Psychotherapiebedarfsplanung

Erstmal Glückwunsch! Ich höre Euch schon seit mind. 3 Jahren. Freue mich auf jede neue Sendung und nehme immer etwas Neues mit. Weiter so!
Das Thema Bedarfsplanung Psychotherapie ist komplex. Ich spreche als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut.
Nicht alle Menschen, die einen Therapieplatz suchen

  • haben angemessene Vorstellungen, was Psychotherapie ist
  • brauchen einen. Manche brauchen eher den Rat einer Beratungsstelle oder psychosoziale Unterstützung oder eine Klinik oder medizinische Hilfe oder eine Lerntherapie
  • sind für Psychotherapie geeignet (das klärt sich in Vorgesprächen), manchmal zeigt sich schnell, dass das Kind als Symptomträger nur vorgeschoben ist
  • es gibt Therapeutenhopping, junge Erwachsene, die nur Vorgespräche führen, sich aber weiter nicht einlassen wollen und zum nächsten Therapeuten gehen
  • der Bedarf ist regional sehr unterschiedlich (jedenfalls in Berlin, wo es deutlich überversorgte Bezirke gibt in denen ein Therapieplatz quasi sofort zur Verfügung steht, andere Bezirke, wo es lange Wartezeiten gibt)
  • gar nicht selten kommen Klienten, die „dringend“ einen Platz fordern nicht zum angebotenen Termin trotz Erstgesprächstermin innerhalb 2 Wochen (haben sie anderswo schon einen Platz gefunden?)
  • selbst über die Terminservicestellen der KV, wo Termine buchbar sind, kommen nur selten Termine zustande (bei mir 1:4), Info: Therapeuten müssen pro Quartal einen Termin mindestens frei verfügbar hier anbieten
    Eine Bedarfsplanung ist notwendig, denn ohne (wie FDP wünscht - „der Markt regelt“) besteht die Gefahr, dass die Qualität leidet.
    Leider hab ich auch noch keine Idee, wie eine verlässliche Planung, die ich mir auch wünsche, aussehen könnte, will hier nur meine Erfahrungen teilen. Was nicht geht: Die Hausärzte in Hessen können jetzt per PREMA die Therapeuten „entlasten“, indem sie Depressionen und Angststörungen erstmal manualisiert selbst behandeln ehe sie evtl überweisen. Das halte ich für fahrlässig und eine Chronifizierung von psychischen Erkrankungen fördernd.

Zum Schluss: Praxisverkäufe für 6-stellige Summen sind doch eher die Ausnahme. Eine Kollegin versucht aktuell, einen halben Sitz zu verkaufen, nun schon im zweiten Versuch und findet niemanden, der kaufen will, obwohl sie einen niedrigen 5-stelligen Betrag fordert und sie gut vernetzt ist. Und es liegt nicht am halben Sitz. Der Erlös ist Teil der Altersvorsorge, wie bei den anderen Ärzten auch.