Polizeigewalt oder Notwehr? - Beispielsfall Jacob Blake (USA)

Liebe Lage,

in Bezug auf den Fall Jacob Blake (das Video ist ggf. bekannt) mit einigen aus meinem Freundes und Bekanntenkreis diskutiert.
Scheinbar mehrheitlich wird dabei vertreten, dass der Polizeieinsatz nicht gerechtfertigt gewesen ist und eine entsprechende Entscheidung der Staatsanwaltschaft eine Klage nicht zu erheben nicht nachvollziehbarer sei.
Meiner Meinung nach wäre ich, wenn ich mir das Video anschaue, wohl zum gleichen Ergebnis gekommen, jedenfalls wenn ich unterstelle, und das wird man wohl glauben können, dass der Polizist befürchtete, der Verdächtige könnte „zur Waffe greifen“. Selbstverständlich sehe ich das Problem, dass 7 Schüsse in den Rücken einen nicht gerade schonenden Umgang darstellen. Aber meiner Einschätzung nach würde auch nach deutschen Recht der sich Verteidigende so lange Gewalt anwenden, bis er sicher ist, dass der drohende Angriff effektiv beendet worden ist. Wenn ich jetzt zumindest gutgläubig davon ausgehe, dass der Polizist dachte, dass die ersten Schüsse nicht ausgereicht hätten etc., und etwas anderes ist mir nicht möglich, da ich jedenfalls die Aussage des Herren nicht kenne, dann müsste man auch entsprechend ein Notwehrrecht des Polizisten bejahen.

Bei vielen Bekannten und Freunden stoße ich mit meiner Ansicht auf taube Ohren. Ich würde euch gerne um eure Einschätzung bitten.

Dass du dich hier auf das Recht beziehst, verdeckt, dass es weder exekutiv, judikativ noch legislativ eine effektive Kontrolle der Polizei gibt. Daher ist es schwierig den Polizeieinsatz ausschließlich über das Strafgesetz zu legitimieren.
Man könnte auch Fragen ist der Einsatz gerechtfertigt nur weil dieser nicht kriminell ist. Das ist in dem Sinne ein Problem da die Polizei als staatliche Institution gewisse Aufgaben, Handlungsvorschriften etc. hat die bestimmen ob ihr Handeln legitim ist, das Strafrecht stellt da eher das absolute Minimum da. Denn auch Privatpersonen dürfen nicht kriminell agieren, besitzen jedoch trotzdem nicht die selben Rechte wie Polizisten. Natürlich hat jede Berufsgruppe ihre eigenen speziellen strafrechtlichen Regeln aber so im Schnitt bzw. gerade im Bezug die Selbstverteidigung, kann das Strafrecht nicht der Standard sein für polizeiliches Handeln.

Ich könnte mir vor stellen, dass auch hierin das Problem mit deinen Bekannten liegt, die werfen dir wahrscheinlich Rechtspositivismus vor.

Zu mal der eigentlich Witz an dieser Betrachtung ist, dass Selbstverteidigung in einer Situation zwischen einem Polizisten und einer weiteren Person nur in eine Richtung Funktioniert. Es gibt keine Selbstverteidigung gegenüber der Polizei (ich glaube die Bezeichnung ist Widerstand gegen die Staatsgewalt). Während bei zwei Privatpersonen zumindest theoretisch beide Personen die Möglichkeit haben sich zu Verteidigen.

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Ja, nee, is’ klar. Polizisten sollen deiner Meinung nach also jeden erschießen dürfen, sobald sie auch nur „fürchten“, derjenige könnte vielleicht gleich zu einer Waffe greifen, ohne irgendwelche Anhaltspunkte, ob es überhaupt eine Waffe gibt?

Da möchte ich dich mal sehen. „Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte.“ – „Moment.“ – *öffne Handschuhfach* – Peng, peng, peng, peng, peng, peng, peng. – „Oh, tschuldigung, ich hatte Angst der könnte eine Waffe ziehen.“

Nein, selbstverständlich nicht jeder Zeit. Es ist immer eine Entscheidung des Einzelfalles. Ich war jetzt ausschließlich bei der strafrechtlichen Ebene und habe die Frage der Notwehr aufgeworfen - es ging mir lediglich um die Strafbarkeit.

Ich habe mir das Video zu dieser Situation auch mehrmals angeschaut und versucht die Situation nachzuvollziehen. Leider ändert es an meiner Einschätzung nicht viel. Nach deutschem Strafrecht würde man wohl im Zweifel von einem Erlaubnistatumstandsirrtum ausgehen und damit zum Ausschluss der Schuld gelangen. Dann wäre fraglich, ob eine Fahrlässige Tötung in Betracht zu ziehen wäre.

Und den Sarkasmus kannst du dir gerne sparen. Ich bin bei Polizeigewalt etc wirklich niemand, der konservative Positionen vertritt, Ich fand nur die Aufregung um die rechtliche Einschätzung des Falles nicht ganz richtig.