Mal schnell am Ende noch über Apartheid und Israel reden

Mal ganz entspannt im letzten Satz der Folge nochmal die Israel Apartheid Position als Teaser verwenden…

Vorweg es geht mir hier nicht, um die konkrete Position von Frau Asseburg, man kann sich über ihre Postion und ihre Publikationen ja selbst ein Bild machen. Mir geht es um das Frame und die Verwendung des Teaser einer bestenfalls sehr kontroversen Position. Philips Aussage Frau Asseburgs Position sei nicht Israel feindlich und stelle die palästinensiche Perspektive dar ist ein extrem starker Frame in sich und damit schon alleine höchst erklärungsbedürftig, danach jedoch ausgerechnet den Abschnitt zu Apartheid als Teaser zu nehmen normalisiert eine extrem kontroverse Position. Dieser wird jedoch aufgrund der kürze keine Rechnung mehr getragen. Natürlich könnte man sich das Interview anhören, dass werden aber nicht alle machen, da wird bei vielen diese Normalisierung
zurückbleiben. Palästinensische Positionen sind extrem heterogen und die Frage, welche Positionen wie viel dargestellt werden ist ebenfalls sehr unterschiedlich, die Verwendung des Begriffes ist extrem kontrovers und wird auch von einigen Südafrikanern abgelehnt und das Thema an sich ist schwierig und die Sprechposition als Einwohner eines ehemaligen Kolonialstaates und Nachfolgestaates des Nationalsozialismus verkompliziert die Sache weiter.

Frau Asseburg nimmt explizit Bezug auf einen politisch diffusen Begriff von Apartheid, damit steht sie auf einer etwas seltsamen Positionen, denn selbst die in diesem Fall immer genannte Positionen von Orgas, wie B’Tselem beziehen sich explizit auf den rechtlichen Begriff. Das passiert aus gutem Grund, schließlich war das Regime der Apartheid ein spezifisch historisch politisches System in Südafrika. Entsprechende Implikationen hat die Verwendung des Begriffes, auch beim rechtlichen aber insbesondere, wenn man sich eben nicht auf den rechtlichen bezieht. Die politische Verwendung hat minuziös darzulegen, warum man diesen Begriff verwendet, die Gleichsetzung mit Diskriminierung reicht da nicht aus, sonst steht man in Verdacht sich der normativen Aufladung zu bedienen (kulturelle Aneignung) oder schlimmstenfalls das was Apartheid war zu bagatellisieren durch eine zu stark losgelöste abstrakte Vorstellung.

Ich will hier keine Debatte über die Begriffsverwendung im Bezug auf Israel führen, sondern möchte lediglich darauf verweisen, dass man sich fragen sollte bevor man hier vorschnell ein Urteil bildet, wie wohl der Begriff und die Pluralität der Israelischen Gesellschaft zusammen kommen soll, Drusen und Beduinen im Militär, arabische Richter am supreme court, eine arabische Partei in der Regierung und dass sind nur sehr große und generalisierten Gruppierungen. Man sollte sich stets bewusst sein, dass Israel schon immer multikultureller war als Deutschland es jemals sein wird. Wenn man den Begriff nur aufrechterhalten kann, wenn man sich auf spezifische Regionen bezieht sollte man sich vielleicht überlegen, ob der Begriff analytisch tragbar ist.

Man kann sich ja das interview anhören und sich fragen, ob Frau Asseburg dem Rechnung trägt oder nicht, mein Punkt bezieht sich jedoch auf alle Hörenden, welche dies nicht machen werden.

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Du wendest dich also dagegen, die Worte „Israel“ und „Apartheid“ in einer Überschrift zu verwenden, weil es ja möglich wäre, dass Menschen dies falsch, nämlich im Sinne von „Israel negativer darstellend als der hinter der Überschrift befindliche Content tatsächlich ist“, interpretieren könnten?

