Nordstream 2 - 2024

Ich kann die Interpretation hier nicht nachvollziehen. Im Artikel heißt es:

Bei den umfassenden Ermittlungen sei nichts gefunden worden, das darauf hindeute, dass Schweden oder schwedische Staatsbürger an dem Angriff in internationalen Gewässern beteiligt gewesen seien, erklärte Ljungqvist.

Aus der Aussage, dass man nichts habe finden können was auf einen schwedische Täterschaft hindeute kann ich nicht schlussfolgern, dass man etwas gefunden habe was auf einen bestimmten Tatverdächtigen hindeutet. Man kann es natürlich aus diesem Wortlaut heraus auch nicht ausschließen.

Auch im Englischen Text ist es ähnlich formuliert. Es steht nirgends, dass man sicher wissen würde, dass keine schwedischen Staatsbürger beteiligt sind, sondern überall nur, dass es keine Indizien für schwedische Tatverdächtige gäbe.

Ich glaube nicht, dass Deutschland belastende Infos hat.
Darum hofft man ja seit dem Regierungswechsel in Polen auf bessere Zusammenarbeit und dass die Ergebnisse aus Schweden weiterhelfen.
Wobei mich letzteres schon wundert. Ist es tatsächlich so, dass da jeder Staat alleine vor sich hinwurschtelt, statt die Kräfte zu bündeln und zu bestmöglichen Ergebnissen zu kommen? Oder liegt das daran, dass der Großteil der Informationen unter Geheimdienstschutz stehen und der höher bewertet wird als einen Fall aufzuklären?

Da Russland nicht „überführt“ wurde, muss es „aus der Liste der Verdächtigen gestrichen werden“? Was hat das bitte mit Logik zu tun? Ein Verdacht ist ja gerade dadurch definiert, dass es keine Gewissheit gibt. Sprich: so lange nicht nachgewiesen ist, dass der Kreml nicht für die Sprengungen verantwortlich war, gehört er weiterhin zu den Verdächtigen. Das wäre logisch. Interessant auch, dass Du hier Länder als „anti-russisch“ bezeichnest. Dürfte man erfahren, was du damit meinst und worauf du das gründest? Interessant auch, wie aus der „Spur in die Ukraine“, die in deutschen Medien immer wieder hervorgehoben wird und die in einigen Fällen ja dann doch eher eine Spur zu Bürgern der russischen Föderation ist, die auch noch einen ukrainischen Pass besitzen, sofort „die Ukraine“ zu einem „Hauptverdächtigen“ wird. Nochmal zu den Fakten: Für eine Beteiligung des ukrainischen Staates gibt es ungefähr soviel Hinweise wie für die Beteiligung des dänischen, haitianischen oder thailändischen Staates, nämlich keine.

Sie selbst haben die folgende Annahme/Behauptung eingebracht:

Diese Aussage könnte eine nicht-lügende schwedische Staatsanwaltschaft nur dann so resolut tätigen, wenn sie den Täter kennen würde (der kein Schwede ist). Daraus hat @Carsten88045 die oben zitierte Annahme geschlossen. Ich habe dann basierend auf Ihrer Annahme einen weiteren logischen Schluss gezogen.
Inzwischen hat @pbf85 angemerkt, dass die von Ihnen eingebrachte Annahme/Behauptung anscheinend nicht faktisch gesichert ist. Schweden behauptet eben nicht, zu wissen, dass keine Schweden beteiligt waren.

Ich meinte damit Länder, die im Kontext des aktuellen russisch-ukrainischen Kriegs diplomatisch einseitig Stellung gegen Russland bezogen haben.

…wäre ein Indiz für eine Täterschaft Russlands und nicht der Ukraine.

Interessant: Länder, die sich diplomatisch(!) gegen einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg wenden, sind also „einseitig“ und in diesem Fall „anti-russisch“. No further questions your honor.

Was die schwedischen Behörden wissen oder nicht wissen, entzieht sich schlicht unserer Kenntnis - da kann man noch so viel Exegese von Pressemitteilungen betreiben. Mit Logik hat das aber m. E. wenig zu tun.

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Das ist nun Ihre Definition. Ich habe etwas anderes geschrieben.

Zustimmung.

Da bin ich aber gespannt: Was genau soll der Unterschied sein? Meinst Du einen anderen Krieg? Oder bist du der Ansicht, dass irgendein Land per se gegen Russland ist, unabhängig davon, wer dort (wie) regiert und gegen wen dieses Regime Krieg führt?

