Macht eine Schul-Lobby Sinn?

Hallo liebe Community,

mir hat sich in den letzten Tagen eine Frage ergeben, wo ich mich fragte, ob eine Schul-Lobby Sinn machen würde oder überhaupt möglich ist. Was meint ihr dazu?

In meinen jungen Jahren habe ich als Schulsprecher mitbekommen, wie verkorckst unser Schulsystem ist. Schulen sind untereinander Konkurennten, Politiker geben lieber Geld aus für Wirtschaft als für die Zukunft der Schüler, und der Förderalismus ist eher hinderlich, was die Gleichberechtigung der Schüler in den Bundesländern betrifft. In der aktuellen Situation sehen wir, dass Politiker lieber viel Geld ausgeben zur Rettung von einzelnen wenigen Wirtschaftsbereichen, die vor allem Börsennotiert sind. Aber leider kein Geld ausgeben wollen, was die Schulen betrifft. Also die Zukunft der Wirtschaft einfach mal ignorieren.

Mein Sohn geht zurzeit in die dritte Klasse. Ich muss erleben, dass der Senat für jede Schule minimum 3 CO2-Prüfgeräte zusagt und maximal 5 bis 6. Bedeutet, eine Klasse muss minimum 100 Schüler groß sein oder größer, damit alle Schüler was davon haben. Die Klassen dort sind schon überfüllt mit 30 Schülern pro Klasse. Ihr versteht den Witz dahinter? Es gibt Elternvertreter, die aber maximum nur auf ihre Schule beschränkt sind. Von den Kultusminister:innen hört man nur, wir haben kein Geld für die Schulen. Sind aber die Schulen und die Schüler nicht unsere Zukunft, um auch eine gute Wirtschaft in Zukunft haben zu können?

Ich höre ständig, wie verschiedene Lobby Verbände aus der Wirtschaft die Gesetze beeinflussen. Nahezu schon Gesetze selbst schreiben. Warum haben wir nicht sowas wie eine Schul-Lobby?

Ich selbst glaube, wir brauchen eine. Aber hinter jeder Lobby steckt auch viel Geld. Wie das bei einer Schul-Lobby funktionieren soll, weiß ich nicht. Aber was denkt ihr dazu? Ist eine Schul-Lobby sinnvoll oder überhaupt machbar?

P.S.: Um Missverständnisse vorzubeugen. Ich sage nicht, dass der Föderalismus schlecht ist. Ich sage auch nicht, dass er abgeschafft werden muss. Ich vertrete nur die Auffassung, dass er nicht immer die bessere Wahl ist. Wie bei unserem Schulsystem. Ich finde, es ist das schlechteste was man machen kann, was die Gleichberechtigung der Schüler betrifft.

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Mit Lobby meinst Du eine Organisation, die alle Eltern in Sachen Schule vertritt? Gibt es schon: Bundeselternrat. Leider ist dessen Einfluss, je nach Sichtweise, begrenzt bis nicht vorhanden.

Ich war zwei Jahre Vorsitzender des Elternbeirats am Gymnasium meines Sohnes, und wie mir scheint es vielen Eltern zu gehen:

  • Am Anfang ist man erschrocken ob der irrwitzigen Umstände und der Plan- und Antriebslosigkeit der zuständigen Behörden, und beeindruckt von den Lehrern, Rektoren und anderen Elternvertretern, die sich trotzdem engagieren.
  • Dann denkt man: „das geht doch nicht, da muss man doch was machen“, krempelt die Ärmel hoch und läuft gegen Wände (aus Beton in den Amtsstuben, und aus Gummi bei den anderen Eltern).
  • Dann redet man mit anderen Elternvertretern und stellt fest, das geht allen so und schon seit vielen, vielen Jahren.
  • Dann gibt man ob der Sinnlosigkeit des Unterfangens auf. Schlussendlich ist man froh, wenn die eigenen Kinder trotz Bildungssystem irgendwie was gelernt haben und man die ganze Tragödie hinter sich lassen kann.

Die Politik bietet im wesentlichen nicht mehr als Sonntagsreden. In der Realität dauert das Reparieren eines kaputten Dachs dann 18 Monate, währenddessen sich die Lehrer einen Schichtplan machen, um die Eimer unter den undichten Stellen zu leeren.

In der Verwaltung sitzen Leute, die dir gut erklären können, das die Digitalisierung „auf einem guten Weg ist“ und doch in den letzten 20 Jahren wirklich beeindruckende 20 km Glasfaserkabel verlegt wurden.

Letztendlich wird das Problem an der Wahlurne entschieden. Solange Eltern weiter munter Politiker wählen, die Bildungspolitik vor allem als Aufbewahrung von Kindern verstehen, wird sich nichts ändern. Und wählbare Alternativen zu den bisher antretenden Parteien und ihren Absichtserklärungen bezüglich Bildung sehe ich nicht.

Macht eine Schul-Lobby Sinn?

Ja, 100%. Nur frage ich mich, wie das funktionieren soll, wenn weder Geld noch andere Machtinstrumente dahinter stehen. Mit noch einer Online-Petition kann man keinen Politiker beeindrucken. Und an Elternstreiks kann ich mich nicht erinnern.

Hallo suhlig,

den Elternbeirat kannte ich tatsächlich nicht. Umso interessanter war es auf der Homepage zu lesen, was er alles macht.

Ja, 100%. Nur frage ich mich, wie das funktionieren soll, wenn weder Geld noch andere Machtinstrumente dahinter stehen. Mit noch einer Online-Petition kann man keinen Politiker beeindrucken. Und an Elternstreiks kann ich mich nicht erinnern.

Muss wirklich Macht und Geld dahinter stecken, um Veränderungen zu bewirken? Ist es vielleicht eher ein Marketing-Problem? Ich kannte den Elternbeirat nicht. Auch die Organisationen dahinter nicht. Selbst, was der Elternbeirat publiziert war mir sichtlich unbekannt. Wenn ich aber an Fridays-for-Feature denke, haben die doch auch ohne Geld und Macht was erreicht?

Ich finde die Pressemitteilungen vom Bundeselternrat (BER - ganz schön ungünstige Abkürzung :slight_smile:) so ziemlich nutzlos. Das ist zu harmlos und verallgemeinert. Die Presseabteilung müsste aus meiner Sicht ganz anders arbeiten.

Daher frage ich mich, sollte der BER nicht eher dafür sorgen:

  • das in den Schulen die Eltern über den Bundeselternrat informiert werden?
  • das der BER auch zu Demonstrationen aufruft?
  • das der BER nicht nur im allgemeinen kritisiert, sondern auch die Politiker im einzelnen (Achtung… provokantes Wort) ANGREIFT für die Schlicht schlechte Politik? Auch Öffentlich in Presse und Fernsehen?
  • das der BER einfach eine laute Stimme hat und sich mehr in der Öffentlichkeit zeigt

Am Ende geht es doch darum, ob eine Politikerin dem Bundeselternrat zuhört. Ob das besser wird, wenn sich der Bundeselternrat besser vermarktet, weiß ich nicht.

Ich vermute, das würde automatisch passieren, wenn es ein politisches Interesse an der Meinung der Eltern gäbe. Vielleicht findet das ja alles statt, aber wir merken nichts davon.