OECD fordert harte Reformen bei der Rente

In Kürze:

  • Schmerzhafte Rentenreformen erforderlich: Die OECD fordert die Abschaffung von Frühverrentungsanreizen (wie Rente mit 63) und längeres Arbeiten, um den demographischen Wandel zu bewältigen
  • Drohende Verschuldungsexplosion: Ohne Reformen könnte die Staatsverschuldung von 60% auf 130% der Wirtschaftsleistung bis 2045 steigen
  • Massiver Fachkräftemangel: Deutschland führt mit 36% der Unternehmen die OECD-Statistik bei „gravierenden Personalengpässen“ an, über 80% der Firmen haben Besetzungsprobleme
  • Wirtschaftlicher Vorsprung schmilzt: Deutschland wächst seit Jahren unterdurchschnittlich, der Abstand zu anderen OECD-Ländern wird immer größer
  • Politische Umsetzung fraglich: Trotz grundsätzlicher Zustimmung sieht Wirtschaftsministerin Reiche wenig Chancen für die nötigen Reformen, da der Koalitionsvertrag Rentenaltererhöhungen ausschließt

Was ziehen wir jetzt daraus?

Wir haben kein Erkenntnisproblem: Wir (in Person der Bundeswirtschaftsministerin) wissen um das Problem des Rentensystems. Wir kennen auch die Lösungen. Sie findet die Lösungen auch gut. Umgesetzt werden sie trotzdem nicht, weil der Koalitionspartner es nicht möchte.

Ist das gelebte Demokratie? Oder ist es eine Regierung, die sich um Verantwortung drückt? Oder sind wir, die Menschen, es, die unser Haus nicht unnötig mit Löschwasser nass machen wollen, bevor die Bude schon halb abgebrannt ist?

3 „Gefällt mir“

Da steht auch:
Die Steuerbasis verbreitern und die Steuerlast von der Arbeit wegverlagern
Mehr Erbschaftssteuer, mehr Grundsteuer, mehr Vermögenssteuer, weniger Ausnahmen, mehr Anreize für die Länder zum Vollzug der Steuern, höhere Tabaksteuer, …

Welcher Koalitionspartner will nicht?

7 „Gefällt mir“

Ja, es hängt nicht nur am Koalitionspartner. Aber das Fazit bleibt doch: das Problem ist bekannt, aber uns passt keine Lösung, also machen wir einfach gar nichts. Wie sollen wir da, mit demokratischen Mitteln, auf einen Lösungspfad kommen?

2 „Gefällt mir“

Das müssen wir aus diskutieren. Anders geht es nicht. Es wird aber schwierig, wenn Konsens nicht mehr die Lösung ist, weil das Problem grundsätzlicher Art ist.
Dann müsste man tatsächlich solche Berichte wie den OECD Bericht nehmen und in seiner Radikalität umsetzen.
Nur welchem Bericht wird man dann als Grundlage nehmen? Und dann sind wir wieder beim diskutieren. Ich hoffe jedenfalls, dass wir den Weg von Neoliberalismus hin zu einer sozialen Marktwirtschaft wieder zurück finden.

Wie gesagt:
Der Bericht schlägt etwas zur Rente vor, zur Veränderung der Steuern weg von Arbeit zu Vermögen, Reduzierung des Einflusses von Lobbyismus, Stärkung von Erwachsenenbildung und der Erwerbsbiografien, Stärkung der Kommunen und Vermeidung von Gesetzgebung des Bundes ohne Ausgleich für die Kommunen (monetäre wenn betroffen), Förderung regionale Entwicklung und vieles mehr.

Der Bericht geht eine grundlegende Staatsreform an. Das Frau Reiche dem Bericht zustimmt bzw. den Fokus auf Rente legt zeigt aus meiner Sicht, das die kein Interesse hat sich wirklich damit zu beschäftigen.

Bei Rente geht für SPD nicht mit, bei Steuern für Union nicht.
Vielleicht können sie sich auf ein paar Dinge einigen, den einiges klingt für beide Seiten vertretbar - mal schauen.

2 „Gefällt mir“

Ja steht auch drin, hat jedoch nichts mit der Rente im direkten Sinne zu tun. Arbeit wird in der Tat in Deutschland zu hoch belastet. Doch die besondere Belastung, speziell im niedrigen und mitteleren kommt durch die Sozialabgaben (Kranken,-Pflege- und Rentenversicherung; die Arbeitslosenversicherung ist recht stabil).