Mit Dänemark stellt jetzt der letzte unserer Bündnispartner die Ermittlungen ein.

Die Untersuchung habe ergeben, dass es vorsätzliche Sabotage an den Pipelines gegeben habe, erklärte die dänische Polizei. Es gebe aber keine Grundlage für ein Strafverfahren in Dänemark. Daher habe man beschlossen, die gemeinsamen Ermittlungen mit dem dänischen Geheimdienst PET abzuschließen.

Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit bis auch Deutschland die Akten schließt, ganz weit weglegt und erst Historiker in 50 Jahren offenlegen, dass es wohl doch nicht die Russen waren (diese Vermutung ist naheliegend ansonsten hätte man ganz sicher mindestens Informationen durchgestochen).

Ganz ehrlich, ich empfinde das wirklich als demokratisches Trauerspiel. Wenn jmd. unsere kritische Infrastruktur angreift und massive Schäden verursacht erwarte ich Transparenz. Vor allem wenn genau diese Angriffe dann genutzt werden um
a) die Bevölkerung in binäre Gruppen wie Putinfans und Ukrainefreunde zu spalten
b) Stimmung für ein militärisches Engagement gegen einen Staat zu machen, der dann doch nicht verantwortlich war.

Vermutlich. Ich kann Dich insofern eventuell etwas trösten, als ich ohne nähere Kenntnis des Falls vermute, dass die dt. Strafverfolgungsbehörden auch ohne Verdacht auf dt. Staatsangehörige als Täter:innen ermitteln müssten, da § 308 Abs. 1 StGB, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, im Raum steht, sodass die Anwendbarkeit dt. Strafrechts nach § 6 Nr. 2 StGB gegeben sein dürfte.

Die Behörden haben also nicht die gleiche formale Begründung zur Verfügung. Aber ist zugegeben nur ein Strohhalm, an den man sich klammern kann. :smiley: Es kommen vermutlich ausreichend andere Einstellungsgründe der 153c ff. StPO in Betracht - die aber immerhin mehr Aussehen erregen würden als „keine Deutschen beteiligt“.

Ich finde diese Argumentation recht abenteuerlich. Die Einstellung der Ermittlungen heißt erst mal nur, dass die Dänen keinen Gegenstand für ein Strafverfahren in Dänemark sehen, wenn in internationalen Gewässern eine Pipeline zerstört wird, mit der dänische Unternehmen, Bürger oder Behörden nichts zu tun haben. Das ist ebenso banal wie erwartbar.
Da ist der Fall in Deutschland allein schon rechtlich anders gelagert, weil z. B. deutsche Unternehmen an den Betreibergesellschaften beteiligt sind oder diese deutsche Geschäftsführer haben.
Selbst wenn die deutschen Ermittlungsbehörden ebenfalls entscheiden sollten, die Ermittlungen einzustellen, ist das eben kein Beweis für irgendeine Urheberschaft - und auch nicht für das Gegenteil. Sprich: jegliches Mutmaßen daüber, dass es X gewesen sein muss oder Y nicht gewesen sein kann ist eben das: reine Mutmaßung. Diese wird auch nicht validiert durch die weitere Mutmaßung, dass ansonsten Ermittlungsbehörden, Geheimdienste, Medien, Öffentlichkeit etc. ganz anders damit umgegangen wären.
Ganz abgesehen davon wurden ja zum Teil Informationen veröffentlicht, die zugleich deutlich machen, dass andere Informationen nicht veröffentlicht wurden. So beispielsweise die von dänischen Behörden veröffentlichten Informationen zu den russischen Spezialschiffen, die im September 2022 am Ort der Explosionen gesichtet wurden. Die Positionsdaten und Fotos dazu blieben unter Verschluss.

Ich verstehe deine Position. Und hätte ich nicht den deutlichen Eindruck, dass du selbst eine sehr deutliche Position in der Nordstreamsache hast, würde ich deinen Beitrag mit Verweis auf die unklare Situation sehr schätzen. So macht es aber eher den Eindruck, dass du dich an einen Strohhalm klammerst um weiter die russische Täterschaft vertreten zu können.

Ich will ganz klar niemanden beschuldigen. Das habe ich vor 1,5 Jahren nicht getan. Und auch nicht danach. Und ich tue es auch jetzt nicht. Ich weiß nicht wer es war.

Aber das aktuelle Schweigen über die Täterschaft, obwohl man sich zuvor medial und gesellschaftlich so auf einen Täter eingeschossen hatte und auch sonst nicht mit Geheimdienstinformationen gegen Russland geizt, wirkt wirklich ungewöhnlich.

