Maaßen Vorsitzender der sog. "Werte Union" / zukünftiger Kurs der Union

Die sog. „Werte Union“ hat auf Twitter bekanntgegeben, dass Hans-Georg Maaßen ihr neuer Vorsitzender ist. Maaßen war seit seiner Demission als Verfassungsschutzpräsident in zunehmendem Maße mit rechtsradikalen Äußerungen aufgefallen, so dass sich zuletzt sogar zahlreiche CDU-Politiker und -innen von ihm distanziert haben. Prominente Figuren wie Karin Prien hatten sogar bereits angekündigt, im Bundesvorstand demnächst einen Antrag auf Parteiausschluss zu stellen, wenn er nicht freiwillig geht. Diese Zauderhaftigkeit war offensichtlich ein Fehler, denn jetzt als Vorsitzender der zwar im Vergleich recht winzigen, aber komischerweise doch insbesondere in Ostdeutschland recht einflussreichen Gruppierung wird er wohl nicht mehr so einfach als Einzelperson entsorgt werden können.

Die WU hat hier souverän die Initiative übernommen und zwingt die Mutterpartei im Grunde dazu, sich jetzt eindeutig zu positionieren und entweder diesen Haufen AfD-Fanboys in der eigenen Partei als Ganzes zu personae non gratae zu machen, oder sich dazu zu bekennen, dass „Brandmauer nach Rechts“ nicht mehr als hohles Gelaber war und ist, und dass der ‚Culture Wars‘-Kurs von Merz sich stattdessen eindeutig an den sich immer weiter radikalisierenden US-Republikanern orientiert.

Maaßen wird von alleine jedenfalls nicht mehr aus der CDU verschwinden. Vermutlich wird die Thüringer CDU ihn bei nächster Gelegenheit nicht bloß mit einer Wahlkreiskandidatur, sondern mit einem relativ sicheren Listenplatz für Landtag oder Bundestag versorgen, wenn er nicht vorher rausfliegt. Das wäre eine schwere Niederlage für jene verbliebenen Unionsmitglieder, denen demokratische Werte und „nie wieder“ tatsächlich noch etwas bedeuten.

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Vielleicht mal zum Hintergrund, wer diese Werteunion überhaupt ist, ein kleiner Auszug aus der Wikipedia (jaja, keine zitierfähige Quelle, aber für die Diskussion hier reicht’s):

Vorherige Vorsitzender war Max Otte, der eine Nominierung zum Bundespräsidenten von der AfD angenommen hat und daraufhin aus der CDU ausgeschlossen wurde… da brodelt es also ohnehin schon ordentlich.

Die CDU als Gesamtpartei wird weiter ihren Kurs der strategischen Ambiguität (jap, das passt auch hier ^^) fahren, daher weder die Werteunion offiziell „anerkennen“, noch sie offiziell vergrätzen. Rechte CDUler (Merz, Bosbach, Spahn) werden sie weiterhin positiv darstellen, während eher dem Zentrum zugeneigte CDUler sie offen ablehnen werden. Daran wird auch Maaßens Rolle bei der Werteunion nichts ändern, vor allem nicht, so lange Maaßen noch CDU-Mitglied ist.

Wenn die CDU hingegen Maaßen loswerden kann, würde er wohl - wie Max Otte vor ihm - deshalb auch seinen Vorsitz der Werteunion abgeben. Sieht halt doof aus, als selbsternannter CDU-naher Verein einen CDU-Pariah zum Vorsitzenden zu haben…

Es wird halt viel schwieriger ihn jetzt noch loszuwerden, weil die WU und ihre Verbündeten dagegen aufbegehren und seine ‚Cancel Culture‘-Rhetorik gegen Merz selber wenden werden. Otte war nicht so prominent wie Maaßen und schon immer Fringe, und vor allem hat er den Fehler gemacht, durch seine Präsidentschaftskandidatur auf dem Ticket der AfD nicht bloß inhaltlich/wertemäßig, sondern formal gegen die Parteisatzung verstoßen zu haben, so dass der Ausschluss reine Formsache war.

