Nachhaltigkeit durch Haltbarkeit zum Nulltarif

Hallo zusammen,
zur Einleitung in dieses Thema würde ich gerne eine Erfahrung teilen:

Ich wollte mir vor 2-3 Monaten einen neuen Drucker kaufen, da der alte nach vielen Jahren nicht mehr funktioniert hat und eine Reparatur zu teuer war. Auch die Software zum Drucker war irgendwann nicht mehr komplett nutzbar unter Windows.
Auf der Suche nach einem neuen Drucker musste ich dann mit Erschrecken feststellen, dass die neuen Drucker alle nur noch 1 Jahr Garantie haben (bis auf einen Hersteller). Das finde ich bei Geräten die viele hundert Euro kosten schon unverschämt. Je nach Händler wo man das Gerät kauft, kann man natürlich für zusätzliches Geld eine Art „erweiterte Garantie“ abschließen.
Eine ähnliche Erfahrung hatte ich schon vor ein paar Jahren mit Laptops gemacht. Auch da hat es mich schon massiv geärgert, dass die Hersteller so wenig Garantie anbieten.

Mir ist dann der Gedanke gekommen, ob es nicht möglich wäre, die Gewährleistung für Produkte >50€ (oder so) auf 5 Jahre zu erhöhen. Zusätzlich müsste man aber die Beweislast auf die Hersteller (in den ersten Jahren?) festlegen. Dies würde den Staat erstmal nichts kosten und würde dem Umweltschutz, durch mehr Nachhaltigkeit und somit weniger Verbrauch bei den Gütern, deutlich helfen. Auch für die Kunden wäre dies erfreulich.
Wenn jetzt wieder das Argument mit „der Markt regelt das von alleine“ kommt, dann kann ich dies leider aus meiner Perspektive nicht feststellen. Ich habe jetzt den Drucker bei dem Anbieter gekauft, der 3 Jahre Garantie gibt. Aber bei Laptops gibt es solche Anbieter glaube ich nicht mehr. Und der Verkauf der Zusatzversicherungen ist sicher auch noch lukrativer, als die Produkte langlebiger zu machen.

Ich würde mich über Meinungen und Punkte die ich vielleicht vergessen habe zu berücksichtigen freuen!

Gruß
Jan

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Längere Haltbarkeit von Produkten wäre sicherlich nachhaltig und im Sinne der Kunden.

Allerdings gilt in unserem System der Marktwirtschaft ja schon das Ziel des stetigen Wachstums. Für Unternehmen bedeutet das, stetig mehr Produkte zu verkaufen, um entsprechend steigende Gewinne zu erzeugen, was auch dem Aktienkurs positiv beeinflusst.
Lang haltende Produkte wirken diesem Prinzip ja entgegen.
Im Grunde müsste man sich alle technischen Geräte vom Kühlschrank über Handy bis Auto mindestens jährlich neu kaufen, um zu diesem Wachstum beizutragen.
Daher befürchte ich, das eine begrenzte Haltbarkeit von Seiten der Hersteller schon bei der Konstruktion zumindest berücksichtigt wird. Daher auch die kurzen Garantiezeiten.

Anekdotische Empirie: Ich habe noch kein einziges größeres Elektrogerät besessen, das nicht entweder bereits von Anfang teilweise defekt war oder das bis zu seiner Abschaffung/Ersetzung (typischerweise nach 5 bis 10 Jahren) voll funktionsfähig war (alterungsbedingt zwar mit leicht verminderter, aber nichtsdestotrotz zufriedenstellender, Leistung). Soll heißen: zumindest in meinem Fall ist die „Haltbarkeit“ nahezu ausschließlich vom Kunden und nicht vom Hersteller abhängig.

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Eine Alternative könnte sein, dass Geräte vom Hersteller nur geleast werden können. Somit läge das Kostenrisiko bei kurzer Lebensdauer und damit die Motivation diese zu verlängern beim Hersteller.

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Bei guter Pflege halten Geräte durchaus länger.

Software ist ein Problem

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Dafür soll ja jetzt in der EU die Update-Pflicht kommen.

Dann hätte der Kunde einen zusätzlichen Anreiz jedes Jahr sein Gerät für eine nur leicht höhere Leasing-Rate durch das nächste, marginal bessere Neugerät ersetzen zu lassen. Oder aber Leasing-Verträge haben eine Mindestdauer von 3 Jahren, aber dann könnte der Hersteller auch einfach direkt 3 Jahre Garantie geben.

Definitiv! Wie gesagt: Ich habe noch nie das Lebensende eines größeren Geräts erlebt. Davor habe ich es immer aus „Lifestyle-Gründen“ ersetzt, nicht weil es defekt war.

