Mietendeckel: Genossenschaften klagen

Das ist vollkommen in Ordnung, ich glaube auch nicht das sich eine „Rekommunalisierung“ so einfach durchführen lässt und es die beste Vorgehensweise ist. Doch wäre ich vorsichtig es als „populistisch“ bezeichnen - klar, man kann kritisieren das es sich nicht so einfach gestaltet wie manche behaupten.

Und natürlich muss man Eingriffe rechtfertigen - wie auch im Artikel des marlowes steht. Das tun sicher auch die Befürworter - diese mögen nicht alle überzeugen, mich auch nicht. Ich wäre nur mit Begriffen wie Populismus vorsichtig. In der Debatte um Wohnen gibt es für jede Ideologie ihre Argumentationsstränge. Ich finde insbesondere das Argument „das etwas keine Wohnungen schafft“ wird sehr selektiv verwendet und suggeriert das man sich den Weg zu bezahlbaren Wohnungen einfach bauen könnte. Zur Erinnerung: Die Steigerung der Häuserpreise ist maßgeblich auf den Boden zurückzuführen.

Ich finde mehr Respekt für die gegenseitigen Argumente bei Wohnraumdebatten wäre allgemein angebracht. Dazu gehört es sprachlich abzurüsten und die Argumente auch mal kritisch zu prüfen.

Jetzt nicht bei dir, ich denke den Ton den man hier trifft im Thread ist eher sachlich, aber auf die öffentliche Debatte bezogen.

Gilt das auch für Bäcker oder Landwirte, die davon leben, dass andere essen müssen, diese fiesen Schmarotzer?

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Erwartest Du ernsthaft, dass alles, was man zum Leben braucht nur im Rahmen von Selbstlosigkeit bereitgestellt wird?

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Das ist aber noch zwei Schritte von den Mietpreisen für Wohnungen entfernt. Es ist durchaus möglich, auf demselben Grundstück mehr oder weniger Wohnungen zu bauen (und selbst im Bestand aufzustocken und nachzuverdichten), so dass aus dieser globalen Analyse der Kaufpreis für Häuser erstmal ziemlich wenig für die Mietpreise in Berlin folgt, jedenfalls nicht, dass man die Nachfrage nach Wohnraum nicht grundsätzlich durch Bauen befriedigen könnte.
Dafür müsste man die Flächen (und Geschwindigkeit des Bauens) mit der Nachfrage nach Wohnungen abgleichen.

Vergleichen sie gerne die Bodenpreise von Berlin mit dem Umland und sagen sie mir dann ob Boden mit einer (realen) höheren baulichen Nutzbarkeit mehr oder weniger kostet.

Von den Baukosten alleine machen die Bodenpreise ca. ein Drittel bis zu 79% in guten Lagen Münchens aus. Erklären Sie mir auch bitte nochmal ihren Gedankengang das hätte einen geringeren Einfuss auf die Mieten als „bauen“, wodurch dieses Problem ja nicht mal angerührt wird.

Wie überspitze ich ein Argument so, dass es lächerlich wirkt und ich mich nicht mehr damit auseinandersetzen muss - das nenne ich mal einen respektvollen Diskussionstiil :wink:
Falls die Frage ernst gemeint war: Nein, es gilt nicht für Lebensmittelproduzent:innen, wohl aber für zahlreiche Akteur:innen in den globalen Lieferketten, die sich an ihnen bereichern. Der Punkt ist auch nicht, dass es z.B. Privatbesitz an Wohnungen gibt, sondern dass sich Wohnungspreise an Renditeerwartungen orientieren und nicht an den Bedürfnissen von Mieter:innen. Das lässt sich auf die anderen von mir genannten Bereiche übertragen. Das hat auch nichts mit „Selbstlosigkeit“ zu tun, sondern nennt sich schlicht Daseinsvorsorge.

Abgesehen davon, dass die „guten Lagen Münchens“ wahrscheinlich ein anderes Thema sind als Berlin generell, ist also Ihre Hypothese, dass die Eskalation der Mietpreise in den letzten Jahren zu rund 80% auf eine entsprechend starke Steigerung der Bodenpreise (in Berlin wohlgemerkt) zurückzuführen ist und kaum damit zu tun hat, dass es ein deutliches Unterangebot an Wohnungen gibt und der Neubau nicht hinterherkommt.

Zahlen von 2018, )es gibt bestimmt neuere und idealerweise auch eine Zeitreihe irgendwo):

Zahl der Haushalte: 2.026.300 (+1,2%)

Wohnungsbestand 1.949.252 (+0,9%)
– darunter Mietwohnungen 1.644.400 (+0,3%)

Quelle: https://www.ibb.de/media/dokumente/publikationen/berliner-wohnungsmarkt/wohnungsmarktbericht/ibb_wohnungsmarktbericht_2019.pdf S. 10

Wenn Sie Zahlen haben, aus denen schlüssig hervorgeht, dass nicht diese (wachsende) Unterversorgung mit Wohnraum den Preis in Berlin getrieben hat (abgesehen natürlich von Spekulation), sondern der Anstieg der Bodenpreise, dann teilen Sie sie gerne.

