Proteste an Hochschulen / Hochschulautonomie

Ja, ebenso wie die friedfertigen pro-palästinensischen Demonstranten nichts dafür können, wenn sich auch Extremisten dem Protest anschließen. Sie können, wenn Fälle bekannt werden, handeln, aber ganz vermeiden wird man es nie können. Das gleiche gilt für Steinewerfer auf linken Demos. Und ebenso, wie ich als linker Demonstrant nicht für die Steinewerfer in Verantwortung genommen werden möchte und nicht möchte, dass man mir mein legitimes Demonstrations-Anliegen (z.B. gegen Nazis zu demonstrieren) deshalb abspricht, gilt das auch für die Palästinenser. Hier wird einfach massiv mit zweierlei Maß gemessen.

Wir könnten uns schlicht darauf einigen, dass es ein riesiges Problem ist, dass es bei jeder Form von Demonstration (sei es links, rechts, pro-palästinensisch oder Umweltschutz) immer Menschen gibt, die Straftaten begehen und die anderen Demonstrationsteilnehmer oft nicht alles in ihrer Macht stehende dagegen tun, weil sie damit den Zusammenhalt der eigenen Demonstration gefährden würden. Wenn wir dieses Argument akzeptieren, wenn es um Steinewerfer bei Linken oder Umweltschutz-Demos geht, müssen wir es auch hier akzeptieren. Wer wegen einzelnen Vorfällen hier eine sofortige Beendigung des Protests fordert, müsste das konsequenterweise auch bei linken und grünem Protest fordern, was er aber definitiv nicht tun wird. Das ist ein Doppelstandard.

Wie auch schon @otzenpunk unterstellst du allen Protestierenden, „Terroristen cool zu finden“. Eine bösartige Unterstellung wird nicht dadurch richtiger, dass man sie immer wieder wiederholt. Aber scheinbar funktionieren die Strategien des Trumpismus mittlerweile auch in Deutschland.

Der Rest deinen Statements könnte auch 1:1 jedes Mal genutzt werden, wenn Umweltschützer irgendwas besetzen. Sogar die Art der Formulierung stammt 1:1 aus dem „Law&Order“-Rulebook der Konservativen. Beim Thema „Letzte Generation“ hast du nicht diesen Law&Order-Ansatz verfolgt, ganz im Gegenteil sogar, aber hier plötzlich schon.

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1:1 Argumentation von „Querdenkern“ auf Vorwürfe, sie würden gemeinsam mit Rechtsextremen protestieren. War damals Quatsch, ist es heute auch. Und gerade bei einer eher klandestinen Aktion wie einer Besetzung, die nicht vorher öffentlich mobilisiert wird, weiß man in der Regel sehr genau, mit wem man da gemeinsam zu Gange ist.

Deine künstliche Abgrenzung zwischen den leidenden Palästinensern einerseits und der Hamas andererseits halte ich halt für bestenfalls naiv. Hamas sind Palästinenser. Und genauso ist das auch bei dieser Besetzung, wenn du versuchst eine Mehrheit von friedlichen Protestierenden auszumachen, die die Hamas eigentlich ablehnt und bloß machtlos ist gegenüber einer kleinen Minderheit, die die Parolen skandiert und sprüht. Halte ich für völlig realitätsfern.

Gibt’s da irgendeine Gebäudebesetzungsverordnung, wo das geregelt ist? Wohl kaum, oder? Die Realität sieht so aus: Wer ein Gebäude besetzt, schafft dort einen rechtsfreien Raum, in dem statt irgendwelchen Gesetzen oder Menschenrechten das Recht des Stärkeren gilt. Die Besetzer entscheiden fortan, wem sie Zutritt gewähren und wem sie das auch mit Gewalt verwehren. Kannst du gut finden oder nicht, aber so ist die Realität. Und ich finde die Frage vollkommen berechtigt, was passieren sollte, wenn eine andere Gruppe ihnen diesen Raum vielleicht spontan streitig machen möchte.

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Klare Distanzierung zu diesen Personen sollte doch nicht so schwer sein, wenn man grundsätzlich gegen die Hamas und Terror ist oder?

