Mietpreisbremse

Hallo liebe Leute und LdN-Team! Ich würde sehr gern das Thema Mietpreisbremse im Hinblick auf die explodierenden Mieten in Großstädten hier in die Runde werfen. Ich denke, das Thema ist hochaktuell und schließt sich auch thematisch sehr gut an das von euch letztens aufgegriffene Feld „sozialer Wohnungsbau“ an. Wieso liegt mir das Thema am Herzen? Ich selbst wohne in Berlin und leide wie viele andere Berlinerinnen auch unter den unvorstellbaren Mietpreisen. Doch durch Zufall kam ich darauf, dass es bereits jetzt ein relativ wirksames „Schwert“ gibt, welches den Mieterinnen an die Hand gegeben wurde. Die Mietpreisbremse (Achtung: nicht mit Mietpreisdeckel verwechseln, der gilt nicht mehr!). Dieses Gesetz besagt, dass in Gebieten mit sog. angespannten Wohnungsmarkt (fast alle Großstädte Deutschlands) die zu zahlende Netto-Kaltmiete maximal 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Es gibt natürlich Ausnahmen, aber zumindest in meinem näheren Umfeld und auch meine eigene Wohnung ist viel zu teuer vermietet. Wir haben unseren Vermieter verklagt und konnten nun 9.000 Euro überbezahlte Miete gerichtlich erstreiten und haben sie bereits ausgezahlt bekommen. Ein toller Erfolg. Im Zuge dessen ist mir aber aufgefallen, WIE WENIG PRÄSENT dieses Gesetz in der deutschen Wohnungsmarktdebatte ist. Eigentlich könnten sich viel mehr Mieterinnen erfolgreich wehren und würden dadurch zudem gesamtgesellschaftlich dazu beitragen, dass Vergleichsmieten tendenziell sinken. Aber: wo kein Kläger da kein Richter. Vermieterinnen halten erstmal die Hand auf und schreiben bewusst illegale Mietverträge, weil sich die meisten sowieso nicht wehren (aus Unwissenheit, Angst, Gleichgültigkeit… You name it).
Ich würde mich super freuen, wenn ihr dazu mal einen Beitrag verfassen könnt… Vielleicht gibt es den/die ein oder andere/n Hörer/in und Leute sind anschließend motiviert bzw. Informiert, um sich gegen ihre eigene zu hohe Miete zur Wehr zu setzen. Ich wäre auch bereit, einen Erfahrungsbericht (Mieterverein, welche Klage ist notwendig, Ablauf etc.) zu liefern bei Interesse!

P.S.: Ihr macht super tolle Arbeit und ich liebe euren Podcast sehr!

LG Christoph

Das ist leider ein klassisches Problem in allen Gesellschaften. Der Anteil derjenigen, die bereit sind, wegen solcher Dinge zu klagen und vor Gericht zu ziehen, ist so niedrig, dass es für Unternehmen betriebswirtschaftlich sinnvoller ist, klar rechtswidrig zu handeln und es darauf ankommen zu lassen. Dann müssen sie in 10% der Fälle vielleicht mit Gerichtskosten etwas mehr zahlen, können aber in 90% der Fälle den Profit behalten. Deshalb wäre es auch so wichtig, effektive Masseklageverfahren einzuführen.

Anekdote aus meinem Leben:
Die Vivawest, unser Vermieter, hatte irgendwann den Müllleerungszyklus umgestellt, weil die Tonnen immer überfüllt waren. Man hätte entweder von zweiwöchiger auf einwöchige Leerung umstellen können oder mehr Tonnen bereitstellen können. Die Vivawest hielt es - vermutlich aus einem Fehler heraus - für sinnvoll, beides zu machen, sodass das Restmüllvolumen und somit die Nebenkosten sich fast vervierfacht haben. Ich habe alle Nachbarn darüber aufgeklärt, aber außer mir hat keiner Widerspruch eingelegt. Ende vom Lied: Wir haben 1.200 Euro überbezahlte Nebenkosten erstattet bekommen, die anderen Mieter sind leer ausgegangen.