Wollte man diese Vorsicht tatsächlich walten lassen, sollten wir lieber gleich Israel zum Tabuthema erklären. Denn so ist ein Diskurs doch gar nicht möglich. Genausogut könnte man Rugby spielen unter der Voraussetzung, dass die Spieler sich ja nicht touchieren dürfen.

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Da Antisemitismus in Deutschlandvolkssport ist, ist die Sport Metapher sicherlich on point muss ich dir lassen :wink:
(das soll jetzt kein antisemistismus vorwurf an die dich sondern nur bissle wortspielerei)

Aber tabuisiert hab ich hier gar nichts, sonderlich lediglich auf die kontroverse Verwiesen, den Einbezug des eigenen Sprechorts und die Einordnung der dargestelleten Position, Frame etc. Alles ganz normale Journalistische und politische bildungspraxis Praxis. Die Diskussion und Kritik dieser Punkte innerhalb eines journalistischen Formats ist nichts besonderes.

Ich kann deinen ironischen Verweis auf die Überschrift zwar nachvollziehen, vielleicht nicht ideal. Die Formulierung denke ich spricht allerdings für sich. Es geht mir ja auch nicht darum das gewisse Wörter nicht im selben Satz auftauchen dürfen, solche schwachen effekte überlasse ich den ganzen hobby psycholinguisten die lingua tertii imperii als neue Bibel entdeckt haben. Hinzu kommt, dass ein Forum wie dieses ein sehr begrenzter Diskursraum ist, wesentlich begrentzter als die Hörerschaft des Podcasts. Es gilt nicht alles universell sondern immer relativ zum Diskursraum, Sprechort etc.

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Das fordert doch niemand und es ist ja auch gar nicht nötig. Es würde ja schon ausreichen, auf klassische Topoi des israelbezogenen Antisemitismus wie z.B. die Rede von Israel als „Apartheidsstaat“ zu verzichten - da sie ohnehin eher raunend verschleiern und von diversen Akteur:innen dazu benutzt werden, den jüdischen Staat zu delegitimieren - und stattdessen über die tatsächlichen historischen und politischen Realitäten zu sprechen. Und nichts anderes hat der Ausgangsbeitrag ja getan. Dies beträfe im Übrigen auch revisionistische Begriffe und Mythen wie den der „Nakba“, der im Untertitel von Muriel Asseburgs Buch auftaucht.

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Ich verrmute mal, dass der Vorwurf der Apartheid wegen dem Report von Human Rights Watch so leicht verwendbar geworden ist. Ich könnte mir vorstellen, dass Frau Asseburg danach oft zu dem Thema gefragt wurde und es sich als „einfache“ Umschreibung einschleift. Ich würde aber nicht sagen, dass sie den Ausdruck unreflektiert im Interview verwendet hat.
Aber ja, das kann man wahrscheinlich anders sehen und vor allem muss man sich natürlich erstmal das Interview anhören. Es hätte bestimmt genauso spannende Ausschnitte des Interviews gegeben, die man als Werbung verwenden hätte können, die aber nicht so aufgeladen sind.

Warum ist denn der Begriff revisionistisch? Ich habe ihn zum ersten Mal von Frau Asseburg gehört und er hat mit ihren Erklärungen nicht sehr problematisch gewirkt.

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Ich sag’s ja: lieber nicht drüber reden.

(Pardon, aber dieses Rausstreichen von Begriffen ist auf mehreren Ebenen aberwitzig. Nächste Station: Palästinenser gibt es gar nicht. Das sind bloß irgendwelche Araber, die ein Wüstensturm auf das Gebiet von Eretz Israel geweht hat.)

Außer mit Sarkasmus oder halt Schweigen kann man darauf nicht reagieren.

Oder man übernimmt halt nicht einfach unreflektiert alle Begrifflichkeiten und deren implizite Positionen.
Bei so nem Thema sollte man allein des Sprechorts wegen mal bissle zurückhaltender sein. Daher sind deine Maximalpositionen auch völlig unangebracht.

