Probleme der Transportlogistik: Zustand, Auswirkungen und Perspektive

Moin!

Ich würde mich freuen, wenn man die aktuellen und auch die länger schwelenden Probleme der Transportwirtschaft thematisieren könnte - dann wissen immerhin alle, weshalb die Regale im Supermarkt leer sind, das Paket mit der Onlinebestellung seit Tagen beim Absender hängt, der Bus nicht kommt und der Hausmüll nicht entsorgt wird:

Unsere Lieferketten haben aktuell mit fünf großen Problemen zu kämpfen:
Zum einen der drohende Mangel an AdBlue, ohne dass heutzutage kein LKW mehr auskommt (1) und zum anderen der Mangel an Berufskraftfahrern - aktuell fehlen allein hierzulande 80.000 bis 100.000 LKW-Fahrer, und jedes Jahr werden es mehr (2).

Ein weiteres Problem ist die Preisentwicklung der Kraftstoffe, welche sich ebenfalls für Spediteure existenzbedrohend entwickeln: Dieselkraftstoff hat sich in den letzten vier Jahren um netto 32,9ct/l verteuert, LNG um satte 3,706€/kg. (3) Das AdBlue hat sich übrigens um mehr als 1.000% verteuert.

Hinzu kommt noch das Problem des Preiskampfes, bzw. Preisverfalls seit der Marktliberalisierung 1994, die Frachtraten sind seither und bis zum Beginn der Pandemie um gut 50% gefallen, bei gleichzeitig steigenden (und seit 2020 explodierenden) Kosten (4).

Zu guter letzt ist auch die Zukunft ein Problem, da man in Bezug auf alternative Antriebe seitens der Politik ergebnisoffen ist und andererseits tragfähige Konzepte für die Logistik der Zukunft fehlen (5).
Die Spediteure sind am verzweifeln (zum ersten mal seit 1994 aber nicht so wirklich Schuld an der Lage, den Fahrermangel mal ausgenommen) und von seiten der Politik kommt genau nichts.

Es wäre wirklich gut, wenn diese Themen auch in der LdN mal angesprochen werden, immerhin betreffen sie uns alle. Ich fürchte jedoch, dass man zu dem ganzen Thema aufgrund seines Umfangs eine Sondersendung machen müsste, um auf alle Probleme einzugehen.

Gruß,
Christoph

Das Thema der Spediteure ist wirklich einfach zu lösen und zwar durch die Marktwirtschaft.
Wenn die Nachfrage gegeben ist, aber das Angebot sinkt, steigt der Preis. D.h. wenn es fast alle Logistikunternehmen betrifft, können diese die Frachtpreise anziehen. Da sehe ich nun wirklich kein Problem, allein das beim Endverbraucher der Preis ebenfalls steigt und dadurch die Nachfrage sinkt.
Die Schifffahrt hat dieses doch auch in großem Umfang gemacht und fährt sehr gut damit.

Das einzige Problem ist wirklich die Verfügbarkeit der LKW Fahrer, aber da sind die Unternehmen selber dran Schuld und müssen es auch alleine lösen.

Es gibt eine super Alternative. Die Schiene! Nichts was nicht verderblich ist, muss auf den LKW, sondern muss auf die Schiene, meiner Meinung nach. Die letzten 50 km können dann gerne mit LKW oder Transportern erledigt werden, die dann mit E-Fuels betrieben werden können. D.h. meiner Meinung nach: es muss so viel wie möglich in die Schiene investiert werden und die Logistiker müssen sich auf die Kooperation einstellen.

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Mr. Mucki, du hast ja in allem vollkommen recht, aber warum wieder die längst verstorbene E-Fuel-Sau durchs Dorf treiben? 50km schaffen auch LKW problemlos mit Batterien.

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Man sieht an deinem Beitrag sehr schön, wie viele Probleme, die wir aktuell haben, zusammenhängen.

Hier gilt das gleiche wie für die fehlenden Busfahrer und Lokführer:
Einerseits gibt es die klare Bestrebung zur Automatisierung (die aber zu langsam läuft, um das Problem zu lösen), andererseits fehlt hier und heute das Personal. Jetzt hunderttausende Menschen - selbst wenn man sie finden würde - zu Lokführern, Busfahrern und LKW-Fahrern auszubilden, wenn die Zukunftsperspektive ist, dass der Großteil automatisiert werden soll (und die LKW-Frachten wo immer möglich auf die Schiene verlegt werden sollen) und dann in 10 bis 20 Jahren mit einer nutzlosen Ausbildung dar steht, macht diese Bereiche nicht gerade attraktiv. Es ist eben das Gegenteil einer „zukunftsträchtigen“ Branche - es ist vergleichbar mit Menschen, die in den 2000ern noch eine Ausbildung im Bergbau gemacht haben, obwohl schon klar war, dass der absolute Großteil der Jobs in 10-20 Jahren wegfallen wird.