Gegen den Vermieter zu klagen (oder ihm auch nur mit Klage zu drohen) ist leider für die meisten Menschen wegen dem asynchronen Machtverhältnis immer noch ein dickes No-Go. Deshalb können sich Vermieter alles leisten.

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Finde das Thema auf jeden Fall auch sehr wichtig. Es sollte aber auch diskutiert werden, wo das Gesetz noch Lücken hat.

Wie schon gesagt lohnt es sich für Vermieter im Normalfall, rechtswidrig zu handeln. Hier meine Erfahrung mit der Mietpreisbremse:

Bei Vertragsunterzeichnung hat der Viermieter sich auf eine Ausnahme von der Mietpreisbremse berufen, weil die Vormiete schön höher gelegen habe. Das ist theoretisch eine zugelassene Ausnahme. Wie das Gesetz verlangt, wurden wir auch über die Höhe der Vormiete informiert.

Im Gespräch mit den neuen Nachbarn haben wir dann herausgefunden, dass wir angelogen wurden. Die Vormiete lag ca. 30% unter dem behaupteten Wert. Was kann man in dieser Situation als Mieter tun? Nicht viel. Wir haben vom Vermieter Nachweise verlangt und haben daraufhin einen gefälschten Vormietvertrag zugesandt bekommen. Um dem Vermieter Betrug nachzuweisen, müssen wir jetzt selbst die Vormieter:innen ausfindig machen und sie überzeugen, uns eine Kopie des tatsächlichen Mietvertrags auszuhändigen.

Das kann eigentlich nicht sein. In angespannten Gegenden sollte es eine verpflichtende Dokumentation für alle abgeschlossenen Mietverträge geben, die für neue Mieter:innen ohne Weiteres einsehbar ist. Und Vermieter:innen, die regelmäßig gegen die Mietpreisbremse verstoßen, sollten enteignet werden können.

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Hey Daniel, auf jeden Fall, guter Punkt. Tendenziell wehren sich vermutlich eher Leute, die auch den finanziellen Background haben, dass sie es sich auch leisten könnten, ein schlechtes Verhältnis mit dem Vermieter und diverse Schikanen in Kauf zu nehmen. Genau deswegen finde ich es doppelt wichtig, dass man alle Gesellschaftsteile empowert, zumindest das Bewusstsein zu haben, sich wehren zu dürfen. Ich habe bei Gesprächen im Haus auch gespürt, dass vor allem Angst vor dem Vermieter und gefährliches Halbwissen umhergeistern :frowning: 2 Bewohner:innen konnte ich aber tatsächlich auch zur Klage überzeugen.

Der Berliner Mieterverein hat am Donnerstag seine Evaluation der Mietpreisbremse vorgestellt:

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Anbei noch ein paar Links:

Analyse des Berliner Mietervereins:

Musterschreiben Rüge Berliner Mieterverein:
https://www.berliner-mieterverein.de/musterschreiben/mietpreisbremse-ruege-des-mieters-wegen-verstosses?hilite=Mietpreisbremse

anwalt.org:
Mietpreisbremse nach BGB: Vorschriften & Ausnahmen

Wie soll man das Thema Wohnen angehen? Da ich Vermieter und Mieter gleichermaßen bin, einmal meine Sicht der Dinge.

  1. Die Vermietung von Wohnobjekten ist nicht wirklich lukrativ, wenn es rein auf die Mieteinnahmen bezieht. Das ändert sich auch kaum oder nur über einen sehr langen Zeitraum (30-40 Jahren)
  2. Der wirkliche Gewinn liegt in der Wertsteigerung des Objektes und zum Teil in steuerlichen Vorteilen

Warum diese Mietsteigerungen. Das ist auch relativ einfach erklärt. Das sind oft die Investitionen in das Mietobjekt. Hier eine neue Dusche, da ein neuer Herd, da muss die Elektrik gemacht werden. Diese Dinge können nicht beim Mieter geltend gemacht werden und bei der Mietpreisbremse im Prinzip auch nicht zurückgeholt werden. Darum probieren wahrscheinlich viele Vermieter bei Mieterwechsel, irgendwie die Miete wieder auf Indexlevel zu bekommen, weil sonst wie oben erwähnt die Kosten einfach weglaufen.

