Das größte Problem ist, dass Politiker sich angreifbar machen, wenn sie Dinge erklären. Leider.
Man merkt das letztlich auch in Diskussionen hier im Forum. Egal, wie gut eine Seite ihr Anliegen versucht, zu erklären, es finden sich immer Argumente gegen die erklärte Ansicht, weil es sich eben um komplexe Abwägungsprozesse handelt. Und das öffnet Tür und Tor für Populismus.
Eine „einfache“ Erklärung wäre angreifbar, weil sie zwangsläufig nicht alle Argumente berücksichtigt, eine „komplexe“ Erklärung würden 99% der Bevölkerung nicht lesen und ist auch noch angreifbar, weil die Gewichtung der Argumente nicht absolut ist (gerade bei den Lützerath-Diskussionen wird das sehr deutlich, bei der Abwägung Umweltschutz vs. Versorgungssicherheit).
Dazu kommt, dass nicht alle Argumente einer Abwägung eines Ministers genannt werden können. Aspekte wie Absprachen mit Koalitionspartnern, Absprachen mit der eigenen Parteiführung, diplomatische Konsequenzen, Konsequenzen im Rahmen von Verhandlungen mit Unternehmen und anderen Nationen, eventuelle Geheimhaltungsaspekte (gerade bei militärischen Fragen wie Panzerlieferungen). Wenn man diese Argumente in der Abwägung nicht nennen kann, wirkt die Abwägung schnell falsch.
Dazu kommt, dass Menschen (und auch Medien) dazu neigen, aus einer Plethora von Informationen vor allem diejenigen wahr zu nehmen, die negativ / skandalträchtig sind. Desto mehr man schreibt, desto mehr Dinge werden zwangsläufig gesagt, die genutzt werden können, um eine Person negativ darzustellen.
Ein einzelner Abgeordneter könnte daher eine Website betreiben, auf der er jede seiner Entscheidungen und Haltungen im Detail begründet - aber auch das wäre schon gefährlich, denn einzelne Aspekte davon würden gegen ihn verwendet. Ein Minister hingegen kann das denke ich kaum machen, er würde sehr schnell damit die eigene Karriere beenden.
Als Politiker fährt man daher oft besser, indem man den Eindruck erweckt, dass man auf Grund überlegender Informationslage schon die bessere Entscheidung treffen würde - oder eben, indem man seine Position wie Wissing mit populistischen, relativ offensichtlich falschen, Meinungen vertritt (im Hinblick auf e-Fuels), wenn man davon ausgeht, dass die eigene Wählerschaft genau das hören will.
Oder ganz doof gesagt: Ich bin ernsthaft davon überzeugt, dass man mit ehrlicher Kommunikation nur schwer Wahlen gegen Populisten gewinnen kann. Gewählt wird der Politiker, der Steuererleichterungen verspricht, nicht der, der seitenlang auf hohem Niveau erklärt, warum Steuererleichterungen gerade nicht drin sind…