Wobei die Kausalitäten ja durchaus auch umgekehrt sind: wenn die Mietpreise hoch sind, lohnt sich Neubau und wird entsprechend das knappe Gut Boden teurer. Wenn genug Angebot da ist, sind hohe Mieten nicht durchsetzbar, lohnt sich das Bauen nicht, werden auch die Grundstücke zumindest nicht teurer… (wobei der Elastizität natürlich Grenzen gesetzt sind).

Natürlich gibt es „Unterangebot“ an bezahlbaren Wohnungen, sonst ließen sich die Mietsteigerungen ja nicht durchsetzen. Manchmal ist dieses sogar teilweise mit dem Zuzug und geringerer Neubau-Tätigkeit begründet. Aber dieses „Unterangebot“ hängt v.a. damit zusammen das Wohnraum ein gebündeltes Gut ist, aus dem Haus und dem Boden. Wenn sie Boden besitzen und darüber ihre Erträge erzielen haben sie ein geringeres Interesse daran Wohnungen anzubieten, weil sie auch ein Stück Land kaufen (oder realistischer: erben) könnten das jedes Jahr +7% bringt ohne irgendwas zu tun. In Berlin haben die Baulandpreise sich in den letzten 4 Jahren etwa verdreifacht. Da der Immobilienbesitz höchst ungleich verteilt ist, sind auch die Bodenerträge höchst ungleich verteilt. Mit zunehmender Polarisierung ist es schlichtweg folgerichtig nur noch überteieuerte Luxuswohnungen für eine kleine Klientel zu bauen, weil es dem Rest aufgrund mangelnder eigener Bodenerträge an „Nachfrage“ fehlt.

Das Argument geht also eher so, das aufgrund der höchst ungleichen Verteilung der Bodenerträge eine Schwächung der Nachfrage und ein Angebotsmangel an bezahlbaren Wohnen entsteht. Dieser Angebotsmangel ist nicht nur temporär durch Zuzug bedingt, sondern ein strukturelles Problem das sich weiter verfestigt je teurer der Boden im Relation zum Median-Einkommen ist.

Für Berlin habe ich keine Daten, weil es nicht mein räumlicher Fokus ist.

Ich halte auch den Verweis auf „Angebot und Nachfrage“ für eine - bestimmt unbewusste - Ablenkung von den Faktoren, die eben dieses Verhältnis hervorbringen. Da mag man unterschiedliche Auffassungen haben - und wäre mitten in der notwendigen Sachdebatte.

Landwirte sind ja unglücklicherweise ebenfalls Opfer von Spekulation. Das ist ja genau der Punkt bei Lebensmitteln. Wir können billiger Schweinefleisch produzieren als China und verschiffen unsere Milch für Spottpreise nach Asien und Afrika wo man die traditionell teilweise gar nicht anbietet, während unsere kleineren Höfe ohne Tierquälerei und Massentierhaltung fast nicht überleben können.

Afrikanische Bauern sind von einem Tag auf den anderen nicht mehr in der Lage ihre Pachten zu bezahlen oder sind gezwungen für einen so hohen Preis ins Ausland zu verkaufen, dass die Menschen hungern. Das ist es um was es geht.

Wenn jemand so viel Nahrung kauft und damit auf anderen Märkten Gewinne erwirtschaftet, ohne etwas zu machen, während die Bauern nicht über die Runden kommen, verstehe ich nicht, wie man da so zynisch sein kann, ihnen hier die Schuld zu geben.

Und abgesehen mal von der Wirkung auf den Mietpreis, über deren Stärke wir uns ja nicht einig sind: was nur durch Bauen möglich ist, ist die Nachfrage an Wohnungen zu befriedigen und die Unterversorgung zu reduzieren.
Wäre ja auch was wert, oder?

Ich gebe den Landwirten mit meiner Frage für nichts die Schuld. Ich habe nur ein bisschen provokant nachgefragt, ob Sie von anderen Menschen erwarten, dass alle Grundbedürfnisse selbstlos befriedigt werden müssen oder ob es Ihnen nur um überhöhte Renditen auf Kosten der Grundrechte anderer ging.

Wie soll das jetzt funktionieren? Das Land bringt doch nur Rendite, wenn ich darüber entweder Mieteinnahmen generiere oder es wieder teurer verkaufe. Alles andere sind ja reine Buchgewinne, von denen ich mir nichts kaufen kann.
Natürlich habe ich also einen Anreiz, auf meinem Land zu bauen - und im Zweifel ist das der einzige Grund, aus dem ich das überhaupt gekauft habe.

Sorry, dass ist für mich leider vollkommen unverständlich.

Wieso folgt aus der ungleichen Verteilung des Bodenbesitzes, dass es sich nur lohnt, Luxuswohnungen zu bauen?

Wieso schwächt die ungleiche Verteilung die Nachfrage nach Wohnraum? Das Gegenteil ist doch der Fall: weil die wenigsten Leute Land besitzen, auf dem sie einfach bauen könnten, haben wir so eine hohe Nachfrage nach Wohnraum.