Ehrlich gesagt, bin ich ziemlich Fassungslos im Moment, was die SPD und die Linkspartei zur Sozialreform vorschlagen. Solidarische Mindestrente statt Altersarmut!: Die Linke
Das sind immer nur höhere Ausgaben und es gibt keine seriöse Gegenfinanzierung.(Das gilt auch und besonders für die Freunde von der CSU!!!)

Dabei sind zumindest bei der Rente die Lösungen alle ausgearbeitet. Renteneintrittsalter an Lebenserwartung koppeln, Rentenerhöhung an Inflation koppeln, Versicherungsfremde Leistungen aus Steuern finanzieren, Private Vorsorge einheitlich organisieren usw.

Bei Pflege- und Krankenversicherung haben wir, meines Wissens, diese Konzepte noch nicht in der tiefe Entwickelt, da es auch noch viel komplexer ist.

1 „Gefällt mir“

An die konkrete Lebenserwartung nach Berufsgruppe / sozialer Schicht oder an die allgemeine Lebenserwartung? Wir haben jetzt bereits das Problem, dass Geringverdiener aus benachteiligten sozialen Schichten oft das Rentenalter nicht erreichen oder dann maximal eine Handvoll Jahre noch leben, während der durchschnittliche gehobene Angestellte nach seiner Pension oft noch gute 20 Jahre lebt und Rente kassiert.

Theoretisch ist gerade der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen Gering- und Vielverdienern ein Grund, warum das aktuelle Rentensystem so unfair ist und warum eine Deckelung der hohen Renten bzw. eine solidarische Mindestrente für Geringverdiener auch im Hinblick auf die Gerechtigkeit sinnvoll wäre. Denn durch die lange Lebenserwartung ist jeder Rentenpunkt des Vielverdieners einfach wesentlich mehr wert als ein Rentenpunkt des Geringverdieners.

Koppeln wir nun das Rentenalter an die allgemeine Lebenserwartung, verstärken wir diesen Effekt, die Rente der Geringverdiener wird in einem deutlich stärkeren Verhältnis reduziert als die Rente der Vielverdiener, einfach weil „3 Jahre weniger“ von im Durchschnitt 10 Jahren beim Geringverdiener viel einschneidender sind als „3 Jahre weniger“ von im Durchschnitt 20 Jahren beim Vielverdiener.

Eine Koppelung an die soziale Schicht scheint aber nahezu unmöglich umsetzbar zu sein (und wäre auch eine große Stigmatisierung), eine Koppelung an die Einkommenshöhe oder das konkrete Berufsbild wäre umsetzbar, aber hier müsste viel verhandelt und untersucht werden, was nun ein faires Ergebnis wäre.

Grundsätzlich stellt sich auch die Frage, ob wir mehr Anreize bieten sollten, freiwillig über das Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. Eigentlich gibt es diese Anreize schon (ich persönlich gehe für mich nicht davon aus, vor 70 in die „Rente“ zu gehen, weil die Anreize tatsächlich ganz gut sind und wenig gegen eine Altersteilzeit spricht; mit dem Eintritt in die Rente kommt es mMn einfach zu schnell zu geistigem Verfall durch mangelnde Forderung…), aber vielleicht müssen wir hier gerade für dringend benötigte Fachkräfte noch größere Anreize schaffen. Aber auch hier droht natürlich die Gefahr, dass nur Menschen aus bestimmten Berufen in den Genuss dieser Anreize kommen können, einfach, weil der Gerüstbauer mit 60 Jahren nicht mehr arbeitsfähig ist und ganz bestimmt nicht bis in die 70er arbeiten kann, der privilegierte Büroangestellte hingegen schon…

3 „Gefällt mir“

Da kommt wieder der Punkt Eigenverantwortung ins Spiel, bei dem wir bekannter Maßen unterschiedliche Meinungen haben.
Allerdings ist natürlich die von dir angeführte Statistik nicht sauber, da sie nur einen Faktor, das Einkommen betrachtet.
Aber ein Geringverdiener hat ja nicht per se eine geringere Lebenserwartung, weil er wenig verdient.
Vielmehr spielen auch andere Faktoren eine Rolle, z.B. das Rauchverhalten

… oder Adipositas

Übrigens 2 Faktoren, die auch unser aller Krankenversicherungsbeiträge nicht unwesentlich beeinflussen.
Für mich ist deine obige Frage

also klar mit an die „allgemeine Lebenserwartung“ zu beantworten, und jeder sollte sein Möglichstes dafür tun, dass er möglichst gesund sehr alt wird.