Das kann man dich wohl nur als Moderator raus nehmen. Nur weil dir was nicht passt ist das eine widerliche Andeutung.

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Ich glaube wir meinen das gleiche, …

Anyways, hier noch ein kritischer Beitrag der Berliner Zeitung, nachdem ein Journalist von der Polizei beim Einsatz verprügelt wurde. Läuft heute im Rechtsstaat. Nach Angriff auf Journalisten: Senat und Polizei in Berlin kennen nur die Sprache der Härte

Es geht nicht darum, dass mir etwas nicht passt, es geht darum, dass die Gleichsetzung von „Pro-Palästinensischen Demonstranten“ mit „Leuten, die Terroristen cool finden“ einfach absolut nicht in Ordnung ist. Wenn du zwischen diesen beiden Gruppen nicht differenzieren willst - bitte! Aber dann beschwere dich nicht, wenn ich dir das gleiche vorwerfe, was ich Trump vorwerfe, wenn er mexikanische Einwanderer pauschal als Vergewaltiger bezeichnet. Würde ich hier als Moderator handeln - was ich nicht tue, weil ich dazu selbst zu aktiv in der Diskussion und deshalb Biased bin - würde ich eine derartige Gleichsetzung gar nicht erst zulassen bzw. wenn sie von Stammgästen wie dir oder @otzenpunk kommt löschen. Tue ich aber nicht, gerade weil ich meine Rolle als Diskussionsteilnehmer hier nicht mit der Rolle des Moderators vermischen möchte. Daher wäre es nett, wenn du hier keine merkwürdigen Dinge implizieren würdest.

Natürlich würde ich mir das auch wünschen, aber ich verstehe, dass für diese Menschen aktuell Israel und seine Militäroperation das größte Problem sind und man hier um jeden Mitkämpfer froh ist. Das ist wie gesagt bei allen Demonstrationen ein Problem. Finde ich auch hoch-problematisch, ist aber wie gesagt ein generelles Problem.

Auch die Querdenker-Demos konnte man nicht deshalb verbieten, weil dort Nazis mitgelaufen sind.
Verstehst du nicht die Differenzierung zwischen Recht und Moral?!?
Moralisch finde ich es sehr, sehr problematisch, dass sich

  • Querdenker nicht von Nazis abgrenzen
  • Linke und Umweltschützer sich nicht von Steine- oder gar Molotovwerfern abgrenzen
  • Pro-Palästinenser sich nicht von Antisemiten und Hamas-Befürwortern abgrenzen
  • Pro-Israelische Diskutanten sich nicht von der israelischen Rechtsaußen-Regierung abgrenzen

All das finde ich doof - und ja, manche Fälle sind schlimmer als andere (ja, gerade die Abgrenzung von der Hamas wäre extrem wichtig, ähnlich wie die Abgrenzung von Nazis!). Hier haben wir nicht mal eine unterschiedliche Meinung. Die unterschiedliche Meinung haben wir auf der Ebene der Konsequenzen, wo du denjenigen, die sich nicht abgrenzen wollen, ganz das Demonstrationsrecht absprechen willst - und da gehe ich eben nicht mit.

Du hast offensichtlich nie bei einer Besetzung mitgemacht… sowas geht vor allem heute über Social Media und findet, wenn es in Pro-Palästinensischen Unterstützerkanälen verbreitet wird, natürlich auch seinen Weg zu Antisemiten.

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Dann sind diese Menschen naiv und unterstützen aus reiner Unvernunft Terroristen. Macht es nicht besser.

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Also wenn bei einer Lebensmittelverteilung in die Menge geschossen wird oder einem Krankenhaus der Strom abgeschaltet wird, dann sind die Opfer halt selber schuld? Und alle in Gaza sind Terroristen? Solch eine Einstellung ist für mich widerlich, um bei deinem Wortschatz zu bleiben.

Die Bewohner von Gaza wählen eine Terror-Organisation zur Regierung. Terror-Organisation tut Terror-Organisationsdinge. Ich würde sagen, geliefert wie bestellt.

