Plattform-Haftung - Digitalsteuer - Europäisches Parlament

Hallo,

ihr habt tatsächlich eine kleine Zuhörerschaft im Europäischen Parlament. Ich arbeite persönlich seit ein paar Jahren dort als Mitarbeiter und kann die Eindrücke aus der Serie Parlament nicht bestätigen. Sicherlich gibt es manche Abgeordnete, bei denen man sich echt fragt, wie sie da reingekommen sind. Aber ehrlich gesagt ist das eher die Ausnahme als die Regel. Der Job eine*r Abgeordneten ist echt hart, vielseitig und zeitintensiv, und es gibt da einige die es richtig gut machen, wirklich Ahnung von ihren Themen haben und für ihre Überzeugungen einstehen.

Nicht allein, dass die inhaltliche Arbeit in den Ausschüssen sehr komplex ist und aufgrund der Mehrsprachigkeit und der verschiedenen Ebenen im Europäischen Parlament (Partei, Fraktion, Nationalitäten) eine echte Herausforderung. Und im Unterschied zum Bundestag werden Vorschläge der Kommission sehr oft nochmal substanziell überarbeitet, weil es keine hier keine festen Koalitionen gibt, die in der EU Regierung vertreten sind - ganz einfach weil es keine EU Regierung gibt. Daraus folgt: mehr Arbeit.

Den Ruf, dass das Parlament eine Art Abschiebebank ist („hast Du einen Opa…“), gehört meiner Sicht eher der Vergangenheit an. Inzwischen ist das Parlament ja fast eher ein Sprungbrett geworden, wenn man sich so anguckt, dass einige Abgeordnete dann in den Bundestag wechseln (z.B. Fabio De Masi, Lambsdorff) oder in anderen Ländern in die Regierung wechseln (zuletzt Petra de Sutter von den Grünen, die jetzt Vize-Premierministerin in Belgien geworden ist). Und die Mitarbeiter*innen arbeiten natürlich auch ganz hart :wink:

Ich habe mich ein bisschen gewundert, dass ihr bei der Diskussion um Facebook und Twitter überhaupt nicht die Haftungsfrage angesprochen habt. Ein Problem, warum es keine staatlichen Regeln gibt, ist ja, dass man die nur umsetzen könnte, wenn man die Online-Plattformen für die Inhalte haftbar macht, die auf ihnen gepostet sind. Das würde aber unweigerlich dazu führen, dass Plattformen Uploadfilter einsetzen und mehr Inhalte blocken als nötig, um unbedingt zu vermeiden, für manche Inhalte sanktioniert zu werden. Das Europäische Parlament stimmt nächste Woche im Plenum über einen Bericht zum Digital Single Market ab, wo es genau um diese Fragen geht. Der Berichterstatter ist ein junger SPD-Abgeordneter, der immer sehr gute YouTube-Videos macht, in denen er seine Themen erklärt (übrigens ein gutes Beispiel für einen jungen, engagierten Abgeordneten, der richtig gute Arbeit macht - ladet den doch mal ein!). Hier das Video zum DSA: Neue Regeln für das Internet. Mein Gesetzesvorschlag | Tiemo Wölken - YouTube

Und schließlich zu eurer Frage nach der Digitalsteuer. Das Europäische Parlament macht da sehr gut Studien und Briefings, die sehr lesenswert sind (auch wenn das Europäische Parlament bei Steuerfragen nichts zu sagen hat, weil das keine Kompetenz der EU ist). Hier ist das letzte Briefing: https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2020/649340/EPRS_BRI(2020)649340_EN.pdf

Und im Rahmen des neuen Unterausschuss für Steuern (FISC) des Europäischen Parlaments gibt es hier eine gute Übersicht der Studien zu internationalen Steuerfragen allgemein: https://www.europarl.europa.eu/EPRS/TD_FISC_2020_final.pdf

Zum Abschluss ein kleiner fun fact: ein Vorschlag war es, den Ausschuss „Committee for financial crime“ zu nennen, mit der Abkürzung „FICR“. In Folge entsetzter Gesichtsausdrücke der deutschen Kollegen in dem Meeting, wo das vorgeschlagen wurde, wurde das dann auch zurückgezogen.

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