Ich kenne keine politischen Konzepte für eine reelle Umsetzung, dennoch ist es sehr auffällig, dass im Bezug auf Fachkräfte Zu- und Abwanderung selten die Attraktivität Deutschlands als Arbeitsort eine Rolle spielt. Insbesondere im Bezug auf die in Deutschland im Vergleich hohe Abgabenlast und die sinkenden Reallöhne.
Ich würde mich freuen, wenn Konzepte in die Richtung „mehr Geld für Arbeitnehmer“, sei es Mindestlohn, Lohnsteuerkonzepte etc, hier und gerne auch in der Lage ausführlich diskutiert werden. Es wurden ja auch wiederholt andere Notwendigkeiten, wie zB eine offene Gesellschaft, Anerkennung von Bildungsabschlüssen etc., besprochen. Außerdem können steigende Löhne unter Umständen auch die Sozialkassen entlasten.
Anekdotisch kann ich für mich einführen, dass eine Stelle in der Schweiz statt in Deutschland eine Löhnerhöhung von ca. 100% mit sich bringen würde. Und genau das wird auch von vielen (Fachkräften) in meinem Umfeld angestrebt, entweder als Pendler oder direkt mit Auswanderung verbunden.
Naja, die Lohnerhöhung in der Schweiz wird nach wie vor nicht unerheblich durch die Lebensunterhaltskosten aufgefuttert.
Es stimmt schon, und wurde aber auch in der Lage diskutiert, dass die Attraktivität von Deutschland sich in Grenzen hält (so wurde diskutiert, dass eben viele noch der Meinung sind, wir bräuchten keine Einwanderung, dass diese aber bei 400.000 Fachkräften pro Jahr liegen müsste).
Das stimmt aber nur zum Teil. Für asiatische oder indische Fachkräfte, die Teils ja hochqualifiziert und auch eine unfassbare Arbeitsmotivation an den Tag legen, ist die Sprache eine erhebliche Hürde. Eine immense Zahl von Akademikern wetteifert in solchen Ländern, um einen der wenigen Plätze in den USA zu ergattern. Dass die BRD auch eine Option wäre, ist den meisten gar nicht klar und scheidet aufgrund der Sprache bei derartigen Überlegungen aus. Ein Kollege von mir hat beim amerikanischen Staatsexamen USMLE zufällig jemanden aus Deutschland gekommen und hat mit Erstaunen festgestellt, dass es als studierter, kompetenter Mediziner viel einfacher ist in der BRD einen Job zu bekommen als in den USA. Nun arbeitet er an der hiesigen Uniklinik und ist zufrieden. Aber Englisch können alle, Deutsch eben nicht. Wenn dem so wäre…ich bin mir nicht sicher. In meinem Sektor gibt es eine unfassbare Menge an hochqualifizierten, durch jahrelange aus meiner Sicht unmenschliche Kompetition im Ursprungsland hochmotivierte Leute, die dem Bestandspersonal hier aber sowas von den Schneid abkaufen würden und auch wollen würden, wenn man sie denn lassen würde (d.h. a) die Zugangsbeschränkung und b) die Sprache nicht wäre). Das könnte für den ein oder anderen, der sich’s hier im System schön bequem gemacht hat, ganz schnell ganz schön bitter werden. Zu Recht. Aber das ist ein anderes Thema
Ich arbeite in der Automobilbranche und es ist faszinierend, was wir an in eigentlich anderen Bereichen ausgebildeten Leuten in der Fertigung haben.
Zum einen betrifft das sicher die Abgabenlast, da die Zuschläge abgabenfrei sind, zum anderen die relativ guten Löhne und Tarifverträge, die die Automobilindustrie bietet.
Das Schweiz Beispiel ist kein guter Vergleich, da die Lebenshaltungskosten ebenfalls viel höher sind als in Deutschland.
Da ich (inkl. Familie) lange in den Niederlanden gelebt habe und wahrscheinlich auch bald dorthin zurück gehen werde, kann ich einmal aus meiner Perspektive erzählen, warum Deutschland unaktraktiv ist oder auch nicht.
Das Gesundheitssystem in Deutschland ist sehr gut. (+). Das Niederländische ist jedoch ebenfalls sehr gut, wenn auch Doktorwählbarkeit eingeschränkt ist.
