Massiver Lehrer:innenmangel in Deutschland

Liebe Community,

ich weiß, dass die LdN meistens lieber Bundesthemen aufgreift, aber hier geht es mittlerweile um ein bundesweites Problem.
Zum Schuljahresbeginn 2022/23 fehlen insgesamt in Deutschland nach Einschätzung des Deutschen Lehrerverbands bis zu 40.000 Lehrer:innen, nach den Berechnungen der Kultusministerien insgesamt 20.000. Rechnet das mal 25 und ihr habt ungefähr die Anzahl der Stunden, die ausfallen müssen.
Es ist auch nicht so, als hätte schon jemand eine Möglichkeit gefunden, das schnell zu bekämpfen: es ist ein ganz langfristiges Phänomen, der dadurch entstanden ist, dass die Lehrkräfte in Deutschland zwar gut bezahlt werden, aber (mit Verlaub) beschissene Arbeitsbedingungen (Stichworte: Pandemiefolgen, mangelnde Ressourcen, fehlende Kolleg:innen, wenig Wertschätzung, strukturelle Mehrarbeit) vorfinden und dies sich das auch bei der nächsten Generation auf die Berufswahl auswirkt. Zudem bilden die Länder nichteinmal genügend Lehrkräfte für ihren eigenen Bedarf aus, teilweise hatte das Grundschullehramtsstudium in manchen Bundesländern einen NC von besser als 1,5. Das führt dazu, dass wir sehr viele Quer- und Seiteneinsteiger haben, die natürlich auch „eingelernt“ werden müssen. Ihr merkt schon, ein riesen Rattenschwanz hängt dadran, ich will das nicht alles hier aufschreiben.

Ich bin selbst Lehrer in Berlin, habe teilweise 33 Kinder in einer Klasse und kann aus erster Hand berichten, wie massiv sich der eklatante Mangel an Lehrkräften, Schulmaterialien und sogar Schulgebäuden auf die Zukunftschancen der Kinder auswirkt - und ich bin an einem Gymnasium tätig, daher noch mit am wenigsten betroffen. Schon länger beobachte ich die Bildungspolitik, versuche auch mich kommunal zu engagieren - so wirklich etwas erreichen kann man aber nur auf Landesebene und über die Herstellung von Öffentlichkeit, was ich hiermit weiter versuche.

Für mich ist das ein extrem wichtiges Thema, welches nur bedingt in der Öffentlichkeit udn vor allem Politik diskutiert wird, weil Lösungen im Bildungsbereich komplex und meistens auch sehr teuer sind. Es wäre toll, wenn die LdN darauf eingehen könnte. Für mich auch sondersendungswürdig, aber auch in einer normalen Folge.

Mit pädagogischen Grüßen
Adrian

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Hallo @Ayedreeanne,

ich kann diesem Vorschlag nur unterstützen.
Bei uns in Hamburg ist der Mangel an Lehrer:innen besonders hoch im Bereich MINT. Unsere Tochter hatte in ihrer kompletten Grundschulzeit, welche diesen Sommer endete, eine Sozialpädagogin als Lehrerin in Sachkunde. Bei dem Thema Elektrizität und Brücken ist mir als Ing. der Kragen geplatzt. Da wurde wirklich als Energiequelle eine Steckdose genannt. Spannung (V), Stromstärke (A) und Leistung (W) wurden immer wieder falsch wiedergegeben und oft als Synonym verwendet. Auf meine Beschwerde luden mich die Direktorin und die Fachbereichsleiterin ein und baten um Verständnis, weil man seit Jahren keine Lehrkraft für dieses Sachgebiet finde. Gleiches ist nun auf dem Gymnasium, wo es in Fülle Lehrer gibt für Sprachen (Deutsch, Englisch, Spanisch), Sport, Geschichte, Politik und Kunst, Musik, Theater (Bildende Künste). MINT Fächer, speziell Physik und Chemie sind kompletter Mangel, so dass dieses Lehrer an zwei Gymnasien unterrichten müssen.

Ob die Bezahlung so gut ist, weiß ich nicht. Aber wenn ich sehe, was im Studium von MINT Fächern auf Lehramt verlangt wird, ist der Weg nicht weit zum Ing. Dort ist die Bezahlung oft besser und die Bedingungen ebenfalls besser.

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