Deutsche die sich beim Sprechen über das Thema nicht ein wenig unwohl fühlen und entsprechend normativ überhebliche Positionen einnehmen machen sicherlich etwas falsch.

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Das läuft doch auf die Unmöglichkeit einer erkenntnisgeleiten Diskussion hinaus. Denn mit eingebauter Schlagseite ist diese nicht durchführbar. Auf jedem anderen Feld ist man heutzutage bemüht, sich des eigenen Bias bewußt zu machen, auf dass nicht ein jeder der geistige Gefangene seiner Position in Zeit und Raum (könnte man mit „Sprechort“ ganz gut beschreiben) sei. Aber hier steht nun die Affirmation eines Bias auf der Agenda? Dann bitte lieber das Tabu fordern, denn das wäre ehrlicher.

Allerdings ist Deutschland eine der, wenn nicht die, führende Macht in Europa. Und die Konflikte rund um Israel gehören zu den wichtigen Problemstellungen in unserer Nachbarschaft. Also muss zumindest die deutsche Regierung eine Position beziehen. Und um das bestmöglich zu leisten, ist irgendwo in diesem Land auch eine offene Debatte darüber notwendig, wie die Lage dort einzuschätzen sei und was die angemessene Position dazu sein könnte. Soll das unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, weil die ja dann etwas in den falschen Hals bekommen könnte?

Gibt dazu einen sehr guten Podcast. Islamkritik und Antisemitismus sind deutlich schwieriger voneinander zu trennen, als ich zuerst dachte. Geht ne Stunde, aber kann man ja z.B. beim Einkaufen hören. Kann ich nur empfehlen.

Noch als Hinweis: Der Beitrag ist nicht als Definition, sondern als Diskussion gedacht. Das macht ihn auch so gut.

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„Allerdings ist Deutschland eine der, wenn nicht die, führende Macht in Europa. Und die Konflikte rund um Israel gehören zu den wichtigen Problemstellungen in unserer Nachbarschaft. Also muss zumindest die deutsche Regierung eine Position beziehen.“

Darf ich --etwas naiv möglicherweise-- fragen, was dagegen spricht, dass Deutschland eine Israel-Doktrin hat, die sagt, wir sehen uns vor dem Hintergrund unserer Geschichte nicht in der Position, einen jüdischen Staat zu kritisieren? Es gibt 200+ andere Staaten, die das tun können, aber wir werden höchstens dann versuchen auf Israel einzuwirken, wenn es entsprechende UN-Resolutionen geben sollte. Sowas in der Art.

Also vielleicht /muss/ Deutschland auch wirklich eine differenziertere Position haben, aber ich finde das zumindest erstmal nicht so selbsterklärend wie Du das darstellst.

Sinnbildlich des deutschen Großmachtstrebens. Dir gehts doch nicht um Erkenntnis, sonst würdest du dich nicht so sehr daran aufhängen dass einzelne Begrifflichkeiten vielleicht nicht so unkritisch benutzt werden sollten. Außerdem forderst du ja policy richtlinen… Hier gings es bestenfalls um die Einschätzung des Konflikts aber eigentlich nicht mal dass sondern nur um den Diskurs und Journalismus. Das du darauf gleich wieder policy forderungen machst spricht eher für deinen Impetus dass man bei Israel unbedingt handeln. Israel braucht sicherlich viele aber ganz sicher keinen Ratschlag wie man einen multiethnischen Staat zu führen hat. In Deutschland kommen paar tausend Geflüchtete an, schon brennen Häuser und polizei, bundeswehr und justiz zerfallen in Rechtsextreme strukturen und jüdische Zentren werden angegriffen, rechtsextreme in allen Parlamenten… …

Es geht auch nicht um Bias sondern darum dass man sich nicht Begrifflichkeiten aneignet, die mit dem Kolonialismus zusammenhängen und sie verwendet gegen den Staat der Shoa Überlebenden. Biases sind einfach kognitive Verzerrungen aus der Psychologie. Hier gehts, um Frames und Ideologien das nicht das selbe…