Der Anbieter hätte gar keinen Anreiz mehr das nächste zu entwickeln.
Der Nutzer hingegen könnte an den Transaktionskosten bei so einem Tausch beteiligt werden.
Dass Nutzer upgraden wollen, erscheint mir weniger problematisch, da ein Rückläufer ja anderen Angeboten werden kann. Die passende Nachfrage zum Angebot lässt sich ja über den Preis regeln.

Die Vor- und Nachteile von Leasing kann man ausführlich auf dem Automarkt studieren (als Alternative zum Kauf oder zu Car Sharing). Ich möchte hier keine Wertung vornehmen, ob Leasing in der Gesamtschau zu einer längeren (i.d.R. durch verschiedene, aufeinanderfolgende Nutzer) oder kürzeren Gerätenutzung führt.

Wenn Leasing sich bei anderen Geräten ökonomisch lohnen würde, hätte es sich wahrscheinlich schon längst als Alternative durchgesetzt. Dass Leasing sich beim „Spezialgut“ Auto durchgesetzt hat, liegt hingegen eventuell nicht an Kostenoptimierungsgründen, sondern an der teilweise hochgradig emotionalen bzw. nicht-objektiven Nutzenbewertung von Neuwagen oder der Spezialbehandung dieses Guts durch das Dienstwagenprivileg.

Das ist bei mir ähnlich, aber die Geräte die man aktuell kaufen kann, selbst von Marken-Herstellern, werden gefühlt immer anfälliger gebaut. Bei dem Laptop damals war es schon so, dass der Bildschirm nach 1 Jahr und 2 Monaten „kaputt“ war. Der Fachhändler der die Reparatur gemacht hat, hat mir dann gezeigt woran das lag. Der Hersteller hatte für den Bildschirm eine „unglücklichen“ Klappmechanismus genutzt. Der Fachhändler hatte mir dann verschiedene Modelle und die Bildschirmbefestigungen gezeigt. Bei einer anderen, teureren Marke war das nachvollziehbar besser gelöst. Nur konnte sich damals meine Freundin als Studentin keinen teureren Laptop leisten. Im Endeffekt wurde der vorhandene Laptop dann für 1/3 seines Original-Preises noch mal repariert und weiter genutzt. Aber man musste dann immer aufpassen wie man den Bildschirm zu macht. Es sollte nicht sein, dass man bei günstigen Geräten dann immer „zwei mal kauft“ wie es so schön heißt.

Bei einem neuen Sofa das ich vor einem Jahr gekauft hatte war direkt am Anfang schon ein kleiner Defekt. Der Polsterer, der kam um das Problem zu lösen, erzählte mir, dass die Qualität dort auch extrem abgenommen hat in den letzten Jahren. Die Sofa-Hersteller sagen dann, man darf nur gerade und mittig auf den Sitzflächen sitzen, sonst ist das ja eine falsche Verwendung. Mein Defekt mit dem Sofa war im Endeffekt ein in Kauf genommener Konstruktionsfehler. Der Polsterer hat mir geraten immer wieder zu reklamieren, wenn das Problem auftritt, damit die Hersteller dann hoffentlich über die Beschwerden irgendwann reagieren. Das Sofa war aus einem Fachmarkt und ein mittelpreisiges Modell.

Wie die Marktwirtschaft funktioniert und das möglichst viele Produkte verkauft werden sollen ist mir klar. Das Haltbarkeit dagegen steht ist auch logisch. Da der Markt mir aber am liebsten jeden Monat ein neues Gerät verkaufen würde, ist es am Staat da evtl. Grenzen zu setzen. Die aktuellen 2 Jahre Gewährleistung kommen ja noch von irgendwo her.

BSH testet jetzt zumindest Leasing von Waschmaschinen. Die Motivation ist u.a. die Rohstoffe im Zugriff zu halten.

Ich habe nun die BSH Leasing-Raten mit den Kaufpreisen auf Amazon verglichen. BSH bietet 3 Leasing-Optionen „1Jahr+“, „2Jahre+“, „4Jahre+“. Bei „4Jahre+“ (und Rückgabe nach genau 4 Jahren) zahlt der Kunde eher mehr als den Kaufpreis. Bei „1Jahr+“ (und Rückgabe nach genau 1 Jahr) den halben Kaufpreis. Bei „2Jahre+“ etwas dazwischen.

Die Optionen „1Jahr+“ und „2Jahre+“ bieten sich wohl höchstens für Kunden an, die regelmäßig ihren Wohnort wechseln. Die Option „4Jahre+“ erscheint mir unattraktiv im Vergleich zu einem Kauf.