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Diese Menschen sind vor allem verzweifelt. Stell dir vor, du bist Palästinenser in Deutschland und sieht die Nachrichten und die Bilder der Zerstörung sowie die Totenzahlen. Sorry, aber wer da nicht verstehen kann, dass Menschen in so einer Lage wortwörtlich mit dem Teufel paktieren würden, um die Lage zu ändern, sollte vielleicht mal seinen privilegierten deutschen Blickwinkel hinterfragen.

Das ist genau das Problem, es werden nur die Opfer der einen Seite gesehen, die Opfer der anderen Seite und jeder, der sich für sie einsetzt, ist im Zweifel Terrorunterstützer. Ach wie schön, wenn die Welt so klar strukturiert ist.

Die letzte freie Wahl im Gaza-Streifen war 2006. Auch hier wieder: Menschen wählen widerliche Parteien wie die Hamas, weil sie keine anderen Optionen sehen, weil alles andere gescheitert ist. Menschen ohne sinnvolle Zukunftsperspektive machen extrem dumme Entscheidungen und sind bereit, den dümmsten Heilsversprechen zu glauben, wenn sie keine sinnvolleren Alternativen haben.

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Bei der letzten Wahl in Gaza waren etwa 25% der heutigen Bewohner wahlberechtigt. Davon haben etwas über 40% für die Hamas gestimmt. Du verurteilst 90% der heute in Gaza lebenden Menschen für eine Entscheidung, die 10% tatsächlich getroffen haben. Mehr muss ich über Dich nicht wissen.

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Jetzt ersetzen wir Hamas mit AFD und wir sind bei der üblichen Diskussion, ob die Wähler ja nur Protestwähler sind, die man zurückgewinnen muss mit einer anständigen Politik.

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Anscheinend verstehst du den Unterschied nicht. Demonstrationen werden angemeldet, finden i.d.R. im öffentlichen Raum statt und enden zur vorgesehenen Zeit. Besetzungen kannst du als zivilen Ungehorsam qualifizieren, wenn du möchtest. Wären Besetzungen aber Demonstrationen, dann könnte ich bei der Versammlungsbehörde oder der Uni selber beantragen, dort nächste Woche ebenfalls eine Besetzung z.B. für mehr schönes Wetter durchzuführen, und sie mögen bitte die damit kollidierenden Lehrveranstaltungen schonmal absagen. Und ich hätte ein Recht darauf.

Ziviler Ungehorsam ist dagegen ein kalkulierter Rechtsbruch und es ist einzig und allein eine Frage der Moral, ob man eine bestimmte Aktion nun befürwortet oder nicht, denn das Gesetz haben Aktivisten dabei nicht auf ihrer Seite.

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Hier mal ein exemplarisches Beispiel, dass sehr gut verdeutlicht, was einige Foren-Mitglieder an (manchen) (Hochschul-)Protesten so kritisieren: Ein Pro-Palästina-Flugblatt an der RWTH von Students for Palestine Aachen (hier Link zu deren Instagram Account)



Quelle: x.com
Twitter Account von Miriam Hollstein, Journalistin im Hauptstadtbüro des Sterns

Kein Wort zur Hamas oder zur palästinensischen Bevölkerung, die unter der Hamas leiden muss oder zu einer Distanzierung von der Hamas oder den Gräueltaten vom 07. Oktober.

Hingegen Forderungen, wie der „Boykott aller Veranstaltungen, die von Israel […] organisiert und/oder finanziert werden“.

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Und dazu noch: Vielen Dank an das Lage-Team, das ihr das Thema aufgenommen und in der aktuellen Folge ziemlich ausführlich besprochen habt! Danke! Insbesondere auch die Einordnung von den „Parolen“ fand ich interessant, weil ich so etwas ähnliches ebenfalls schon einmal gehört habe (im Bezug auf den historischen Ursprung und wer diese Parole schon alles verwendet hat). Auch die Einordnung, dass die Parole + andere Symbolik durchaus strafbar sein kann, sowie zur Auflösung der Besetzung, etc. fand ich sehr interessant.

