Psychotherapiereform

Hallo Philipp, Ulf und Team! Hier eine Lage-Fanin, wird ja wohl Zeit dass wir uns auch hier im Forum mehr einmischen :wink: Danke für fünf Jahre Lage, welche mich allwöchentlich bereichert, belustigt, belehrt und begeistert. Schon lange hatte ich mir vorgenommen, Euch die Reform des Psychotherapeutengesetzes als Thema vorzuschlagen. Jetzt, wo ihr diese Woche die Problematik der zu knappen Kassensitze für aktive Psychotherapeutinnen aufgegriffen habt, mache ich es endlich – als follow-up wäre es bestimmt für viele spannend, davon zu erfahren. Ich selbst beurteile diese Gesetzesreform sehr ambivalent – einerseits ist es angesichts der von Euch auch schon thematisierten notorischen „Rangelei“ zwischen Medizin und Psychotherapie sicherlich ein „Punktsieg“ für die Psychotherapie :wink: Andererseits erlebe ich selbst als Professorin für Psychologie, welche krassen Umwälzungen sich für das ganze Fach, und insbesondere für angehende Psychologie-Studentinnen sich dadurch ergeben. Besonders dramatisch scheint auch zu sein, dass dieses Gesetzt als „kostenneutral“ kolportiert wurde, aber faktisch sehr große Kosten damit verbunden sind, zumindest falls man die gleiche Zahl an angehenden Psychotherapeutinnen an Unis ausbilden will wie früher (und zugleich die gleiche Zahl an Psychologie-Absolventinnen, die danach nicht therpeutisch arbeiten, sondern in allen möglichen Berufen, wo sie auch sehr Sinnvolles anrichten können). Hier ist insofern in ein paar Jahren möglicherweise mit einer Verschärfung der Versorgungslücke bei Psychotherapeut*innen zu rechnen. Ich fände es unheimlich spannend, wenn ihr das in der Lage aufgreift und aus Eurer Sicht einordnet; insbesondere würde mich Euer Expertenwissen zu den Hintergründen dieses Gesetztesverfahrens interessieren. Als Laiin ist mir rätselhaft, wie so ein Gesetz verabschiedet werden konnte, ohne dass ernsthaft die praktischen und finanziellen Folgen davon erläutert wurden. Bestimmt checkt ihr das besser – wäre sehr gespannt auf Eure Einschätzung. Ein guter Kick-off in Eure Recherche wäre vermutlich: https://studium.dgps.de/infos-zum-studium/psychotherapiereform-das-aendert-sich-im-studium/

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Hallo,
danke erst mal für euren coolen Podcast - hat mich sehr gefreut dass ihr auch einmal ein psychologisches Thema aufgreift.
Als Psychologie-Studentin fände ich das Thema zur Psychotherapeutenreform auch sehr spannend und hat auch Bezug zu der Problematik des Versorgungsbedarfes:
Ein großes Problem ist einerseits, dass es extrem wenig Studienplätze für die Psychologie gibt. Die LMU als größte Präsenzuni hat im Bachelor ca. 130 Plätze, wovon vielleicht die Hälfte einmal Psychotherapeutinnen werden (im Vergleich zur Medizin gibt es jährlich 1000 Plätze in München). Durch das neue Gesetz wird dies eindeutig nochmal reduziert. Z.B. gibt es aktuell an der HU Berlin ca. 75 Masterplätze in der Psychologie. Durch das neue Gesetz wird es nur noch die Hälfte an Masterplätzen geben, welcher erlaubt Psychotherapeutin zu werden.
Des Weiteren wissen die meisten Unis noch nicht einmal wie sie den Studiengang überhaupt finanzieren sollen.
Die Leute im alten System waren dem Gesetzgeber komplett egal, was zu einer enormen Ungerechtigkeit auch führen wird.
Zwar ist das neue Gesetz ein großer Schritt für die PSychotherapie zur Gleichstellung mit der Psychiatrie und hätte soviel Potenzial gehabt. Jedoch wurde es in meinemn Augen komplett versaut, was mich persönlich und viele andere Studierende extrem enttäuscht hat.
Falls ihr noch eine Meinung aus Studierenderperspekte braucht, könnt ihr euch gerne an mich wenden.

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Auch ein Problem: Eine Freundin hat von der Krankenkasse ein Psychologen zugewiesen bekommen, der Deutsch spricht - sie aber nicht. Darauf hin hat es lange gedauert, bis sie sich aus einer Liste einen englischsprachigen suchen durfte. Long story short: Er war homophob und meinte zu ihr (sie ist queer) sie müsste sich nur mal mit einem Mann Sex haben, dann würde es ihr auch nicht so schlecht gehen. Einen neuen Psychologen bezahlt die Krankenkasse nicht.

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Kurze inhaltliche Frage zur Therapiereform, weil ich nirgendwo eine einstimmige Information darüber finde: nach altem Gesetz durften ja Menschen, die einen Abschluss in Pädagogik, Erziehungswissenschaften und Soziale Arbeit haben, auch eine Therapieausbildung beginnen. Ist das denn auch heute noch möglich? Wenn ja, würden da auch diejenigen hineinzählen, die im Zuge der Übergangsphase ihr Studium erst im WiSe 21/22 beginnen?

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Diese Studiengänge konnten nur die Kinder-und Jugendtherapieausbidlung machen. Nach neuem Gesetz ist das nicht möglich - aktuell gibt es eine Übergangszeit von 12 Jahren. Wenn man in der Zeit die Ausbildungen nicht macht kann man nie wieder Therapeutin nach alten System werden.
Im neuen System kann man kann man nur mit dem neuen Studiengang Psychotherapeut
in werden.

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Achso, okay vielen Dank. Ja, es ging mir auch konkret um die KJP-Ausbildung. Schade!

Kleiner Tipp an dich: im LdN-Forum gibt es einen doofen technischen Fehler, in Zuge dessen man kein Gendersternchen benutzen kann, weil das automatisch den Text kursiv einstellt (also so ähnlich wie LaTex). Ich selbst nutze immer den : .

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Ich würde gerne, da das Thema hier ja ein Jahr alt ist, aber m.W. dazu noch nichts weiter in der LdN thematisiert wurde, einen anderen Beitrag verlinken, an dem ihr Interesse haben könntet - die Reform ist weiter fortgeschritten und die Finanzierungsfrage unter der Behauptung der Kostenneutralität spitzt sich immer weiter zu, ohne dass eine sonnige Lösung abzusehen ist:

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