Werter Najib,
ich nehme mir mal die Zeit, mich mit Ihrer Argumentation, die übrigens besser unter den Themenvorschlägen platziert gewesen wäre, etwas gründlicher zu befassen.
Ich mache mir die Mühe, weil ich glaube, dass wir es uns gesellschaftlich nicht mehr leisten können, ständig mit irgendwelchen Zukunftsversprechen (Grüner Wasserstoff, Green Fuels, Brennstoffzellen) hingehalten zu werden, während es bereits erwiesenermaßen gangbare Lösungen für PKW gibt, die sofort in den Markt gelangen können und müssen. Die genannten Techniken haben alle ihre Berechtigung und müssen weiter erforscht werden, damit wir sie in 10 Jahren für das Klima nutzbringend dort einsetzen, wo sie effizient sein können Luftfahrt, Schwerverkehr, Industrie. Und ich mache mir die Mühe, weil ich es leid bin, dass ständig mit falschen Aussagen - wie in Ihren Beiträgen - die notwendigen Lösungen diffamiert werden.
Dass die Methanol-Brennstoffzelle funktioniert, bezweifelt niemand; das zeigen ja auch die von Ihnen in Ihrer „Quellen.txt“-Datei verlinkten Werbefilmchen der Firma Gumpert.
Genau das besagen auch die von Ihnen angeführten Studien von Fraunhofer (2014, Ergebnis: „müsste man mal einen Prototyp bauen“) und ETH Zürich gemeinsam mit dem Mineralölkonzern Total (2019).
Weiter schreiben Sie, E-Autos hätten eine schlechte Umweltbilanz. Sofern Sie damit auf die Batterieproduktion referenzieren, erübrigt sich das Argument, weil Brennstoffzellen-Fahrzeuge stets eine zusätzliche Batterie benötigen. Die Brennstoffzelle kann keine kurzfristigen Spitzenleistungen abgeben, sondern liefert kontinuierlich in einem bestimmten Leistungsfenster. Die Batterie ist erforderlich, um stärker zu beschleunigen bzw. bestenfalls aus der Rekuperation (elektrisches Bremsen) Energie aufzunehmen. (Ihre Quelle: Blue World Technologies, „Typical specifications: 15-25 kWh battery pack“) Hinzu kommen die erforderlichen Edelmetalle und Seltenen Erden für den Katalysator der Zelle.
Zum Wirkungsgrad von Batteriefahrzeugen gegenüber Wasserstoff oder „Green Fuels“ verlinke ich ein ausführliches PDF der AGORA Verkehrswende.
(https://www.agora-verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2019/Klimabilanz_Batteriefahrzeugen/32_Klimabilanz_strombasierten_Antrieben_Kraftstoffen_WEB.pdf)
Wenn nun schon die Wasserstoff-Brennstoffzelle einen so schlechten Wirkungsgrad „Well2Wheel“ hat, kann man auch ohne Physikstudium absehen, dass diese Elektrolyse mit einer zusätzlichen Synthese mit CO2 zu Methanol nicht besser sein kann.
Und woher soll das CO2 kommen? CO2 ist ein Spurengas und müsste für prozessfähige Mengen unter hohem Energieaufwand aus der Luft gewonnen werden. Sie führen als Argument an, das CO2 könne aus industriellem Ausstoß stammen. Das würde aber bedeuten, dass das CO2 in der Methanol-Brennstoffzelle nur eine „Ehrenrunde“ dreht, bevor es dann doch emittiert wird.
Den an dieser Ehrenrunde beteiligten – hoffentlich grünen – Wasserstoff benötigen wir aber dringendst, um genau diese Industrieprozesse (z.B. Stahlgewinnung) so umzustellen, dass CO2 gar nicht erst freigesetzt wird.
Am Ende Ihres letzten Beitrags wird es dann ganz sportlich:
„Was Batterien und unser Stromnetz angeht, da braucht man sich nur kurz paar Zahlen angucken.
