Muss Deutschland "kriegstüchtig" werden?

Das sehe ich auch so.

zudem muss aber auch unserer Bevölkerung klar sein, das Verteidigung nicht nur Abschreckung und Säbelrasseln bedeutet, sondern das im Worst Case auch geschossen und gebombt wird, und auch Menschen zu Schaden kommen.
Als Kind des Kalten Krieges (und mit Menschen damals, die selbst Krieg erlebt haben) hab ich noch diese grundsätzliche Krisenbereitschaft mitbekommen.
In gewissem Maß muss heute auch eine gewisse Krisensensibilität wieder geschaffen werden, denke ich.

Aktuell würde ich Deutschland, sollte es zeitnah zu einer kriegerischen Auseinandersetzung kommen mit Cyberangriffen und Sabotage, trotz NATO Bündnis maximal Tage geben, bevor es Kollabiert

Ich verstehe diese ganze Angstmache um einen angeblichen Angriff Russlands nicht. Nur als Perspektive: Russland hat aktuell Schwierigkeiten, die Ukraine zu besiegen. Die Ukraine hatte vor Kriegsausbruch ein Verteidigungsbudget von knapp 6 Milliarden US-Dollar (Quelle).

Das Verteidigungsbudget von Deutschland lag zur selben Zeit fast zehnmal so hoch. Und wir sollen uns Sorgen um einen Angriff Russlands machen? Um gar nicht davon zu sprechen, dass wir Teil der NATO sind, deren Militärausgaben sich insgesamt auf das 500-fache (!) der Ukraine vor Kriegausbruch belaufen (Quelle).

Wozu bitteschön muss Deutschland „kriegstüchtig“ werden?

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Da haben eben jetzt einige Leute Blut geleckt und sehen die großen $$$ Noten in den Augen. Und man sieht ja aktuell schon beim Ausgeben des Sondervermögens, dass mehr Geld nicht auch gleichzeitig eine Verbesserung dieser Wehrfähigkeit eintritt.

Und gleichzeitig ist eine Armee und damit potentiell geführte Konflikte einer der größten Klimakiller, die wir kennen.

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Nun, einerseits war sich die Ukraine der Gefahr durch Russland bewusst, hat seine Armee entsprechend vorbereitet. Was offenbar effektiv war, wie die Russen gemerkt haben.

Zum andeten kann man sicherlich den Verteidigungsetat der Länder gegenüberstellen. Allerdings werden bewaffnete Auseinandersetzungen selten dadurch entschieden, wer mit mehr Geldbündeln werfen kann.

@WilliWuff Wenn wir denn im sicheren Arm der NATO so ungefährdet sind und im weiteten Umkreis keine mittel- oder langfristige Gefahr droht (weil Russland ja nichtmal die Ukraine bezwingen kann), und unsere Infrastruktur unangreifbar und mit deutscher Gründlichkeit und Perfektion gesichert ist, stellt sich mir durchaus die Frage nach dem Sinn der Bundeswehr. Müssen wir dann da überhaupt Geld reinstecken, wenn wir sie eigentlich nicht brauchen? Dann bezahlen wir halt die andeten NATO Länder dafür, das sie uns beschützen.

(Entschuldige den etwas ironischen Unterton, aber ich finde den Gedanken dann schon berechtigt)

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Passend zu dem Thema wurde heute folgender Artikel dazu veröffentlicht:
Forscher: Bundeswehr etwa gleichauf mit Frankreich und Großbritannien | WEB.DE

Auch wenn der Artikel von und bei web.de gepostet wurde, geht es hier um eine Studie des Bonn International Centre for Conflict Studies, welche dann doch wohl vertrauenswürdig wirkt.

Ganz so extrem „schlecht“ wie unsere Bundeswehr geredet wird, ist sie gar nicht.

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Qualitativ denke ich das auch. Hab es ja selbst lange Jahre praktiziert.
Die Soldaten/innen selbst halte ich rein von Einstellung und Ausbildung für qualitativ schon sehr gut.
Ein Vergleich ist auch immer eine Frage der Messlatte. In Europa haben wir nicht viele Armeen, die auf realistische Erfahrungen in einem hochintensiven Gefecht zurückblicken können.
Was den glücklicherweise friedlichen letzten Jahrzehnten geschuldet ist.
Aber rein materiell schaut es schon noch düster aus, vor allem Munition und Nachschub/Ersatzteile.
Da hab ich noch die Zahl von 2 Tagen im Kopf, die wir aktuell durchhalten könnten, bevor und das Nötigste ausgeht

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Ja gut, dann stimmen wir also überein, dass wir uns das mit Sondervermögen auch sparen können.

Ja top, bin dabei.

Ernsthafter: Die Bundeswehr abschaffen und durch eine europäische Armee zu ersetzen finde ich tatsächlich eine sehr unterstützenswerte Idee.

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Da stimmen wir durchaus auch überein. Aber auch da sollte allen klar sein, das auch deutsche Soldaten dabei sind.