1 „Gefällt mir“

Das sind alles Dinge, die ich nicht bestreite, aber wie du richtig sagst, verfolgen wir hier diametral gegenüberstehende Ideologien. Für dich ist das „Selbst Schuld, wenn die armen Menschen so viel Rauchen und so ungesund essen“, mich mich ist es „Soziale Ungerechtigkeit und mangelnde Bildung sowie diverse andere Benachteiligungen führen dazu, dass in dieser Schicht mehr geraucht und ungesünder gegessen wird. Das muss auch bei der Frage nach der Rente berücksichtigt werden.“

Du glaubst an den freien Willen, daran, dass jeder Mensch für seine Entscheidungen verantwortlich ist, ich glaube, dass der Mensch stets nur im Rahmen seiner biologischen Voraussetzungen und sozialen Erfahrungen handeln kann und sowas wie ein „freier Wille“ nicht existiert, dass deshalb gesellschaftliche Systeme die sozialen Realitäten berücksichtigen müssen, statt sich auf ein „Das Individuum könnte ja anders handeln!“ zurück zu ziehen…

2 „Gefällt mir“

Nur wenn man in System der Rente (Beitragszahler jetzt finanzieren durch Abgaben auf ihre Arbeit die Rente jetzt) bleibt.

Man könnte es auch anders denken und den Zeitraum der Babyboomer und deren Rente durch Steuern abfedern bis das Verhältnis konstant bleibt. Auf diese konstante Bevölkerung könnte man die Rente (auch mit späterem Eintrittsalter) ausrichten. Das würde die Lohnnebenkosten der Unternehmen senken, die Wettbewerbsfähigkeit verbessern.

Das würde aber eine Perspektive bis 2050 erfordern - welcher Politiker hat das schon.

Eine mögliche Kompensation wäre, den Wert der Rentenpunkte progressiv zu gestalten, sprich dass die ersten Rentenpunkte am meisten „wert“ sind.

Ich glaube, die einzelnen Maßnahmen sind in anderen Threads auch schon zu genüge besprochen, wobei ich da natürlich hier keinen Riegel vorschieben will.

Mir schwebt in den letzten Tagen eher die Meta-Ebene im Kopf herum: Das Wissen um die Notwendigkeit von Reformen (sei es die Rente, sei es Klimaschutz, seien es andere Auswirkungen des demographischen Wandels, des Bildungssystems, you name it) scheint grundsätzlich bei uns vorhanden zu sein. Es fehlt aber der Wille, die Reformen auch tatsächlich anzugehen, weil die gewünschten Richtungen in Bevölkerung und auch in der Regierung natürlich auseinander gehen. Der kleinste gemeinsame Nenner scheint darin zu bestehen, dann halt nichts zu tun und das Problem weiter in die Zukunft zu verschieben.

Was kann ich als Demokrat denn jetzt tun, was die letzten 30 Jahre nicht vergebens versucht wurde?

2 „Gefällt mir“

Wo sollen den bitte diese ganzen Mittel herkommen? Soviel Vermögens- Erbschaftssteuer, Kapitalerrtagssteuer können gar nicht erhoben werden, um diesen Betrag zu puffern. Und das auch noch über Schulden zu finanzieren ist wirklich unseriös.

Sorry to say, aber hier müssen wir auch einmal an die Eigenverantwortung denken.
Wir können natürlich probieren jeden Gruppe individuell zu betrachten (Schichtgänger, schwerkörperlich Arbeitende, Geringverdiener usw.), aber das lässt die Diskussion ersticken. Bsp. Jemand ist 20 Jahre in einer sozialen statistisch schlechter gestellten Sicht (woran das festgemacht wird wäre eine folge Frage) und dann 25 Jahre in einer sozialen Schicht die besser gestellt ist. Soll dann das Mittel gebildet werden?

Oder anderes Beispiel: Jemand ist Maurer und arbeitet 15 Jahre auf dem „Bau“. Dann wird er bei einen Großbetrieb, Betriebsmaurer und hat ein weniger körperlich anstrengendes Berfusleben. Wie soll dann Bewertet werden?

Das funktioniert einfach nicht.

Der Unionsvorschlag ist grade: Länger Arbeiten, dafür Steuerfrei bis 2000€, Sozialabgaben werden weiter voll bezahlt und man bekommt keine Rente zur gleichen Zeit. Das ist wohl für die meisten Berufe ein Minusgeschäft.

1 „Gefällt mir“

Meines Wissens sollen die 2000€ zusätzlich zur gezahlten regulären Altersrente gezahlt werden. Sonst wäre es ja witzlos….