Ich will da nicht näher drauf eingehen, da kann man einfach kurz googlen…“
Schade, dass Sie keine konkrete Quelle benennen, denn woher haben Sie das?
„Wenn 1/54 der Deutschen gleichzeitig ihr Elektroauto laden wollen würden, dann würde das 6 fache der aktuellen gesamten elektrischen Energie im deutschen Stromnetz benötigt werden“
Erstmal insgesamt zum Strombedarf:
Laut Kraftfahrbundesamt gab es Ende 2018 in Deutschland 47 Mio. PKW.
(https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Bestand/Jahresbilanz/2019/2019_b_barometer.html?nn=2712160)
Diese haben eine Gesamtfahrleistung von 630.843.000.000 Kilometern zurückgelegt.
(Kraftfahrt-Bundesamt - Verkehr in Kilometern)
Bei einem angenommenen hohen Verbrauch von 20 kWh / 100 km (entspricht übrigens ca. 2 l Diesel) ergäbe sich ein Jahresverbrauch 126 TWh.
Die deutsche Jahresstromproduktion beträgt um die 600 TWh.
(Bruttostromerzeugung in Deutschland - Statistisches Bundesamt)
Wenn man nun berücksichtigt, wieviel Strom dann nicht mehr für die Raffinierung der fossilen Treibstoffe und deren Verteilung (Tankstellen mit Pumpen und Beleuchtung) erforderlich wäre, ist es also gar nicht unrealistisch, die gesamte Flotte zu elektrifizieren. Und das kann ja nicht das ökologische Ziel sein. Die Fahrzeugzahl muss und wird in den kommenden Jahrzehnten deutlich reduziert sein und durch andere Verkehrsangebote ersetzt und ergänzt werden.
Nun zu Ihrer Rechnung:
Die kontinuierlich im deutschen Stromnetz verfügbare Leistung liegt um die 70 GW.
(https://www.agora-energiewende.de/service/agorameter/chart/power_generation/21.06.2019/21.06.2020/)
Das 6-fache wären folgerichtig 420 GW
„1/54 der Deutschen“ (ich nehme an deutschen PKW) wären bei den besagten 47 Millionen also
870.000 Fahrzeuge, die gleichzeitig laden.
(420 GW = 420.000 MW = )
420.000.000 kW / 870.000 PKW = 482 kW Ladeleistung / PKW
Alle Achtung! Die größten verbauten Ladeleistungen gehen heute in Richtung 350 kW und können allenfalls vom Porsche Taycan genutzt werden. Tesla zieht bei Schnellladung anfangs um die 150 kW.
Rechnen wir mal anders herum, nämlich mit gleichzeitiger nächtlicher Ladung über 10 Stunden mit geringer Leistung. Das reicht dem E-Auto nämlich völlig aus:
870.000 PKW x 3,6 kW (230 Volt, 16 Ampere) = 3.132.000 kW (=3.132 MW = gut 3 GW)
mithin 1/20 der verfügbaren Leistung.
Und auch dazu wird es nicht kommen, weil nicht jedes E-Auto jeden Tag die ganze Nacht lädt. Für die durchschnittliche Fahrleistung der breiten Masse von ca. 30 km täglich werden nämlich nur 7 kWh benötigt, also etwa zwei Stunden Ladezeit. Hierfür gibt es schon heute intelligente Lastmanagementlösungen für Sammelgaragen.
Und nochmal zu Ihrer Rechnung:
Wenn besagtes 1/54 der Deutschen gleichzeitig an die fossile Tankstelle fährt, dann wären das bei etwa 14.000 Tankstellen 62 Autos, die gleichzeitig anstehen und warten. Das wäre je Tankstelle ein Rückstau von etwa 300 Metern.
Merken Sie selbst: Da bricht eher der Straßenverkehr zusammen als das Stromnetz.