Jetzt werden wir dann demnächst vermutlich im Thüringer Landtag oder Bundestag Maaßen seine verschwörungsideologischen Reden schwingen sehen, und dann hat die CDU als Ganzes ein Glaubwürdigkeitsproblem, dem sie u.U. versuchen wird durch Normalisierung des Gesagten zu entgehen.

Karin Prien fordert einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die Werteunion.
Wenn CDU-Mitglied und Mitglied in der Werteunion sich ausschließt, wäre das für letztere das Ende.
Die Frage ist, ob die Union wirklich es wagt, sich derart deutlich zu distanzieren.

Die JU hat die Unvereinbarkeit (mit einer JU Mitgleidschaft) bereits 2021auf den Deutschlandtages vom 15.-17.10.2021 in Münster beschloseen.

Und heute:

„Das CDU-Präsidium hat Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen einstimmig zum Austritt aus der Partei aufgefordert. Falls er die CDU bis zum Sonntag (5. Februar) um 12 Uhr nicht verlasse, solle der Bundesvorstand der Partei ein Ausschlussverfahren gegen Maaßen einleiten „und ihm mit sofortiger Wirkung die Mitgliedsrechte entziehen“, teilte die CDU am Montag nach Beratungen im Präsidium der Partei mit.“

Auf die Begründung bin ich gespannt.

Wie ja schon zu Recht angemerkt wurde hat Max Otte es der CDU leicht gemacht, indem er durch die Annahme des Wahlvorschlags der AfD gegen die Satzung verstieß. Bei Maaßen ist’s halt eher so eine Thilo Sarrazin- oder Boris Palmer-Sache.

Sarrazin wurde letztlich vom Bundesschiedsgericht der SPD ausgeschlossen, eine juristische Prüfung vor dem Landgericht Berlin hat Sarrazin zwar erst angekündigt, dann aber zurückgezogen. Wie die Gerichte hier urteilen würden bleibt daher spannend, wobei ich davon ausgehe, dass die Gerichte hier einen Ausschluss nicht blockieren würden.

Kurzer Einschub zum Verfassungsrecht, damit man versteht, warum es so schwer für Parteien ist, unliebsame Mitglieder auszuschließen. Parteien haben im Gegensatz zu einfachen Vereinen eine Scharnierfunktion zwischen Staat und Gesellschaft. Wegen dieser besondere Nähe zum Staat und ihrer Rolle im Rahmen der Verfassung muss der innere Aufbau der Parteien rechtstaatlichen Grundsätzen genügen - dazu zählt auch die Frage, wie mit Abweichlern umgegangen wird. Die gerichtliche Kontrolle von parteiinternen Schiedsgerichtsverfahren beschränkt sich jedoch deshalb auch nur darauf, ob die rechtstaatlichen Grundsätze eingehalten wurden. Eine gerichtliche Intervention gegen ein Urteil des Schiedsgerichts wäre daher nur zu erwarten, wenn das Urteil des Schiedsgerichts „willkürlich“ oder sonst wie grob fehlerhaft zu Stande gekommen wäre. Wenn die CDU daher sauber arbeitet und ein ordentliches Schiedsgerichtsverfahren abhält sollte es gelingen, Maaßen auszuschließen.

Ich finde es spannend, dass man Erika Steinbach über Jahrzehnte revisionistischen Unsinn hat erzählen lassen, jetzt aber bei Maaßen den Parteiaustritt versucht zu forcieren. War Steinbach einfach besser darin, innerhalb der Union Verbündete zu finden - oder ist die Union mittlerweile echt etwas sensibler, was einflussreiche Rechtsaußen betrifft?

Von ihren Standpunkten her würde ich Steinbach und Maaßen grob auf einer Stufe einordnen, beide mit unterschiedlichen Schwerpunkten, unter’m Strich aber ähnlich problematisch…

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