Zweitens sollte man die Machtposition von Deutschland in Europa nicht einfach affimieren, das letzte was auch die Europäer brauchen ist ein Deutschland das sich aufführt als wäre es die letzte europäische Großmacht…

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Genau, ein äußerst umstrittener Report, für den Omar Shakir verantwortlich zeichnet, der wiederum - ebenso umstritten - wegen seiner Aktivitäten für die antisemitische BDS-Kampagne in den USA aus Israel ausgewiesen wurde. Ich kann mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass Muriel Asseburg „unreflektiert“ nicht weiß welche Implikationen es hat, im Bezug auf Israel von „Apartheid“ zu sprechen. Sie sagt ja auch im Interview-Ausschnitt, es ginge ihr überhaupt nicht um eine juristische bzw. völkerrechtliche Bewertung, sondern sie persönlich halte es für gerechtfertigt, von „Apartheid“ zu sprechen.

Mit „Nakba“ wurde ursprünglich das ‚Scheitern‘ der panarabischen Koalition bezeichnet, der es nicht gelungen ist, den neu gegründeten israelischen Staat militärisch wieder von der Landkarte zu tilgen. Er wurde dann später von der PLO aufgegriffen und im Hinblick auf die einseitige ‚Schuld‘ Israels für die palästinensische Flüchtlingsbewegung und deren andauernde Entrechtung gedeutet und schließlich im „Nakba-Tag“ institutionalisiert.

Liest man das knappe Kapitel zur „Nakba“ im Buch von Muriel Asseburg (S. 27ff.), dann klingt das tatsächlich so, als seien Horden von plündernden und vergewaltigenden Juden über die arabische Bevölkerung hergefallen und hätten sie vertrieben, während staatliche Autoritäten beide Augen zugedrückt oder das Ganze gebilligt haben. An komplexeren Erklärungen, die etwa die Rolle der arabischen Staaten bei der Fluchtkonstellation oder der Muslimbruderschaft bei der Anbahnung des Krieges berücksichtigen würden, ist Asseburg in dem Buch schlicht nicht interessiert - oder sie werden als Fehlleistungen der „israelische[n] Geschichtsschreibung“ (S. 27) sanktioniert.

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Na, dagegen spricht natürlich gar nichts. Das ist ja auch mehr oder weniger gängige Praxis.

Aber so eine Doktrin kommt nicht in Stein gemeißelt vom Berg Sinai, sondern ist notwendigerweise das Ergebnis eines Diskussionsprozesses. Wenn man in diesen Prozess bereits von vornherein eine Schlagseite einbaut, also die oben skizzierte Doktrin bereits vorweggenommen wird, dann haben wir es mit einer Art von Entscheidungsfindung zu tun, die man überall sonst tunlichst zu vermeiden sucht.

Wenn man, wie oben geschrieben, bereits den Begriff „Nakba“ für problematisch hält, dann hat man sich meines Erachtens des sprachlichen Instrumentariums entledigt (mit dem Argument, dies sei „revisionistisches“ Vokabular - muss man sich auf der Zunge zergehen lassen), um überhaupt etwas sachgerechtes äußern zu können. Besser man sagt dann gar nix.

Aber das geht auch nicht, weil Israel und seine Umgebung in seiner Bedeutung nicht z. B. der Westsahara gleicht, die sowohl den deutschen Staat als auch die Gesellschaft nur marginal tangiert. Sprich: Israel, und hier insbesondere die Konflikte mit der palästinensischen Bevölkerung, werden immer mal wieder auf der Tagesordnung auftauchen. Unbehagen hin, Unbehagen her.

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In dieser Position sind wir hier auch nicht. Du unterstellst mir allerlei, auf das ich gar nicht antworten mag.

