ist kein Verlass.
Und die Ampel hält die Schuldenbremse zu Lasten derBeitragszahler in der RV ein.

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Die gute Arztfrau soll hier nur ein Symbol sein. Die meisten Babyboomer haben sehr gute Renten, weil ein Ehepartner (oft Männlich) eine sehr hohe Rente bekommt und ein Ehepartner (oft weiblich) eine sehr geringe bekommt. Das hängt an den Lebensläufen. Wenn nun die Grundrente die geringe Renten anhebt, dann profitieren sehr sehr viele Menschen, die es eigentlich nicht benötigen. Extrem gesprochen ist das eine Mütterrente 2.0

Moment, es gibt in den Niederlanden nur die Grundrente und zwar Einkommensunabhängig.
Das können wir in Deutschland doch überhaupt nicht einführen, um die nächsten 30 Jahre zu brücken.
Der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlt ja nur den Grundrentenbetrag von seinem Lohn ein. Dann würden ja schlagartig die Beitragszahlungen im Umlagesystem einbrechen

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