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Meine Kritik richtet sich weniger gegen die konkrete Verwendung durch Pistorius als viel mehr gegen die generelle Verwendung des Begriffs. Der Begriff kann und wird offensiv verstanden werden, die Kombination von „krieg“ und „tüchtig“ ist in meinen Augen einfach generell ein Euphemismus, den ich ablehne. Das bedeutet nicht, dass ich den Politikern, die den Begriff verwenden, unterstelle, dass sie auch meine Definition teilen, sie werden wohl eine andere Definition meinen. Aber alleine, dass eine offensive Definition möglich ist (was „Kriegstüchtigkeit“ von „Verteidigungsfähigkeit“ unterscheidet) ist das Problem an der Sache.

Leider müssten dafür die EU-Verträge grundsätzlich umgestaltet werden. Grundsätzlich ist das wohl auch nur möglich, wenn wir einen gewaltigen Schritt in Richtung „EU als Staat“ gehen, was ich klar befürworte, was aber leider u.a. in Frankreich auf großen Widerstand stößt. Eine gemeinsame Armee zu haben bedeutet eben, einen zentralen Aspekt, der einen Staat ausmacht, auf die supranationale Ebene zu verlegen, damit den Nationalstaat ein Stück weit zu Gunsten eines EU-Bundesstaates einzutauschen.

Wie gesagt, ich bin eindeutig dafür (unter der Voraussetzung, dass Auslandseinsätze einer solchen EU-Armee nur bei Einstimmigkeit beschlossen werden können!), aber ich halte es auf absehbare Zeit leider nicht für realisierbar, nicht mal dann, wenn wir nur Westeuropa einbeziehen und Problemländer wie Ungarn draußen lassen…

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Das ist wohl wahr, aber wenn Deutschland als größter EU-Staat hergeht und sagt „wir investieren gerne in Verteidigung, aber nur, wenn das Geld in ein gesamteuropäisches Projekt fließt“, hat man zumindest einen Hebel.

Naja, Deutschland investiert ja schon in massenhaft Verteidigungsprojekte mit Frankreich (FCAS, MGCS), aber selbst hier merkt man leider immer wieder, dass beide Nationen nicht in der Lage sind, am gleichen Strang zu ziehen, wenn geringfügige nationale Interessen dazu kommen (vor allem, wessen Industrie die großen Aufträge bekommt, aber auch schon beim Teilen von produktionsbedingtem Fachwissen).

Wenn Deutschland und Frankreich, die zusammen das Rückgrat der EU bilden, schon bei solchen gemeinsamen Projekten im Bereich der gemeinsamen Verteidigungspolitik versagen, sehe ich schwarz für alles, was organisatorisch darüber hinaus geht… und eine gemeinsame europäische Armee würde massiv darüber hinaus gehen.

speziell bei Rüstungsprojekten will jedes EU Land erstmal die eigene Rüstungsindustrie stärken. Da gehen dann nationale Interessen vor.
Zu einer „wirklichen“ europäischen Gemeinschaft fehlt noch einiges.

Ein Euphemismus ist ein beschönigender Begriff. Ich weiß nicht, was an „kriegstüchtig“ (vs. verteidigungsfähig) euphemistisch sein sollte.

Mir geht es darum, dass wir diese „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“-Haltung endlich mal Schluss machen sollten. Es gibt einfach zu viele Menschen, die Verteidigung irgendwie gut, Krieg aber doof finden, daher grundsätzlich gegen Waffen und Militär sind. Die von einer Welt träumen, in der alle Ausgaben für Waffen und Militär zukünftig in eine bessere Verwendung fließen (ja, davon träume ich auch, aber ich träume halt auch vom Schlaraffenland wissend, dass das ein Traum bleiben wird).

Solange es solche Herrscher wie Putin (und andere) gibt, solange wird es nur Frieden geben, wenn Putin weiß, dass ein Angriff auf andere einen hohen Preis kostet. Und diesen hohe Preis wird es nur geben, wenn wir in der Lage sind, uns so massiv zu verteidigen, dass der Aggressor empfindlich geschlagen wird. D.h., wir müssen in der Lage sein, erfolgreich einen Krieg zu führen, mit allen damit verbundenen Konsequenzen (tote und verletzte eigene Soldaten, tote und verletzte Zivilisten, tote und verletzte gegnerische Soldaten, viel Zerstörung, extrem hohe Kosten/Aufwendungen, …) Das meint „kriegstüchtig“.

Ja, es ist totaler Mist, dass wir für etwas, was hoffentlich nie zum Einsatz kommt, so viele Ressourcen vergeudet werden, aber:

Solange es solche Herrscher wie Putin (und andere) gibt, …

Hätten die Ukraine und wir dies von Anfang an beherzigt, hätte Russland wohl eher nicht angegriffen und der Ukraine und uns wäre so viel mehr erspart geblieben, als das jemals gekostet hätte.

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Damit ist „Verteidigungsfähigkeit“ also eigentlich der Euphemismus, denn LV/ BV bedeutet eben Krieg zu führen, wenn man angegriffen wird. Mit all den Implikationen, die das nach sich zieht.

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Aber das passiert doch automatisch. Mannducht es sich nicht aus. Kein Land würde doch am Tag1 eines Angriffs kapitulieren… dann hätten es angreifende Staaten wirklich leicht und es würde noch mehr Kriege geben.