(Nebenbemerkung: international umstritten ist auch kaum, was innerhalb Israels passiert, sondern in den von Israel besetzten Gebieten - denn dort wird gerade kein „Staat geführt“ in dem Sinne, dass eine Regierung Verantwortung für ein Gebiet und die darin ansässige Bevölkerung übernimmt.)

Was aber gut und richtig wäre, allein schon aus Achtung vor dem Leid, dass allein Beteiligten, derzeit jedoch weit überwiegend den Palästinensern, widerfährt, wenn wir hier ohne uns selbst sprachlich die Schnürsenkel zusammen zu knoten darüber sprechen können, was „da unten“ passiert.

Der „Staat der Shoa-Überlebenden“ gegen die Leute, die sich die Nakba „ausgedacht“ haben, halte ich dabei nicht für angemessen.

Fair enough. Aber dann sprechen wir doch bitte auch einmal darüber, was für eine Zumutung es für die palästinensische Zivilbevölkerung ist, täglich von in keinerlei Weise demokratisch legitimierten Terrororganisationen wie der Hamas und der Fatah unterdrückt zu werden. Sprechen wir doch darüber, in welchem Maße die Hamas Entwicklungshilfe und Spendengelder veruntreut und für Waffen ausgibt, statt eine funktionierende Gesundheitsinfrastruktur aufzubauen. Sprechen wir doch darüber, dass die palästinensische Zivilbevölkerung für Staaten wie den Iran nur als Faustpfand in ihrem antisemitischen Furor gegen Israel existiert. Sprechen wir doch über die Millionen palästinensischen Refugees, die in jordanischen Lagern unterhalb des Existenzminimums leben und von der UNRWA mit der symbolischen Forderung eines Rückkehrrechts agitiert werden statt tatsächliche Hilfe zu bekommen. Sprechen wir doch darüber, dass die BDS-Bewegung mit ihrem Boykottirrsinn dafür sorgt, dass selbst die wenigen Jobs für Palästinenser:innen in israelischen Unternehmen aufgegeben werden müssen.

Und daneben können wir auch über all das reden was in Israel scheiße läuft, über Diskriminierung, die Gewalt, die ideologische Verbortheit und die festgefahrenen Territorialkonflikte. So wie es ja auch in der israelischen Bevölkerung passiert, jeden Tag, in Zeitungen und vor Gerichten. Aber was wir nicht tun sollten - meines Erachtens - ist uns stets auf den „Juden unter den Staaten“ (Leon Poliakov) zu fixieren, von „Tabus“ zu sprechen wo keine sind und nicht mal anzuerkennen, dass israelbezogener Antisemitismus exisitiert.

Edit: Pardon my French.

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Weshalb die Anführungszeichen ? Erzähl mal deine Perspektive auf die Staatsgründung und Staatsziel Israels ?

Da oben steht nicht ausgedacht sondern ein historischer Prozess einer Begriffsgenese und -wandels. Dieses konspirative intentionale ist nur ne rethorische Finte.

Nicht in Differenzierung flüchten die du selbst vorher nicht wolltest, das rethorisch unfein ;). Dein Ausgangspunkt war, das man in Bezug auf Israel doch bitte alles sagen dürfen soll, nicht das man den Apartheidsbegriff nur in bestimmten Situationen nutzen darf oder wie dieser genutzt wird (nicht das diese Positionen sonderlich besser wären). Deine Position ist eine Fundamentalposition. Dem habe ich widersprochen eben aus dem Grund es differenziert beschreiben zu können. Sich Begriffe aus einem spezifischen historischen Kontext zu entlehnen, um sich deren normativer Aufladung zu bedienen beschreibt weder die Situation noch das spezifische Leid. Hinzu kommt, warum muss man für die Beschreibung der dortigen Situation, umbedingt auf dem Leid anderer betroffener rumtrampeln und die gegeneinander Ausspielen ?
Muss man um das Leid der Palästinenser zu beschreiben, die Israelis wirklich gleichsetzen mit einem weißen kolonial rassistischen Regime, dass sinnbildlich geworden ist für den schlimmsten Rassismus nach dem zweiten Weltkrieg? Ist das die Basis mit der sich eine komplexe Situation ruhig und erkenntnisgeleitet analysieren lässt ?