Danke!

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Und warum muss man das? Warum sollte man nicht einfach Forderungen haben können? Solange diese nicht anti-semitisch oder sonst wie volksverhetzend sind, sehe ich nicht, warum Forderungen notwendigerweise einen Zwiespalt oder Pluralismus abbilden müssen.

Es gibt sicherlich genug Demos, bei denen auch nicht eingeordenet wird, was sonst noch alles falsch läuft im Umfeld des Themas, für das man auf die Straße geht. Beispielsweise verlangt niemand bei einer Klimademo, dass gleichzeitig bitteschön Lützerath, Hambi und die Letzte Generation verurteilt werden müssen, weil „sonst ist das ja keine legitime Demo“.

Aber zugegebenermaßen eine originelle und kreative Kritk - meiner Meinung nach sehr an den Haaren herbeigezogen und komplett an der Realität vorbei.

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Liebes Lage-Team,

ich bin seit langer Zeit ein Fan der Lage. Beim letzten Beitrag war ich aber doch etwas überrascht über eure Darstellung der Proteste an den Unis.
Eure Auseinandersetzung mit den Slogans wie „from the river to the sea“ ist in meinen Augen etwas einseitig, denn von den Rufenden wird natürlich nicht auf die Dokumente früher Zionist:innen, ein Wort, was die Demostrierenden ja offensichtlich zum Schimpfwort erklärt haben. Ich verstehe euer Argument, dass die Parole keinen expliziten volksverhetzenden Aufruf beinhalten würde (in meinen Augen ist aber der implizite eindeutig). Ich frage mich nur, wie man damit umgeht, wenn die Parole von Gruppen gerufen wird, die sich von der Hamas nicht distanzieren, auch nicht auf Nachfrage, und mehr noch von bekannten Hamas-Unterstützer*innen gerufen wird. Hat das kein Gewicht?

Was mir leider in eurem Beitrag … gefehlt hat, ist die Perspektive derjenigen, die sich von diesen Camps bedroht fühlen - und damit meine ich nicht nur jüdische Menschen auf dem Campus, sondern auch all diejenigen, die sich nicht nur wegen ihres Selbstverständnis als Jüd:innen (oder weil sie als solche gelesen werden), sondern „nur“ wegen ihrer Meinung bedroht fühlen. Ich gebe euch ein Beispiel von dem „friedlichen Camp“ in Frankfurt, das letzte Woche stattgefunden hat. Ich selbst arbeite am Campus und konnte jeden Tag mehrmals Rufe nach „Intifada revolution“ und „from the river to the sea“ hören. Mitglieder verschiedener studentischer Gruppierungen hatten Angst als solche erkannt zu werden. Selbst Professor*innen hatten Bedenken, sich öffentlich zu äußern. Eine Kundgebung des Campusbündnisses gegen Antisemitismus wurde zusammengeschrien (von der Gruppe, die von sich selbst behauptet, gecancelt zu werden). Jeden Tag solchen Parolen ausgesetzt zu sein, die Plakate und Symbole am Camp zu sehen, trägt sicher nicht dazu bei, dass sich nicht nur jüdische Personen sich an einer Hochschule sicher fühlen. Universitätsangehöre blieben in der Folge eine ganze Woche zuhause. Und nochmals, wir reden hier von einem sogenannten friedlichen Camp. Von Angehörigen anderer Universitäten gibt es genug Berichte über ganz andere Erfahrungen.
Diese Perspektive kam meiner Meinung leider … zu kurz genauso wie die sich daran anschließenden Fragen, wie mit dem Bedrohungsszenario umgegangen werden soll.

(Propalästinensisches Protestcamp in Frankfurt darf bleiben - ZDFheute)

(Konfrontation auf dem Campus der Goethe-Uni verläuft weitgehend friedlich)

„Ich kann verstehen, dass Menschen Angst bekommen“. Wie umgehen mit pro-palästinischen Protesten und Antisemitismus an der Uni? Ein Gespräch mit Enrico Schleiff", in: Frankfurter Neue Presse, 29.05.2024.

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