Die Steuerlast ist in Deutschland niedriger (+)
Die Familienunterstützung (Kindergeld etc.) ist viel höher. (+)
Bildung für Kinder ist bis zum Abschluss (Lehre oder Studium) kostenlos in Deutschland (+)
Die Abgabenlast ist in Deutschland extrem hoch, wobei bei der Krankenversicherung die Familienversicherung einen Vorteil darstellt. Sobald jedoch bei Ehepartner Arbeiten gehen ist es sofort ein riesen Minus. (+/–)
Die Willkommenskultur ist weit höher in den Niederlanden als in Deutschland. (–)
Alle Behördengänge sind digital, die Steuererklärung ist wie bei Wiso Software aufgesetzt, von niederländischen Staat. (–)
Sprachbarieren sind einfach nicht vorhanden, wenn man Englisch kann. Niederländisch war auch schnell gelernt (-).
Wohnungsmangel gibt es auch, aber die Behörden helfen überall in vielen Sprachen. (-)
Das Bildungssystem ist einfach besser auf das einzelne Kind ausgerichtet. Unser Kind bekam zusätzlichenniederländisch Unterricht sofort in der Schule. Wenn wir nun nach 5 Jahren zurückgehen, kann sie 1 Jahr auf eine niederländisch Sprachförderungsschule gehen, wo alles unterrichtet wird, aber das Ziel hat fließend niederländisch nach einem Jahr zu sprechen. (Kostenfrei) (–)
Das Rentensystem ist besser organisiert, hat aber auch Schwächen. (+/-)
Klima Transformation 10 Jahre vor Deutschland (-)
Städte sind viel Familien und Fahrrad freundlicher (-)
Arbeitsmarkt (Firmen) wird man dermaßen herzlich willkommen geheißen, dass man sich sofort wohl fühlt (–)
Keine Neid Debatten (-)
Der Rechtsstaat funktioniert. Die Gerichte sind nicht überlastet wie in Deutschland. (-)
Inovationen werden gefördert, Ideen werde verfolgt und unterstützt, weil die Niederländer wissen, dass sie nur durch Inovationen die Wirtschaft Wettbewerbsfähig halten können. Keine German Angst (–)
Zusammengefasst sind die Niederlande einfach 10-15 Jahre Deutschland voraus. Dazu ist die zweite Amtssprache Englisch und das wird auch so gelebt. Die Willkommenskultur ist einfach von Grund auf gegeben. Integration gelebt, nicht verordnet.
Eines möchte ich trotzdem hinzufügen. Dänemark, Niederlande, Norwegen, Finnland haben einfach den Vorteil der Größe und des Erdgas und Erdöl Vermögens. Dieses wurden hervorragend investiert, in Zukunftstechnologie, nicht in das xte-Sozialgeld (Mütterrente) oder Umweltschädliche Subventionen.
Lebenshaltungskosten liegen durchschnittlich bei ~66% plus , Löhne aber bei ~75% (für mich ca. 100%). Also schon im Durchschnitt eine nicht unerhebliche Lohnsteigerung. Davon das Ausgaben im Ausland deutlich günstiger werden mal abgesehen.
Danke für die ausführliche Auflistung und den interessanten Einblick in die Niederlande.
Im Kern haben international mobile Fachkräfte einfach super viele Optionen und die einzelnen Punkte tragen alle mehr oder wenig zur Attraktivität eines Landes bei.
Ich habe mittlerweile 15 Jahre außerhalb von Deutschland gearbeitet (hauptsächlich in Asien und im Mittleren Osten) und kann mir im Moment keine dauerhafte Rückkehr vorstellen. Dafür ist mir Deutschland einfach zu unattraktiv, da ich es mittlerweile als zu wirtschafts- und leistungsfeindlich wahrnehme. Ist natürlich nur meine Sichtweise aber wenn die Politik so weiter macht wie in den letzten 20 Jahren wird der Abstand noch viel größer und der Schaden immer deutlicher. Im Moment wird ja die wirtschaftliche Schwäche nur durch steigende Transfers verdeckt…
Die Lebenshaltungskosten in der Schweiz waren lange sehe viel höher als in Deutschland. Sie werden aber mittlerweile, zumindest in meinem Beruf (Architekt), durch entsprechend höhere Löhne und vor allem deutlich schnellere Aufstiegsmoglichkeiten, ausgeglichen.