Als Mieter habe ich mit meinem Vermieter eine fixe Mietsteigerung über 15 Jahre vereinbart. Das ist nicht sonderlich gut für ihn, weil die Inflation weit über dieser Steigerung liegt. Darum denkt er nun über Verkauf nach. Preise sind hoch in Hamburg und er wird es dann in Aktien anlegen. Damit ist wohl bald Umzug angesagt, weil Eigenbedarf angemeldet werden wird, denn als Mietanlage ist diese Wohnung nicht verkäuflich. Also wird auch bei mir eine Mietsteigerung zeitnah kommen und meine schöne 15 Jahre Rechnung ist nicht aufgegangen.

Zsammengefasst muss ich klar sagen, dass sich private Vermietung nur lohnt, wenn man sehr viel Eigenkapital hat und dazu einen langen Atem. Aus Sicht des Mieters sehe ich das Bedürfnis nach bezahlbaren Mieten und ehrlichen Vermietern. Beides schließt sich aber aus, besonders in Großstädten.

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Und das ist ja auch der Grund, warum man sich ein Haus kauft. Ohne Mieter fällt aber gerade zweiteres weg.

Das ist gar nicht das Objekt dessen Wert zunimmt. Das Objekt ist nach einige Jahrzehnten völlig abgebucht. Die Wertsteigerung liegt hauptsächlich im Boden und ist nicht der Verdienst der Eigentümer.

Eine Bodenwertsteuer wurde diese Wertsteigerung im ganzen abschöpfen und der Gemeinschaft bereitstellen.

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Also soweit ich weiß ist die schlechtere Marge am Markt kein Grund für eine Eigenbedarfskündigung. Ansonsten sind faire Mieten wirklich noch schwer zu finden aber wenn das Mietobjekt abbezahlt ist, kann mir keiner erzählen das damit nicht die Investition/Reparaturen gezahlt werden können und noch was übrig bleibt. Als Vermieter aber damit zu rechnen das Ich mit den Einnahmen das Haus abbezahle, Investition mache und alles abdecke plus Gewinn klingt irgendwie verkehrt. Eigentum verpflichtet. Bei Dingen zur Erfüllung von Grundbedürfnissen umso mehr!

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Hi all, spannendes Thema! Mich würde v.a. eine Analyse interessieren, warum gesetzgeberische Initiativen wenn sie denn existieren, handwerklich so irrsinnig schlecht gearbeitet waren/sind, wie v.a. Berliner Mietendeckel. Auch Berliner Umsetzung der Mietpreisbremse hat die Position der Mierteri:nnen eher geschwächt. Wie ich verstanden habe, ist nicht einmal der Berliner Mietspiegel gerichtsfest (!). Anstatt diesen Mangel zu beheben, baut man illusorische „Deckel“. Was ist da los?

Und unterm Strich frage ich mich schon: Warum sollten den Mieter:innen bitte schön vor Gericht ziehen, wenn ihre schon erbarmungswürdige Position am Markt zB vom vom Berliner Senat auch noch zusätzlich derart geschwächt wird?

Ok, eine eher Berliner Thematik. Insofern wäre ich auch neugierig zu erfahren, wie es in anderen Ballungsräumen aussieht.

Wenn man als Vermieter keinen Gewinn mehr macht und nur drauf zahlt, wird keiner mehr vermieten. Die Immobilie wird dann schlicht verkauft oder in den Leerstand versetzt.
Wenn ich eine negative wirtschaftliche Zukunftprognose habe, wie langfristige negative Mieteinnahmen, dann darf ich dieses Objekt abstoßen oder stilllegen. Ansonsten würde der Vermieter über die Zeit in eine Insolvenz steuern.