Zumal die Geheimdienste möglicherweise wirklich Hinweise haben. So berichtete der Leiter der Nordstream-Untersuchungen der ZEIT mal im Podcast, Geheimdienstler hätten ihm gesagt, Journalisten würden nie selbst den abschließenden Beweis finden. Den könnten sie nur von den Geheimdiensten bekommen, aber das werde nie passieren.

Er verwies selbst darauf, dass man das in Ermangelung von Konkretem als Gerede abtun müsse. Aber ernsthaft, warum sollte man sich so äußern wenn man die Smoking Gun des Kriegsgegners gefunden hat? Mir fehlt da bisher die Kreativität …

Ich „vertrete“ keine Täterschaft Russlands. Mir geht es ebenso wie Dir, dass ich schlicht nicht weiß, wer es war. Aber anscheinend nehme ich den Diskurs deutlich anders wahr als du und finde es deshalb wichtig, immer mal wieder darauf hinzuweisen, dass es auch Indizien gibt, die für eine Urheberschaft Russlands sprechen.

Wie gesagt, das ist glaube ich der Punkt unseres Dissenses. Ich nehme keine einhellige Festlegung auf Russland als Täter wahr - weder in „der“ Gesellschaft, noch in „den“ Medien. Und erst recht kein „einschießen“. Ich nehme es eher so wahr, dass in deutschen Medien seit Herbst 2022 die Andromeda-These (Stichwort: „Spur in die Ukraine“) die am häufigsten präsentierte ist.

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Nordstream 2 ist von Beginn an seitens der USA torpediert (höhö) worden. Zuerst auf legalem Weg, und als das nicht funktionierte, mit illegalen Sanktionen. Das war auch der Grund, weshalb Schwesig beauftragt wurde, Wege zu finden, NS2 dennoch zu realisieren. Dieses offen feindseelige Verhalten der USA hätte damals schon deutlich kritisiert werden müssen. Dass Biden sagte, man werde Nordstream ‚to an end bring[en]‘, war angesichts der vorherigen Politik nur konsequent. Vor diesem Hintergrund sind die ausbleibenden Ermittlungsergebnisse nicht überraschend.

Ergänzung: Der Königsweg aus der Affäre hätte sein können, Saluschni die Planung und Ausführung anzulasten. Ihm hätte die Tat zur Ehre gereicht, und mit einem ‚plausible deniability‘-Narrativ in Richtung Selenski wäre eine politische Kuh vom Eis gewesen.

Will mich nicht einmischen, nur ein paar Rechtsinfos liefern.

Das muss nicht so sein. Das Strafrecht kann auch Taten im Ausland erfassen, auch ohne Beteiligung der eigenen Staatsangehörigen. S. obiges Bsp. aus dem dt. Strafrecht, das hier relevant sien könnte. Das dänische und schwedische Strafrecht kenne ich aber nicht.
Bei der Anwendung solcher Normen bleibt dann oft ein gewisser Spielraum, der grundsätzlich auch mit (impliziten) politischen Erwägungen gefüllt werden kann. Also stimmt es, dass es unmittelbar „nur“ eine recht technische Frage ist, aber man kann solche Verfahren auch mit unterschiedlicher Energie betrieben.
Da ich die Untersuchungen nicht verfolgt habe, gehe ich aber ohne weitere Anhaltspunkte davon aus, dass die Einstellung tatsächlich allein rechtlich formal begründet wird.

Sehe in diesem Fall nicht direkt, dass das relevant würde. Die Strafbarkeit von Auslandstaten beruht nur für wenige Straftaten (idR Straftaten, die sich nur gegen Menschen richten können, d.h. Dinge wie schwere Körperverletzung, oder gg. Amtsträger:innen) auf der Staatsangehörigkeit/dt. gewöhnlichem Aufenthalt/dt. Amtsträgereigenschaft des Opfers (s. § 5 Nrn. 6, 9a b), 14, 16, § 7 Abs. 1 StGB). Juristische Personen sind davon nicht erfasst. Zudem sitzen die Nordstream-Eigentümergesellschaften mW in der Schweiz. Mir scheint die o.g. Strafbarkeit nach dt. Strafrecht wg. Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion nach § 6 Nr. 2 iVm § 308 Abs. 1 StGB wahrscheinlicher.
Kann es aber selbstverständlich nicht abschließend beurteilen.