Danke dafür. Das ist jedenfalls ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die Bodenpreise die Mietpreise mittelbar treiben/getrieben haben.
Dagegen würde es natürlich helfen, höher zu bauen…

Und genau deshalb würde Bauen auch helfen.

Um hier mal an einem Stück zu antworten:

Wenn sie Land kaufen / verkaufen oder den Lagewert (mit-) vermieten erzeugen sie gar kein „Gewinn“, denn sie produzieren rein gar nichts. Sie nehmen die Bodenrente mit. Insofern gibt es da auch gar keine „Buchgewinne“. Sie können regelmäßige Bodenerträge generieren ohne den Bebauungsteil zu übernehmen, indem sie z.b. das Land verkaufen oder vermieten. Erklären sie gerne die Leistung eines Bodeneigentümers der für ein Stück Land in Berlin ein Jahr später das doppelte verlangt.

Nicht ganz, aus der ungleichen Verteilung der Bodenerträge folgt eine Verschiebung der Nachfrage. Sind die Bodenerträge gleichmäßig verteilt haben Menschen mehr Geld um ihre Wohnbedürfnisse zu befriedigen, d.h. die Miete ist für Sie günstiger. Gibt man die Bodenerträge an wenige Personen steht automatisch eine Nachfragelücke für die Mehrheit der Menschen, die keine Bodenerträge haben. Gleichzeitig haben einige wenige mehr Geld zur Verfügung um ihren Wohnbedürfnisse zu befriedigen.

Stellen sie sich vor sie sind Projektentwickler - für wen bauen Sie?

Nein. Manhatten hat höhere Bodenpreise als Berlin. Berlin hat höhere Bodenpreise als das Umland. Selbiges gilt für die Mieten. Bauen, so wie es heute unteren den strukturellen Bedingungen statt findet, hilft nicht - das Problem ist v.a. die Verteilung der Bodenerträge.

Sorry, dass wird mir jetzt zu blöd. Ich habe nicht behauptet, dass die Höhe der Häuser einen direkten Einfluss auf die Miete hat, aber wenn Sie höher bauen und damit mehr Wohneinheiten schaffen, adressieren Sie die Nachfrage halt besser, was die Preise senken sollte (wenn man nicht so fixiert auf den Bodenpreis als alleinige Erklärung für alles ist, dass man das einfach nicht nachvollziehen will.)

Bzgl. „Leistung“: die terminologische Haarspalterei von Gewinn vs. Bodenrente mal beiseite, aber Bauen und Vermieten sind offensichtlich Leistungen, auf Wertsteigerung warten offensichtlich nicht.

Auch das ist ziemlich schräg monokausal. Als ob Bodenerträge die einzige oder zumindest die wichtigste Einkommensquelle wären, mit der man Nachfrage nach Wohnraum finanzieren könnte. Ich bezahle meine Miete jedenfalls nicht aus Mieteinnahmen.

Nur noch zur Richtigstellung:

Es geht doch nicht darum, dass Lebensmittel keinen Wert haben sollen sondern genau darum, dass die Erzeuger ihren Wert erhalten.

Es geht auch nicht darum dass irgendjemand aus Gemeinnützigkeit alles verschenken soll, oder dass man ihnen alles nimmt, sondern darum, dass man eine Regulation braucht, die uns davor schützt, dass Städte für finanziell schlechter gestellte Personen schlicht nicht mehr finanzierbar sind.

Firmen, die ihren Einfluss auf den Markt nutzen, um gezielt dazu beizutragen, dass Städte teurer werden sollen das - aus meiner Sicht zurecht - nicht mehr können.

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Lesen sie ihren zweiten Satz vielleicht nochmal durch. Entweder argumentieren sie das höhere Häuser keinen Einfluss auf die Mieten hat (erster Teil) oder die Mieten senken (zweiter Teil). Beides gleichzeitig ist schwierig. Sie behaupten einfach kontextlos das mehr besser ist - ich gehe da mit, aber das erklärt nicht wie man zu mehr bezahlbaren Wohnungen kommt und warum Wohnraum jetzt so teuer ist für große Teile der Bevölkerung.

Sie ignorieren das Problem der Bodenpreise und behaupten zum x-ten Mal Bauen würde es lösen. Das ist m.E. unlogisch.

Das ist keine Haarspalterei. Wenn ich ein Gebäude errichte tue ich etwas um einen Ertrag zu bekommen, wenn ich Boden verkaufe oder den Lagewert einer Wohnung (mit-) vermiete tue ich nichts dafür. Wohnraum besteht halt aus dem Gebäude und dem Boden. Das sind unterschiedliche wirtschaftliche Güter, die unterschiedlich zu behandeln sind.

Das war eine Erläuterung für Sie. Bereits weiter oben hatte ich anerkannt das es auch andere Einflüsse geben kann warum Mieten hoch sind, aber gleichzeitig auf die Empirie verwiesen das es v.a. an den Bodenpreisen - oder genauer: der Verteilung der Bodenerträge - liegt.

Ich habe nie behauptet, was sie unterstellen.

Da Sie überhaupt nicht auf Fragen meinerseits eingehen bin ich mal raus hier.

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