Politische Mitwirkung in der heutigen Zeit

Hallo liebes LdN-Team,

ich frage mich regelmäßig: „wie steht es eigentlich um politische Mitwirkung in der heutigen Zeit“. In der Schule habe ich im Gemeinschaftskundeunterricht gelernt (vor mittlerweile viel zu langer Zeit), dass es verschiedene Arten der Mitgestaltung des politischen Diskurses gibt:

  • Man kann wählen gehen
  • Leserbriefen schreiben
  • Petitionen starten
  • die Abgeordneten direkt kontaktieren
  • eine Demonstration organisieren / daran teilnehmen

Leider fühle ich mich als Bürger bei diesen Möglichkeiten nicht so wirklich ernst genommen. Alle paar Jahre buhlen die Politiker um meine Stimme aber das wars dann auch. Bei direkten Anfragen an Ministerien oder Abgeordnete erhält man häufig eine vorgefertigte oder keine Antwort. Petitionen (vor allem Online-Petitionen) geben einem das Gefühl etwas getan zu haben, verlaufen aber leider allzu oft im Sand bzw. werden von der Politik in meiner Wahrnehmung nicht ernst genug genommen. Demonstrationen leider ebenso. Es wird vorwiegend berichtet, ob die Demonstration ohne Zwischenfälle verlaufen ist. Geändert wird dadurch (mit Einschränkung bezüglich „Fridays for Future“-Demos) wenig.

Ich hatte die Hoffnung dieser Thread hier greift das auch ein bisschen auf aber leider war er auf das Thema Corona beschränkt.

Daher wäre mein Themenvorschlag eher auf der Meta-Ebene: Welche Formen der Mitwirkung wirken? Welche Modelle gibt es hier? Wir stehen wir hier in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern (bspw. Schweiz mit regelmäßigen Volksabstimmungen) da. Vielleicht auch ein spannendes Thema für ein Interview mit einer Expertin oder einem Experten, die zu diesem Thema forschen.

@all: Was denkt ihr über den Vorschlag? Seh ich es zu schwarz? Habt ihr ähnliche Erfahrungen / Beobachtungen gemacht?

Ich freue mich über Rückmeldung und natürlich auch über einen spannenden Block in der Lage der Nation, die ich (um hier noch das nötige Feedback einzustreuen) sehr gerne höre und mich dadurch bei vielen Themen extrem gut informiert fühle. Vielen Dank für eure Arbeit und macht weiter so!

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Das Thema finde ich ebenfalls spannend und potenziell revolutionär. Ich würde mich auch darüber freuen, wenn es vermehrt Möglichkeiten der politischen Ebene gäbe, die parteiübergreifend und eher „steuernd“ funktioniert.

Ich hatte bereits einmal über das Thema Volksabstimmungen gesprochen und bin ehrlicherweise kein Fan derselben. Jeder Mensch für sich hat etwas vernünftiges, eine Menge an Menschen ist teilweise komplett irrational. Beispiele gibt es hier in der Schweiz genug.

https://www.forschungsinformationssystem.de/servlet/is/352041/

Was ich mir wünschen würde, ist eine grundsätzliche Debatte über die aktuelle Gestaltung der Demokratie. Parteien sind in Deutschland - was die Mitgliederanzahl angeht - schwächer aufgestellt als der ADAC und entscheiden dennoch über alle Einwohner des Landes. Mich ärgert zudem das Thema der Altersstruktur, weil es für junge Menschen faktisch nicht möglich ist, privilegierte, ältere Generationen zu erreichen. Zum einen, weil die Lebensrealität eine andere ist, zum anderen, weil der Lebenserfolg bei älteren Menschen ja bereits erbracht wurde.

Ich finde, das sind Themen, die man als Gesamtbevölkerung mal diskutieren muss.

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Als weitere Option: Mitglied in einer Partei oder einer NGO (man könnte die auch Lobbyverband für bestimmte Interessen nennen) werden. Wenn es nicht der ADAC wäre, der 21 Millionen Mitglieder hat, sondern z.B. Greenpeace, sähe die Verkehrspolitik in Deutschland anders aus. Bei den Parteien hat man noch direktere Möglichkeiten, Politik zu gestalten. Wieso den Abgeordneten nur kontaktieren und nicht selbst kandidieren? Oder zumindest bei der Aufstellung der Kandidaten mitmischen?

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Deine Resignation kann ich gut verstehen. „Nur“ ein paar tausend Demonstranten/Unterschriften hier und da können manchmal mut- und aussichtslos wirken. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass es immernoch Positivbeispiele gibt.
Mir fällt spontan Fridays for Future ein. Das Thema Klimaschutz wird seit vielen Jahrzehnten trotz ernster Warnungen grob vernachlässigt. Trotzdem ist dann irgendwie aus einem einzigen Mädchen vor einem Rathaus eine weltumspannende Bewegung geworden, die nun großen politischen Druck ausübt.

Ob entsprechend gehandelt wird, ist natürlich eine andere Frage. Mit den scheinbar kleinen Hebeln lassen sich aber zumindest größere Hebel aufbauen.

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Stimmt, vielen Dank für den Hinweis, das hatte ich komplett unterschlagen.

Ich hatte mich für den Gemeinderat meines Ortes aufstellen lassen. Da durfte ich in den Parteisitzungen mal etwas in die Kommunalpolitik rein schnuppern. Ich wurde nicht gewählt und habe diesen Weg danach gemieden.

Für Landes oder gar Bundes-Politik ist die Situation aus meiner Sicht nahezu aussichtslos. Hier muss man sich unabhängig von der Partei irrsinnig hochbuckeln um überhaupt in die nähe eines Postens mit Einfluss zu kommen. Die Konsequenz ist, dass sich die Politik zu einem viel zu großen Teil um Posten und zu wenig um Themen kümmert. Trotz aller Beteuerungen die anderslautend sind.

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Ich habe vor Jahren wirklich schlechte Erfahrungen mit der Parteiarbeit gemacht. Es ging mir viel zu oft um Machtfragen, die auch darin bestanden, dass Ältere Jüngere nicht aufgebaut haben oder aufbauen wollten. Liebrr wollte man auf seinem Posten sitzen, den man jahrelang schon aufgebaut hat.

Gleiches im Bereich der Jungabteilung der Partei. Da ging es auch nur um Macht und wie gut man mit bestimmten Aktionen dasteht. So richtig einheitlich für eine Sache kämpfen war da nicht. Und dann am besten für die Landtagsabgeordneten Wahlkampf machen.

Diese Organisation in Parteien ist echt verkrustet. Zu sehr muss man auf Linie der Partei sein. Solche Mechanismen schließen viele junge, politikinteressierte Menschen komplett aus.

Ich fände andere, offenere Wege deutlich besser. Aber das müsste durch die Politik auf den Weg gebracht werden, die sich aber nicht selbst das Wasser abgraben wird.

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