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Danke für die Hinweise, @tacuissem, ich bin kein Jurist, von daher war das von meiner Seite eher spekulativ. Ich wollte nur dem Argument widersprechen, dass eine Einstellungen der Ermittlungen in Deutschland automatisch erwartbar ist, nur weil die Ermittlungen in Schweden und Dänemark eingestellt wurden. Das erscheint mir nach wie vor nicht plausibel.

Abgesehen von dem subtilen Wortwitz scheint es für einige schwer vorstellbar zu sein, dass nicht nur die USA, sondern auch zahlreiche EU-Mitglieder massive Vorbehalte gegen Nord Stream 2 hatten. Zu dieser Zeit haben deutsche Spitzenpolitiker es noch öffentlich gelacht, wenn jemand die Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energielieferungen benannt hat.

Bidens Satz fiel auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Scholz und bezog sich eindeutig auf ein politisches Ende für Nord Stream 2, was die Bundesregierung dann ja auch mitgetragen hat. Diese Aussage mit den Sprengungen in Verbindung zu bringen oder gar als Beleg für eine Täterschaft der USA anzuführen ist eigentlich eher das Niveau von RT, Seymour Hersh oder Sahra Wagenknecht. Ich hoffe das hast du nicht so gemeint.

Dass du es allerdings als Lösung „der Affäre“ ansiehst, einem ukrainischen Top-Militär die Sprengung der Pipelines anzulasten, obwohl es keinerlei Belege dafür gibt, dass das ukrainische Militär überhaupt etwas damit zu tun hatte (ganz zu schweigen von der Motivlage), spricht aus meiner Sicht Bände.

Das Fazit der Autoren: Die Spuren der Täter führen in die Ukraine, unter anderem nach Kiew und wohl auch in die höchsten Militärkreise.[…]
Wie unter anderem die „Zeit“ berichtet, soll ein Informant dem niederländischen Geheimdienst gesteckt haben, dass das Team, das den Anschlag durchführte, an keinen Geringeren als Walerij Saluschnyj berichtete.

Der Unterschied zwischen einem Beleg und der Aussage, dass ein Informant einem Geheimdienstmitarbeiter etwas über eine Beteiligung gesagt haben soll, ist Dir schon bewusst, oder? Zumal es sich immer noch um dieselbe „Spur“ handelt, auf die andere Geheimdienste gar nicht reagiert haben, weil sie sie anders eingeschätzt haben und die nach Aussagen anderer Journalisten nicht unbedingt nur in die Ukraine, sondern auch nach Russland führt.

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Jedes Szenario, in dem Russland nicht Täter ist, ist für Deutschland und die Nato höchst problematisch. Saluschni als Hauptverantwortlicher (bei gleichzeitiger plausible deniability Selenskis), wäre der Exit mit geringsten diplomatischen Verwerfungen.

Das Motiv wäre zu verhindern, dass Deutschland „schwach wird“ und bei einer Gasmanggellage wieder auf Russland zugeht.

Schönes Gedankenspiel. Passt nur überhaupt nicht zu der Tatsache, dass bei Nord Stream 1 die Gaslieferungen schon längst einseitig durch Russland beendet worden waren und dass ausgerechnet Nord Stream 2 weiter mit Einschränkungen betreibbar blieb und es seitdem mehrere Angebote von russischer Seite an Deutschland gab, die direkten Gaslieferungen durch eine Inbetriebnahme von Nord Stream 2 wieder aufzunehmen.

Das verstehe ich nicht. Warum sollte die Tatsache, dass Russland bei NS1 den Gashahn im Sommer 22 bis auf 10% gedrosselt hat, verhindern, dass Deutschland bzw. ganz Mitteleuropa im Winter bei leeren Gasspeichern einknickt?

Mir scheint eher, dass das russische Vorgehen, Lieferungen im Sommer zu drosseln, geeignet war um den Druck auf Europa zu erhöhen, so dass Europa im Winter die Unterstützung der Ukraine zugunsten von Gas aus Russland einstellt.

Es gab auch Medienberichte darüber, dass amerikanische Offizielle die Ukrainer vor so einem Szenario gewarnt hätten. Also so unrealistisch kann das ja nicht sein.

Von Spekulationen über die USA als Täter distanziere ich mich allerdings ausdrücklich.

Oder meinst du den Fakt, dass eine Röhre übrig blieb. Das ist tatsächlich ein Mysterium, aber kann ausgeschlossen werden, dass die Sprengung einfach fehlschlug oder die Angreifer gestört wurden? Wäre es möglich, dass man bewusst eine Röhre übrig gelassen hat um über die Motivlage Verwirrung zu stiften?