Parität als Naturgesetz?

Erstmal willkommen lukta,
Deine Frage ist berechtigt. Auch auf die Gefahr hin, dass ich manches wiederhole, denn ich habe nicht die ganze Diskussion durchgelesen.
Einmal ist es schon bezeichnend, dass manche der Leute, die sich gegen die Quotenregelung stellen, an anderer Stelle genau solche Quoten fordern. So hat sich zum Beispiel die CSU, die absolut keine Quotenregelung für Geschlechter will (ein Argument hast Du ja genannt), sich darüber beschwert, dass es in der Ampel-Regierung keinen bayrischen Minister gibt, ohne irgendein Qualifikationsargument dafür zu bringen. Und sie bestehen auch auf einen länderspezifischen Ausgleich durch Überhangsmandate im Bundestag, was den Bundestag besonders aufgebläht hat.
Und gerade beim Beispiel der CSU kann man sehen, wie sich die historische Behinderung der Frauen in den Mandaten sich auswirkt. Bei den Abgeordneten im Bundestag, Landtag und den kommunalen Parlamenten waren die Frauen derart gering, dass es sich für sie kaum lohnte, in die Partei einzutreten. Sie hätten höchstens Plakate aufhängen dürfen, unabhängig von der Qualifikation. Erst als sie sich etwas mehr Verantwortung erkämpft haben - oder die Partei fürchten musste, dass die wählenden Frauen sonst abzuwandern drohten, wurde ihnen etwas mehr Verantwortung gegeben. Wenn also die CSU verpflichtet würde, in absehbarer Zeit (nicht unbedingt sofort), einen vernünftigen Proporz in den Parlamenten sicherzustellen, würde es sich für mehr Frauen lohnen, sich in der Partei auch aktiv zu engagieren. Dann haben es im Augenblick Frauen leichter, einen Sitz zu bekommen als Männer, was sich dann aber ausgleicht, wnn mehr frauen in die Partei eintreten, weil man dort leicht an einen Listenplatz bekommen kann.
Aber natürlich macht es keinen Sinn für immer und alles eine Quote festzulegen. Ich bin ein männlicher weißer Rentner mit Migrationshintergrund der Mathematik studiert hat und als Fondsmanager, Risikomanger und Energieberater gearbeitet hat, zum zweitenmal verheiratet ist und drei Kinder hat, ohne eigene Enkel. Und jetzt möchte ich dass genau diese Gruppe durch eine Quote dargestellt wird. Wenn man das also bis ins kleinste treibt, muss jede/r in jedem Parlament einen Sitz bekommen, also direkte Demokratie. Das hat einen gewissen Charme, ist aber ab einer gewissen Größe nicht praktizierbar.
Also muss man wirklich sehen, wann, wofür, wie stark und wie lange man solche Quotenregelungen einführt, und welche Ausnahmeregelungen man zulässt.
Aber ich denke, im Augenblick ist eine Quotenregelung für Frauen in vielen Bereichen grundsätzlich sinnvoll, um die bisherige Benachteiligung auszugleichen. Dann aber muss man sehen, wie man queere oder diverse Personen dort einordnet. Dürfen sie sich das Geschlecht für die Quote aussuchen, brauchen sie eine eigene Quote, oder gibt es eine andere sinnvolle Lösung?

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Aber das würde vorraussetzen, dass Frauen deshalb nicht in die Politik gehen, weil sie denken, keine ausreichende Aussicht auf einen Listenplatz zu haben. Ist das denn der Fall? Es gibt, Bund und Länder zusammen, ca 2600 Mandatsträger in Deutschland, demgegenüber stehen aber zehntausende von Kommunalpolitikern. Ist es wirklich ein Unterschied, ob 0,5% oder 0,48% der Frauen in der Kommunalpolitik eine Chance auf ein Mandat im Bund oder Länder haben? Ich bezweifle diesen Anreiz mal ganz stark. Es studieren auch annähernd gleich viele Frauen und Männer BWL, obwohl die Vorstände voller Männer sind. Nach dieser Logik müssten Frauen ja auch frustriert sein und sich von diesem Fach abwenden.

Das heißt natürlich nicht, dass ich nicht der Meinung bin, dass die Vertretung in Berlin unsere Gesellschaft widerspiegeln sollte, aber ich glaube nicht, dass das Engagement in der Kommunalpolitik dadurch weiblicher wird.

Ich habe unter Männern gelitten, ich kann auch unter Frauen leiden. :smiley:

Wir haben bei der Einführung der Demokratie auch die Eignung des Volkes vorausgesetzt. Beispiele für Zweifel gibt es immer.
Entscheidend ist was wir wollen.

Die Eignung ist für mich auch eine schwer messbare Größe.
Was eine Frau nicht kann/weiß macht sie evtl. durch Netzwerken und zuhören wieder wett.

Es gibt Unterschiede, die müssen vertreten sein. Diversität.
Es gibt keinen Grund auf einen Typus zu setzen.
Vieles steht nicht gut da - es hat nicht soo gut funktioniert.

Eine Frau, die aufsteigt im ungebeugten Männersystem bringt wohl eher weniger „Diversität“, als Frauen die einfach mal machen dürfen.

Es wird immer Frauen und Männer geben, die dann bei Zeiten besser zurück treten, das gehört auch dazu.

Veränderung bringt Schmerz. Schmerzen gehören dazu.