Bei uns an der A7 Ausfahrt Giengen Herbrechtingen gibt es aktuell eine große Diskussion um Solaranlagen.
Seit 2019 sind die im Bild sichtbaren Industriehallen entstanden. Auf der anderen Seite der A7 gibt es weitere. Nun soll in der roten Fläche ein Solarpark entstehen.
Da die Hallen kurz vor dem in BW in Kraft getretenen Gesetz der Solardachpflicht genehmigt wurden, Kritiker sagen, dass es damals extremen Druck gab die Genehmigung vor dem Gesetz zu erteilen, sind viele Dachflächen wohl nicht für PV ausgelegt.
Jetzt hat sich auch ein Bürgerverein gegründet, der neben anderen Themen, lautstark anprangert, dass zuerst die Dachflächen bestückt werden sollen, bevor man bewirtschaftete Ackerflächen nimmt. Wie zu befürchten ist, wird dieser Bürgerverein immer stärker zu einem NIMBY Verein, erste Anzeichen dazu gibt es. Gegründet wurde er allerdings wegen der Dachthematik.
Der OB ist in Erklärungsnot, es laufen Gespräche mit den Hallenbesitzern, der Solarpark wird wohl trotzdem kommen.
Am Ende bleibt wie so oft bei vielen das Gefühl: die Industrie wird verschont, und die Hausbesitzer sollen PV auf ihre Häuser setzen.
So wird das mit dem Verständnis für PV und Energiewende leider nichts.
Bleibt die Frage: gibt es juristisch für diese Hallen einen Bestandsschutz, oder könnte eine Landesregierung auch nachträglich die Bestückung mit Solaranlagen rückwirkend gesetzlich vorschreiben?
Wenn die nicht für PV ausgelegt sind, wäre es wohl nicht zumutbar, das nachträglich vorzuschreiben.
In Bayern sollte auch eine PV-Pflicht für Neubauten kommen. Als dann die Stimmung gegen grüne Politik drehte wurde die Idee von Söder schnell beerdigt.
Dabei ist der Betrag einer PV bei einem Neubau nur eine kleine Darlehensaufstockung und rechnet sich ja in der Regel.
Die meisten Häuslebauer sollten also eher denkbar sein, dass das Gesetz sie zu dieser meist sinnvollen Entscheidung zwingt.
Bei Unternehmen widerrum ist der eingekaufte Strom teilweise so stark subventioniert, dass sich für die eine PV einfach nicht rechnet.
Warum soll das nicht zumutbar sein?
Klar, es bräuchte eventuell Ausnhameregelungen, aber diese Hallen sind zumeist Stahlkonstruktionen, sodass technisch eine Aufrüstung mit relativ einfachen Mitteln möglich sein sollte.
Und die Besitzer können die Dachflächen ja auch verpachten, ohne Eigennutzung.
Und hier geht es jetzt ausdrücklich nicht um Neubau, auch nicht bei den Hausbesitzern.
Klar gibt es für diese auch keine gesetzlichen Vorschriften, es gibt aber indirekt Druck bei der Umstellung auf E Mobilität und Wärmepumpe.
Für mich wäre eine Solardachpflicht auch für gewerbliche Altbauten ein extrem wichtiges Zeichen an die Bevölkerung um zu signalisieren, dass ALLE ihren Beitrag leisten müssen.
Dazu kommt ja noch das Argument des zusätzlichen Flächenbedarfs.
In vielen Fällen ist die zulässige Dachlast limitiert. Kommt dann noch PV drauf, dann müsste die Halle bei Schnee erstmal gesperrt und das Dach geräumt werden. Das ist logischerweise für ein Unternehmen äußerst unpraktisch.
Und selbst wenn die Reserven ausreichend wären Und eine weit höhere Last als angegeben sicher wäre, dann bräuchte es dafür ja entsprechende statische Gutachten und jemanden der die Verantwortung dafür übernimmt, dass die Dachkonstruktion (dazu gehört nicht nur die Unterkonstruktion sondern auch die Platten selbst) das dann auch aushält.
Relativ einfach ist da dann doch was anderes.
Diese Industriehallen sind da nicht vergleichbar mit z.B. vielen landwirtschaftlichen Hallen die eine recht hohe da
„Und die Besitzer können die Dachflächen ja auch verpachten, ohne Eigennutzung.“
Das war früher sicherlich interessant, aber die Einspeisevergütung ist seitdem deutlich gesunken… ein Kumpel plant/verkauft PV-Anlagen, hat vor Jahren einem Landwirt alles mögliche geboten, um PV auf dessen Scheune machen zu dürfen… immer nur „Nein“…
Jetzt hat der Landwirt Geldprobleme und bettelt, dass mein Kumpel das Dach „mietet“… aber für den rechnet sich das nun einfach nicht mehr…
Kein Hausbesitzer soll das. Er ist schlau und tut es freiwillig. Dafür gibt’s sogar die MwSt gestrichen und keine Pflicht. Also eig nur Anreize.
