Paragraf 218 abschaffen

Nunja, diese Debatte hier zeigt doch recht eindrücklich, mit welch absurden Argumenten der status quo verteidigt wird. Die Spekulation, dass eine Liberalisierung (z.B. nach dem Kanadischen Modell) dazu führt, dass Schwangerschaften dann vermehrt und ohne plausible Gründe im letzten Trimester abgebrochen werden folgt ja derselben tendenziell misogynen Logik, die Schwangeren durch die aktuelle Rechtslage eine professionelle und barrierefreie medizinische Versorgung und Beratung im Hinblick auf Beendigungen der Schwangerschaft verwehrt. Sie ist mehr Ressentiment als Argument. @sebs303 hat ja oben schon dargelegt, dass sie auch empirisch haltlos ist.

Die Warnung vor „gesellschaftlicher Spaltung“ ist eine konservative Phrase, die das Leid der Betroffenen legitimieren und marginalisieren soll. Man spricht dann vom „Kompromiss“ und übersieht, dass dieser Zustand für viele gerade wenig privilegierte Betroffene leidvolle Erfahrungen und unhaltbare Zustände produziert. Die Polarisierung existiert doch bereits, sie wird halt nicht gewaltsam ausagiert, weil Liberale und Progressive für gewöhnlich nicht mit Militarisierung auf unliberale und regressive Gesetzgebung reagieren. Und was soll denn passieren? Wenn die Teilnehmer:innen beim sogenannten Marsch für das Leben auf eine Liberalisierung der Gesetzgebung mit dem Abfackeln von medizinischer Infrastruktur reagieren, dann wäre das eben entsprechend zu polizieren.

@Christoph Ah danke. @ardenthistorian ist aber auch mal extra gut!

@MarkusS

Dazu kommt dass sich meine Ur-Ur-Großmutter im Grabe umdreht, die wurde nämlich für die Verteilung von Informationen zum Thema Abtreibung vom damaligen Staat verfolgt (inkl. dem der dann irgendwann mal das Naziregime wurde). Würde meine Mutter hier mitlesen, wie ich tendenziell misogyne Logik mit salbungsvollen Worten begegne: Ich hätte in 10 Minuten einen Anruf und wäre einen Kopf kürzer.

Einen Text zum Nachdenken: The fallacy of civility

Generell zählt auch nicht mit was ich mich abfinden kann bei der Debatte: Ich habe keine Gebärmutter.

Ich zitiere hier nochmal less_ink

case closed für mich. Meet me on the barricades

Danke für den interessanten Einwurf.
Ich denke, bei Fragen, die die persönliche Moral betreffen, kommt eine zusätzliche emotionale Komponente in die Debatte, die es schwieriger macht, sich der Position der anderen einzudenken oder gar zu -fühlen.

Was konkret die Frage der Abtreibungsregelung betrifft: wenn ich davon ausgehen muss, dass ein Kompromiss für die andere Seite nur ein Zwischenschritt zu einer Regelung ist, die ich noch viel mehr ablehne, dann verteidige ich lieber die bestehende.

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Das verstehe ich nicht. Es scheint, als würdest du zustimmen, dass sich etwas ändern sollte. Was ist das denn eigentlich? Ich bin nochmal durch deine Posts gegangen und ich sehe nur, dass du irgendwie zustimmst, um dann zusagen, dass man „das“ nicht machen kann, weil ein Teil der anderen Seite das nur als Zwischenschritt sieht. Was ist dieses „das“?

Und noch ein anderer Gedanke: Wenn wir jeden Kompromiss ablehnen, weil ein kleiner Teil der anderen Seite noch weitreichendere Forderungen hat, wie kommen wir dann in irgendwas weiter? Es gibt in jeder Strömung Leute, die viel zu weit gehen. Die können doch nicht ernsthaft der Maßstab sein.
Es gibt sicher Leute, die würden auch Windräder in Ortschaften aufstellen. Für die sind Windräder innerhalb der bayrischen 10H-Zone nur ein Zwischenschritt. Können wir jetzt 10H nicht abschaffen, weil die dann den nächsten Kompromiss wollen? Und dann den nächsten?
Man kann auch irgendwann sagen „Nicht mit mir, das finde ich nicht mehr sinnvoll“, aber man kann doch nicht sagen, dass man etwas gut findet, es aber nicht macht, weil danach der nächste Kompromiss gefordert wird. Es gibt immer jemanden, der den nächsten Kompromiss fordert! Mit so einer Strategie kann man wirklich den Status Quo in allem erhalten und fühlt sich auch noch gut dabei, obwohl man gleichzeitig die Änderungen gut fände…

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:clap: Vera

Ich schließe den Thread jetzt. Für alle, die sich dadurch zensiert, diskriminiert, ausgegrenzt fühlen - es gibt hier eine Suchfunktion- eine Vielzahl an Argumenten, Meinungen, Informationen zu diesem Thema wird sich für Euch auftun. Falls ihr wirklich danach sucht.

@moderat