- Ostdeutschland -

Das COVID19-Dashboard von heute sieht aus, als habe man die Grenze zur DDR in sie reingezeichnet:

https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4

Was ist los mit denen im Osten???

Dieser Artikel (siehe auch das Thema „Sächsische Verhältnisse“) spricht von einer „kollektiven Neurose“, dem trotzigen Gefühl, immer zu kurz zu kommen", dem „Bedürfnis nach Anerkennung“ und einer „latenten Aggressivität“.

Die drei letztgenannten Punkte kenne ich von meiner Sandwich-Tochter. Da half nur Geduld und ganz viel Liebe … :o . Nur dass die Entwicklungsschübe eines Volkes wohl leider in einem um ein paar Jahrhunderte größerem Zeitrahmen verlaufen und man nicht so einfach sagen kann, dass es sich „nur um eine Phase“ handelt.

Der Artikel sieht die Ursache in „den Traumata der militärischen Niederlagen im 18. und 19. Jahrhundert“. Aber wenn ich mir die „Covid-Linie“ entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze auf dem Dashboard anschau: Hat es nicht vielleicht auch was mit der DDR-Vergangenheit zu tun?

Was machen wir bloß mit den Ostdeutschen?

Kann auch sein dass die Anderen auch nur „bescheissen“ :innocent:

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Jedes mal, wenn wir ein Thema so besprechen, dann verschieben wir die ‚Einheit‘ von Deutschland wieder zeitlich nach hinten. Ich bin wahrlich kein Patriot, aber das ist hier ne ‚Verkürzung‘ und stellt die besseren Corona Zahlen im Nordosten unter Abrede.

Warum es in Sachsen so schlimm ist bei Nazis, Schwurblerei und anderem Schabernack - das lässt sich auch einfach mit was anderem als OST vs West diskriminieren. Zum Beispiel mit dem Beitritt zum deutschen Staat (bei seiner Gründung): Da waren Bayern, BaWü und Sachsen spät dran und es gab da auch starke Bewegungen dagegen. Das könnte sich bis heute durchziehen und erklären wieso man hier ‚eigenbrödelt‘ und schwurbelt im Stile von:

Dieser Artikel (siehe auch das Thema „Sächsische Verhältnisse“) spricht von einer „kollektiven Neurose“, dem trotzigen Gefühl, immer zu kurz zu kommen", dem „Bedürfnis nach Anerkennung“ und einer „latenten Aggressivität“.

Das kenne ich aus Bayern und BaWü auch gut. Die Corona-Infektionslinie ging ja vor kurzem da auch quer durch das Land.

Es gab in der Süddeutschen ein sehr schönes Interview mit Michael Blume, Religionswissenschaftler und Antisemitismusbeauftragter der Landesregierung in Baden-Württemberg, der zu Querdenkern, Verschwörungsmythen und Antisemitismus forscht.

(leider hinter Paywall), der gut herausgearbeitet hat, warum die Impfgegner im Alpenraum (Bayern, Baden Württemberg, weitere Teile Österreich und Südtirol aus völlig anderen Gründen einen so hohen Impfskeptiker-Anteil haben als in den südlichen neuen Bundesländern.

Auszüge:

Deutschland, die Schweiz und Österreich haben in Westeuropa die niedrigste Impfquote. Religionswissenschaftler Michael Blume erklärt, wo Menschen besonders anfällig für Verschwörungsmythen sind - und was das mit den Bergen zu tun hat.

Der Alpenraum ist eine Region, in der es einerseits starke föderale, demokratische Traditionen gibt. Die Volksabstimmungen in der Schweiz, die süddeutsche Ratsverfassung aus dem 19. Jahrhundert, die dem Gemeinderat und dem Bürgermeister eine starke Stellung einräumt, sind nur zwei Beispiele. … Die Aufteilung ist nirgendwo so kleinteilig wie im Alpenraum. Und die Selbstverwaltung wird überall stark betont.

Andererseits gibt es historisch eine starke Verbindung zu Verschwörungsmythen. Zum Beispiel zum Antisemitismus: … Oder die Anti-Impf-Bewegung. … Dazu kommen noch die esoterischen Bewegungen, zum Beispiel die Anthroposophie. ….

In den Alpenregionen, in den Alpentälern haben sich über Jahrtausende selbstverwaltete sprachliche Gemeinschaften gebildet. Doch dann kam die Zentralstaatlichkeit und mit ihr die Schrift und Wissenschaft - das reibt sich aneinander. … Man kann diese These mit einer Vielzahl an Befunden aus Sprachwissenschaft, Mythologie und Empirie belegen. Sie erklärt meines Erachtens die Stärke der Naturromantik, von antisemitischen, antifeministischen und esoterischen Bewegungen. … Man wollte sich nicht dem Zentralstaat unterordnen, wollte sich selbst verwalten. Im Alpenraum sehen Sie die Ambivalenz von Freiheit.

In den postsowjetischen Staaten gibt es generell eine große Staatsskepsis… das Nebeneinander von Föderalismus und Verschwörungsüberzeugungen, das ist tatsächlich vor allem in gebirgigen Regionen vorhanden. Sachsen und Thüringen mit dem Böhmischen Massiv samt Erzgebirge bestätigen das weiter.

(durch die Auslassungen klingt das vielleicht etwas holzschnittartig. Ich verwiese auf das vollständige Interview)

Das könnte auch was damit zu tun haben, wie die Wiedervereinigung gelaufen ist. Die war vielleicht nicht ausreichend vertrauensfördernd für den neuen Staat. Ich kenne zumindest niemanden, der der DDR auch nur eine Träne nachweint.
Holger Klein hat vor zwei Jahren einige Podcasts zum Thema gemacht. Vielleicht kann man da wieder rein hören: Ostdeutschland – WRINT: Wer redet ist nicht tot (vor allem WR1014)

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