Mutmaßliche Steuerverschwendung bei PCR-Tests: wie werden Ausgaben aus Steuermitteln kontrolliert?

Hallo.

In bin heute auf folgende Meldung gestossen:

Meine Frage, da ich in dieser Thematik nicht allzu firm bin:

Wie wird die Verwendung von Steuermitteln kontrolliert? Insbesondere bei Ausgaben in Krisenzeiten, wie PCR Tests oder Rüstungsausgaben angesichts des Ukraine-Krieges, bis hin zur Maut-Affäre um Scheuer in Nicht-Krisenzeiten?
Eine Pflicht zur Wirtschaftlichkeit oder Sparsamkeit sehe ich eher selten, trotz doch üppiger Prüfkapazitäten in Behörden.

Kommen solche „Verschwendungen“ im Nachhinein ans Licht, zucken die Verantwortlichen meist mit den Schultern und begründen es mit „War halt so“.

Bei einem Rententräger soll ein Referent wegen einer kostspieligen Fehlentscheidung persönlich haftbar gemacht worden sein. Seitdem wird ja jede Ausgabe mehr als gründlich begründet und hinterfragt („Ausgaben aus Rentenversicherungsbeiträgen“).
Wäre das ein Modell für die Politik?
Auch drängt sich das Gefühl aus, das über Lobbygruppen mehr Geld als nötig ungeprüft an Unternehmen fliesst, die dann enorme Gewinne ausweisen können.
Ist das nun unserer Prinzip der staatlich unterstützen Marktwirtschaft?

Naja, hier sollte man es sich nicht zu leicht machen.

Krisenzeiten werden immer dazu führen, dass man viel Geld auf die Krise wirft, um sie zu bewältigen. Das lockt besonders viele marktwirtschaftliche Akteure aus ihren Löchern, um davon zu profitieren.

In der Anfangszeit der Corona-Pandemie wurde immer wieder gerne der Satz eines Ebola-Experten zitiert, dass es in Epidemien / Pandemien vor allem wichtig ist, schnell zu reagieren - wichtiger noch, als 100% richtig zu reagieren. Es ist daher auch richtig, erstmal Tonnen von Geld auf PCR-Test-Labore zu werfen, damit diese ihre Kapazitäten erhöhen - auch wenn dabei viel Geld durch Ineffizienz und auch Missbrauch verschwendet wird. Einfach weil die Alternative, jede Ausgabe vorher gründlich zu prüfen, zu lange dauern würde.

Für die Rentenversicherung (und die Maut-Affäre) kann man so etwas fordern - für die Bewältigung einer akuten Epidemie / Pandemie hingegen nicht. Und auch die Ukraine würde bis heute noch auf deutsche Unterstützung warten, wenn man alles maximal-gründlich geprüft hätte, denn auch hier kommt es in erster Linie auf die Schnelligkeit der Reaktion an.

Ist die Situation daher ideal? Sicher nicht.

Aber die Alternative, in akuten Krisen noch langsamer handlungsfähig zu sein, als wir es ohnehin schon sind, wäre einfach noch schlechter.

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Guter Punkt.

Stimmt, im Nachhinein ist gut zu kritisieren, und „Krisengewinnler“, auch durch Missbrauch, wird es wohl immer geben.

Problematisch sind dann wohl eher so Mautgeschichten ausserhalb Krisenzeiten.

Aber mal zynisch gedacht: aktuelle Kriegsgefahren, das Sondervermögen soll ja schnelle Ergebnisse zeigen. Die Bundeswehr kauft jetzt 40 generalüberholte Marder bei der Industrie je zum Preis eines Puma Schützenpanzers. Weil erhöhte Nachfrage, nur der Marder ist grad verfügbar, also hohe Preise.
Wäre das auch durch die Krise begründet?

Und Andi Scheuer beruft sich ggf darauf, mit der Maut einer Verkehrsinfrastrukturkrise begegnen zu wollen, daher die Eile - wer legt krisen fest?

Ich wundere mich nur, das selbst banale Prüfungen, simple Preisrecherchen, offenbar ausbleiben und man den entsprechenden Lobbyverbänden da voll vertraut.

Also nichts gegen „Krise mit Geld bewerfen“ aber kann man da nicht auch noch ein paar Hintertüren einbauen um sich zur Not das Geld zurück zu holen?

Also als Beispiel: Pandemie Labore sollen Testkapazität erhöhen und bekommen Geld. Nun hat bei nachträglicher Prüfung Labor 1 25% geschafft, Labor 2 mit demselben Geld aber nur 10%

Da sollte man dann ein Teil des Geldes zurück holen können, sofern Labor 2 nicht eine gute Begründung hat für das schlechte Ergebnis.