Und man kann jetzt dem Landbesitzer des Ackers auch nicht vorwerfen, dass er mit PV dort Geld verdienen möchte.
Auf der einen Lagerhalle links ist ja schon PV.
Rein rechtlich gibt’s beim Bestand nur den Hebel über „wenn das Dach sowieso saniert wird, dann muss PV drauf“. Das ist aber auch von der Statik abhängig. Wenn die nicht stimmt ist es unzumutbar.
Anders sieht es aktuell bei Immobilienfonds aus, die als grün gelten wollen. Die müssen nach ESG Kriterien ihre Immobilien bewerten und bestimmte CO2 Grenzwerte einhalten. Wenn die überschritten sind kann man Maßnahmen ergreifen,um den Wert zu senken. PV ist da ein No brainer, wo möglich.
Andere Frage. Welchen ökologischen Mehrwert hatte die vermutlich konventionell bewirtschaftete Ackerfläche für die Natur im Vergleich zu einer Wieso die unter eine PV Anlage weitestgehend in Ruhe gelassen wird. Vlt kann man als Kompromiss eine Agria PV aushandeln. Aber da es vermutlich Privatbesitz ist, kann er machen was er will.
Es wird argumentiert, dass die Baugenehmigung extra kurz vor Einführung des Gesetzes gegeben worden wäre, damit der Bau nicht unter die Pflicht fällt.
Und ansonsten wird argumentiert, dass das Agrarland erst genehmigt werden solle, wenn die s.o. unberechtigt pv-freien Dächer mit PV bestückt sind.
Die PV-Pflicht ist also das Hilfsmittel, um eine PV-Anlage auf Agrarland zu verhindern.
[quote=„CB87, post:1, topic:26013“]
Jetzt hat sich auch ein Bürgerverein gegründet, der neben anderen Themen, lautstark anprangert, dass zuerst die Dachflächen bestückt werden sollen, bevor man bewirtschaftete Ackerflächen nimmt. Wie zu befürchten ist, wird dieser Bürgerverein immer stärker zu einem NIMBY Verein, erste Anzeichen dazu gibt es. Gegründet wurde er allerdings wegen der Dachthematik.[/quote]
Mich würde mal mal die Begründung dieses „Vereins“ interessieren, warum die gegen die Nutzung von Ackerfläche zur Stromgenerierung sind, das verstehe ich nämlich nicht.
Dazu muss man verstehen, dass in den letzten 20 Jahren auf den in gelb markierten Flächen große, eintönige Industriehallen entstanden sind, davon zu großen Teilen Logistikhallen für den LKW Transport.
Und das nicht nur auf Ackerfläche, sondern teilweise tatsächlich auf artenreicher grüner Wiese.
Bitte auch mal die Dimension dieser Hallen betrachten.
Daher geht es dem Bürgerverein tatsächlich primär um den Flächenverbrauch und die Flächenversiegelung, sekundär, dass viele diese Dachflächen ungenutzt sind.
Und ja, je nachdem wie die Solarfelder gebaut werden, kann es sogar für die Artenvielfalt einen positiven Effekt haben, aber ich kann jeden verstehen der sagt, bevor noch weitere Felder oder grüne Wiese dafür genutzt werden, bitte erstmal die Dachflächen nutzen.
Es geht doch nicht um entweder oder. Man kann die Dachflächen nutzen und das Ackerland. Die Begründung ist einfach schräg. Wenn der Besitzer des Ackers dort PV hinsetzen will, warum soll man ihm das verbieten?
Und nichts schützt doch besser vor einem neuen Gewerbegebiet und neuer Versiegelung als eine zwanzig Jahre abzuschreibende PV-Anlage. Vielleicht hätte man damals auf die Barrikaden gehen sollen als die Gemeinde lauter Gewerbegebiete ausweisen wollte. Aber gegen die Einnahmen und die Arbeitsplätze lässt sich halt schwer argumentieren.
Ich verstehe das aus mehreren Gründen nicht. Gehört dem, der das Solarfeld bauen will eine dieser Hallen? Wenn nein, dann hatte der ja gar nicht die Möglichkeit diese Hallendächer zu bebauen.
Und zweitens ist das Kind mit den Dächern ja wenn diese genehmigt wurden bevor es eine Pflicht gab nun schon in den Brunnen gefallen. Wobei natürlich bei solchen Projekten auch entsprechender Vorlauf vorhanden ist und ich durchaus verstehen kann, dass ein Projekt welches zu einem Zeitpunkt mit bestimmten Regeln geplant wird auch basierend auf diesen Regeln genehmigt wird. Umplanen der Hallen wäre am Ende wieder ein Aufwand gewesen. Ob es überhaupt zulässig wäre die Genehmigung einfach zu verschleppen um eine Änderung des Gesetzes abzuwarten wäre ich mir auch gar nicht sicher, wenn sich die Antragsteller an alle Regeln was Baurecht und Bebauungsplan angeht gehalten haben.