Die Idee klingt sympathisch und ich würde ihr auch als langfristiges Ziel engerer europäischer Zusammenarbeit zustimmen, es gibt aber ein paar grundsätzliche Probleme damit:

  1. Gelten deine Gegenargumente gegen Militär auf EU-Ebene nicht mehr? Wenn du jetzt gegen ein deutsches Militär argumentierst, wieso wärst du in Zukunft nicht auch gegen eine europäische Armee, für die auch deutsches Geld verwendet und deutsche SoldatInnen ausgebildet werden müssten?
  2. Bis jetzt habe ich von Sicherheitsexperten ausnahmslos gehört, dass es mittelfristig absolut nicht realistisch ist.
    Die politische Realität in Europa muss man da einfach anerkennen → Welche EU-Länder wären bereit, ihre eigenen Armeen in eine EU-Armee zu integrieren? Wer hätte die Führungsgewalt? Wieso sollten andere EU-Länder den Machtverlust einer EU-Parlamentsarmee akzeptieren, könnte DE andererseits eine Armee mit weniger parlamentarischer Kontrolle akzeptieren? Würde diese eu-Armee alle Militäreinsätze der Mitgliedsländer übernehmen (zB die französischen Einsätze in Afrika)? Wenn nicht, wer entscheidet das und wieso sollten die Länder dem zustimmen?

Diese Forderung ist also eine, die bequem unterstützt werden kann, weil sie nicht kommen wird.

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Jede Nation die Krieg führt oder führen will, nimmt für sich in Anspruch irgendetwas zu verteidigen. Russland verteidigt sich angeblich gegen die NATO, westliche Nationen verteidigen angeblich gerne Werte oder die internationale Ordnung. Keiner labelt sich freiwillig als Angreifer, das ist nicht chic. Stattdessen wird immer überall nur verteidigt.

Bei der Frage, warum eine Nation kriegstüchtig werden soll/will, ist es also gänzlich unbrauchbar zu fragen, ob sie sich verteidigen will oder nicht, denn die Verteidigung wird im Zweifel auch mal am Hindukusch nötig sein. Selbst wenn Pistorius also Verteidigung meinte, wäre das immer noch keine Erklärung.

Stattdessen sollte man schon genau darauf schauen, was denn da eigentlich faktisch für Zwecke verfolgt werden, wenn jemand Kriegstüchtigkeit fordert. Und da lohnt sich eben ein Blick auf die wirklich sehr zahlreichen Forderungen, Deutschland „müsse mehr Verantwortung übernehmen“.

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Ich weiß nicht, auf konkret welche Forderungen Du Dich beziehst. Ich würde diese Forderungen so interpretieren, dass wir endlich aufhören müssen, an der eigenen Verteidigung zu sparen in der Hoffnung, dass die Amerikaner uns schon verteidigen würden. Das ist abgründig egoistisch und schafft Abhängigkeiten, die ich spätestens vor einer Trump-USA auf gar keinen Fall haben wollte.

Implizierst Du hier, die Forderung nach der „Kriegstauglichkeit“ der Bundeswehr sei in Wirklichkeit mit dem Ziel in die Welt gesetzt, Deutschland solle in der Lage sein, einen Angriffskrieg zu führen?

Das würde an der öffentlichen Diskussion über „kriegstüchtig“, wie ich sie bislang verstanden habe, meilenweit vorbeigehen …

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Na irgendwie hast du scheinbar doch ne Ahnung, was gemeint sein könnte, wenn du’s interpretieren kannst. :smiley: Spaß beiseite, eine kurze Google Suche nach „Deutschland muss Verantwortung übernehmen“ liefert dir X Politiker die das über die Jahre von sich gegeben haben, darunter AKK, VDL, Scholz, MASZ…

Und ne. Ich hab nur a) darauf hingewiesen, dass das Wort „Verteidigen“ im staatlichen Verkehr einfach keine nennenswerte Aussagekraft hat.
Und b) dass Deutschland seine Armee braucht um, ja, ganz traditionell, Angriffe auf sich abschrecken und abwehren zu können. Aber vor allem dafür wofür alle Staaten ihre Armeen außerdem brauchen, nämlich um durch glaubhafte Drohungen seinen Interessen zur Durchsetzung zu verhelfen. Darauf kommt’s an. Und dazu haben westliche Nationen (Angriffs)Kriege fast nie nötig.

Ich wüsste nicht, dass ich grundsätzliche Argumente gegen Militär gemacht habe. Es geht mir nur um den Umfang eines solchen Militärs (und vielleicht die Organisation, das ist aber nochmal ein ganz anderes Problem).

Das ist mir schon klar. Wir können in der Zwischenzeit gerne die Militärausgaben zurückfahren.

Du stellst einen Haufen Fragen, die alle geklärt werden müssen, als ob das unüberwindbare Hindernisse wären. Mit dem Mindset gäbe es die EU überhaupt nicht, wir würden uns in Kleinstaaterei verlieren und es käme regelmäßig zu Spannungen an der deutsch-französischen Grenze.