Das ist der Punkt, es muss bei solchen groben Fahrlässigkeiten auch möglich sein, rechtliche Konsequenzen im Nachgang durch unabhängige Gerichte zu verhängen. Bei Krisen ist das natürlich oft etwas anderes und muss sehr vorsichtig geprüft werden, aber bei Scheuer ist es extrem heftig. Ich denke so eine nachträgliche rechtliche Belangung würde die Demokratie auch ehr stärken, sonst wirkt es immer so, als stünden Politiker über dem Gesetz.

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Das würde ich auch gern ein bisschen häufiger sehen. Bzw. realistischer als eine nachträgliche Beurteilung der Leistung wäre glaube ich bei länger andauernden Situationen ein etwas zügigeres und härteres „Runterfahren der Großzügigkeit“.

Es ist ja okay, wenn man initial zum Aufbau einer Infrastruktur - seien es jetzt PCR-Kapazitäte, tausende Schnellteststellen oder auch Munitionsproduktionskapazitäten - sehr großzügige Summen und Bedingungen auslobt, die Unternehmen und Unternehmer anlocken und die Kosten zum Aufbau der Infrastruktur decken sollen und vor allem vermeiden sollen, dass man versehentlich durch Unterschätzen der Kosten bei einer aus Zeitmangel nur sehr groben Kalkulation dann doch zu wenig Incentive generiert. Aber warum bleiben solche utopischen Summen dann monate- bzw. teils jahrelang im utopischen Bereich und werden nicht kurze Zeit, nachdem der gewünschte Effekt des Aufbaus der Infrastruktur erreicht ist, radikal aufs Notwendige runtergekürzt? Da zählt das Argument „wir haben ja keine Zeit“ dann irgendwann auch nicht mehr, wenn man Monate bis Jahre Zeit hat, um den Markt zu beobachten und die echten laufenden Kosten zu bewerten.

Gerade wenn man selbst (als Staat) der größte Nachfrager ist wie im Fall der PCR-Tests hat man doch die Option, in die großzügig bemessenen Bedingungen einen Passus reinzuschreiben, demzufolge die Labore als Teil der Auftragsausführung verpflichtet werden, ihre konkreten laufenden Kosten zeitnah transparent zu machen. Das ist die wesentliche Datengrundlage, die man für eine laufende Bewertung der Angemessenheit der gezahlten Preise benötigt. Wer auf diese Bedingung keine Lust hat, der kann halt nicht am initial bewusst sehr üppig gefüllten Trog mitfuttern. Sollte daher meiner Meinung nach kein Problem geben, so eine Anforderung durchzusetzen. Und dann setzt man ein paar fähige Leute drauf an, auf Basis dieser Daten die ausgelobten Preise konstant zu bewerten und baldmöglichst die Gewinnspannen zu drücken.

Mein Eindruck ist irgendwie immer, dass auf Seiten der öffentlichen Hand kein einziger sitzt, der diesen Job macht, und auf Seiten der Privatwirtschaft hunderte Betriebswirtschaftler sitzen, um mit Argusaugen die öffentlich aufgestellten Futtertröge zu beobachten und in Echtzeit den Einsatz der verfügbaren Absaugrohre zu koordinieren und optimieren. Das mag vielleicht eine etwas unfair vereinfachende und gewisse Klischees bedienende Sicht auf die Dinge sein, aber andererseits, wenn ich mir so die Incentives anschaue, würd es mich nicht wundern, wenn’s tatsächlich so aussähe: die privatwirtschaftlichen Unternehmen haben einen enormen Drang zur Profitmaximierung, während der Druck auf Seiten des Staates zur Minimierung von Ausgaben doch eher überschaubar ist, insbesondere nachdem man praktisch ein Jahrzehnt lang eingeübt hat, jede Unzufriedenheit, jeden Konflikt und überhaupt jede Andeutung einer Krise einfach mit (geliehenem) Geld totzuwerfen.

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Weitere interessante Hintergründe, auch zur Lobbyarbeit der Laborärzte. Besonders auch die Frage, warum die Kosten so lange auf hohem niveau gehalten wurden.

Quelle NDR/ARD Podcast 11KM

11KM: der tagesschau-Podcast: PCR-Tests: Wohl Milliarden Euro zu teuer

Webseite der Episode: PCR-Tests: Wohl Milliarden Euro zu teuer | NDR.de - Nachrichten - NDR Info

Mediendatei: https://mediandr-a.akamaihd.net/download/podcasts/podcast5654/AU-20230108-1405-1400.mp3