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Du würdest also für entweder einen ganz neuen Begriff, der das Phänomen dort beschreibt oder einfach eine Beschreibung der Verhältnisse bevorzugen, aber keinen Begriff aus einem anderen System (Apartheid) und keinen einseitigen „Kampfbegriff“ (Nabka), verstehe ich das richtig?

Auf alle Fälle vielen Dank für die Erklärung! :slight_smile:

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„Alles sagen“ - ist doch absurd. Wo wäre es denn bitte schön sinnvoll, „alles“ sagen zu dürfen, ganz egal, wie unsachlich, sinnentleert, beleidigend, etc. es auch sei.

Hier geht es darum, dass im Ausgangsbeitrag die Forderung aufgestellt wurde, man solle „Israel“ und „Apartheid“ nicht in einer Überschrift zusammen nennen. Und meine Replik darauf ist, dass damit der Raum des Sagbaren derart gezogen wird, dass darin keine sprachliche Bewegung mehr zulässig ist (zumindest nicht in Richtung des einen der beiden Pole - hierbei die Konfliktsituation der Einfachheit halber mal auf „A vs. B“ zugespitzt).

Im Allgemeinen ist die Nutzung von Analogien/verkürzenden Darstellungen unter Hinnahme geringfügiger Ungenauigkeiten der menschlichen Kommunikation inhärent. Jede Situation in ihrer Einmaligkeit exakt nachzuzeichnen, ist schlicht unmöglich. Daher behilft man sich vereinfachender sprachlicher Krüken, um sich dennoch austauschen zu können, ohne zunächst Stunden oder gar Tage darauf zu verwenden, jede Begrifflichkeit, jedes sprachliche Bild, etc. bis ins letzte Detail explizit zu definieren. Wäre es anders, hätte jede Diskussion über nichttriviale Tatbestände den Umfang einer Doktorarbeit.

Im Speziellen ist die Charakterisierung der Konfliktusituation zwischen den Organen des Staates Israel und der palästinensichen Bevölkerung, die nicht israelische Staatsbürger sind, als eine Form von Apartheid eine gängige Beschreibung. Dem ein oder anderen ist vielleicht noch in Erinnerung, dass z. B. Sigmar Gabriel dies nach einem Besuch in Hebron so geäußert hat. Und natürlich gab es daraufhin Kritik, dass diese Begriff unpassend sei. So wünscht man sich das doch: Ein Begriff wird verwendet, diese Verwendung wird kritisiert, konkurrierende Sichtweisen werden vorgetragen, etc. pp. Im günstigsten Fall sind die Beteiligten sich hinterher über das Pro und Contra sowohl der eigenen Position wie auch der der anderen Seite(n) bewußter geworden.

Wenn, so habe ich den Ausgangsbeitrag verstanden, selbst etwas im Mainstream verortetes wie das Feststellen einer Situation der Apartheid im Zusammenhang mit Israel allenfalls am Ende einer mehrstündigen Diskussion stehen darf, keinesfalls jedoch als Teaser/Überschrift, dann ist als Konsequenz dieser ganze Themenkomplex nicht mehr im normalen Rahmen behandelbar. Ulf und Philip betreiben ja keinen Israel/Palästina-Podcast.

Lieber nicht. Was sollte denn dabei auch herauskommen, wenn am Anfang des Gesprächs bereits Irrsinn steht? Garbage in, Garbage out.

Ja, das trifft es im Grundsatz. Ich würde vor allem auch dafür plädieren, den Kontext und die Implikationen von Begriffen mitzudenken. Und dann eben auch genauer hinzuschauen, was mit diesen Begriffen ausgesagt werden soll wenn andere sie verwenden und welche Hintergrundargumentation man sich mit ihnen möglicherweise einkauft, wenn man sie selbst benutzt.

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