Moin.
In Folge 232 und 233 ging es u.a. um die Frage, warum nicht schnell (dem aktuellen Bedarf während „Corona“ folgend) neue Sitze zB für Psychotherapeuten geschaffen werden.
Am Ende von 233 wurde dies zusätzlich mit der Auffassung eines Hörers verbunden, das deshalb eine einheitliche Versicherung geschaffen werden müsse.
Nichts geht an der Realität weiter vorbei.
Ich bin über 20 Jahre Vertragsarzt gewesen, habe mich berufspolitisch engagiert, habe Politiker und Entscheidungsträger in einem von mir mitgegründeten Ärzteverein eingeladen und vieles mehr.
Mein Fazit nach all diesen Erfahrungen:
Die Mangelsituation und die immer deutlicher werdenden Rationierungen im GS (und nichts anderes sind die Deckel auf diversen Leistungen) liegen in direkter Folge am Primat der Stabilität der Lohnnebenkosten.
Das ist relativ zwanglos zu erklären:
Das oberste Dogma von Wirtschaft und Politik ist die Verlangsamung oder gar Stabilisierung der Lohnnebenkosten (und Sozialleistungen). Begründungen meist: Internationale Konkurrenzfähigkeit, Produktkosten, Wirtschaftsstandort etc.
Demografie und medizinischer Fortschritt führen aber seit Jahren absolut zwangsläufig zu steigendem Bedarf. Und damit zu steigenden Kosten.
Also wurde und wird (letztlich von der Politik vorgegeben) nach und nach ein unentwirrbares System aus Deckeln und Grenzen eingerichtet:
Medikamentenkosten (Zuzahlung für Patienten, Strafzahlungen und Budgets bei Ärzten, verzögerte und verspätete Zulassung innovativer Medikamente, …)
Krankenhausbetten (Bedarfsplanung, Zuzahlung, …)
Anzahl niedergelassener Ärzte und Psychotherapeuten („Bedarfsplanung“, …)
Vergütung der Leistungserbringer (Fallzahlbegrenzung und Abstaffelungen für Ärzte, Budgets der KVen, …)
uswusf.
Warum?
Weil kein Politiker sich traut, die unangenehme Wahrheit auszusprechen:
Die Mentalität der 70er und 80er Jahre „ALLES FÜR ALLE FÜR IMMER“ ist nicht durchzuhalten.
Nach der Rationalisierung beginnt schleichend auch in D längst schon die Rationierung.
Zumindest, siehe ganz oben, wenn wir die Lohnnebenkosten erträglich halten wollen.
(Nebenbei: Die „eine Krankenversicherung für alle“ würde dieses Problem logischerweise sogar noch verschärfen.)
Ich habe genau diesen Befund schon vor 20 Jahren einem (ärztlichen) Mitglied des Bundestages in einer Veranstaltung aufgezeigt.
Antwort wörtlich: „Das werden wir anders lösen“.
Lange Rede kurzer Sinn:
Jeglicher Vorstoß von Ärzten, Patienten und diversen Beteiligten nach angepasster qualitativer und quantitativer Anpassung an den tatsächlichen Bedarf wurde in den letzten 30 Jahren immer nach dem gleichen Schema ins Leere gelenkt:
Zuhören, besorgte Miene machen, Prüfung zusagen, aussitzen.
Und wenn wieder Handlungsbedarf entstanden ist wird die nächste Budgetierung eingeführt oder der nächste Deckel eingeführt. Zusätzlich.Von allen Parteien und politischen Entscheidungsträgern. In jeder Legislaturperiode.
Dies wird auch diesmal geschehen. Daran wird auch die derzeitige Pandemiesituation nichts ändern.
Denn:
Es gilt ja das Primat der Stabilität der Lohnnebenkosten und Sozialabgabe - nicht das Primat des unabweisbaren Mehrbedarfs einer alternden Bevölkerung.
Das muss man dann aber wenigstens klar und ehrlich sagen.
Und daran mangelt es. Das überlässt man den Leistungserbringern.
Deshalb wird auch der aktuelle unabweisbare Bedarf nicht zu einer Anpassung führen. Daran wird sich auch die LdN die Zähne ausbeissen.