Das sehe ich auch so. Zumal die „Wiese“ auf dem Bild oben auch wie ein Acker aussieht. Da ist eh keine Natur oder irgendein Leben. Die Versiegelung ist ebenfalls minimal bei PV Anlagen. Das Hauptargument der Bürgerinitiative ist wohl, dass Ackerland für Lebensmittel verloren gehen. Vlt. kann man eine Agri-PV Pflicht vorgeben.
Beim vom Verein „Bürger für Giengen“ organisierten Vortrag ging Herr Nobel zunächst auf das Dilemma
des anhaltend hohen Flächenverbrauchs ein: In den letzten 50 Jahren wurden mehr Flächen zugebaut als in
den 2.000 Jahren zuvor – und das mit anhaltender Tendenz. Während von 2000 – 2021 die landwirtschaftli-
che Nutzfläche in Baden-Württemberg mit 69.000 ha um 4,1% zurückging, wurde sie im Landkreis Heiden-
heim mit 1.400 ha Abnahme sogar um 5,0 % reduziert. Dagegen nahm von 2011 – 2021 die Verkehrsfläche
um 30 ha (+0,9%), die Wohnfläche um 170 ha (+ 7,7%) und insbesondere die Industrie- und Gewerbefläche
um 569 ha (+ 89,0%) zu.
Der Hauptkritikpunkt ist, dass solche Industriehallen seit 2011 mit 569h neu gebaut wurden, und diese tatsächlich massiv das Landschaftsbild negativ prägen.
Denn wir sprechen hier nicht von Erweiterungen bestehender Industriegebiete, nein, viele der Hallen sind in sehr beliebten Naherholungsgebieten gebaut worden.
Daraus folgt dann oft ,erst verschandeln sie uns die Natur, und dann ist nicht mal PV drauf,.
D.h. den einzigen ökologischen Nutzen den man noch haben könnte, nämlich die Stromgewinnung, gibt es oft nicht.
Deswegen ja auch meine Frage: könnte man dies im gewerblichen Altbau überhaupt gesetzlich verankern? Gibt es solche Gesetzte irgendwo in Deutschland oder der EU?
Wenn, dann könnte man das sicherlich nur wirtschaftlich sinnvoll machen für Gebäude deren zulässige Dachlast genug Reserven dafür bietet. Bei starkem Schneefall oder noch schlimmer Schneefall mit anschließendem Regen müssen durchaus auch ohne PV drauf immer wieder Hallen temporär gesperrt werden bis das Dach geräumt oder abgetaut ist.
Und auch Einstürze von Hallen gibt es immer wieder. Teils natürlich auch aus Folge von Baumängeln (bekanntes Beispiel die Eishalle von Bad Reichenhall), aber auch weil die Schneelast größer ist als für eine Region vorgesehen. Hier könnte z.B. auch eine zu gute Wärmedämmung die ein Abtauen des Schnees verhindert sogar kontraproduktiv sein.
Mit PV ist auch die Räumbarkeit des Daches nicht mehr so einfach gegeben wie ohne.
Eine PV-Pflicht auf Altbau macht also nur dann Sinn wenn es ausreichend Ausnahmen gibt für die Dächer die technisch eben nicht für die erhöhte Dachlast ausgelegt sind.
Edit:
Ich habe mal gelesen, dass rund 80% der Dächer grundsätzlich erstmal für PV geeignet wären. Inwiefern aber die verbliebene Reserve der Dachlast dann das Risiko erhöht, dass Dächer geräumt oder Hallen temporär gesperrt werden müssen oder ob man real dann nochmal einige Dächer hätte wo PV zwar möglich aber wenig praktikabel wäre ist ja auch nochmal eine separate Frage.
Klar, das geht. Ladesäulenpflicht bspw. (EPBD-Richtlinie / GEIG) kommt auch für Bestandsgebäude. Bestandschutz heißt nur, dass die Hallen nicht nachträglich baurechtswidrig werden. Aber nicht, dass nicht künftige ordnungsrechtliche Pflichten für die Gebäude kommen können. Eine verhältnismäßige Ausgestaltung würde sich schon finden. Die Durchsetzung dieser Pflichten erfolgt über Ordnungsgelder.
Grundsätzlich geht es doch um Akzeptanz von Veränderungen und Klimaschutzmaßnahmen.
Aber ich geb den Kampf hier jetzt auf.
Ich habe verstanden, dass es bei den aktuellen Rahmenbedingungen anspruchsvoll ist, auf diesen Dächern PV finanziell gewinnbringend zu betreiben, und dass Bestandsbauten wohl bis auf weiteres von Pflichten ausgenommen sind.
Dann braucht man sich allerdings auch nicht wundern, dass es Widerstand gegen Solarfelder auf der grünen Wiese gibt.
Ich warne aber ausdrücklich davor dieses Thema zu klein zu reden. Es trägt nämlich zum Vorwurf bei, dass die Industrie und Gewerbe, aber auch staatliche Gebäude, zu wenig tun, und die Politik keinen Druck ausübt. Es ist schwer vermittelbar, warum viele große Flachdächer noch kein PV haben.