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Negative Mieteinnahmen sagt ja keiner. Nur halt keinen großen Gewinn (Nicht verwechseln mit Rücklagen für Investitionen in das Haus oder Reparaturen). Bzw. überhaupt Gewinn solange das Haus nichtmal abbezahlt ist. Und verkaufen wäre ja okay…würde die Preise am Markt etwas nach unten regulieren. Bei Stilllegung fallen ja weiterhin kosten an.

@HansHans Ich verstehe nicht was du uns sagen willst.
Selbst ohne Gewinn, würden die Mieten bei den Investitionen in eine energetische Sanierung der Immobilie sehr stark steigen. Neben den Sanierungskosten kommen auch die Finanzierungskosten hinzu.
Wenn nun ein Mietendeckel kommen sollte, um die Mieten stabil auf heutigem Nievau zu halten, würde das ein Verlustgeschäft des Vermieters bedeuten.

Hängt das nicht davon ab, wie der Mietendeckel gestaltet ist? Ein fairer Mietendeckel müsste auch den Zustand des Hauses/der Wohnung berücksichtigen. Du kannst doch nicht eine Bruchbude mit Ölofen im Wohnzimmer, Herd mit Herdplatten, tropfender Dusche und undichten Fenstern und die vollständig renovierte Wohnung daneben gleich behandeln.
Natürlich wird es dann Diskussionen geben, wenn die 80jährige Rentnerin plötzlich nach der Modernisierung das doppelte zahlen soll und dann Gerichte entscheiden müssen, ob ein Härtefall vorliegt.
Härtefall: Übrigens die Mietpreisbremse, die wir jetzt schon haben und dann immer wieder zu unschönen Szenen führt, wenn der Vermieter versucht, den Mieter anderweitig aus der Wohnung zu bringen.

Damit wird immer gedroht… und dann sage ich: „Bitte bedrohe mich mit einer guten Zeit.“

Was daraus folgen wird:

  • Die Immobilienpreisen sinken
  • Mehr Menschen können sich entweder privat oder kooperativ die Wohnungen erwerben wo sie drin leben

Die Immobilienpreise für nicht energetisch sanierte Häuser sinken bereits, aber die sanierten steigen im Preis. Dieses gilt allerdings nur auf dem Land nicht in der Stadt (>100k Einwohner)
Die Zinsen für den Erwerb steigen grade und werden auch so schnell nicht mehr sinken. Damit wird das private Invest zurückgehen.

Was soll das Gericht dabei entscheiden. Im Moment dürfen 8% des Investments auf die Miete jedes Jahr draufgeschlagen werden.
Das sind bei einem Investment von 100.000€, 8000€ pro Jahr oder 666€ pro Monat.
Gegen was soll auch die 80jährige Renterin klagen?

Das ist in meinen Augen eines der großen Probleme:

Die Investition wird abgeschrieben, die Mieterhöhung bleibt.

Ich würde es deutlich als effektiver sehen, wenn auf die Miete eine Sanierungspauschale gezahlt wird und die angespart, so dass daraus die Sanierung bezahlt wird.

So hat es unser „Eigentümerverein“ hier in Schweden gemacht.

Wir haben jeden Monat in zwei Fonds eingezahlt: inre und ytre (hängt mit der Konstruktion zusammen) aus dem inre konnte der jeweilige Eigentümer seine Renovierung bezahlen oder halt auch die Weißware wenn die kaputt gegangen ist (gehört hier zur jeweiligen Wohnung dazu)
Aus dem ytre wurde die Sanierung bezahlt.
In der Zeit in der wir das Wohnrecht besaßen wurde so das Dach neu gemacht, die Außenwände gestrichen und die Fenster komplett neu…
Und das ohne eine Krone Kostensteigerung.

Ein Umlagesystem kann funktionieren, kostest aber auch zusätzliches Geld zur Monatsmiete ähnlich wie Hausgeld, was im Prinzip inre repräsentiert.
Die Kosten bleiben trotzdem.

Das ist in der Tat nicht wirklich fair, aber Immobilien Investitionen laufen laut AfA 50 Jahre bis zur Abschreibung. Darum bleibt die Mieterhöhung faktisch für immer.