2 „Gefällt mir“

Mein Kenntnisstand ist

In der Phoenix-Sendung „Unter den Linden“ am Dienstag sagte Hoppenstedt, die Rentenkasse würde durch die Aktivrente entlastet, da die „Rentenzahlung erstmal nicht einsetzt“. Insofern gehe es beim neu geplanten Rentenprogramm der Bundesregierung nicht um einen Hinzuverdienst. „Ich kriege dann ja keine Rente, wenn ich weiter verdiene“, sagte Hoppenstedt demnach im Wortlaut.

Ist die Frage wie sich die Regierung, speziell die CDU jetzt vorstellt.
Geht es um den Hinzuverdienst zur Regelaltersgrenze oder das Hinauszögern der Regelaltersgrenze?
Bei letzterem müsste ich das Renteneintrittsalter nur hochsetzen und sparen als Staat noch mehr Geld.

@mr.mucki

Aus deiner Quelle:
„ In diesem Fall muss der Bürger zwar einen Abschlag in Kauf nehmen, kann diesen aber durch eine längere Laufzeit der Rente kompensieren. Zudem kassiert er zwei monatliche Einkommen – Rente sowie Arbeitslohn – und höhere Rentenansprüche durch eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung vor der Regelaltersgrenze.“

Man muss wohl zwischen Aktivrente und Frühstartrente unterscheiden

1 „Gefällt mir“

Für mich geht das auch gar nicht anderes als das die Rentenzahlung aussetzt wird.
Ich meine, man soll abzugsfreie Rentenbezüge erhalten und dazu noch 2000€ Steuerfrei hinzuverdienen? Wie soll es sonst die Rentenkassen entlasten?

Flexirente wird diese Frühstartvariante und die gibt es schon seit 2017 von der vorigen schwarz-roten Koalition eingeführt.

Dann ist es aber kein Hinzuverdienst, sondern ein Hinauszögern der Altersrente.
Dann wäre der Begriff Aktivrente unsinnig.

Wäre das attraktiv genug?

Heißt aber, Rentner sollen ihre Rente beziehen und nicht mehr arbeiten? Bzw es gibt keinen Anreiz dazu vom Staat, sich etwas hinzu zu verdienen?

Hier rudert Hoppenstedt zurück:

Zitat:“ Auch im Koalitionsvertrag könnte man die Aktivrente so verstehen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, ohne Rente zu beziehen. Doch das stimmt nicht, erklärt CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und pfeift Hoppenstedt so umgehend zurück. „Bei der Aktivrente muss man nicht auf gesetzliche Rente verzichten. Im Gegenteil: Der Bezug der gesetzlichen Rente ist Voraussetzung für die Aktivrente“, stellt er gegenüber Welt klar.“

2 „Gefällt mir“

Danke für die Information.

Laut Linnemann könne jeder, der in Rentenbezug sei und freiwillig weiterarbeiten wolle, zusätzlich bis zu 2000 Euro steuerfrei dazuverdienen. Dabei müssen Rentnerinnen und Rentner keine Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung leisten. „Das schafft zusätzliche Kaufkraft und sichert Fachkräfte“, betont der CDU-Politiker. Das bedeutet, dass der Steuerfreibetrag von aktuell 12.096 Euro mit der Aktivrente auf 24.000 Euro ansteigt

Jetzt bin ich aber auch komplett raus. Wie soll den die Rentenkasse in diesem Model entlastet werden?

Das würde die OECD auch gerne anders sehen.
Seite 52ff
„Ergänzend dazu sollten die Steuervollzugsanreize der Länder erhöht und sollte die Steuerlückenschätzung für alle Steuerarten verbessert werden. In Deutschland liegen keine inländischen Informationen zu Steuerlücken vor. Der Hauptgrund dafür sind Datenschutz- und IT-Probleme, die durch die föderale Organisation der Finanzverwaltung und das strenge Steuergeheimnis verschärft werden (BMF, 2020[57]). Steuererhebung und Steuervollzug fallen in den Zuständigkeitsbereich der Länder, auch was Bundes- oder Gemeinschaftssteuern betrifft; dies ist eine Besonderheit des deutschen Steuersystems“

Bei dem Modell geht es ja um die Gewinnung von Arbeitskraft, nicht um die Entlastung der Rentenkasse.

Zur Entlastung der Rentenkasse wird ja grad die Anhebung des Renteneintrittsalters diskutiert

3 „Gefällt mir“

Sollte es das überhaupt oder habt ihr hier etwas komplett falsch verstanden? Soweit ich weiß ist es eine Maßnahme gegen folgende Dinge:

  • Altersarmut
  • Belastung der Sozialkassen durch Aufstocker
  • sanfterer Übergang in die Rente
  • Entlastung des Fachkräftemangels
1 „Gefällt mir“