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Drucker mit 1 Jahr Garantie sind sinnlos, da Du ja 2 Jahre gesetzliche Gewährleistung hast mit Beweislastumkehr nach 12 Monaten.

Mit fortschreitender technischer Entwicklung sollten längere Gewährleistungszeiträume möglich sein.

Es wird sich aber im Preis ausdrücken und oftmals ist es ja noch so, dass wertigere Geräte nicht grundlos teurer sind. Damit meine ich explizit keine „Markenzuschläge“ wie bei Sneakern, Sportkleidung etc.

Berücksichtigt werden muss auch, dass es verschiedene Produktlinien gibt mit unterschiedlichen Qualitäten und Einsatzszenarien. Beispiel: Grüne Bosch Heimwerker Werkzeuge sind für DIY, während blaue für den prof. Einsatz sind. Zumindest war es mal so… Von daher wäre es m.E. auch sinnvoll für ein Gerät diese Leitplanken anzugeben, z.B. bei Druckern die Anzahl Seiten pro Woche / Monat.

Mir wäre es lieber, wenn für Großgeräte für eine bestimmte Zeit (7 - 10 - 15 Jahre) ein qualifizierter Reparaturdienst zu sinnvollen Konditionen bestünde. Heute sind Ersatzteile und Lohnkosten so hoch, dass man viele Großgeräte nach 3-5 Jahren bei Defekt besser ersetzt als zu reparieren (wirtschaftlich betrachtet).

Im Sinne der Nachhaltigkeit könnte man aber auch Konsumenten nötigen ihr Verhalten anzupassen, z.B. Mindestnutzungsdauer für bestimmte Geräte wie Smartphones (hatte ich mal in früherer Firma, fand ich gut!) Schwierig in Umsetzung, aber deshalb nicht unbedingt sinnlos :wink:

Kommt auf die genauen Garantiebedingungen an, eine Garantie kann über die gesetzlichen Gewährleistungsrechte hinausgehen.

Das kommt darauf an, welche Interessen die Hersteller verfolgen.
Die neue technische Entwicklung lässt auch den Einsatz günstigerer Bauteile zu, welche zwar mindestens die nötigen zwei Jahre halten, aber eben keine 15, wie das hochwertigere Bauteil. Klassischerweise z.B. Plastikteile statt Metallteile.

Die technische Entwicklung macht eben auch geplante Obsoleszenz einfacher, was wir daran sehen, dass gerade die Großgeräte (Waschmaschine, Spülmaschine), die früher i.d.R. 10+ Jahre gehalten haben, heute selten älter als 3 oder 4 Jahre werden, bis sie ein „wirtschaftlicher Totalschaden“ sind.

Eher unmöglich in der Umsetzung. Und auch nicht unbedingt sinnvoll. Zum Beispiel können sich die Ansprüche an ein Smartphone schlicht ändern, sodass ein Neueres mit besseren technischen Spezifikationen notwendig wird. Smartphones sind eben auch Spielekonsolen.

Das bietet z.B. Amazon ja schon an, allerdings nur für 3 Jahre. Mehr als 3 Jahre sind als generelle Option vermutlich aktuell nicht wirtschaftlich, weil im Zeitraum zwischen 3 und 5 Jahren zu viele Geräte ausfallen… wie gesagt, die Hersteller bauen im Sinne der geplanten Obsoleszenz i.d.R. Bauteile ein, die zwar mit hoher Sicherheit zwei oder drei Jahre überstehen, aber auch nicht deutlich mehr. Wenn die Hersteller damit aufhören würden wären wohl auch 5 oder 10-Jahres-Garantieerweiterungen möglich, aber die Preise der Geräte würden eben deutlich steigen.

Die Frage ist, was wir als Gesellschaft wollen - günstige Elektrogeräte oder lange haltende, umweltfreundliche Elektrogeräte. Und ich fürchte, die Antwort auf diese Frage wird uns nicht gefallen.

So wie es immer wieder behauptet. Meines Wissens konnte das aber noch nie nachgewiesen werden.

Grober Unfug

Und ausgerechnet das rechtfertigt ein funktionierendes Gerät zu entsorgen. Das finde ich echt krass. Für ein bisschen zocken ist plötzlich jede Schandtat gerechtfertigt

Da hast du was verpasst. Mit dem Right to Repair wird die EU genau in diese Richtung gehen

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Bei Mainboards in Computern kann das sehr wohl nachgewiesen werden. Billigere Geräte haben minderwertigere Elcos, die bei geringeren Temperaturen platzen als die höherwertigeren, manchmal sogar schon im Testszenario der Redakteure.
Auch bei Fernsehern gibt es Geräte, die minderwertigere Chips nutzen, die bei Dauernutzung schneller den Geist aufgeben.