Dieses Problem wird gerne versucht, mit günstigen Arbeitskräften aus dem Ausland zu bekämpfen - Problem ist halt: Die werden dort auch noch gebraucht. Und wenn Deutschland nun mit höheren Löhnen den Polen die Arbeitskräfte abwirbt ist damit EU-weit auch niemanden geholfen, es verlagert das Problem nur. Eine wirklich gute Lösung ist leider nicht in Sicht.

Und das vernetzt diese Diskussion mit der Diskussion über den Ausbau des ÖPNV, vor allem des Schienennetzes, der in Deutschland - sehr wohlwollend formuliert - nur im Schneckentempo voran kommt, weil jeder Bürger, der in der Nähe der geplanten Strecke wohnt und jeder Bauer, der seinen Acker dort hat, sagt: „Nicht in meinem Vorgarten!“ und teilweise jahrzehntelange Rechtsstreite führt, die den Ausbau völlig lähmen und die Kosten in astronomische Höhen treiben, sodass alleine schon wegen des Kostenrisikos kaum neue Strecken geplant werden.

Noch mehr Güterzüge bei gleicher Infrastruktur auf die Strecke zu packen ist dabei gar nicht so trivial. Leider. Und das ist ein Grund mehr, warum wir mehr Streckenausbau brauchen. Dass wir in Deutschland, einem hoch-industrialisierten Land, immer noch so viele Streckenabschnitte haben, auf denen nur ein Gleis liegt (sich also beide Fahrtrichtungen das Gleis teilen müssen, wodurch es bei jeder Verspätung zu massiven Folgeverspätungen kommt) ist einfach das Resultat einer Politik, die seit mindestens 50 Jahren Verkehrsplanung einzig unter dem Gesichtspunkt der Automobilindustrie betreibt. Und das betrifft eben nicht nur den ÖPNV, sondern auch den Güterverkehr auf der Schiene.

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Vor 30 Jahren wäre das vielleicht noch umsetzbar gewesen.
Die Infrastruktur und die dafür benötigten Flächen wurden ab-, umgebaut und veräußert.
Zudem wurden die Gleisanschlüsse großer Industriebetriebe die früher per Bahn beliefert wurden still gelegt und sogar abgebaut. Es fehlt also auf Seiten der Bahn UND auf Seiten der Betriebe die nötige Infrastruktur.
In unserer Stadt (und ich habe es schon öfters auch anderswo gesehen) wurde der Rangierbahnhof zum umgruppieren der Güterzüge abgebaut. Dort stehen heute Parkhäuser, Einkaufzentren, eine Schule und eine Umgehungsstraße. Vom fehlen der Lokomotiven und des Personals mal ganz zu schweigen.

Edit

Die uns in diese Situation gebracht hat, denn die hat sich die Kunden so (v)erzogen.
Früher, es ist die pragmatische und einfache Lösung des Problems, hat man halt überwiegend regionale Produkte eingekauft.
Heute muss es in Bayern das Bier aus Flensburg und das Wasser aus Frankreich sein. Um ein Alleinstellungsmerkmal zu haben sind es dann auch besondere Flaschen die dann dorthin wieder zurückkehren müssen.
Obst und Gemüse müssen das ganze Jahr verfügbar sein und werden um den halben Globus gekarrt.
Im Joghurtregal müssen von unzähligen Anbietern unzählige Sorten vorhanden sein und wehe von meinem bevorzugten Anbieter ist meine Geschmacksrichtung nicht dabei.
Wenn 80 Millionen Deutsche dort den Hebel ansetzen ist das Transportproblem nur noch halb so groß. Aber das geht nicht denn damit werden ja Persönlichkeitsrechte eingeschränkt.

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@Schlossermeister du hast fast alles aufgezählt der Punkt der mir noch dazu einfällt ist das Just in Time rollende Lager und Lagerflächen und Kosten zu sparen.

Auch das wurde von den Spediteuren zu Lasten des Schienentransports forciert.

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