Man muss da unterscheiden: Wer sein Gerät wenig nutzt, kann sicher lange daran Freude haben. Für exzessive Nutzung sind aber viele Geräte heutzutage nicht mehr ausgelegt, weil einfach billigere und weniger widerstandsfähigere Komponenten verbaut werden.
Das ist problematisch bei Wärmeentwicklung (z. B. Computer, Fernseher) oder beweglichen Teilen, vor allem verbunden mit starken Kräften (z. B. Waschmaschine, Kinderspielzeug)

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Ich kann nichts zu Studien dazu sagen, aber in meinem Studium hatte ich mehrere Fächer, in denen die Auslegung oder der Test von Bauteilen hinsichtlich ihrer Lebensdauer thematisiert wurden.

Dahinter steckte aber weniger der Wille, dass das Gerät nach 3 Jahren geplant den Geist aufgibt, als dass die Firma sich gegen einen früheren Ausfall (statistisch) absichert.

Dass Geräte heute früher defekt gehen als vor vielleicht 30 Jahren dürfte unstrittig sein. Der Grund dafür dürfte aber eher in gleich drei Punkten liegen und keiner hat mit Böswilligkeit der Unternehmen zu tun:

  1. höherer Kostendruck in der Produktion durch Globalisierung zwingt zu kostenbewusstem Umgang mit Materialien
  2. Großmaschinen wie Waschmaschinen und Geschirrspüler sind heute weit komplexer und komplizierter konstruiert als früher
  3. Geräte sollen (zumindest in Europa) immer kompakter gebaut werden und sollen gleichzeitig am besten mehr können

Waschmaschinen (von BSH) nutzen heutzutage beispielsweise Mikrocontroller, die über Machine-Learning und Deep-Learning Algorithmen kontinuierlich den Waschvorgang analysieren und nach Bedarf steuern. Das führt dazu, dass heute etliche Sensoren verbaut werden, der nötige Mikrocontroller und natürlich noch ein paar Aktoren.

Das ermöglicht eine ressourcenschonendere Reinigung. Eine höhere Komplexität mit mehr und vor allem komplizierteren Bauteilen, erhöht aber auch die Ausfallrate. Gleichzeitig erschwert die gewünschte Kompaktheit auch noch die Reparierbarkeit und treibt so leider die Reparaturkosten.

An dieser Stelle muss ich an Ulrike Herrmann denken. Würden wir nur auf den (technischen) Stand von 1978 zurückgehen, dann fiele uns die Nachhaltigkeit durch Haltbarkeit viel leichter. Aber wollen wir das ernsthaft?

Bitte vergiss nicht @Daniel_K, Unternehmen haben einen Ruf zu verlieren. Stellt Bosch morgen nur noch Waschmaschinen her, die nach 3 Jahren den Geist aufgeben, dann werden die Kunden schnell weglaufen. Geplante Obsoleszenz ist daher ein zweischneidiges Schwert.

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Grundsätzlich würde ich unterschreiben, dass dies der Trend ist. Das selten älter als 3 oder 4 Jahre erscheint mir aber übertrieben.

Die Gründe für „wirtschaftlichen Totalschaden“ sehe ich eher darin, dass viele Geräte in Ländern mit deutlich geringerem Lohnniveau gefertigt werden, die Fertigung deutlich automatisierter ist als eine Reparatur und und das Ersatzteile oft überteuert sind. Gerade letzteres ist oftmals unverschämt, da platt ausgedrückt die Einzelteile des Kühlschranks schnell das Vielfache des Kühlschranks kosten.

Aber ist das richtig? Nachhaltigkeit für Firmen und Konsum ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeit, Umwelt und Ressourcen für das Volk? Warum nicht den Konsumenten zu mehr Nachhaltigkeit anregen und auch mal einfordern?

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Gerade bei Android-Smartphones steigen die Anforderungen mit jedem Update. Waren mal 2GB Arbeitsspeicher ausreichend, dürfen es jetzt gerne 6 GB sein.
Dass Smartphones die neueste Androidversion nicht unterstützen ist nicht nur Böswilligkeit, sondern auch, dass die neueste Version das Gerät an seine Grenzen bringt. Gleichzeitig stellt das aber ein Sicherheitsrisiko dar, das man in einer Firmenumgebung nicht möchte.

Apple ist hier sicher positiv hervorzuheben, aber die müssen halt auch nur auf eigene Geräte Rücksicht nehmen.
Wer nachhaltig denkt, sollte also iPhones in der Firma nutzen, die dann auch länger genutzt werden können.
Das bringt aber dann das Problem, dass man keine selbst programmierte Software nutzen kann.

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